Arbeitersport in Kiel: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Geschichte des '''Arbeitersports in Kiel''' im Juni [[1893]]: Mitglieder des Vergnügungsvereins "Arbeiterbund" begannen mit dem Turnen und gründeten dafür eine Abteilung. Aus der Abteilung wurde ein erster eigener Verein gegründet: Am [[17. September]] [[1894]] gründeten die Arbeiterbund-Mitglieder den Arbeiter-Turnverein "Vorwärts" und schlossen sich dem Arbeiter-Turnerbund an. [[1899]] musste man nach Problemen mit der Obrigkeit den Vereinsnamen in "Kieler Turnverein Jahn von 1893" umbenennen. Im Kieler Stadtgebiet entstanden schnell weitere Turnvereine. Besonders in Stadtteilen mit großem Arbeiteranteil wurden Vereine gegründet, so zum Beispiel [[1890]] der Turnverein "Vorwärts" in Alt-Heikendorf, Anfang Oktober [[1893]] ein Verein in Neumühlen-Diedrichsdorf, [[1899]] die Wiker Turnerschaft und [[1901]] der Gaardener Turnverein.<ref name="Heed">Heed, Levke: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_13/Demokratische_Geschichte_Band_13_Essay_7.pdf Arbeitersport in Kiel]''. In: ''Demokratische Geschichte'' 13(2000), S. 147-198</ref>
Die Geschichte des '''Arbeitersports in Kiel''' begann im Juni [[1893]]: Mitglieder des Vergnügungsvereins "Arbeiterbund" gründeten eine Turnabteilung, denn die bürgerlichen Turnvereine sahen die Mitgliedschaft der Proletarier nicht gern.  
 
== Anfänge ==
Aus der Turnabteilung wurde ein erster eigener Verein: Am [[17. September]] [[1894]] gründeten die Arbeiterbund-Mitglieder den Arbeiter-Turnverein "Vorwärts" und schlossen sich dem Arbeiter-Turnerbund an. [[1899]] musste man nach Problemen mit der Obrigkeit den Vereinsnamen in "Kieler Turnverein Jahn von 1893" ändern. In und um Kiel entstanden schnell weitere Turnvereine, besonders in Stadtteilen mit großem Arbeiteranteil: [[1890]] der Turnverein "Vorwärts" in Alt-Heikendorf, Anfang Oktober [[1893]] ein Verein in Neumühlen-Dietrichsdorf, [[1899]] die Wiker Turnerschaft und [[1901]] der Gaardener Turnverein.<ref name="Heed">Heed, Levke: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_13/Demokratische_Geschichte_Band_13_Essay_7.pdf Arbeitersport in Kiel]'', ''Demokratische Geschichte'' 13(2000), S. 147-198</ref>
 
Die Kieler Arbeiter-Turner hatten es sich auch zur Aufgabe gemacht, die Idee zu verbreiten, und unterstützten zum Beispiel ab [[1899]] den Aufbau der [[Arbeitersport in Neumünster|Freien Turnerschaft Neumünster]].
   
   
== Freie Turnerschaft an der Kieler Förde ==
== Freie Turnerschaft an der Kieler Förde ==
Der Trend zum Kartell kam auch nach Kiel: [[Eduard Adler]] organisierte [[1901]] den Zusammenschluß in der Fördestadt. Die Arbeiterturnvereine
[[Datei:Traditionsfahne FT Kieler Förde.jpeg|thumb|left|280px|Traditionsfahne der FT Kieler Förde (Ausschnitt)]]Der reichsweite Trend zur Zusammenarbeit in Kartellen kam auch nach Kiel: [[Eduard Adler]] organisierte [[1901]] den Zusammenschluss in der Fördestadt. Die Arbeiterturnvereine
* Gaardener Turnverein "Jahn" von [[1901]] in Gaarden,
* Gaardener Turnverein "Jahn" von [[1901]] in Gaarden,
* Turnverein "Vorwärts" in Alt-Heikendorf,
* Turnverein "Vorwärts" in Alt-Heikendorf,
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* Neumühlener Arbeiterturnverein in Neumühlen und
* Neumühlener Arbeiterturnverein in Neumühlen und
* Wiker Turnerschaft von [[1899]] in der Wik
* Wiker Turnerschaft von [[1899]] in der Wik
erklärten sich bereit, sich am [[31. Dezember]] [[1901]] aufzulösen. Ihre Mitglieder traten der zum [[1. Januar]] [[1902]] gegründeten "Freien Turnerschaft an der Kieler Förde" bei. Mit 540 Männermitgliedern, 50 Zöglingen und 200 Schülern nahm die "Freie Turnerschaft an der Kieler Förde" ihre Tätigkeit auf. [[Paul Greß]] wurde der erste Vorsitzende, die turnerische Oberleitung lag beim Turngenossen [[Eduard Adler]]. Die Freie Turnerschaft gliederte sich in Männer- Frauen- Zöglings- und Schülerabteilungen. Die erste Fauenabteilung wurde am 6. November [[1902]] gegründet. Die Mitgliederzahl stieg bis zum Beginn des ersten Weltkriegs [[1914]] stetig an: 790 Mitgliedern bei der Gründung, [[1905]] waren es bereits 1.700, [[1910]] 2.075 und [[1914 ]] 2.372. Im Mittelpunkt der Vereinsarbeit standen zunächst turnerische Veranstaltungen. Dabei ging es nicht um individuelle, sondern um kollektive Leistungsvergleiche. In einem Beschluss der Freien Turnerschaft aus dem Jahre [[1905]] heißt es dazu u.a.:" Jedes Turnen um Preise oder materielle Vorteile ist verwerflich. Jedes Turnen, bei dem die Leistungen einzelner Turner für sich verglichen werden, ist verwerflich. Jedes Turnen, mit oder ohne Gerät, sowie jedes Spiel, bei dem die kollektive Arbeit von Gruppen durch Vergleichung mit anderen oder Wertungen von Gruppenleistungen festgestellt wird, wie z.B. bei Musterriegen und Wettspielen, ist nicht allein zulässig, sondern zu fördern." Im laufe der Zeit kamen Spiele auf dem "grünen Rasen" hinzu: Schlagball, Handball, Faustball, Trommelball und seit [[1912]] Fußball. Die Freie Turnerschaft hatte seit Gründung permanent mit Schikanen durch die städtischen Ämter, die Polizei und der Justiz zu kämpfen. So wurde zeitweise die Benutzung der städtischen Turnhallen untersagt und den Turnwarten wurde die Übungslizenz entzogen. Ständig war der Vorwurf "sozialdemokratischer Umtriebe" im Raum, was ja auch nicht ganz falsch war. Das änderte sich erst mit Kriegsbeginn [[1914]], als der Kaiser keine Parteien, sondern nur noch Deutsche kannte. Der Vereinsbetrieb wurde in den Kriegsjahren so gut es ging aufrecht erhalten. Viele Turngenossen starben im Krieg. Die Zahl der Vereinsmitglieder ging aber nur leicht auf 1937 im Jahre [[1916]] zurück. Nach Kriegsende und der Revolution im November [[1918]], die zur Ablösung der Monarchie und Einführung der parlamentarischen Demokratie führte, begann die Aufbauarbeit. Trotz aller politischen, insbesondere aber wirschaftlichen Probleme in der neuen Republik, wuchs die Freie Turnerschaft. Der Höhepunkt wurde [[1923]] mit 4.720 Mitgliedern erreicht. Es kam auch etwas neues hinzu: <ref>Erinnerungsschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens der Freien Turnerschaft an der Kieler Förde 1902-1926</ref>
erklärten sich bereit, sich am [[31. Dezember]] [[1901]] aufzulösen. Ihre Mitglieder traten der zum [[1. Januar]] [[1902]] gegründeten "Freien Turnerschaft an der Kieler Förde" bei. Mit 540 Männermitgliedern, 50 Zöglingen und 200 Schülern nahm sie ihre Tätigkeit auf. [[Paul Gress|Paul Greß]] wurde der erste Vorsitzende, die turnerische Oberleitung lag bei [[Eduard Adler]], der über eine Turnlehrerausbildung verfügte.  
== Wassersport ==
 
Mitglieder der "Freien Turnerschaft an der Kieler Förde" gründeten am [[2. Mail]] [[1919]] eine Wassersportabteilung, einen Segel- und Ruderverein für Arbeiter. Die Boote kamen, teilweise leihweise, von der Marine. Sie hießen "Lust" und "Liebe", "Frei", "Stark", "Treu" und "[[Friedrich Ebert]]". Die Abteilung hatte prominente Gäste zu Besuch: so Reichstagspräsident [[Paul Löbe]], SPD,  und Reichsjustizminister [[Gustav Radbruch]], SPD. Am [[12. Mai]] [[1929]] weihte der Verein sein erstes Klubhauses an der Wiker Bucht, heute Kiellinie, ein. Im oberen Geschoß war die Jugendherberge untergebracht. [[1930]] wurde von den Arbeiter-Wassersportlern eine Anlegebrücke für ihre Boote gebaut. "Der altbekannte und verdiente Sportler [[Gustav Garbe]] hielt die Weihrede und gab der Brücke den Namen Gustav-Garbe-Brücke", so [[Peter Ebert]], der Abteilungs-Fahrwart in einem Bericht aus dem Juli [[1930]]. Die Ratsversammlung der Landeshauptstadt Kiel hat [[2015]] mit großer Mehrheit beschlossen, die neue Brücke des Sportboothafens Wik wieder den Namen Gustav-Garbe-Brücke zu geben. Die Wassersportabteilung der Freien Turnerschaft teilte sich. [[1930]] trennte sich eine Gruppe Segler von der Wassersportabteilung der Freien Turnerschaft und gründete den Verein "Freie Segler Kiel", FSK.<ref>75 Jahre Segler-Vereinigung Kiel e.V., Jubiläumsband 1994</ref> 
Die Freie Turnerschaft gliederte sich in Männer-, Frauen-, Zöglings- und Schülerabteilungen. Die erste Frauenabteilung entstand am [[6. November]] [[1902]]. Die Mitgliederzahl stieg bis zum Beginn des ersten Weltkriegs stetig an: 790 Mitglieder waren es bei der Gründung, [[1905]] bereits 1.700, [[1910]] 2.075 und [[1914]] 2.372.  
== Mit klingendem Spiel ==
 
Mit der Geschichte der Freien Turnerschaft verknüpt sind die Trommler- und Pfeiferchöre. Bereits vor [[1914]] gab es bei der Freien Turnerschaft an der Kieler Förde kleinere Spielkorps. Nach dem 1. Weltkrieg fanden sich wieder Turngenossen zusammen, die diese Tradition fortsetzten. Am 21. Juli [[1919]] wurde die "Musikabteilung der Freien Turnerschaft an der Kieler Förde" gegründet, die sich reger Beteiligung erfreute. <ref>Erinnerungsschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens der Freien Turnerschaft an der Kieler Förde 1902-1926</ref>
Im Mittelpunkt der Vereinsarbeit standen zunächst turnerische Veranstaltungen. Dabei ging es nicht um individuelle, sondern um kollektive Leistungsvergleiche. In einem Beschluss der Freien Turnerschaft aus dem Jahre [[1905]] heißt es dazu:  
== Radsport ==
<blockquote>"Jedes Turnen um Preise oder materielle Vorteile ist verwerflich. Jedes Turnen, bei dem die Leistungen einzelner Turner für sich verglichen werden, ist verwerflich. Jedes Turnen, mit oder ohne Gerät, sowie jedes Spiel, bei dem die kollektive Arbeit von Gruppen durch Vergleichung mit anderen oder Wertungen von Gruppenleistungen festgestellt wird, wie z.B. bei Musterriegen und Wettspielen, ist nicht allein zulässig, sondern zu fördern."</blockquote> Im Laufe der Zeit kamen Spiele auf dem "grünen Rasen" hinzu: Schlagball, Handball, Faustball, Trommelball und seit [[1912]] Fußball.  
[[1896]] gründete sich als Ortsgruppe des ebenfalls  [[1896]] gegründeten "Arbeiterrad- und Kraftfahrerbundes Solidarität" der Verein "Frischauf" in Kiel. Gründungsmitglieder waren, soweit heute noch bekannt, [[Theo Sakmirda]], [[Theo Röstel]] und [[Hermann Langfeld]]. Unter dem Dachverband Arbeiterrad- und Kraftfahrerbund Solidarität sammelten sich zeitweise etwa 5.000 Ortsgruppen mit bis zu 350.000 Mitgliedern in ganz Deutschland. Dem Verband gehörte in Offenbach die Fahrradfabrik "Frischauf".<ref>Krüger, Michael, 150 Jahre SPD - 150 Jahre Arbeiterturn- und Sportbewegung, Bundeszentrale für politische Bildung, 16.12.2013</ref>. Man pflegte das Radwandern, Kunstfahren in den Sälen der Gaststätten auch Straßenrennen und sogar Rasenradball. Nach dem 1. Weltkrieg nahm der Radsport einen großen Aufschwung. Fast 900 Radsportler gab es zeitweise in Kiel. Es bildeten sich in den Stadtteilen mehrere Abteilungen, so in Dietrichsdorf, Gaarden und Winterbek.  
 
== Das Ende 1933 ==
Der Verein hatte von Anfang an mit ständigen Schikanen durch die städtischen Ämter, die Polizei und die Justiz zu kämpfen. So wurde zeitweise die Benutzung der städtischen Turnhallen untersagt und den Turnwarten die Übungslizenz entzogen. Ständig stand der Vorwurf "sozialdemokratischer Umtriebe" im Raum, was ja auch nicht ganz falsch war. [[August Rathmann]] berichtet:
Die Machtübernahme der Nazis [[1933]] läutete das Ende auch der Arbeitersportbewegung ein. Die "Freie Turnerschaft an der Kieler Förde" wurde, wie auch alle anderen Arbeiterorganisationen der Stadt, aufgelöst. Die Heime und das Vermögen wurde beschlagnahmt. Die Wassersportabteilung konnte unter neuer Führung als "Kieler Wassersportvereinigung" und die Freien Segler Kiel als "Kieler Fahrtensegler" weiterbestehen.<ref>Demokratische Geschichte, Jahrbuch für Schleswig-Holstein Band 13, S. 175</ref> Wie alle Arbeitersportvereine wurde der Radsportverein "Frischauf"  [[1933]] aufgelöst. Als Radfahrer-Verein von [[1934]] unter neuer Leitung durfte er dann weitermachen. Theo Sakmirda, der Sohn des Mitgründers des Radsportvereins "Frischauf" erinnert sich:" Nach dem Verbot der Arbeitersportvereine durch die Nazi-Diktatur blieben viele Mitglieder miteinander verbunden. In Wrohe, am Westensee, wurde während der Schulferien ein Zeltlager aufgebaut. Die Zelte und weiteres Zubehör wie z.B. Brennhexen zum Essenkochen wurden mit einem Lkw transportiert. Alle anderen kamen mit dem Fahrrad. Mein Vater hatte auf der Stange des Herrenrades zwei Sättel montiert für mich und meine zwei Jahre jüngere Schwester. Die Männer waren ja meist beruftätig und kamen nur zum Wochende. An drei Namen kann ich mich erinnern: [[Eichberger]], [[Husemann]] und [[Wilrodt]]. Der Begrüßungsruf, wenn man auf dem Zeltplatz ankam war "ratatata". Damit konnte man sich identifizieren. Meine Eltern haben nach Beginn des Krieges [[1939]] nicht mehr gezeltet, aus Sorge, die Engländer könnten die Zelte als Militärlager ansehen."<ref>Sakmirda, Theo, Stichworte aus meiner Erinnerung 1933, 20.01.2016</ref>
<blockquote>"[Wir hatten] den begründeten Verdacht, daß die Absicht bestand, die "Freie Turnerschaft" für politisch zu erklären, womit diese automatisch gezwungen worden wäre, ihre zahlreichen Jugend- und Kinderabteilungen aufzulösen. Auf Vorschlag [[Eduard Adler|Adlers]] gründeten deshalb [[Andreas Gayk]], [[Hermann Brennecke]] und ich im Herbst [[1912]] den "Kieler Turn- und Wanderclub von 1912", der, falls sich unser Verdacht bestätigen sollte, die Jugend- und Kinderabteilungen der "Freien Turnerschaft" übernehmen würde. Die Operation gelang in vollem Umfang."<ref>August Rathmann: ''Ein Arbeiterleben. Erinnerungen an Weimar und danach'' (Wuppertal 1983), S. 13</ref></blockquote>
[[Datei:Freie Turnerschaft IX .jpeg|thumb|right|280px|Turnerinnen der Freien Turnerschaft MA IX (Kronshagen), um [[1926]] auf dem Sportplatz hinter der Volksschule in [[Ortsverein Kopperpahl und Umgebung|Kronshagen]]. Das Mädchen in der ersten Reihe, 2. von links ist Hildegard Weskamp.]]
Die Haltung der staatlichen Organe änderte sich erst mit Kriegsbeginn [[1914]], als der Kaiser "keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche" kannte. Der Vereinsbetrieb wurde in den Kriegsjahren aufrecht erhalten, so gut es ging. Viele Turngenossen starben als Soldaten im Krieg. Die Zahl der Vereinsmitglieder ging aber nur leicht zurück, auf 1937 im Jahre [[1916]].
 
Nach Kriegsende und der [[Kieler Arbeiter- und Matrosenaufstand|Revolution im November]] [[1918]] begann die Aufbauarbeit. Trotz aller politischen, insbesondere aber wirtschaftlichen Probleme in der neuen Republik wuchs die Freie Turnerschaft. Ihren Höhepunkt erreichte sie [[1923]] mit 4.720 Mitgliedern. Vielleicht wegen des großen Zulaufs wurde die Trennung in Männer-, Frauen- und Kinderabteilungen nicht aufrecht erhalten. [[1921]] übernahm [[Theodor Sakmirda II|Theo Sakmirda]], der [[1908]] als Sechsjähriger seine erste Turnstunde bei der FT erhalten hatte, die Leitung der Mädchenabteilung von seinem Vater [[Theodor Sakmirda III|Theodor Sakmirda]]. [[Rosa Wallbaum]] erinnerte sich jedoch, dass sie schon vor [[1925]] in Kiel-Süd in der Kindergruppe der "Männerabteilung VI" turnte.<ref>[[Susanne Kalweit|Kalweit, Susanne]]: ''"Ich hab mich niemals arm gefühlt!" Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben'' (Hamburg/Berlin 2010), S. 35</ref> Auch [[Walter Weskamp]] berichtet, dass er und seine Geschwister nach dem 1. Weltkrieg regelmäßig zum Turnen zur Freien Turnerschaft, MA IX gingen (siehe Foto).<ref>[[Walter Weskamp|Weskamp, Walter]]: ''Damals in Kronshagen'' (unveröffentlicht), S. 1</ref>
 
Es kam auch etwas Neues hinzu: der Wassersport.<ref>''Erinnerungsschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens der Freien Turnerschaft an der Kieler Förde 1902-1926''</ref>
 
[[Datei:Gustav-Garbe-Brücke 1930.jpg|thumb|left|280px|Gustav Garbe und Frau Emma auf der Brücke, wohl bei der Benennung 1930]]
=== Wassersport ===
Mitglieder der Freien Turnerschaft gründeten am [[2. Mai]] [[1919]] eine Wassersportabteilung, einen Segel- und Ruderverein für Arbeiter. Die Boote kamen, zum Teil leihweise, von der Marine. Sie hießen "Lust" und "Liebe", "Frei", "Stark", "Treu" und "[[Friedrich Ebert]]". Die Abteilung wurde von prominenten Gästen besucht, etwa von Reichstagspräsident [[Paul Löbe]] und Reichsjustizminister [[Gustav Radbruch]].  
 
Am [[12. Mai]] [[1929]] weihte der Verein sein erstes Klubhaus an der Wiker Bucht (heute Kiellinie) ein. Im oberen Geschoss war die Jugendherberge untergebracht. [[1930]] bauten die Arbeiter-Wassersportler eine Anlegebrücke für ihre Boote. "Der altbekannte und verdiente Sportler [[Gustav Garbe]] hielt die Weihrede und gab der Brücke den Namen Gustav-Garbe-Brücke".<ref>So [[Peter Ebert]], der Abteilungs-Fahrwart, in einem Bericht aus dem Juli [[1930]]</ref> Die Ratsversammlung der Landeshauptstadt Kiel beschloss [[2015]] mit großer Mehrheit, der neuen Brücke des Sportboothafens Wik wieder den Namen Gustav-Garbe-Brücke zu geben. Die Wiederbenennung fand am [[3. November]] [[2016]] statt.
 
[[1930]] trennte sich eine Gruppe Segler von der Wassersportabteilung und gründete den Verein "Freie Segler Kiel", FSK.<ref>''75 Jahre Segler-Vereinigung Kiel e.V.'' (Kiel 1994)</ref>
=== Mit klingendem Spiel ===
Mit der Geschichte der Freien Turnerschaft verknüpt sind die Trommler- und Pfeiferkorps. Bereits vor [[1914]] gab es bei ihr kleinere Spielkorps. Nach dem 1. Weltkrieg fanden sich wieder Turngenossen zusammen, die diese Tradition fortsetzten. Am [[21. Juli]] [[1919]] wurde die "Musikabteilung der Freien Turnerschaft an der Kieler Förde" gegründet, die sich reger Beteiligung erfreute.<ref>''Erinnerungsschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens der Freien Turnerschaft an der Kieler Förde 1902-1926''</ref>
 
=== Radsport ===
[[Datei:Traditionsfahne der Radsportgemeinschaft Kiel.jpg|thumb|right|280px|Die Traditionsfahne, Vor- und Rückseite, und die Spitze des Fahnenstocks der Radsportgemeinschaft Kiel aus dem Jahr 1921]]
[[1896]] gründete sich - als Ortsgruppe des ebenfalls [[1896]] gegründeten "Arbeiterrad- und Kraftfahrerbundes Solidarität" - der Verein "Frischauf" in Kiel. Gründungsmitglieder waren, soweit heute noch bekannt, [[Theodor Sakmirda III|Theodor Sakmirda]], [[Theo Röstel]] und [[Hermann Langfeld]].  
 
[[1903]] wurde der Arbeiter-Radfahrerverein "Freiweg" gegründet. Der Vereinszweck war Übung und Förderung des Radfahrens in der Arbeiterschaft. Das Vereinsgebiet erstreckte sich auf die Orte Kopperpahl, Steenbeck, Kiel und Suchsdorf, mit Sitz in Kopperpahl.<ref>LASH Abt. 309, Nr. 12531</ref>
 
Unter dem Dachverband der "Solidarität" sammelten sich zeitweise etwa 5.000 Ortsgruppen mit bis zu 350.000 Mitgliedern in ganz Deutschland. Dem Verband gehörte in Offenbach die Fahrradfabrik "Frischauf".<ref>Krüger, Michael: ''150 Jahre SPD - 150 Jahre Arbeiterturn- und Sportbewegung'', Bundeszentrale für politische Bildung, 16.12.2013</ref>. Man pflegte das Radwandern, in den Sälen von Gaststätten das Kunstfahren, daneben Straßenrennen und sogar Rasenradball. Nach dem 1. Weltkrieg nahm der Radsport einen großen Aufschwung. Fast 900 Radsportler gab es zeitweise in Kiel. Es bildeten sich in den Stadtteilen mehrere Abteilungen, so in Dietrichsdorf, Gaarden und Winterbek.
 
=== Das Ende 1933 ===
Die Machtübernahme der Nazis [[1933]] läutete das Ende auch der Arbeitersportbewegung ein. Die "Freie Turnerschaft an der Kieler Förde" wurde, wie auch alle anderen Arbeiterorganisationen der Stadt, aufgelöst. Die Heime und das Vermögen wurden beschlagnahmt.
 
Die Wassersportabteilung durfte unter neuer Führung als "Kieler Wassersportvereinigung", die Freien Segler Kiel als "Kieler Fahrtensegler" weiterbestehen.<ref>Heed, Levke: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_13/Demokratische_Geschichte_Band_13_Essay_7.pdf Arbeitersport in Kiel]'', ''Demokratische Geschichte'' 13(2000), S. 175</ref>
 
Die Abteilung der Freien Turn- und Sportvereinigung schloss sich dann dem V.F.B Teutonia an, um hier zu turnen oder Handball oder Tischtennis zu spielen. [[Theodor Sakmirda II|Theodor Sakmirda]] war damals für den gesamten Turnbetrieb zuständig und erinnert sich:
<blockquote>"Später mußte ich unter Aufsicht eines HJ-Führers die Turnstunden durchführen. Der Plan des HJ-Führers, das Kommando zu übernehmen, schlug aber fehl. Ich ließ ihn nur am Schluß der Turnstunden 5 Minuten Zeit für Bekanntmachungen."<ref>[[Theodor Sakmirda II|Sakmirda, Theodor]]: "Onkel Theo wird 75"; unveröffentlichte Erinnerungen (1977), S. 3</ref></blockquote>
 
Der Radsportverein "Frischauf" wurde aufgelöst. Als "Radfahrer-Verein von [[1934]]" durfte er unter neuer Leitung weitermachen. [[Theodor Sakmirda I|Theo Sakmirda]], der Enkel des Mitgründers von "Frischauf", erinnert sich:
<blockquote>"Nach dem Verbot der Arbeitersportvereine durch die Nazi-Diktatur blieben viele Mitglieder miteinander verbunden. In Wrohe, am Westensee, wurde während der Schulferien ein Zeltlager aufgebaut. Die Zelte und weiteres Zubehör wie z.B. Brennhexen zum Essenkochen wurden mit einem Lkw transportiert. Alle anderen kamen mit dem Fahrrad. Mein [[Theodor Sakmirda II|Vater]] hatte auf der Stange des Herrenrades zwei Sättel montiert für mich und meine zwei Jahre jüngere Schwester. Die Männer waren ja meist berufstätig und kamen nur zum Wochenende. An drei Namen kann ich mich erinnern: [[Genosse Eichberger|Eichberger]], [[Genosse Husemann|Husemann]] und [[Genosse Willrodt|Willrodt]]. Der Begrüßungsruf, wenn man auf dem Zeltplatz ankam, war "ratatata". Damit konnte man sich identifizieren. Meine Eltern haben nach Beginn des Krieges [[1939]] nicht mehr gezeltet, aus Sorge, die Engländer könnten die Zelte als Militärlager ansehen."<ref>[[Theodor Sakmirda I|Sakmirda, Theodor]]: ''Stichworte aus meiner Erinnerung 1933'', 20.1.2016</ref></blockquote>


== Neubeginn 1945 ==
== Neubeginn 1945 ==
Nach Kriegsende [[1945]] kam es nicht mehr zur Wiedergründung der Freien Turnerschaft an der Kieler Förde. Es wurden aber mehrere Arbeitersportvereine wieder bzw. neu gegründet. Eine eigenständige Organisation der Arbeitersportverbände entstand nach [[1945]] nicht mehr. Die Vereine wurden Teil der bürgerlichen Sportbewegung. Der ehemalige Vorsitzende der Freien Turnerschaft Adler, [[Kurt Luckau]], schrieb dazu 1953: "Die Ideale unserer alten Arbeiterturner haben wir mitgenommen in den Deutschen Turnerbund. Wir sind auch nicht bereit, von diesen erprobten und anerkannten Erfahrungen unserer alten Turnerei abzulassen. In sehr vielen Zusammenkünften und Sitzungen haben die ehemaligen ATUS-Vereine (Arbeiter- Turn- und Sport- Vereine) Diskussionen und Verhandlungen geführt. Bis auf den heutigen Tag gibt es noch sehr viele Punkte im Gesamtturnerleben, sowie darüber hinaus im Sportleben, die sich in keiner Weise mit unseren alten Sportidealen vereinbaren lassen. Aber aus der Entwicklung der ersten Jahre nach [[1945]] ergab sich nur diese Möglichkeit. Ehrlich wollen wir bekennen, dass wir uns auch unter den gegebenen Verhältnissen zur Mit- und Zusammenarbeit erklärt haben. Im Kreis Kiel und darüber hinaus ist es zu einer guten Zusammenarbeit gekommen." <ref>Freie Turnerschaft Adler v. 1893, Festschrift zum 75jährigen Bestehen</ref>   
Eine eigenständige Organisation der Arbeitersportverbände entstand nach dem Ende der Nazizeit nicht mehr. Die "Freie Turnerschaft an der Kieler Förde" wurde nicht wiederbegründet, sondern teilte sich in mehrere kleinere, nicht mehr parteigebundene Vereine auf. Der ehemalige Vorsitzende der Freien Turnerschaft Adler, [[Kurt Luckau]], schrieb dazu [[1953]]:  
<blockquote>"Die Ideale unserer alten Arbeiterturner haben wir mitgenommen in den Deutschen Turnerbund. Wir sind auch nicht bereit, von diesen erprobten und anerkannten Erfahrungen unserer alten Turnerei abzulassen. In sehr vielen Zusammenkünften und Sitzungen haben die ehemaligen ATUS-Vereine (Arbeiter-Turn- und Sport-Vereine) Diskussionen und Verhandlungen geführt. Bis auf den heutigen Tag gibt es noch sehr viele Punkte im Gesamtturnerleben, sowie darüber hinaus im Sportleben, die sich in keiner Weise mit unseren alten Sportidealen vereinbaren lassen. Aber aus der Entwicklung der ersten Jahre nach [[1945]] ergab sich nur diese Möglichkeit. Ehrlich wollen wir bekennen, dass wir uns auch unter den gegebenen Verhältnissen zur Mit- und Zusammenarbeit erklärt haben. Im Kreis Kiel und darüber hinaus ist es zu einer guten Zusammenarbeit gekommen."<ref>Freie Turnerschaft Adler v. 1893: ''Festschrift zum 75jährigen Bestehen''</ref></blockquote>   


== Freie Turn- und Sportvereinigung "Holsatia" v. 1893 e.V. ==
=== Freie Turn- und Sportvereinigung "Holsatia" v. 1893 e.V. ===
[[1948]] wurde die Freie Turn- und Sportvereinigung "Holsatia" wiedergegründet. Der Verein schloss sich [[1971]] mit dem Neumühlen-Dietrichsdorfer Turnverein zur Neumühlen-Diedrichsdorfer Turn- und Sportvereinigung Holsatia v. 1887 e.V -NDTSV- zusammen.
[[1948]] wurde die Freie Turn- und Sportvereinigung "Holsatia" v. [[1893]] wiedergegründet. Der Verein schloss sich im Mai [[1973]]<ref>Lt. [[Sönke Petersen]] im ''[http://www.spd-net-sh.de/kiel/daten/dietrichsdorf/poggendoerper/Pogg1402s.htm Poggendörper]'' 2/2014, nach anderen Informationen [[1971]]</ref> mit dem Neumühlen-Dietrichsdorfer Turnverein zur Neumühlen-Dietrichsdorfer Turn- und Sportvereinigung Holsatia v. [[1887]] e.V -NDTSV- zusammen.
* Homepage [http://www.ndtsv-holsatia.com/ NDTSV Holsatia]
* Homepage [http://www.ndtsv-holsatia.com/ NDTSV Holsatia]


== Freie Turnerschaft Ellerbek v. 1905 e.V. ==
=== Freie Turnerschaft Ellerbek v. 1905 e.V. ===
[[1946]] wurde die Freie Turnerschaft Ellerbek wiedergegründet. In den 1970iger Jahren Übertritt in die Ellerbeker Turnvereinigung von 1868 e.V.
[[1946]] wurde die Freie Turnerschaft Ellerbek v. [[1905]] wiedergegründet. In den 1970er Jahren trat sie geschlossen in die Ellerbeker Turnvereinigung von [[1868]] e.V. über.
* Homepage [http://www.etv-kiel.de/ ETV Kiel]
* Homepage [http://www.etv-kiel.de/ ETV Kiel]


== Freie Turnerschaft von Friedrichsort und Umgebung v. 1903 e.V. ==
=== Freie Turnerschaft von Friedrichsort u. U. v. 1903 e.V. ===
[[1945]] wurde die Freie Turnerschaft von Friedrichsort und Umgebung wiedergegründet. Sie schloß sich mit dem Sport-Club Friedrichsort v. 1890 und dem Sportverein von 1908 zunächst zum Reichsbund für Leibesübungen und ab 1950 zum Sportverein Friedrichsort zusammen.
[[1945]] wurde die Freie Turnerschaft von Friedrichsort und Umgebung v. [[1903]] wiedergegründet. Sie schloß sich mit dem Sport-Club Friedrichsort v. [[1890]] und dem Sportverein von [[1908]] zunächst zum Reichsbund für Leibesübungen und ab [[1950]] zum Sportverein Friedrichsort zusammen.
* Homepage [http://www.sv-friedrichsort.de/ SV Friedrichsort]
* Homepage [http://www.sv-friedrichsort.de/ SV Friedrichsort]


Heute, im Jahre 2016,  führen noch drei Kieler Vereine das "FT" im Vereinsnamen:
[[2016]] führten noch drei Kieler Vereine als Nachfolgevereine der "Freien Turnerschaft an der Kieler Förde" das "FT" im Vereinsnamen:
    
    
== FT Adler von 1893 e.V. ==
=== FT Adler von 1893 e.V. ===
[[1946]] wurde die Freie Turnerschaft Adler v. 1893 wiedergegründet.
[[1946]] wurde die Freie Turnerschaft Adler v. [[1893]] wiedergegründet. Zu den Männern der erste Stunde gehörte auch [[Theodor Sakmirda II|Theodor Sakmirda]], der als Oberturnwart bis [[1963]] die Geschicke des Vereins mit steuerte. Mit dabei war mittlerweile auch sein Sohn [[Theodor Sakmirda I|Theo Sakmirda]], als dritte Generation der Zugehörigkeit zur Freien Turnerschaft. [[Datei:Fotos 29269.jpg|thumb|left|280px|Feier zum 75-Jährigen Bestehen, 1968]]
[[Datei:Fotos 29269.jpg|thumb|left|280px|Feier zum 75-Jährigen Bestehen, 1968]]
Auf der Jahreshauptversammlung am [[15. Januar]] [[1949]] wurde beschlossen, dass der Verein künftig "Freie Turnerschaft ADLER von 1893" heißen solle. In der Chronik seines Zeltlagers "Adlerhorst" heißt es dazu:  
Auf der Jahreshauptversammlung am 15.01.[[1949]] wurde beschlossen, das der Verein zukünftig "Freie Turnerschaft ADLER von 1893" heißen soll. In der Chronik seines Zeltlagers "Adlerhorst" heißt es dazu: "Sein Gesamtwirken für die Öffentlichkeit und vor allem seine großen Verdienste um die Bildung und Erhaltung der "Freien Turnerschaft an der Kieler Förde" bewogen uns anlässlich der Wiedergründung [[1946]], den Verein FT Adler zu nennen. Unser Vereinsname wird uns immer an Eduard Adler und sein Wirken erinnern."<ref>[http://www.zeltlager-adlerhorst.de/der-verein/eduard-adler/ Zeltlager Adlerhorst]</ref>
<blockquote>"[Eduard Adlers] Gesamtwirken für die Öffentlichkeit und vor allem seine großen Verdienste um die Bildung und Erhaltung der "Freien Turnerschaft an der Kieler Förde" bewogen uns anlässlich der Wiedergründung [[1946]], den Verein FT Adler zu nennen. Unser Vereinsname wird uns immer an [[Eduard Adler]] und sein Wirken erinnern."<ref>[http://www.zeltlager-adlerhorst.de/der-verein/eduard-adler/ Zeltlager Adlerhorst]</ref></blockquote>
[[1950]] wurde mit dem Bau des Zeltlagers "Adlerhorst" am Behler See begonnen. [[Theodor Sakmirda II|Theodor Sakmirda]] erinnert sich:
<blockquote>"Zusammen mit vielen Helfern wurde der "Adlerhorst" in den folgenden Jahren, z.T. unter meiner technischen Leitung, auf- und ausgebaut. Als eines der besten Zeltlager ist es weit über die Grenzen unseres Landes hinaus bekannt geworden."<ref>Sakmirda, Theodor: "Onkel Theo wird 75"; unveröffentlichte Erinnerungen (1977), S. 4</ref></blockquote>
Auf der 75-Jahr-Feier der FT am [[13. Oktober]] [[1968]] wurde [[Theodor Sakmirda II|Theodor Sakmirda]] zum Ehrenmitglied des Vereins gewählt.
* Homepage [http://ft-adler-kiel.de/ FT Adler]
* Homepage [http://ft-adler-kiel.de/ FT Adler]


== FT Eiche von 1901 e.V. ==
=== FT Eiche von 1901 e.V. ===
[[Datei:Fotos 15913.jpg|thumb|right|280px|Vereinsheim des FT Eiche, 1973]]
[[Datei:Fotos 15913.jpg|thumb|right|280px|Vereinsheim des FT Eiche, 1973]]
[[1947]] wurde die Freie Turnerschaft Eiche v. 1901 wiedergegründet.
[[1947]] wurde die Freie Turnerschaft Eiche v. [[1901]] wiedergegründet. [[1973]] bekam der Verein ein neues Vereinsheim auf der Schwarzlandwiese in Gaarden. Das Gebäude hatte während der Olympischen Spiele in Kiel [[1972]] an der Kiellinie gestanden.
* Homepage [http://fteiche.net/ FT Eiche]
 
 
 
 


[[1973]] bekam der Verein ein neues Vereinsheim auf der Schwarzlandwiese in Gaarden. Das Gebäude hatte während der Olympischen Spiele in Kiel [[1972]] an der Kiellinie gestanden.


* Homepage [http://fteiche.net/ FT Eiche]


== FT Vorwärts Kiel von 1901 e.V. ==
=== FT Vorwärts Kiel von 1901 e.V. ===
[[Datei:Fotos 15914.jpg|thumb|left|280px|Musiker des FT Vorwärts, 1975]]
[[Datei:Fotos 15914.jpg|thumb|left|280px|Musiker des FT Vorwärts, 1975]]
Bereits [[1945]] wurde die Freie Turnerschaft Vorwärts v. 1901 wiedergegründet.
Bereits [[1945]] wurde die Freie Turnerschaft Vorwärts v. [[1901]] wiedergegründet. Ihr Vereinsheim steht auf der Moorteichwiese in Kiel-Süd.
* Homepage [http://www.ft-vorwaerts-kiel.de/ FT Vorwärts Kiel]
* Homepage [http://www.ft-vorwaerts-kiel.de/ FT Vorwärts Kiel]


== Segler-Vereinigung Kiel e.V- SVK ==
[[1950]] entstand aus der "Kieler Wassersportvereinigung", der ehemaligen Wassersportabteilung der Freien Turnerschaft und den "Kieler Fahrtenseglern" der Zusammenschluss zur "Segler-Vereinigung Kiel e.V SVK".<ref>[http://www.svk-kiel.de/geschichte.html Geschichte der SVK]</ref>
* Homepage [http://www.svk-kiel.de/ SVK-Kiel e.V.]


== Radsportgemeinschaft Kiel von 1896 e.V. ==
Die erste Zusammenkunft überlebender Kieler Arbeiter-Radsportler nach dem 2. Weltkrieg fand am [[21. Oktober]] [[1945]] in der Gaststätte "Zur neuen Welt" in der Lutherstraße statt. Als Verein "Kieler Radsportgemeinschaft Solidarität" fanden die Radsportler sich wieder zusammen. Es war ein Zusammenschluss der alten Vereine "Frischauf Kiel", "Radsportgemeinschaft Solidarität Eckernförde" und dem "Rendsburger Bicycle-Club". Ziel der Vereinsarbeit sollte das Radwandern, Hallenradsport, Radrennen und Rasensport sein. Die Radsportgemeinschaft sollte nach demokratischen Regeln geführt werden,  man wollte frei sein von allen politischen Bindungen. Als Sportgruß wurde das traditionelle "Frisch auf" festgelegt. Die Anrede unter den Vereinsmitgliedern wurde von "Sportgenosse" zu "Sportfreund geändert. [[1949]] beschlossen die Kieler Radsportler dem "Bund Deutscher Radfahrer", BDR, und nicht dem "Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität von 1896", RKB, beizutreten. Der Vereinsname wurde geändert in "Radsportgemeinschaft Kiel von 1896".
* Homepage [http://www.rg-kiel.de/ Radsportgemeinschaft Kiel von 1896 e.V.]


Die Kieler Arbeiter-Turner hatten es sich ebenfalls zur Aufgabe gemacht, die Idee zu verbreiten und unterstützten zum Beispiel den Aufbau der [[Arbeitersport in Neumünster|Freien Turnerschaft Neumünster]].


=== Segler-Vereinigung Kiel e.V. - SVK ===
[[1950]] schlossen sich die "Kieler Wassersportvereinigung", die ehemalige Wassersportabteilung der Freien Turnerschaft, und die "Kieler Fahrtensegler" zur "Segler-Vereinigung Kiel e.V SVK" zusammen.<ref>[http://www.svk-kiel.de/geschichte.html Geschichte der SVK]</ref> Sie bauten am alten Ort an der Kösterallee ein neues Vereinsheim.
* Homepage [http://www.svk-kiel.de/ SVK-Kiel e.V.]
=== Radsportgemeinschaft Kiel von 1896 e.V. ===
Die erste Zusammenkunft überlebender Kieler Arbeiter-Radsportler nach dem 2. Weltkrieg fand am [[21. Oktober]] [[1945]] in der Gaststätte "Zur neuen Welt" (später "Zauberlehrling") in der Lutherstraße statt. Als "Kieler Radsportgemeinschaft Solidarität e.V." fanden sich Radsportler aus den alten Vereinen "Frischauf Kiel", "Radsportgemeinschaft Solidarität Eckernförde" und dem "Rendsburger Bicycle-Club" wieder zusammen. Ziele der Vereinsarbeit waren das Radwandern, Hallenradsport, Radrennen und Rasensport. Die Radsportgemeinschaft sollte nach demokratischen Regeln geführt werden, man wollte frei sein von allen politischen Bindungen. Als Sportgruß wurde das traditionelle "Frisch auf" festgelegt. Die Anrede unter den Vereinsmitgliedern wurde von "Sportgenosse" zu "Sportfreund" geändert. [[1949]] beschlossen die Kieler Radsportler, dem "Bund Deutscher Radfahrer" (BDR), nicht dem "Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität von [[1896]]" (RKB), beizutreten. Der Vereinsname wurde geändert in "Radsportgemeinschaft Kiel von 1896".
* Homepage [http://www.rg-kiel.de/ Radsportgemeinschaft Kiel von 1896 e.V.]


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Arbeitersport]]
* [[Arbeitersport]]
== Literatur ==
* Detlefs, Birte und Löhndorf, Rolf: ''Festschrift 100 Jahre Freie Turnerschaft Eiche v. 1901 e.V.''
* ''Erinnerungsschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens der Freien Turnerschaft an der Kieler Förde, 1902-1926'', (hrsg.  vom Vereinsvorstand, Kiel, November 1926)
* Freie Turnerschaft ADLER von 1893 e.V., ''Festschrift zum 75jährigen Bestehen'' (Kiel 1968)
* Heed, Levke: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_13/Demokratische_Geschichte_Band_13_Essay_7.pdf Arbeitersport in Kiel]''. ''Demokratische Geschichte'' 13(2000), S. 147-198
* Peters, Horst: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay26.pdf "Vom Kampfrekord zum Massensport" - Fundsachen zum Kieler Arbeitersport in der Weimarer Republik]''. ''Demokratische Geschichte'' 3(1988), S. 345-351
* Körner, Gustav: ''Radsportgemeinschaft Kiel von 1896 e.V., Chronik der 100 Jahre'' (Jubiläumssonderheft Nr. 248, Mai 1996)
* [[Karl Rickers|Rickers, Karl]]: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_01/Demokratische_Geschichte_Band_01_Essay06.pdf Eduard Adlers Friedenspolitik 1914. Der Vorabend des Ersten Weltkrieges in den Leitartikeln der Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung]''. ''Demokratische Geschichte'' 1(1986), S. 83-121
* ''75 Jahre Segler-Vereinigung Kiel e.V.'' (Jubiläumsband, Kiel 1994)


== Quellen ==
== Quellen ==

Version vom 30. Juni 2020, 22:42 Uhr

[[Datei:{{#setmainimage:Eduard Adler.jpg}}|thumb|right|280px|Eduard Adler]] Die Geschichte des Arbeitersports in Kiel begann im Juni 1893: Mitglieder des Vergnügungsvereins "Arbeiterbund" gründeten eine Turnabteilung, denn die bürgerlichen Turnvereine sahen die Mitgliedschaft der Proletarier nicht gern.

Anfänge

Aus der Turnabteilung wurde ein erster eigener Verein: Am 17. September 1894 gründeten die Arbeiterbund-Mitglieder den Arbeiter-Turnverein "Vorwärts" und schlossen sich dem Arbeiter-Turnerbund an. 1899 musste man nach Problemen mit der Obrigkeit den Vereinsnamen in "Kieler Turnverein Jahn von 1893" ändern. In und um Kiel entstanden schnell weitere Turnvereine, besonders in Stadtteilen mit großem Arbeiteranteil: 1890 der Turnverein "Vorwärts" in Alt-Heikendorf, Anfang Oktober 1893 ein Verein in Neumühlen-Dietrichsdorf, 1899 die Wiker Turnerschaft und 1901 der Gaardener Turnverein.[1]

Die Kieler Arbeiter-Turner hatten es sich auch zur Aufgabe gemacht, die Idee zu verbreiten, und unterstützten zum Beispiel ab 1899 den Aufbau der Freien Turnerschaft Neumünster.

Freie Turnerschaft an der Kieler Förde

Traditionsfahne der FT Kieler Förde (Ausschnitt)

Der reichsweite Trend zur Zusammenarbeit in Kartellen kam auch nach Kiel: Eduard Adler organisierte 1901 den Zusammenschluss in der Fördestadt. Die Arbeiterturnvereine

  • Gaardener Turnverein "Jahn" von 1901 in Gaarden,
  • Turnverein "Vorwärts" in Alt-Heikendorf,
  • Kieler Turnverein "Jahn" von 1893 in Kiel,
  • Neumühlener Arbeiterturnverein in Neumühlen und
  • Wiker Turnerschaft von 1899 in der Wik

erklärten sich bereit, sich am 31. Dezember 1901 aufzulösen. Ihre Mitglieder traten der zum 1. Januar 1902 gegründeten "Freien Turnerschaft an der Kieler Förde" bei. Mit 540 Männermitgliedern, 50 Zöglingen und 200 Schülern nahm sie ihre Tätigkeit auf. Paul Greß wurde der erste Vorsitzende, die turnerische Oberleitung lag bei Eduard Adler, der über eine Turnlehrerausbildung verfügte.

Die Freie Turnerschaft gliederte sich in Männer-, Frauen-, Zöglings- und Schülerabteilungen. Die erste Frauenabteilung entstand am 6. November 1902. Die Mitgliederzahl stieg bis zum Beginn des ersten Weltkriegs stetig an: 790 Mitglieder waren es bei der Gründung, 1905 bereits 1.700, 1910 2.075 und 1914 2.372.

Im Mittelpunkt der Vereinsarbeit standen zunächst turnerische Veranstaltungen. Dabei ging es nicht um individuelle, sondern um kollektive Leistungsvergleiche. In einem Beschluss der Freien Turnerschaft aus dem Jahre 1905 heißt es dazu:

"Jedes Turnen um Preise oder materielle Vorteile ist verwerflich. Jedes Turnen, bei dem die Leistungen einzelner Turner für sich verglichen werden, ist verwerflich. Jedes Turnen, mit oder ohne Gerät, sowie jedes Spiel, bei dem die kollektive Arbeit von Gruppen durch Vergleichung mit anderen oder Wertungen von Gruppenleistungen festgestellt wird, wie z.B. bei Musterriegen und Wettspielen, ist nicht allein zulässig, sondern zu fördern."

Im Laufe der Zeit kamen Spiele auf dem "grünen Rasen" hinzu: Schlagball, Handball, Faustball, Trommelball und seit 1912 Fußball.

Der Verein hatte von Anfang an mit ständigen Schikanen durch die städtischen Ämter, die Polizei und die Justiz zu kämpfen. So wurde zeitweise die Benutzung der städtischen Turnhallen untersagt und den Turnwarten die Übungslizenz entzogen. Ständig stand der Vorwurf "sozialdemokratischer Umtriebe" im Raum, was ja auch nicht ganz falsch war. August Rathmann berichtet:

"[Wir hatten] den begründeten Verdacht, daß die Absicht bestand, die "Freie Turnerschaft" für politisch zu erklären, womit diese automatisch gezwungen worden wäre, ihre zahlreichen Jugend- und Kinderabteilungen aufzulösen. Auf Vorschlag Adlers gründeten deshalb Andreas Gayk, Hermann Brennecke und ich im Herbst 1912 den "Kieler Turn- und Wanderclub von 1912", der, falls sich unser Verdacht bestätigen sollte, die Jugend- und Kinderabteilungen der "Freien Turnerschaft" übernehmen würde. Die Operation gelang in vollem Umfang."[2]

Turnerinnen der Freien Turnerschaft MA IX (Kronshagen), um 1926 auf dem Sportplatz hinter der Volksschule in Kronshagen. Das Mädchen in der ersten Reihe, 2. von links ist Hildegard Weskamp.

Die Haltung der staatlichen Organe änderte sich erst mit Kriegsbeginn 1914, als der Kaiser "keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche" kannte. Der Vereinsbetrieb wurde in den Kriegsjahren aufrecht erhalten, so gut es ging. Viele Turngenossen starben als Soldaten im Krieg. Die Zahl der Vereinsmitglieder ging aber nur leicht zurück, auf 1937 im Jahre 1916.

Nach Kriegsende und der Revolution im November 1918 begann die Aufbauarbeit. Trotz aller politischen, insbesondere aber wirtschaftlichen Probleme in der neuen Republik wuchs die Freie Turnerschaft. Ihren Höhepunkt erreichte sie 1923 mit 4.720 Mitgliedern. Vielleicht wegen des großen Zulaufs wurde die Trennung in Männer-, Frauen- und Kinderabteilungen nicht aufrecht erhalten. 1921 übernahm Theo Sakmirda, der 1908 als Sechsjähriger seine erste Turnstunde bei der FT erhalten hatte, die Leitung der Mädchenabteilung von seinem Vater Theodor Sakmirda. Rosa Wallbaum erinnerte sich jedoch, dass sie schon vor 1925 in Kiel-Süd in der Kindergruppe der "Männerabteilung VI" turnte.[3] Auch Walter Weskamp berichtet, dass er und seine Geschwister nach dem 1. Weltkrieg regelmäßig zum Turnen zur Freien Turnerschaft, MA IX gingen (siehe Foto).[4]

Es kam auch etwas Neues hinzu: der Wassersport.[5]

Gustav Garbe und Frau Emma auf der Brücke, wohl bei der Benennung 1930

Wassersport

Mitglieder der Freien Turnerschaft gründeten am 2. Mai 1919 eine Wassersportabteilung, einen Segel- und Ruderverein für Arbeiter. Die Boote kamen, zum Teil leihweise, von der Marine. Sie hießen "Lust" und "Liebe", "Frei", "Stark", "Treu" und "Friedrich Ebert". Die Abteilung wurde von prominenten Gästen besucht, etwa von Reichstagspräsident Paul Löbe und Reichsjustizminister Gustav Radbruch.

Am 12. Mai 1929 weihte der Verein sein erstes Klubhaus an der Wiker Bucht (heute Kiellinie) ein. Im oberen Geschoss war die Jugendherberge untergebracht. 1930 bauten die Arbeiter-Wassersportler eine Anlegebrücke für ihre Boote. "Der altbekannte und verdiente Sportler Gustav Garbe hielt die Weihrede und gab der Brücke den Namen Gustav-Garbe-Brücke".[6] Die Ratsversammlung der Landeshauptstadt Kiel beschloss 2015 mit großer Mehrheit, der neuen Brücke des Sportboothafens Wik wieder den Namen Gustav-Garbe-Brücke zu geben. Die Wiederbenennung fand am 3. November 2016 statt.

1930 trennte sich eine Gruppe Segler von der Wassersportabteilung und gründete den Verein "Freie Segler Kiel", FSK.[7]

Mit klingendem Spiel

Mit der Geschichte der Freien Turnerschaft verknüpt sind die Trommler- und Pfeiferkorps. Bereits vor 1914 gab es bei ihr kleinere Spielkorps. Nach dem 1. Weltkrieg fanden sich wieder Turngenossen zusammen, die diese Tradition fortsetzten. Am 21. Juli 1919 wurde die "Musikabteilung der Freien Turnerschaft an der Kieler Förde" gegründet, die sich reger Beteiligung erfreute.[8]

Radsport

Die Traditionsfahne, Vor- und Rückseite, und die Spitze des Fahnenstocks der Radsportgemeinschaft Kiel aus dem Jahr 1921

1896 gründete sich - als Ortsgruppe des ebenfalls 1896 gegründeten "Arbeiterrad- und Kraftfahrerbundes Solidarität" - der Verein "Frischauf" in Kiel. Gründungsmitglieder waren, soweit heute noch bekannt, Theodor Sakmirda, Theo Röstel und Hermann Langfeld.

1903 wurde der Arbeiter-Radfahrerverein "Freiweg" gegründet. Der Vereinszweck war Übung und Förderung des Radfahrens in der Arbeiterschaft. Das Vereinsgebiet erstreckte sich auf die Orte Kopperpahl, Steenbeck, Kiel und Suchsdorf, mit Sitz in Kopperpahl.[9]

Unter dem Dachverband der "Solidarität" sammelten sich zeitweise etwa 5.000 Ortsgruppen mit bis zu 350.000 Mitgliedern in ganz Deutschland. Dem Verband gehörte in Offenbach die Fahrradfabrik "Frischauf".[10]. Man pflegte das Radwandern, in den Sälen von Gaststätten das Kunstfahren, daneben Straßenrennen und sogar Rasenradball. Nach dem 1. Weltkrieg nahm der Radsport einen großen Aufschwung. Fast 900 Radsportler gab es zeitweise in Kiel. Es bildeten sich in den Stadtteilen mehrere Abteilungen, so in Dietrichsdorf, Gaarden und Winterbek.

Das Ende 1933

Die Machtübernahme der Nazis 1933 läutete das Ende auch der Arbeitersportbewegung ein. Die "Freie Turnerschaft an der Kieler Förde" wurde, wie auch alle anderen Arbeiterorganisationen der Stadt, aufgelöst. Die Heime und das Vermögen wurden beschlagnahmt.

Die Wassersportabteilung durfte unter neuer Führung als "Kieler Wassersportvereinigung", die Freien Segler Kiel als "Kieler Fahrtensegler" weiterbestehen.[11]

Die Abteilung der Freien Turn- und Sportvereinigung schloss sich dann dem V.F.B Teutonia an, um hier zu turnen oder Handball oder Tischtennis zu spielen. Theodor Sakmirda war damals für den gesamten Turnbetrieb zuständig und erinnert sich:

"Später mußte ich unter Aufsicht eines HJ-Führers die Turnstunden durchführen. Der Plan des HJ-Führers, das Kommando zu übernehmen, schlug aber fehl. Ich ließ ihn nur am Schluß der Turnstunden 5 Minuten Zeit für Bekanntmachungen."[12]

Der Radsportverein "Frischauf" wurde aufgelöst. Als "Radfahrer-Verein von 1934" durfte er unter neuer Leitung weitermachen. Theo Sakmirda, der Enkel des Mitgründers von "Frischauf", erinnert sich:

"Nach dem Verbot der Arbeitersportvereine durch die Nazi-Diktatur blieben viele Mitglieder miteinander verbunden. In Wrohe, am Westensee, wurde während der Schulferien ein Zeltlager aufgebaut. Die Zelte und weiteres Zubehör wie z.B. Brennhexen zum Essenkochen wurden mit einem Lkw transportiert. Alle anderen kamen mit dem Fahrrad. Mein Vater hatte auf der Stange des Herrenrades zwei Sättel montiert für mich und meine zwei Jahre jüngere Schwester. Die Männer waren ja meist berufstätig und kamen nur zum Wochenende. An drei Namen kann ich mich erinnern: Eichberger, Husemann und Willrodt. Der Begrüßungsruf, wenn man auf dem Zeltplatz ankam, war "ratatata". Damit konnte man sich identifizieren. Meine Eltern haben nach Beginn des Krieges 1939 nicht mehr gezeltet, aus Sorge, die Engländer könnten die Zelte als Militärlager ansehen."[13]

Neubeginn 1945

Eine eigenständige Organisation der Arbeitersportverbände entstand nach dem Ende der Nazizeit nicht mehr. Die "Freie Turnerschaft an der Kieler Förde" wurde nicht wiederbegründet, sondern teilte sich in mehrere kleinere, nicht mehr parteigebundene Vereine auf. Der ehemalige Vorsitzende der Freien Turnerschaft Adler, Kurt Luckau, schrieb dazu 1953:

"Die Ideale unserer alten Arbeiterturner haben wir mitgenommen in den Deutschen Turnerbund. Wir sind auch nicht bereit, von diesen erprobten und anerkannten Erfahrungen unserer alten Turnerei abzulassen. In sehr vielen Zusammenkünften und Sitzungen haben die ehemaligen ATUS-Vereine (Arbeiter-Turn- und Sport-Vereine) Diskussionen und Verhandlungen geführt. Bis auf den heutigen Tag gibt es noch sehr viele Punkte im Gesamtturnerleben, sowie darüber hinaus im Sportleben, die sich in keiner Weise mit unseren alten Sportidealen vereinbaren lassen. Aber aus der Entwicklung der ersten Jahre nach 1945 ergab sich nur diese Möglichkeit. Ehrlich wollen wir bekennen, dass wir uns auch unter den gegebenen Verhältnissen zur Mit- und Zusammenarbeit erklärt haben. Im Kreis Kiel und darüber hinaus ist es zu einer guten Zusammenarbeit gekommen."[14]

Freie Turn- und Sportvereinigung "Holsatia" v. 1893 e.V.

1948 wurde die Freie Turn- und Sportvereinigung "Holsatia" v. 1893 wiedergegründet. Der Verein schloss sich im Mai 1973[15] mit dem Neumühlen-Dietrichsdorfer Turnverein zur Neumühlen-Dietrichsdorfer Turn- und Sportvereinigung Holsatia v. 1887 e.V -NDTSV- zusammen.

Freie Turnerschaft Ellerbek v. 1905 e.V.

1946 wurde die Freie Turnerschaft Ellerbek v. 1905 wiedergegründet. In den 1970er Jahren trat sie geschlossen in die Ellerbeker Turnvereinigung von 1868 e.V. über.

Freie Turnerschaft von Friedrichsort u. U. v. 1903 e.V.

1945 wurde die Freie Turnerschaft von Friedrichsort und Umgebung v. 1903 wiedergegründet. Sie schloß sich mit dem Sport-Club Friedrichsort v. 1890 und dem Sportverein von 1908 zunächst zum Reichsbund für Leibesübungen und ab 1950 zum Sportverein Friedrichsort zusammen.

2016 führten noch drei Kieler Vereine als Nachfolgevereine der "Freien Turnerschaft an der Kieler Förde" das "FT" im Vereinsnamen:

FT Adler von 1893 e.V.

1946 wurde die Freie Turnerschaft Adler v. 1893 wiedergegründet. Zu den Männern der erste Stunde gehörte auch Theodor Sakmirda, der als Oberturnwart bis 1963 die Geschicke des Vereins mit steuerte. Mit dabei war mittlerweile auch sein Sohn Theo Sakmirda, als dritte Generation der Zugehörigkeit zur Freien Turnerschaft.

Feier zum 75-Jährigen Bestehen, 1968

Auf der Jahreshauptversammlung am 15. Januar 1949 wurde beschlossen, dass der Verein künftig "Freie Turnerschaft ADLER von 1893" heißen solle. In der Chronik seines Zeltlagers "Adlerhorst" heißt es dazu:

"[Eduard Adlers] Gesamtwirken für die Öffentlichkeit und vor allem seine großen Verdienste um die Bildung und Erhaltung der "Freien Turnerschaft an der Kieler Förde" bewogen uns anlässlich der Wiedergründung 1946, den Verein FT Adler zu nennen. Unser Vereinsname wird uns immer an Eduard Adler und sein Wirken erinnern."[16]

1950 wurde mit dem Bau des Zeltlagers "Adlerhorst" am Behler See begonnen. Theodor Sakmirda erinnert sich:

"Zusammen mit vielen Helfern wurde der "Adlerhorst" in den folgenden Jahren, z.T. unter meiner technischen Leitung, auf- und ausgebaut. Als eines der besten Zeltlager ist es weit über die Grenzen unseres Landes hinaus bekannt geworden."[17]

Auf der 75-Jahr-Feier der FT am 13. Oktober 1968 wurde Theodor Sakmirda zum Ehrenmitglied des Vereins gewählt.

FT Eiche von 1901 e.V.

Vereinsheim des FT Eiche, 1973

1947 wurde die Freie Turnerschaft Eiche v. 1901 wiedergegründet. 1973 bekam der Verein ein neues Vereinsheim auf der Schwarzlandwiese in Gaarden. Das Gebäude hatte während der Olympischen Spiele in Kiel 1972 an der Kiellinie gestanden.




FT Vorwärts Kiel von 1901 e.V.

Musiker des FT Vorwärts, 1975

Bereits 1945 wurde die Freie Turnerschaft Vorwärts v. 1901 wiedergegründet. Ihr Vereinsheim steht auf der Moorteichwiese in Kiel-Süd.






Segler-Vereinigung Kiel e.V. - SVK

1950 schlossen sich die "Kieler Wassersportvereinigung", die ehemalige Wassersportabteilung der Freien Turnerschaft, und die "Kieler Fahrtensegler" zur "Segler-Vereinigung Kiel e.V SVK" zusammen.[18] Sie bauten am alten Ort an der Kösterallee ein neues Vereinsheim.

Radsportgemeinschaft Kiel von 1896 e.V.

Die erste Zusammenkunft überlebender Kieler Arbeiter-Radsportler nach dem 2. Weltkrieg fand am 21. Oktober 1945 in der Gaststätte "Zur neuen Welt" (später "Zauberlehrling") in der Lutherstraße statt. Als "Kieler Radsportgemeinschaft Solidarität e.V." fanden sich Radsportler aus den alten Vereinen "Frischauf Kiel", "Radsportgemeinschaft Solidarität Eckernförde" und dem "Rendsburger Bicycle-Club" wieder zusammen. Ziele der Vereinsarbeit waren das Radwandern, Hallenradsport, Radrennen und Rasensport. Die Radsportgemeinschaft sollte nach demokratischen Regeln geführt werden, man wollte frei sein von allen politischen Bindungen. Als Sportgruß wurde das traditionelle "Frisch auf" festgelegt. Die Anrede unter den Vereinsmitgliedern wurde von "Sportgenosse" zu "Sportfreund" geändert. 1949 beschlossen die Kieler Radsportler, dem "Bund Deutscher Radfahrer" (BDR), nicht dem "Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität von 1896" (RKB), beizutreten. Der Vereinsname wurde geändert in "Radsportgemeinschaft Kiel von 1896".

Siehe auch

Literatur

Quellen

  1. Heed, Levke: Arbeitersport in Kiel, Demokratische Geschichte 13(2000), S. 147-198
  2. August Rathmann: Ein Arbeiterleben. Erinnerungen an Weimar und danach (Wuppertal 1983), S. 13
  3. Kalweit, Susanne: "Ich hab mich niemals arm gefühlt!" Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben (Hamburg/Berlin 2010), S. 35
  4. Weskamp, Walter: Damals in Kronshagen (unveröffentlicht), S. 1
  5. Erinnerungsschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens der Freien Turnerschaft an der Kieler Förde 1902-1926
  6. So Peter Ebert, der Abteilungs-Fahrwart, in einem Bericht aus dem Juli 1930
  7. 75 Jahre Segler-Vereinigung Kiel e.V. (Kiel 1994)
  8. Erinnerungsschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens der Freien Turnerschaft an der Kieler Förde 1902-1926
  9. LASH Abt. 309, Nr. 12531
  10. Krüger, Michael: 150 Jahre SPD - 150 Jahre Arbeiterturn- und Sportbewegung, Bundeszentrale für politische Bildung, 16.12.2013
  11. Heed, Levke: Arbeitersport in Kiel, Demokratische Geschichte 13(2000), S. 175
  12. Sakmirda, Theodor: "Onkel Theo wird 75"; unveröffentlichte Erinnerungen (1977), S. 3
  13. Sakmirda, Theodor: Stichworte aus meiner Erinnerung 1933, 20.1.2016
  14. Freie Turnerschaft Adler v. 1893: Festschrift zum 75jährigen Bestehen
  15. Lt. Sönke Petersen im Poggendörper 2/2014, nach anderen Informationen 1971
  16. Zeltlager Adlerhorst
  17. Sakmirda, Theodor: "Onkel Theo wird 75"; unveröffentlichte Erinnerungen (1977), S. 4
  18. Geschichte der SVK