Bundestagswahl 1969: Unterschied zwischen den Versionen

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: "Die Genossen in Rendsburg-Neumünster weigerten sich, den national-konservativen Chef des Bundes der Vertriebenen, [[Reinhold Rehs]], fürderhin in ihrem Wahlkreis zu dulden."<ref>DER SPIEGEL: ''[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45702036.html Die Vatermörder]'' 7.7.1969</ref>  
: "Die Genossen in Rendsburg-Neumünster weigerten sich, den national-konservativen Chef des Bundes der Vertriebenen, [[Reinhold Rehs]], fürderhin in ihrem Wahlkreis zu dulden."<ref>DER SPIEGEL: ''[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45702036.html Die Vatermörder]'' 7.7.1969</ref>  


Als Präsident des Bundes der Vertriebenen kritisierte Reinhold Rehs [[1968]] die Beschlüsse der SPD zur Oder-Neiße-Grenze. Damit stellte er sich offen gegen die Ostpolitik [[Willy Brandt|Willy Brandts]]. Die schleswig-holsteinischen [[Jusos]] forderten ihn daraufhin auf, sein Mandat niederzulegen, und kündigten an, sie würden seine erneute Kandidatur zur [[Bundestagswahl 1969]] verhindern. Der damalige Juso-Landesvorsitzende [[Günther Jansen]] schrieb ihm einen offenen Brief: Der SPD werde im Stil eines NPD-Manifests "Wortbruch, Verzichtbereitschaft, Kapitulation und Zwielichtigkeit" unterstellt. In dem Loyalitätskonflikt zwischen Vertriebenenverband und SPD habe sich Rehs für den Verband entschieden.<ref>''Krach um Reinhold Rehs'', ''Kieler Nachrichten'', 5.4.1968</ref> Am [[13. Mai]] [[1969]] trat [[Reinhold Rehs]] zur CDU über. Um trotzdem Vertriebenen-Stimmen für die SPD einzufangen, setzt der Parteivorstand den Sprecher der Schlesier, [[Herbert Hupka]] auf einen aussichtsreichen Listenplatz, obwohl er keinen Wahlkreis vertritt.
Als Präsident des Bundes der Vertriebenen kritisierte Reinhold Rehs [[1968]] die Beschlüsse der SPD zur Oder-Neiße-Grenze. Damit stellte er sich offen gegen die Ostpolitik [[Willy Brandt|Willy Brandts]]. Die schleswig-holsteinischen [[Jusos]] forderten ihn daraufhin auf, sein Mandat niederzulegen, und kündigten an, sie würden seine erneute Kandidatur zur [[Bundestagswahl 1969]] verhindern. Der damalige Juso-Landesvorsitzende [[Günther Jansen]] schrieb ihm einen offenen Brief: Der SPD werde im Stil eines NPD-Manifests "Wortbruch, Verzichtbereitschaft, Kapitulation und Zwielichtigkeit" unterstellt. In dem Loyalitätskonflikt zwischen Vertriebenenverband und SPD habe sich Rehs für den Verband entschieden.<ref>''Krach um Reinhold Rehs'', ''Kieler Nachrichten'', 5.4.1968</ref> Am [[13. Mai]] [[1969]] trat [[Reinhold Rehs]] zur CDU über. Um trotzdem Vertriebenen-Stimmen für die SPD einzufangen, setzt der Parteivorstand den Sprecher der Schlesier, [[Herbert Hupka]] auf einen aussichtsreichen Listenplatz, obwohl er keinen Wahlkreis vertritt.<ref>''SPD: Student kandidiert'', ''Kieler Nachrichten'', 2.12.1968</ref>


Auf einem Unterbezirksparteitag im Juni dieses Jahres stellten sich vier Bewerber für das Direktmandat im Wahlkreis 10 vor. Nach einer kurzen Selbstvorstellung der Kandidaten hatten die Delegierten ausgiebig Gelegenheit, die Bewerber zu befragen. [[Friedrich Beermann|Dr. Friedrich Beermann]] (56) lag bei der anschließenden Wahl klar vor seinen Mitbewerbern [[Heinz Lund]], [[Friedrich-Wilhelm Witt]] und Dr. Baare-Schmidt. Auf der Wahlkreiskonferenz wurde [[Friedrich Beermann|Dr. Friedrich Beermann]] schließlich am [[23. November]] [[1968]] mit 91 Stimmen gegen 55 Stimmen für [[Heinz Lund]] (43) zum Bundestagskandidaten gewählt.<ref>Rechenschaftsbericht 1967-1968</ref>
Auf einem Unterbezirksparteitag im Juni dieses Jahres stellten sich vier Bewerber für das Direktmandat im Wahlkreis 10 vor. Nach einer kurzen Selbstvorstellung der Kandidaten hatten die Delegierten ausgiebig Gelegenheit, die Bewerber zu befragen. [[Friedrich Beermann|Dr. Friedrich Beermann]] (56) lag bei der anschließenden Wahl klar vor seinen Mitbewerbern [[Heinz Lund]], [[Friedrich-Wilhelm Witt]] und Dr. Baare-Schmidt. Auf der Wahlkreiskonferenz wurde [[Friedrich Beermann|Dr. Friedrich Beermann]] schließlich am [[23. November]] [[1968]] mit 91 Stimmen gegen 55 Stimmen für [[Heinz Lund]] (43) zum Bundestagskandidaten gewählt.<ref>Rechenschaftsbericht 1967-1968</ref>

Version vom 18. Dezember 2018, 14:33 Uhr

Die Bundestagswahl 1969 fand am 28. September 1969 statt. Die SPD kann mit Willy Brandt, der zum dritten Mal als Spitzenkandidat antritt, und der FDP als Koalitionspartner, eine Mehrheit erringen und eine sozialliberale Regierung zu bilden.

Kandidaturen

Der SPIEGEL berichtet 1969 über eine Welle von jungen Politikern in SPD und CDU, die sich um Mandate bewerben:

"Sogar Schleswig-Holstein, das seine SPD-Kandidaten 1965 noch kampflos benannt hatte, erlebte diesmal in einem Viertel der Wahlkreise Kampfabstimmungen."[1]

In Lübeck traute sich der Kandidat der Jusos den etablierten Abgeordneten herauszufordern. Am 2. Dezember 1968 meldeten die Kieler Nachrichten:

"Auf ihrem außerordentlichen Kreisparteitag nominierte am Sonntag die Lübecker SPD als Bundestagskandidaten für den Wahlkreis 11 (Lübeck) bei den Bundestagswahlen 1969" den 29jährigen Studenten Björn Engholm. Engholm erhielt 108 von 160 Stimmen, der bisherige Bundestagsabgeordnete Karl Regling nur 49 Stimmen."[2]
Wahlkampfauftakt in Kiel mit Norbert Gansel und Hans Müthling

Im Kiel spielten die Jusos dagegen auf Zeit:

"Die Jüngsten der Jusos fanden es daher ratsam, sich zuweilen mit den Großvätern zu verbünden und die Altherren so lange amtieren zu lassen, bis sie selbst stark genug sein würden, Ansprüche auf die Nachfolge anzumelden. Im Wahlkreis 6 Kiel verhalfen die Jusos zum Beispiel dem bisherigen Abgeordneten Dr. Hans Müthling, 67, zum Sieg über Dr. Emil Bandholz, 57. Der Erbstreit wurde zugunsten der Jüngsten vertagt. "[3]

Bei der Bundestagswahl 1972 kandidierte der 32-jährige Norbert Gansel für die Kieler SPD.

"Die Genossen in Rendsburg-Neumünster weigerten sich, den national-konservativen Chef des Bundes der Vertriebenen, Reinhold Rehs, fürderhin in ihrem Wahlkreis zu dulden."[4]

Als Präsident des Bundes der Vertriebenen kritisierte Reinhold Rehs 1968 die Beschlüsse der SPD zur Oder-Neiße-Grenze. Damit stellte er sich offen gegen die Ostpolitik Willy Brandts. Die schleswig-holsteinischen Jusos forderten ihn daraufhin auf, sein Mandat niederzulegen, und kündigten an, sie würden seine erneute Kandidatur zur Bundestagswahl 1969 verhindern. Der damalige Juso-Landesvorsitzende Günther Jansen schrieb ihm einen offenen Brief: Der SPD werde im Stil eines NPD-Manifests "Wortbruch, Verzichtbereitschaft, Kapitulation und Zwielichtigkeit" unterstellt. In dem Loyalitätskonflikt zwischen Vertriebenenverband und SPD habe sich Rehs für den Verband entschieden.[5] Am 13. Mai 1969 trat Reinhold Rehs zur CDU über. Um trotzdem Vertriebenen-Stimmen für die SPD einzufangen, setzt der Parteivorstand den Sprecher der Schlesier, Herbert Hupka auf einen aussichtsreichen Listenplatz, obwohl er keinen Wahlkreis vertritt.[6]

Auf einem Unterbezirksparteitag im Juni dieses Jahres stellten sich vier Bewerber für das Direktmandat im Wahlkreis 10 vor. Nach einer kurzen Selbstvorstellung der Kandidaten hatten die Delegierten ausgiebig Gelegenheit, die Bewerber zu befragen. Dr. Friedrich Beermann (56) lag bei der anschließenden Wahl klar vor seinen Mitbewerbern Heinz Lund, Friedrich-Wilhelm Witt und Dr. Baare-Schmidt. Auf der Wahlkreiskonferenz wurde Dr. Friedrich Beermann schließlich am 23. November 1968 mit 91 Stimmen gegen 55 Stimmen für Heinz Lund (43) zum Bundestagskandidaten gewählt.[7]

"Die Genossen in Pinneberg waren sich rasch einig, es im Wahljahr 1969 ohne ihre alte Abgeordnete und frühere Sekretärin von Kurt Schumacher, Annemarie Renger, 49, zu versuchen."[8]

Der Kreisverband Pinneberg nominierte stattdessen Hans-Ulrich Brand. Für die "Sekretärin von Kurt Schumacher" war die Karriere mit 49 allerdings noch nicht zuende: "Interventionen des Parteivorstands zugunsten von Renger, Rehs und Blachstein blieben ohne Erfolg. Die SPD-Dame holte sich noch eine zweite Abfuhr von den Delegierten im Wahlkreis Bonn-Bad Godesberg, ehe sie in letzter Stunde noch einen Platz im Wahlkreis 77 Neuß-Grevenbroich ergatterte."[9] Annemarie Renger wurde 1972 als erste Frau und als erste SPD-Abgeordnete Präsidentin des Deutschen Bundestages.[10]

Wahlergebnis in Schleswig-Holstein

Zweitstimmen:

Bundesergebnis Änderung zu 1965 Landesergebnis[11] Differenz Land/Bund
SPD 42,7 % +3,4 43,5 % +0,8
CDU 46,1 % -1,5 46,2 % +0,1
FDP 5,8 % -3,7 5,2 % -0,6
Sonstige 5,4 % 5,1 %

Wahlbeteiligung in Schleswig-Holstein: 86,0 %

Wahlkreisergebnisse

Wahlkreis SPD CDU FDP gewählt wurde
1 Flensburg 46,3 % 44,1 % 4,7 % Walter Suck
2 Schleswig/Eckernförde 40,8 % 49,3 % 4,9 % Gerhard Stoltenberg (CDU)
3 Nordfriesland/Dithmarschen-Nord 36,7 % 51,9 % 6,1 % Hermann Glüsing (CDU)
4 Steinburg/Dithmarschen-Süd 38,7 % 49,9 % 5,2 Kai-Uwe von Hassel (CDU)
5 Rendsburg/Neumünster 42,1 % 48,1 % 4,8 % Detlef Struve (CDU)
6 Kiel 52,0 % 38,2 % 5,0 % Hans Müthling
7 Plön 43,1 % 46,8 % 4,5 % Friedrich-Karl Storm (CDU)
8 Segeberg/Eutin 40,6 % 48,2 % 5,9 % Hans-Jürgen Klinker (CDU)
9 Pinneberg 45,1 % 44,9 % 5,7 % Hans-Ulrich Brand
10 Stormarn/Lauenburg 43,1 % 46,2 % 5,6 % Olaf Baron von Wrangel (CDU)
11 Lübeck 47,9 % 42,8 % 4,5 % Björn Engholm

Wahlwerbespots

Quellen

  1. DER SPIEGEL: Die Vatermörder 7.7.1969
  2. SPD: Student kandidiert, Kieler Nachrichten, 2.12.1968
  3. DER SPIEGEL: Die Vatermörder 7.7.1969
  4. DER SPIEGEL: Die Vatermörder 7.7.1969
  5. Krach um Reinhold Rehs, Kieler Nachrichten, 5.4.1968
  6. SPD: Student kandidiert, Kieler Nachrichten, 2.12.1968
  7. Rechenschaftsbericht 1967-1968
  8. DER SPIEGEL: Die Vatermörder 7.7.1969
  9. DER SPIEGEL: Die Vatermörder 7.7.1969
  10. Grunenberg, Nina: Wahl des Bundestagspräsidenten: Vier Frauen für ein Halleluja, DIE ZEIT, 1.12.1972
  11. Bundeswahlleiter Ergebnisse früherer Bundestagswahlen Stand: 5. Juni 2014