Bundestagswahl 2021: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Bundestagswahl 2021''' fand am [[26. September]] [[2021]] zusammen mit den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin statt. Die SPD wurde mit 25,7 % die stärkste Partei.
[[Datei:{{#setmainimage:2021-08-21IMG Olaf Scholz 0538.jpg}}|mini|Olaf Scholz bei einer Veranstaltung in München, August 2021]]
Die '''Bundestagswahl 2021''' fand am [[26. September]] [[2021]] zusammen mit den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin statt. Die SPD wurde mit 25,7 % die stärkste Partei - [[Olaf Scholz]] Bundeskanzler der ersten "Ampel"-Regierung aus SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP im Bund.


==Ausgangslage==
==Ausgangslage==
<br />Unter schwierigen Bedingungen war die SPD [[2017]] noch einmal in die Große Koalition mit CDU&CSU gegangen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte vor der Wahl angekündigt, nicht wieder anzutreten. CDU und CSU einigten sich auf Armin Laschet, den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, als Spitzenkandidaten. Die Grünen - auf einem Umfragehöhenflug - verkündeten, dass die Co-Vorsitzende Annalena Baerbock und nicht Robert Habeck Spitzenkandidatin werden sollte.  
<br />Unter schwierigen Bedingungen war die SPD [[2017]] noch einmal in die Große Koalition mit CDU&CSU gegangen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte vor der Wahl angekündigt, nicht wieder anzutreten. CDU und CSU einigten sich auf Armin Laschet, den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, als Spitzenkandidaten. Die Grünen - auf einem Umfragehöhenflug - verkündeten, dass die Co-Vorsitzende Annalena Baerbock und nicht Robert Habeck Spitzenkandidatin werden sollte.  


Die Aussichten für die SPD waren schlecht. Zwischenzeitlich stand sie in einer Allensbachumfrage [[2019]] nur noch bei 12 Prozent<ref>[https://www.wahlrecht.de/umfragen/allensbach.htm Allensbach], 21.06.2019</ref>. Gleichzeitig standen die Grünen bei 25 %. Noch am [[28. Juli]] [[2021]] maß Allensbach für CDU&CSU 30,0 %, für die SPD 16,0 % und für die Grünen 19,5 %<ref>[https://www.wahlrecht.de/umfragen/allensbach.htm Allensbach], 28.07.2021</ref>.
Die Aussichten für die SPD waren schlecht. Zwischenzeitlich stand sie in einer Allensbachumfrage [[2019]] nur noch bei 12 Prozent<ref>[https://www.wahlrecht.de/umfragen/allensbach.htm Allensbach], 21.06.2019</ref>. Gleichzeitig standen die Grünen bei 25 %. Noch am [[28. Juli]] [[2021]] maß Allensbach für CDU&CSU 30,0 %, für die SPD 16,0 % und für die Grünen 19,5 %<ref>[https://www.wahlrecht.de/umfragen/allensbach.htm Allensbach], 28.07.2021</ref>.
 
Die öffentliche Berichterstattung ging fest von einer Schwarz/Grünen Regierung aus. Die SPD spekulierte dagegen darauf, dass sich der Wind drehen würden, wenn die Wählerinnen und Wähler merkten, dass Angela Merkel tatsächlich nicht wieder antrete und sie mit der CDU eine konkrete Person zum Kanzler wählen würden.


Als Präsidium und Parteivorstand am [[10. August]] [[2020]] - ein Jahr vor der Wahl - [[Olaf Scholz]] einstimmig als Kanzlerkandidaten nominierten, stand die SPD bei 15,5 %<ref>[https://www.wahlrecht.de/umfragen/allensbach.htm Allensbach], 22.07.2020</ref>. Aber sie war die erste Partei, die ihren Kandidaten präsentierte.
Als Präsidium und Parteivorstand am [[10. August]] [[2020]] - ein Jahr vor der Wahl - [[Olaf Scholz]] einstimmig als Kanzlerkandidaten nominierten, stand die SPD bei 15,5 %<ref>[https://www.wahlrecht.de/umfragen/allensbach.htm Allensbach], 22.07.2020</ref>. Aber sie war die erste Partei, die ihren Kandidaten präsentierte.


Das Regierungsprogramm wurde in einem intensiven Dialog mit allen Ebenen der Partei erarbeitet. Fast 4.000 Mitglieder haben ihre Ideen in über 3.000 Beiträgen und Kommentaren in der Programmwerkstatt eingebracht. Über 3.000 Mitglieder haben in Online-Konferenzen über das Programm diskutiert – bei einem Debattencamp haben sich über 6.000 Mitglieder und Unterstützer*innen an der Entwicklung sozialdemokratischer Ideen für die Zukunft beteiligt.
==Regierungsprogramm==
Das Regierungsprogramm wurde in einem intensiven Dialog mit allen Ebenen der Partei erarbeitet. Fast 4.000 Mitglieder haben ihre Ideen in über 3.000 Beiträgen und Kommentaren in der Programmwerkstatt eingebracht. Über 3.000 Mitglieder haben in Online-Konferenzen über das Programm diskutiert – bei einem Debattencamp haben sich über 6.000 Mitglieder und Unterstützer*innen an der Entwicklung sozialdemokratischer Ideen für die Zukunft beteiligt. Enthalten war zum Beispiel eine Abkehr vom ''Hartz-4-System'' hin zu einem Bürgergeld. Die SPD machte damit gemeinsam einen Strich unter die ''Agenda-Politik'' der Vergangenheit.
 
Am [[21. März]] [[2021]] erhalten alle Gliederungen das Zukunftsprogramm als Leitantrag für den außerordentlichen Bundesparteitag am [[9. Mai]] [[2021]]. Auf Grundlage der dann verschickten Fassung konnten Änderungsanträge gestellt werden. 99,3 Prozent der Delegierten stimmten dem Zukunftsprogramm in der Endfassung auf dem Parteitag zu.


Am [[21. März]] erhalten alle Gliederungen das Zukunftsprogramm als Leitantrag für den außerordentlichen Bundesparteitag am [[9. Mai]] [[2020]]. Auf Grundlage der dann verschickten Fassung konnten Änderungsanträge gestellt werden. 99,3 Prozent der Delegierten stimmten dem Zukunftsprogramm in der Endfassung auf dem Parteitag zu.
==Kandidatinnen und Kandidaten==
==Kandidatinnen und Kandidaten==
[[Datei:Serpil Midyatli und die SH Elf.jpeg|alternativtext=Serpil Midyatli und die elf Kandidatinnen und Kandidaten aus den Wahlkreisen.|mini|Serpil Midyatli und die elf Kandidatinnen und Kandidaten aus den Wahlkreisen.|verweis=https://www.spd-geschichtswerkstatt.de/wiki/Datei:Serpil_Midyatli_und_die_SH_Elf.jpeg]]Am [[26. März]] stellte die [[Landesverband|SPD Schleswig-Holstein]] ihre Landesliste bei einer [[Landeswahlkonferenz 2021, Neumünster|Landeswahlkonferenz]] in [[Kreisverband Neumünster|Neumünster]] auf. Den Spitzenplatz hält [[Sönke Rix]]. Erstmals wurde der [[Reißverschlussverfahren|Reißverschluss]] konsequent angewendet. Bis dahin war es üblich gewesen, dass die in Wahlkreisen Kandidierenden immer auf den ersten Plätzen standen. Da mehr Männer als Frauen in den Wahlkreisen nominiert worden waren, ließ sich das so nicht durchführen. So wurden die Listenplätze 10 und 12 mit Frauen besetzt, die keine Direktkandidatinnen waren.
[[Datei:Serpil Midyatli und die SH Elf.jpeg|alternativtext=Serpil Midyatli und die elf Kandidatinnen und Kandidaten aus den Wahlkreisen.|mini|Serpil Midyatli und die elf Kandidatinnen und Kandidaten aus den Wahlkreisen.|verweis=https://www.spd-geschichtswerkstatt.de/wiki/Datei:Serpil_Midyatli_und_die_SH_Elf.jpeg]]Am [[26. März]] [[2021]] stellte die [[Landesverband|SPD Schleswig-Holstein]] ihre Landesliste bei einer [[Landeswahlkonferenz 2021, Neumünster|Landeswahlkonferenz]] in [[Kreisverband Neumünster|Neumünster]] auf. Den Spitzenplatz hält [[Sönke Rix]]. Erstmals wurde der [[Reißverschlussverfahren|Reißverschluss]] konsequent angewendet. Bis dahin war es üblich gewesen, dass die in Wahlkreisen Kandidierenden immer auf den ersten Plätzen standen. Da mehr Männer als Frauen in den Wahlkreisen nominiert worden waren, ließ sich das so nicht durchführen. So wurden die Listenplätze 10 und 12 mit Frauen besetzt, die keine Direktkandidatinnen waren.


==Wahlkampf==
==Wahlkampf==
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Auch das Jahr [[2021]] stand voll im Zeichen der Corona-Pandemie. Anfang des Jahres waren noch weite Teile des öffentlichen Lebens lahmgelegt. Dann lief die Impfkampagne an; ab Ostern wurden nach und nach Lockerungen möglich. Trotzdem fanden die meisten Termine der SPD in der ersten Jahreshälfte noch digital statt. Auch der Bundestagswahlkampf begann mit digitalen "Zukunftsgesprächen" mit Olaf Scholz per Videokonferenz.
Auch das Jahr [[2021]] stand voll im Zeichen der Corona-Pandemie. Anfang des Jahres waren noch weite Teile des öffentlichen Lebens lahmgelegt. Dann lief die Impfkampagne an; ab Ostern wurden nach und nach Lockerungen möglich. Trotzdem fanden die meisten Termine der SPD in der ersten Jahreshälfte noch digital statt. Auch der Bundestagswahlkampf begann mit digitalen "Zukunftsgesprächen" mit Olaf Scholz per Videokonferenz.


Erst am [[19. April]] [[2021]] beschloss der Bundesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen, Annalena Baerbock - Robert Habeck - als Kanzlerkandidatin vorzuschlagen. Am selben Tag nominierte die CDU Armin Laschet als Kanzlerkandidaten. Zuvor hatte der sich mit dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder auf diese Kandidatur geeinigt.  
Erst am [[19. April]] [[2021]] beschloss der Bundesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen, Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin vorzuschlagen. Am selben Tag nominierte die CDU Armin Laschet als Kanzlerkandidaten. Zuvor hatte der sich mit dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder auf diese Kandidatur geeinigt.  


Nach ihrer Nominierung geriet die grüne Kandidatin in die Kritik wegen eines geschönten Lebenslaufes und möglicher Plagiate in einem von ihr verfassten Buch. Im Umgang mit den Folgen der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen machte der CDU-Kandidat mehrfach negative Schlagzeilen<ref>''[https://www.zdf.de/nachrichten/politik/laschet-hochwasser-kritik-100.html Anwohner werfen Laschet Versagen vor]'', zdf.de, 2.8.2021</ref><ref>Kalischek, Ingo: ''[https://www.nw.de/nachrichten/zwischen_weser_und_rhein/23069611_Nach-Laschet-Besuch-Was-die-Flutopfer-so-wuetend-macht.html Nach Laschet-Besuch: Was die Flutopfer so wütend macht]'', ''Neue Westfälische'', 14.8.2021</ref> und musste sich ebenfalls mit Plagiatsvorwürfen auseinandersetzen. Die Umfragewerte der Grünen stagnierten, die der Union stürzten ab und die SPD stieg. Am [[23. August]] [[2021]] lag sie erstmals bei INSA<ref>[https://www.wahlrecht.de/umfragen/insa.htm INSA], 23.8.2021</ref> gleichauf mit der CDU bei 23 %. Am [[27. August]] lag sie bei YouGov<ref>[https://www.wahlrecht.de/umfragen/yougov.htm YouGov], 27.8.2021</ref> mit 24 % sogar vor der CDU mit 22 %. In den letzten Umfragen lagen SPD und CDU Kopf-an-Kopf bei um die 25%.  
Nach ihrer Nominierung geriet die grüne Kandidatin in die Kritik wegen eines geschönten Lebenslaufes und möglicher Plagiate in einem von ihr verfassten Buch. Im Umgang mit den Folgen der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen machte der CDU-Kandidat mehrfach negative Schlagzeilen<ref>''[https://www.zdf.de/nachrichten/politik/laschet-hochwasser-kritik-100.html Anwohner werfen Laschet Versagen vor]'', zdf.de, 2.8.2021</ref><ref>Kalischek, Ingo: ''[https://www.nw.de/nachrichten/zwischen_weser_und_rhein/23069611_Nach-Laschet-Besuch-Was-die-Flutopfer-so-wuetend-macht.html Nach Laschet-Besuch: Was die Flutopfer so wütend macht]'', ''Neue Westfälische'', 14.8.2021</ref> und musste sich ebenfalls mit Plagiatsvorwürfen auseinandersetzen. Die Umfragewerte der Grünen stagnierten, die der Union stürzten ab und die SPD stieg. Am [[23. August]] [[2021]] lag sie erstmals bei INSA<ref>[https://www.wahlrecht.de/umfragen/insa.htm INSA], 23.8.2021</ref> gleichauf mit der CDU bei 23 %. Am [[27. August]] [[2021]] lag sie bei YouGov<ref>[https://www.wahlrecht.de/umfragen/yougov.htm YouGov], 27.8.2021</ref> mit 24 % sogar vor der CDU mit 22 %. In den letzten Umfragen lagen SPD und CDU Kopf-an-Kopf bei um die 25%.
 
Die anderen Parteien machten Fehler. Aber die SPD blieb auch geschlossen bei ihrem Kanzlerkandidaten und den Kernthemen:
 
*12 Euro Mindestlohn
*400.000 Wohnungen
*Bürger:innenversicherung
*sozial gerechter Klimaschutz
 
Aus allen Fernseh-Triellen mit Annalena Baerbock und Armin Laschet ging Olaf Scholz als Gewinner hervor.


Kurz vor der Bundestagswahl erreicht die SPD ihr Ziel, beim Tür-zu-Tür-Wahlkampf an mehr als drei Millionen Haustüren geklopft und geklingelt zu haben.<ref>SPD.de: ''[https://www.spd.de/service/pressemitteilungen/detail/news/spd-knackt-drei-millionen-tueren-marke/25/09/2021/ "SPD knackt Drei-Millionen-Türen-Marke"]'', 25.09.2021</ref>  
Kurz vor der Bundestagswahl erreicht die SPD ihr Ziel, beim Tür-zu-Tür-Wahlkampf an mehr als drei Millionen Haustüren geklopft und geklingelt zu haben.<ref>SPD.de: ''[https://www.spd.de/service/pressemitteilungen/detail/news/spd-knackt-drei-millionen-tueren-marke/25/09/2021/ "SPD knackt Drei-Millionen-Türen-Marke"]'', 25.09.2021</ref>  
==Wahlergebnis in Schleswig-Holstein==
 
Die Linkspartei verpasste die 5-%-Hürde, erreichte aber drei Direktmandate, was ihr den Einzug in den Bundestag sicherte. Über Ausgleichsmandate zog sie 39 Abgeordneten in den Bundestag ein.  
==Wahlergebnis in Schleswig-Holstein<ref>Alle Ergebnisse bei: [https://www.bundeswahlleiter.de/bundestagswahlen/2021/ergebnisse/bund-99/land-1/wahlkreis-2.html Der Bundeswahlleiter: Bundestagswahl 2021], abgerufen 12.12.2021</ref>==
Die SPD erhielt bundesweit 25,7 %. Auch in Schleswig-Holstein wurde sie mit 28 % stärkste Kraft - deutlich vor der regierenden CDU, die nur auf 22 % kam und mit 12 % überdurchschnittlich viele Stimmen verlor (im Bund 8,9 %). Die CDU verlor acht Wahlkreise. In Wahlkreis 3 (Steinburg - Dithmarschen-Süd) lag sie nur hauchdünn vorn.
 
Bündnis 90/Die Grünen holten mit ihrem Parteivorsitzenden den Wahlkreis 1 (Flensburg - Schleswig) und wurden in Kiel erstmals stärkste Kraft bei den Zweitstimmen. Ihre Kandidatin konnte sich aber nicht gegen [[Mathias Stein]] durchsetzen.  


Der SSW trat erstmals seit [[Bundestagswahl 1961|1961]] wieder bei einer Bundestagswahl an. Befreit von der 5-%-Klausel bekam die Partei der dänischen Minderheit genügend Stimmen für einen Sitz im Bundestag.  
Der SSW trat erstmals seit [[Bundestagswahl 1961|1961]] wieder bei einer Bundestagswahl an. Befreit von der 5-%-Klausel bekam die Partei der dänischen Minderheit genügend Stimmen für einen Sitz im Bundestag.  


Bündnis 90/Die Grünen konnten mit ihrem Parteivorsitzenden Robert Habeck den Wahlkreis 1 Flensburg - Schleswig gewinnen und wurden in Kiel erstmals stärkste Kraft.
Die Linkspartei schaffte die 5-%-Hürde nicht, zog aber durch drei Direktmandate und zahlreiche Ausgleichsmandate mit 39 Abgeordneten in den Bundestag ein. In Schleswig-Holstein schnitt sie mit 3,6 % noch schlechter ab als im Bund.  


Die CDU in Schleswig-Holstein verlor mit 12 % überdurchschnittlich viele Stimmen. Die Verluste im Bund betrugen nur 8,9 %. Die CDU verlor acht Wahlkreise. In Steinburg - Dithmarschen Süd lag sie nur hauchdünn vorn.  
Die rechtsextreme AfD verlor im Bund (10,3 % = -2,3), noch stärker in Schleswig-Holstein (6,8 % = -3,5).


===Erststimmen===
===Erststimmen===
Hatte bei der [[Bundestagswahl 2017]] nur [[Mathias Stein]] seinen Wahlkreis in Kiel knapp mit 337 Stimmen Vorsprung gewonnen, holte die SPD in dieser Wahl acht der elf Wahlkreise. Im Wahlkreis 3 Steinburg - Dithmarschen Süd war das Ergebnis äußert knapp: [[Karin Thissen]] unterlag mit 39.364 Stimmen gegen Mark Helfrich (CDU) mit 39.434. Der Wahlkreis 2 Nordfriesland - Dithmarschen Nord ging auch an die CDU. Im Wahlkreis 1 Flensburg - Schleswig gewann der Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Robert Habeck.  
Seit der [[Bundestagswahl 1953]] stellte immer die Partei den Kanzler oder die Kanzlerin, die den Wahlkreis 7 (Pinneberg) geholt hatte. Dort trat diesmal der ehemalige Landes- und Fraktionsvorsitzende [[Ralf Stegner]] an und gewann mit 31,2 %. 
 
Hatte bei der [[Bundestagswahl 2017]] nur [[Mathias Stein]] den Wahlkreis 5 (Kiel - Kronshagen - Altenholz) knapp mit 337 Stimmen Vorsprung gehalten, holte die SPD in dieser Wahl acht der elf Wahlkreise.
 
Im Wahlkreis 3 (Steinburg - Dithmarschen-Süd) war das Ergebnis äußert knapp: [[Karin Thissen]] unterlag mit 39.364 Stimmen gegen den CDU-Kandidaten mit 39.434.
 
Im Wahlkreis 2 (Nordfriesland - Dithmarschen-Nord) konnte sich [[Jens Peter Jensen]] mit 27,8 % nicht gegen die etablierte CDU-Kandidatin (30,4 %) durchsetzen. Allerdings lag die SPD bei den Zweitstimmen vorn (26,3 % zu 24,6 %).
 
Im Wahlkreis 1 (Flensburg - Schleswig) gewann der Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Robert Habeck vor der ebenfalls etablierten CDU-Kandidatin; [[Franziska Brzezicha]] lag angesichts dieser Konkurrenz bei den Erststimmen nur an dritter Stelle, bei den Zweitstimmen jedoch mit 25,5 % weit vor CDU (20,4 %) und Grünen (18,6 %).  
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!Wahlkreis
!Wahlkreis
!Name
!Name
!Stimmenanteil
!Anteil Erststimmen
!Anteil Zweitstimmen
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|4 - Rendsburg-Eckernförde
|4 (Rendsburg-Eckernförde)
|[[Sönke Rix]]
|[[Sönke Rix]]
|30,8 %
|30,8 %
|26,8 %
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|5 - Kiel
|5 (Kiel)
|[[Mathias Stein]]
|[[Mathias Stein]]
|29,5 %
|29,5 %
|26,0 %
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|-
|6 - Plön - Neumünster
|6 (Plön - Neumünster)
|[[Kristian Klinck]]
|[[Kristian Klinck]]
|31,4 %
|31,4 %
|29,2 %
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|7 - Pinneberg
|7 (Pinneberg)
|[[Ralf Stegner]]
|[[Ralf Stegner]]
|31,3 %
|31,2 %
|29,3 %
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|-
|8 - Segeberg - Stormarn-Mitte
|8 (Segeberg - Stormarn-Mitte)
|[[Bengt Bergt]]
|[[Bengt Bergt]]
|32,0 %
|32,0 %
|28,6 %
|-
|-
|9 - Ostholstein - Stormarn-Nord
|9 (Ostholstein - Stormarn-Nord)
|[[Bettina Hagedorn]]
|[[Bettina Hagedorn]]
|33,7 %
|33,7 %
|30,0 %
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|-
|10 - Herzogtum Lauenburg - Stormarn-Süd
|10 (Herzogtum Lauenburg - Stormarn-Süd)
|[[Nina Scheer]]
|[[Nina Scheer]]
|31,0 %
|31,0 %
|28,8 %
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|11 - Lübeck
|11 (Lübeck)
|[[Tim Klüssendorf]]
|[[Tim Klüssendorf]]
|34,4 %
|34,1 %
|30,4 %
|}
|}


===Zweitstimmen===
===Zweitstimmen===
Die SPD war in allen Wahlkreisen stärkste Kraft - mit Ausnahme des Wahlkreis 5 Kiel. Dort lagen Bündnis 90/Die Grünen mit 28,4 % vor der SPD mit 26 %.
Die SPD war in allen Wahlkreisen stärkste Kraft - mit Ausnahme des Wahlkreis 5 (Kiel). Dort lagen Bündnis 90/Die Grünen mit 28,4 % vor der SPD mit 26 %.
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==Koalitionsverhandlungen==
==Koalitionsverhandlungen==
Zunächst war nicht klar, welche Koalition gewonnen hatte. Trotz der historischen Niederlage von CDU&CSU, reklamierte Armin Laschet das Kanzleramt weiterhin für sich. Eine Jamaika-Koalition aus CDU, CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen war ebenso möglich wie eine Ampel aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Während aber die Grünen eher der SPD zuneigten, versprach sich die FDP mehr von einer Koalition mit der Union. Rechnerisch war auch eine Große Koalition aus SPD, CDU und CSU unter Führung der SPD möglich. Die schlossen aber alle Seiten aus. Ebenso wie die "Deutschlandkoalition", bei der zur Großen Koalition noch die FDP dazu käme. Durch das schlechte Abschneiden der Linkspartei war eine rot-grün-rote Koaliton außer Reichweite.  
Zunächst war nicht klar, welche Koalition gewonnen hatte. Trotz der historischen Niederlage von CDU&CSU, reklamierte Armin Laschet das Kanzleramt weiterhin für sich. Eine Jamaika-Koalition aus CDU, CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen war ebenso möglich wie eine Ampel aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Während aber die Grünen eher der SPD zuneigten, versprach sich die FDP mehr von einer Koalition mit der Union. Rechnerisch war auch eine Große Koalition aus SPD, CDU und CSU unter Führung der SPD möglich. Die schlossen aber alle Seiten aus. Ebenso wie die "Deutschlandkoalition", bei der zur Großen Koalition noch die FDP dazu käme. Durch das schlechte Abschneiden der Linkspartei war eine rot-grün-rote Koalition außer Reichweite.  


Da es jetzt vor allem darum ging, dass FDP und Grüne die Basis miteinander finden, die ihnen bei den Sondierungsgesprächen nach der [[Bundestagswahl 2017]] fehlte, kündigten zunächst die beiden kleineren Parteien Gespräche an. Die SPD Parteivorsitzende Saskia Esken lehnte das ab und sagte, es verstehe sich von selbst, dass die SPD zu Sondierungsgesprächen einlade.<ref>ntv Frühstart: [https://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/SPD-Chefin-gegen-Vorsondierungen-von-Gruenen-und-FDP-article22830418.html ''"SPD-Chefin gegen Vorsondierungen von Grünen und FDP"''], 27.09.2021</ref>
Da es jetzt vor allem darum ging, dass FDP und Grüne die Basis miteinander finden, die ihnen bei den Sondierungsgesprächen nach der [[Bundestagswahl 2017]] fehlte, kündigten zunächst die beiden kleineren Parteien Gespräche an. Die SPD Parteivorsitzende Saskia Esken lehnte das ab und sagte, es verstehe sich von selbst, dass die SPD zu Sondierungsgesprächen einlade.<ref>ntv Frühstart: [https://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/SPD-Chefin-gegen-Vorsondierungen-von-Gruenen-und-FDP-article22830418.html ''"SPD-Chefin gegen Vorsondierungen von Grünen und FDP"''], 27.09.2021</ref>
[[Datei:AoBPT2021.png|mini|Olaf Scholz auf dem außerordentlichen Parteitag]]
Die Koalitionsgespräche liefen äußerst diskret ab - keinerlei Informationen drangen an die Öffentlichkeit. Am [[24. November]] [[2021]] stellen die Parteien den gemeinsamen Koalitionsvertrag mit dem Titel "Mehr Fortschritt wagen" vor. Am [[4. Dezember]] [[2021]] findet ein hybrider, außerordentlicher Parteitag bei der SPD statt, der mit 98,8 % dem Koalitionsvertrag zustimmt.
==Kabinett==
Vor der Wahl hatte [[Olaf Scholz]] versprochen, ein paritätisch besetztes Kabinett vorschlagen zu wollen. Während FDP und Bündnis90/Die Grünen ihre Ministerinnen und Minister schon früher präsentieren, stellt der designierte Bundeskanzler [[Olaf Scholz]] am [[6. Dezember]] [[2021]] im Willy-Brandt-Haus seine Vorschläge für die SPD-Ministerinnen und -Minister vor - getreu dem SPD-Motto: ''"Erst die Inhalte, dann das Personal."''
#[[Klara Geywitz]] - Bauministerin
#[[Nancy Faeser]] - Innenministerin
#[[Karl Lauterbach]] - Gesundheitsminister
#[[Hubertus Heil]] - Arbeits- und Sozialminister
#[[Svenja Schulze]] - Entwicklungshilfeministerin
#[[Christine Lambrecht]]  - Verteidigungsministerin
#[[Wolfgang Schmidt]] - Kanzleramtsminister
#[[Olaf Scholz]] - [[:Kategorie:BundeskanzlerIn|Bundeskanzler]]
Im Vorfeld hatte es Diskussionen darüber gegeben, ob der Gesundheitsexperte [[Karl Lauterbach]] wirklich Gesundheitsminister werden solle. In der Corona-Pandemie hat er sich stets geleitet von den Studien der Expertinnen und Experten, profiliert in Talkshows und Sozialen Medien eher als vorsichtiger Mahner präsentiert. Für die Gegner der Pandemie-Maßnahmen, war er ein rotes Tuch.
Mit [[Nancy Faeser]] wurde erstmals eine Frau Bundesinnenministerin. Mit Blick auf sie und Verteidigungsministerin [[Christine Lambrecht]] sagte Olaf Scholz: "Sicherheit wird in dieser Regierung in den Händen starker Frauen liegen."<ref>Haferkamp, Lars: [https://www.vorwaerts.de/artikel/kabinett-olaf-scholz-sieben-ministerinnen-spd ''Kabinett von Olaf Scholz: Das sind die sieben Minister*innen der SPD''] bei: vorwaerts.de, 6. Dezember 2021</ref>
Auch über das Kabinett drang zuvor nichts nach Außen, was allgemein als Zeichen des Zusammenhalts in der SPD angesehen wurde.
==Kanzlerwahl==
[[Datei:Sönke Rix gratuliert Olaf Scholz 2021.jpg|mini|Sönke Rix gratuliert Olaf Scholz]]
Am [[8. Dezember]] [[2021]] wählt der Bundestag [[Olaf Scholz]] mit 395 von 707 abgegebenen Stimmen zum Bundeskanzler.<ref>bundestag.de: [https://www.bundestag.de/#url=L2Rva3VtZW50ZS90ZXh0YXJjaGl2LzIwMjEva3c0OS1kZS1rYW56bGVyd2FobC04NzAxNDI=&mod=mod493054 ''Olaf Scholz mit 395 Stimmen zum Bundeskanzler gewählt''], 8. Dezember 2021</ref>
Die SPD stand auch nach der Wahl äußert geeint da: Im Mitgliederentscheid um den Parteivorsitz hatten [[Olaf Scholz]], [[Saskia Esken]], [[Norbert Walter-Borjans]], [[Karl Lauterbach]] und [[Klara Geywitz]] konkurriert. Damals Juso-Vorsitzender [[Kevin Kühnert]] hatte sich profiliert in die Debatte eingemischt und für das Duo [[Saskia Esken]] und [[Norbert Walter-Borjans]] geworben.


Die Koalitionsgespräche liefen äußerst diskret ab - keinerlei Informationen drangen an die Öffentlichkeit. Am [[24. November]] stellen die Parteien den gemeinsamen Koalitionsvertrag mit dem Titel "Mehr Fortschritt wagen" vor. Am [[4. Dezember]] findet ein hybrider, außerordentlicher Parteitag bei der SPD statt, der mit 98,8 % dem Koalitionsvertrag zustimmt.
Nun standen sie nebeneinander: [[Olaf Scholz]] als Kanzler, [[Saskia Esken]] und [[Norbert Walter-Borjans]] als erfolgreiche Parteivorsitzende - wobei [[Norbert Walter-Borjans]] angekündigt hatte, nicht wieder zu kandidieren. [[Karl Lauterbach]] und [[Klara Geywitz]] übernahmen Ministerien und [[Kevin Kühnert]] bewarb sich darum, SPD-Generalsekretär zu werden, wenn [[Lars Klingbeil]] die Nachfolge von [[Norbert Walter-Borjans]] antrete.


==Einzelnachweise==
==Einzelnachweise==

Version vom 12. Dezember 2021, 11:31 Uhr

[[Datei:{{#setmainimage:2021-08-21IMG Olaf Scholz 0538.jpg}}|mini|Olaf Scholz bei einer Veranstaltung in München, August 2021]] Die Bundestagswahl 2021 fand am 26. September 2021 zusammen mit den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin statt. Die SPD wurde mit 25,7 % die stärkste Partei - Olaf Scholz Bundeskanzler der ersten "Ampel"-Regierung aus SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP im Bund.

Ausgangslage


Unter schwierigen Bedingungen war die SPD 2017 noch einmal in die Große Koalition mit CDU&CSU gegangen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte vor der Wahl angekündigt, nicht wieder anzutreten. CDU und CSU einigten sich auf Armin Laschet, den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, als Spitzenkandidaten. Die Grünen - auf einem Umfragehöhenflug - verkündeten, dass die Co-Vorsitzende Annalena Baerbock und nicht Robert Habeck Spitzenkandidatin werden sollte.

Die Aussichten für die SPD waren schlecht. Zwischenzeitlich stand sie in einer Allensbachumfrage 2019 nur noch bei 12 Prozent[1]. Gleichzeitig standen die Grünen bei 25 %. Noch am 28. Juli 2021 maß Allensbach für CDU&CSU 30,0 %, für die SPD 16,0 % und für die Grünen 19,5 %[2].

Die öffentliche Berichterstattung ging fest von einer Schwarz/Grünen Regierung aus. Die SPD spekulierte dagegen darauf, dass sich der Wind drehen würden, wenn die Wählerinnen und Wähler merkten, dass Angela Merkel tatsächlich nicht wieder antrete und sie mit der CDU eine konkrete Person zum Kanzler wählen würden.

Als Präsidium und Parteivorstand am 10. August 2020 - ein Jahr vor der Wahl - Olaf Scholz einstimmig als Kanzlerkandidaten nominierten, stand die SPD bei 15,5 %[3]. Aber sie war die erste Partei, die ihren Kandidaten präsentierte.

Regierungsprogramm

Das Regierungsprogramm wurde in einem intensiven Dialog mit allen Ebenen der Partei erarbeitet. Fast 4.000 Mitglieder haben ihre Ideen in über 3.000 Beiträgen und Kommentaren in der Programmwerkstatt eingebracht. Über 3.000 Mitglieder haben in Online-Konferenzen über das Programm diskutiert – bei einem Debattencamp haben sich über 6.000 Mitglieder und Unterstützer*innen an der Entwicklung sozialdemokratischer Ideen für die Zukunft beteiligt. Enthalten war zum Beispiel eine Abkehr vom Hartz-4-System hin zu einem Bürgergeld. Die SPD machte damit gemeinsam einen Strich unter die Agenda-Politik der Vergangenheit.

Am 21. März 2021 erhalten alle Gliederungen das Zukunftsprogramm als Leitantrag für den außerordentlichen Bundesparteitag am 9. Mai 2021. Auf Grundlage der dann verschickten Fassung konnten Änderungsanträge gestellt werden. 99,3 Prozent der Delegierten stimmten dem Zukunftsprogramm in der Endfassung auf dem Parteitag zu.

Kandidatinnen und Kandidaten

Serpil Midyatli und die elf Kandidatinnen und Kandidaten aus den Wahlkreisen.
Serpil Midyatli und die elf Kandidatinnen und Kandidaten aus den Wahlkreisen.

Am 26. März 2021 stellte die SPD Schleswig-Holstein ihre Landesliste bei einer Landeswahlkonferenz in Neumünster auf. Den Spitzenplatz hält Sönke Rix. Erstmals wurde der Reißverschluss konsequent angewendet. Bis dahin war es üblich gewesen, dass die in Wahlkreisen Kandidierenden immer auf den ersten Plätzen standen. Da mehr Männer als Frauen in den Wahlkreisen nominiert worden waren, ließ sich das so nicht durchführen. So wurden die Listenplätze 10 und 12 mit Frauen besetzt, die keine Direktkandidatinnen waren.

Wahlkampf

Fernseher mit Olaf Scholz drauf
Beim Landesparteitag im April 2021 ist Olaf Scholz digital zugeschaltet.

Auch das Jahr 2021 stand voll im Zeichen der Corona-Pandemie. Anfang des Jahres waren noch weite Teile des öffentlichen Lebens lahmgelegt. Dann lief die Impfkampagne an; ab Ostern wurden nach und nach Lockerungen möglich. Trotzdem fanden die meisten Termine der SPD in der ersten Jahreshälfte noch digital statt. Auch der Bundestagswahlkampf begann mit digitalen "Zukunftsgesprächen" mit Olaf Scholz per Videokonferenz.

Erst am 19. April 2021 beschloss der Bundesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen, Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin vorzuschlagen. Am selben Tag nominierte die CDU Armin Laschet als Kanzlerkandidaten. Zuvor hatte der sich mit dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder auf diese Kandidatur geeinigt.

Nach ihrer Nominierung geriet die grüne Kandidatin in die Kritik wegen eines geschönten Lebenslaufes und möglicher Plagiate in einem von ihr verfassten Buch. Im Umgang mit den Folgen der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen machte der CDU-Kandidat mehrfach negative Schlagzeilen[4][5] und musste sich ebenfalls mit Plagiatsvorwürfen auseinandersetzen. Die Umfragewerte der Grünen stagnierten, die der Union stürzten ab und die SPD stieg. Am 23. August 2021 lag sie erstmals bei INSA[6] gleichauf mit der CDU bei 23 %. Am 27. August 2021 lag sie bei YouGov[7] mit 24 % sogar vor der CDU mit 22 %. In den letzten Umfragen lagen SPD und CDU Kopf-an-Kopf bei um die 25%.

Die anderen Parteien machten Fehler. Aber die SPD blieb auch geschlossen bei ihrem Kanzlerkandidaten und den Kernthemen:

  • 12 Euro Mindestlohn
  • 400.000 Wohnungen
  • Bürger:innenversicherung
  • sozial gerechter Klimaschutz

Aus allen Fernseh-Triellen mit Annalena Baerbock und Armin Laschet ging Olaf Scholz als Gewinner hervor.

Kurz vor der Bundestagswahl erreicht die SPD ihr Ziel, beim Tür-zu-Tür-Wahlkampf an mehr als drei Millionen Haustüren geklopft und geklingelt zu haben.[8]

Wahlergebnis in Schleswig-Holstein[9]

Die SPD erhielt bundesweit 25,7 %. Auch in Schleswig-Holstein wurde sie mit 28 % stärkste Kraft - deutlich vor der regierenden CDU, die nur auf 22 % kam und mit 12 % überdurchschnittlich viele Stimmen verlor (im Bund 8,9 %). Die CDU verlor acht Wahlkreise. In Wahlkreis 3 (Steinburg - Dithmarschen-Süd) lag sie nur hauchdünn vorn.

Bündnis 90/Die Grünen holten mit ihrem Parteivorsitzenden den Wahlkreis 1 (Flensburg - Schleswig) und wurden in Kiel erstmals stärkste Kraft bei den Zweitstimmen. Ihre Kandidatin konnte sich aber nicht gegen Mathias Stein durchsetzen.

Der SSW trat erstmals seit 1961 wieder bei einer Bundestagswahl an. Befreit von der 5-%-Klausel bekam die Partei der dänischen Minderheit genügend Stimmen für einen Sitz im Bundestag.

Die Linkspartei schaffte die 5-%-Hürde nicht, zog aber durch drei Direktmandate und zahlreiche Ausgleichsmandate mit 39 Abgeordneten in den Bundestag ein. In Schleswig-Holstein schnitt sie mit 3,6 % noch schlechter ab als im Bund.

Die rechtsextreme AfD verlor im Bund (10,3 % = -2,3), noch stärker in Schleswig-Holstein (6,8 % = -3,5).

Erststimmen

Seit der Bundestagswahl 1953 stellte immer die Partei den Kanzler oder die Kanzlerin, die den Wahlkreis 7 (Pinneberg) geholt hatte. Dort trat diesmal der ehemalige Landes- und Fraktionsvorsitzende Ralf Stegner an und gewann mit 31,2 %.

Hatte bei der Bundestagswahl 2017 nur Mathias Stein den Wahlkreis 5 (Kiel - Kronshagen - Altenholz) knapp mit 337 Stimmen Vorsprung gehalten, holte die SPD in dieser Wahl acht der elf Wahlkreise.

Im Wahlkreis 3 (Steinburg - Dithmarschen-Süd) war das Ergebnis äußert knapp: Karin Thissen unterlag mit 39.364 Stimmen gegen den CDU-Kandidaten mit 39.434.

Im Wahlkreis 2 (Nordfriesland - Dithmarschen-Nord) konnte sich Jens Peter Jensen mit 27,8 % nicht gegen die etablierte CDU-Kandidatin (30,4 %) durchsetzen. Allerdings lag die SPD bei den Zweitstimmen vorn (26,3 % zu 24,6 %).

Im Wahlkreis 1 (Flensburg - Schleswig) gewann der Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Robert Habeck vor der ebenfalls etablierten CDU-Kandidatin; Franziska Brzezicha lag angesichts dieser Konkurrenz bei den Erststimmen nur an dritter Stelle, bei den Zweitstimmen jedoch mit 25,5 % weit vor CDU (20,4 %) und Grünen (18,6 %).

Wahlkreis Name Anteil Erststimmen Anteil Zweitstimmen
4 (Rendsburg-Eckernförde) Sönke Rix 30,8 % 26,8 %
5 (Kiel) Mathias Stein 29,5 % 26,0 %
6 (Plön - Neumünster) Kristian Klinck 31,4 % 29,2 %
7 (Pinneberg) Ralf Stegner 31,2 % 29,3 %
8 (Segeberg - Stormarn-Mitte) Bengt Bergt 32,0 % 28,6 %
9 (Ostholstein - Stormarn-Nord) Bettina Hagedorn 33,7 % 30,0 %
10 (Herzogtum Lauenburg - Stormarn-Süd) Nina Scheer 31,0 % 28,8 %
11 (Lübeck) Tim Klüssendorf 34,1 % 30,4 %

Zweitstimmen

Die SPD war in allen Wahlkreisen stärkste Kraft - mit Ausnahme des Wahlkreis 5 (Kiel). Dort lagen Bündnis 90/Die Grünen mit 28,4 % vor der SPD mit 26 %.

Bundesergebnis Änderung zu 2013 Landesergebnis[10] Differenz Land/Bund
SPD 25,7 % +5,2 28 % +2,3
CDU 24,1 % -8,9 22 % -2,1
FDP 11,5 % +0,7 12,5 % +1
Grüne 14,8 % +5,8 18,3 % +3,5
Linke 4,9 % -4,3 3,6 % -1,3
AfD 10,3 % -2,3 6,8 % -3,5
SSW 3,2 % +3,2 3,2 %
Sonstiges 3,8 % 5,6 %

Wahlbeteiligung in Schleswig-Holstein: 78,3 %

Koalitionsverhandlungen

Zunächst war nicht klar, welche Koalition gewonnen hatte. Trotz der historischen Niederlage von CDU&CSU, reklamierte Armin Laschet das Kanzleramt weiterhin für sich. Eine Jamaika-Koalition aus CDU, CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen war ebenso möglich wie eine Ampel aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Während aber die Grünen eher der SPD zuneigten, versprach sich die FDP mehr von einer Koalition mit der Union. Rechnerisch war auch eine Große Koalition aus SPD, CDU und CSU unter Führung der SPD möglich. Die schlossen aber alle Seiten aus. Ebenso wie die "Deutschlandkoalition", bei der zur Großen Koalition noch die FDP dazu käme. Durch das schlechte Abschneiden der Linkspartei war eine rot-grün-rote Koalition außer Reichweite.

Da es jetzt vor allem darum ging, dass FDP und Grüne die Basis miteinander finden, die ihnen bei den Sondierungsgesprächen nach der Bundestagswahl 2017 fehlte, kündigten zunächst die beiden kleineren Parteien Gespräche an. Die SPD Parteivorsitzende Saskia Esken lehnte das ab und sagte, es verstehe sich von selbst, dass die SPD zu Sondierungsgesprächen einlade.[11]

Olaf Scholz auf dem außerordentlichen Parteitag

Die Koalitionsgespräche liefen äußerst diskret ab - keinerlei Informationen drangen an die Öffentlichkeit. Am 24. November 2021 stellen die Parteien den gemeinsamen Koalitionsvertrag mit dem Titel "Mehr Fortschritt wagen" vor. Am 4. Dezember 2021 findet ein hybrider, außerordentlicher Parteitag bei der SPD statt, der mit 98,8 % dem Koalitionsvertrag zustimmt.

Kabinett

Vor der Wahl hatte Olaf Scholz versprochen, ein paritätisch besetztes Kabinett vorschlagen zu wollen. Während FDP und Bündnis90/Die Grünen ihre Ministerinnen und Minister schon früher präsentieren, stellt der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz am 6. Dezember 2021 im Willy-Brandt-Haus seine Vorschläge für die SPD-Ministerinnen und -Minister vor - getreu dem SPD-Motto: "Erst die Inhalte, dann das Personal."

  1. Klara Geywitz - Bauministerin
  2. Nancy Faeser - Innenministerin
  3. Karl Lauterbach - Gesundheitsminister
  4. Hubertus Heil - Arbeits- und Sozialminister
  5. Svenja Schulze - Entwicklungshilfeministerin
  6. Christine Lambrecht - Verteidigungsministerin
  7. Wolfgang Schmidt - Kanzleramtsminister
  8. Olaf Scholz - Bundeskanzler

Im Vorfeld hatte es Diskussionen darüber gegeben, ob der Gesundheitsexperte Karl Lauterbach wirklich Gesundheitsminister werden solle. In der Corona-Pandemie hat er sich stets geleitet von den Studien der Expertinnen und Experten, profiliert in Talkshows und Sozialen Medien eher als vorsichtiger Mahner präsentiert. Für die Gegner der Pandemie-Maßnahmen, war er ein rotes Tuch.

Mit Nancy Faeser wurde erstmals eine Frau Bundesinnenministerin. Mit Blick auf sie und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht sagte Olaf Scholz: "Sicherheit wird in dieser Regierung in den Händen starker Frauen liegen."[12]

Auch über das Kabinett drang zuvor nichts nach Außen, was allgemein als Zeichen des Zusammenhalts in der SPD angesehen wurde.

Kanzlerwahl

Sönke Rix gratuliert Olaf Scholz

Am 8. Dezember 2021 wählt der Bundestag Olaf Scholz mit 395 von 707 abgegebenen Stimmen zum Bundeskanzler.[13]

Die SPD stand auch nach der Wahl äußert geeint da: Im Mitgliederentscheid um den Parteivorsitz hatten Olaf Scholz, Saskia Esken, Norbert Walter-Borjans, Karl Lauterbach und Klara Geywitz konkurriert. Damals Juso-Vorsitzender Kevin Kühnert hatte sich profiliert in die Debatte eingemischt und für das Duo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans geworben.

Nun standen sie nebeneinander: Olaf Scholz als Kanzler, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans als erfolgreiche Parteivorsitzende - wobei Norbert Walter-Borjans angekündigt hatte, nicht wieder zu kandidieren. Karl Lauterbach und Klara Geywitz übernahmen Ministerien und Kevin Kühnert bewarb sich darum, SPD-Generalsekretär zu werden, wenn Lars Klingbeil die Nachfolge von Norbert Walter-Borjans antrete.

Einzelnachweise

  1. Allensbach, 21.06.2019
  2. Allensbach, 28.07.2021
  3. Allensbach, 22.07.2020
  4. Anwohner werfen Laschet Versagen vor, zdf.de, 2.8.2021
  5. Kalischek, Ingo: Nach Laschet-Besuch: Was die Flutopfer so wütend macht, Neue Westfälische, 14.8.2021
  6. INSA, 23.8.2021
  7. YouGov, 27.8.2021
  8. SPD.de: "SPD knackt Drei-Millionen-Türen-Marke", 25.09.2021
  9. Alle Ergebnisse bei: Der Bundeswahlleiter: Bundestagswahl 2021, abgerufen 12.12.2021
  10. Statistikamt Nordn Ergebnisse Schleswig-Holstein Stand: 27.9.2021
  11. ntv Frühstart: "SPD-Chefin gegen Vorsondierungen von Grünen und FDP", 27.09.2021
  12. Haferkamp, Lars: Kabinett von Olaf Scholz: Das sind die sieben Minister*innen der SPD bei: vorwaerts.de, 6. Dezember 2021
  13. bundestag.de: Olaf Scholz mit 395 Stimmen zum Bundeskanzler gewählt, 8. Dezember 2021