Fürstentum Lübeck: Unterschied zwischen den Versionen

Aus SPD Geschichtswerkstatt
 
(68 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:{{#setmainimage:Fürstentum Lübeck.png}}|alternativtext=Karte des Fürstentums Lübeck mit Exklaven der Hansestadt Lübeck|mini|Das Fürstentum Lübeck mit Exklaven der Hansestadt Lübeck]]
[[Datei:Fürstentum Lübeck.png|alternativtext=Karte des Fürstentums Lübeck mit Exklaven der Hansestadt Lübeck|mini|Das Fürstentum Lübeck mit Exklaven der Hansestadt Lübeck]]
Das '''Fürstentum Lübeck''' (auch: ''"Landesteil Lübeck"'' und ''"Landesteil Eutin"'') war bis [[1937]] Teil des Großherzogtums Oldenburg und nicht von Schleswig-Holstein. Die SPD in dieser Region aber, schloss sich dem [[Bezirksverband Schleswig-Holstein]] an.  
Das '''Fürstentum Lübeck''' (auch: ''"Landesteil Lübeck"'' und ''"Landesteil Eutin"'') war bis [[1937]] Teil des Großherzogtums (bzw. ab [[1919]] des Freistaats) Oldenburg und nicht von der preußischen Provinz Schleswig-Holstein. Die SPD in dieser Region aber schloss sich dem [[Bezirksverband Schleswig-Holstein|der SPD in Schleswig-Holstein]] an.


Das Fürstentum Lübeck bestand aus neun Gemeinden<ref>''Anmerkung:'' Neun Gemeinden waren es ab 1934. Vorher hießen die Untergliederungen anders und waren verwaltungsmäßig anders zugeordnet. Auch hat sich das Gebiet mehrfach leicht geändert. Genauer ist das in der [https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCrstentum_L%C3%BCbeck Wikipedia] nachzulesen.</ref>: [[Ortsverein Malente|Malente]], [[Ortsverein Eutin|Eutin]], [[Ortsverein Bosau|Bosau]], [[Ortsverein Süsel|Süsel]], [[Ortsverein Ahrensbök|Ahrensbök]], [[Ortsverein Stockelsdorf|Stockelsdorf]], [[Ortsverein Bad Schwartau|Schwartau]], [[Ortsverein Scharbeutz|Gleschendorf]] und [[Ortsverein Ratekau|Ratekau]]. Diese umfassten auch die heutigen Ostseebäder [[Ortsverein Scharbeutz|Haffkrug]], [[Ortsverein Scharbeutz|Scharbeutz]], [[Ortsverein Timmendorfer Strand|Timmendorfer Strand]] und [[Ortsverein Timmendorfer Strand|Niendorf]]. Die [[Kreisverband Lübeck|Stadt Lübeck]] selbst war niemals Teil des Fürstentums. Sie war ein eigenständiger Gliedstaat innerhalb des Deutschen Reiches.  
Im Kaiserreich bildeten die dortigen Ortsvereine den '''Zentralverein der sozialdemokratischen Partei für das Fürstentum Lübeck''' als Pendant zu den „Zentralvereinen für die schleswig-holsteinischen Reichstagswahlkreise“ im Rest des Bezirks.
 
Das Fürstentum Lübeck bestand in der Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik aus 19 Gebietskörperschaften: Flecken Ahrensbök, Landgemeinde Ahrensbök, Gemeinde Bosau, Gemeinde Curau, Stadt Eutin, Landgemeinde Eutin, Gemeinde Gleschendorf, Gemeinde Gnissau, Gemeinde Malente, Gemeinde Neukirchen, Gemeinde Obernwohlde, Gemeinde Ost-Ratekau, Gemeinde Redingsdorf, Landgemeinde Rensefeld, Flecken Schwartau (ab 1912 „Stadt“), Gemeinde Siblin, Gemeinde Süsel, Gemeinde Stockelsdorf, Gemeinde West-Ratekau. 1934 wurde die Gebietsgliederung gestrafft zu neun Gemeinden<ref>''Anmerkung:'' Neun Gemeinden waren es ab 1934. Vorher hießen die Untergliederungen anders und waren verwaltungsmäßig anders zugeordnet. Auch hat sich das Gebiet mehrfach leicht geändert. Genauer ist das in der [https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCrstentum_L%C3%BCbeck Wikipedia] nachzulesen.</ref>: [[Ortsverein Malente|Malente]], [[Ortsverein Eutin|Eutin]], [[Ortsverein Bosau|Bosau]], [[Ortsverein Süsel|Süsel]], [[Ortsverein Ahrensbök|Ahrensbök]], [[Ortsverein Stockelsdorf|Stockelsdorf]], [[Ortsverein Bad Schwartau|Schwartau]], [[Ortsverein Scharbeutz|Gleschendorf]] und [[Ortsverein Ratekau|Ratekau]]. Diese umfassten auch die heutigen Ostseebäder [[Ortsverein Scharbeutz|Haffkrug]], [[Ortsverein Scharbeutz|Scharbeutz]], [[Ortsverein Timmendorfer Strand|Timmendorfer Strand]] und [[Ortsverein Timmendorfer Strand|Niendorf]].  
 
Die [[Kreisverband Lübeck|Stadt Lübeck]] selbst war niemals Teil des Fürstentums. Die Freie Hansestadt Lübeck war ein eigenständiger Gliedstaat innerhalb des Deutschen Reiches.  


==Kaiserreich==
==Kaiserreich==
Zeile 10: Zeile 14:
[[Datei:Paul Hug.jpg|alternativtext=Schwarz-Weiß-Foto von Paul Hug|mini|Paul Hug]]
[[Datei:Paul Hug.jpg|alternativtext=Schwarz-Weiß-Foto von Paul Hug|mini|Paul Hug]]
Seit dem [[1. April]] [[1888]] erschien in Bant (heute Teil von Wilhelmshaven) im Großherzogtum Oldenburg die [[Sozialdemokratische Zeitungen|sozialdemokratische Zeitung]] ''Nordwacht''. Herausgeber war [[Paul Hug]]. Da Oldenburg nicht zu Preußen gehörte, wurde das [[Sozialistengesetz]] dort laxer verfolgt. Die ''Nordwacht'' hatte allein in [[Sozialdemokratischer Verein Groß-Kiel#Sozialdemokratischer%20Verein%20Kiel%20und%20Umgegend|Kiel]] 1500 Abonnenten.<ref>Vgl. [[Franz Osterroth|Osterroth, Franz]]: ''100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick'' (Kiel o. J. [1963]), Seite 25</ref>
Seit dem [[1. April]] [[1888]] erschien in Bant (heute Teil von Wilhelmshaven) im Großherzogtum Oldenburg die [[Sozialdemokratische Zeitungen|sozialdemokratische Zeitung]] ''Nordwacht''. Herausgeber war [[Paul Hug]]. Da Oldenburg nicht zu Preußen gehörte, wurde das [[Sozialistengesetz]] dort laxer verfolgt. Die ''Nordwacht'' hatte allein in [[Sozialdemokratischer Verein Groß-Kiel#Sozialdemokratischer%20Verein%20Kiel%20und%20Umgegend|Kiel]] 1500 Abonnenten.<ref>Vgl. [[Franz Osterroth|Osterroth, Franz]]: ''100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick'' (Kiel o. J. [1963]), Seite 25</ref>
[[1890]] lief das [[Sozialistengesetz]] aus. Danach versuchte die Obrigkeit, sich bei der Verfolgung der Sozialdemokratie wieder auf das alte Oldenburger Verbot zu berufen, und machte ihr auch weiterhin das Leben schwer. Trotzdem lebte das Vereinsleben der Arbeiterbewegung wieder auf. [[1892]] gründete sich der [[Ortsverein Stockelsdorf]]. In diesem Jahrzehnt gründet sich auch wieder ein [[Ortsverein Eutin]].
[[28. September]] [[1902]]: Die Schwartau-Rensefelder Sozialdemokraten sind Gastgeber einer Wahlkreiskonferenz für das „Fürstenthum Lübeck“. Erschienen sind Genossen aus [[Ortsverein Bad Schwartau|Schwartau]], [[Ortsverein Bad Schwartau|Rensefeld]], Stockelsdorf und [[Ortsverein Fissau|Fissau]] (heute ein Ortsteil von Eutin) sowie ein „Mitglied der[[Agitationskommission]]in Neumünster“. Laut dem hier vorgestellten „Situationsbericht“ gibt es im Fürstentum Lübeck, einem Landesteil des Großherzogtums Oldenburg, vier SPD-Ortsvereine mit insgesamt 472 Mitgliedern.<ref name=":9">''Lübecker Volksbote'', ''[http://library.fes.de/luebeck/pdf/1902/1902-231.pdf Freitag, den 03. Oktober 1902]'', S.3</ref>
[[28. Juli]] [[1907]]: In [[Ortsverein Sereetz|Sereetz]] tagt die Generalversammlung des SPD-Zentralvereins für das Fürstentum Lübeck. Dem Bericht des Vorsitzenden Heinrich Fick für das Jahr [[1906]]/[[1907|07]] ist zu entnehmen: Im Fürstentum sind 897 Genossinnen und Genossen organisiert (im Vorjahr 568!), davon in Schwartau 318, in Stockelsdorf 302. Die Zahl der Orstvereine im Fürstentum ist auf 11 gestiegen, Neugründungen gab es im Berichtsjahr in [[Ortsverein Neudorf|Neudorf]] (heute ein Ortsteil von Eutin), [[Ortsverein Gleschendorf|Gleschendorf]] (heute ein Ortsteil von Scharbeutz), [[Ortsverein Sereetz|Sereetz]], [[Ortsverein Curau|Curau]] (heute ein Ortsteil von Stockelsdorf) und [[Ortsverein Ahrensbök|Ahrensbök]].
Weiter gibt es Ortsvereine in [[Ortsverein Schwienkuhlen|Schwienkuhlen]] und in [[Ortsverein Gnissau|Gnissau]].<ref name=":27">''Lübecker Volksbote'', ''[http://library.fes.de/luebeck/pdf/1907/1907-174.pdf Montag, den 29. Juli 1907]'', S.3</ref>
Die SPD des Fürstentums Lübeck gibt die Zahl ihrer Mitglieder für [[1910]] mit 1047 Genossinnen und Genossen an<ref name=":22">''Lübecker Volksbote'', ''[http://library.fes.de/luebeck/pdf/1911/1911-229.pdf Willkommen! Sonnabend, den 30. September 1911]'', S.1</ref>, das sind 83,36 % mehr als [[1905]]! 146 Mitglieder sind Frauen. („Einen kleinen Mitgliederverlust“ hat entgegen dem Trend der [[Ortsverein Ratekau]] zu berichten. Grund: „Die Arbeiterschaft scheut sich aus Angst vor den Bauern, für die Partei tätig zu sein.“)
Da die Zahl der Ortsvereine bei Paetau sowohl [[1907]] als auch [[1910]] mit 11 angegeben ist, muss wohl ein anderer Ortsverein in dieser Zeit aufgelöst und [[Ortsverein Ratekau|Ratekau]] neu gegründet worden sein. [[1911]]/[[1912|12]] wird dann wieder ein Ortsverein eingestellt und im Krieg dann noch mehrere, sodass es [[1917]] nur noch 7 sind.<ref>Rainer Paetau: Konfrontation oder Kooperation, S. 494f / Tab. 1</ref>
===Gemeindewahlen===
In [[Ortsverein Eutin|Eutin]] treten [[1894]] treten zum ersten Mal mit den Genossen Nehls und Hensch Sozialdemokraten bei der Gemeindewahl an - zunächst erfolglos. Aber sie erhalten 147 bzw. 121 Stimmen und legten damit einen Anfang.<ref>''[https://resolver.sub.uni-hamburg.de/kitodo/PPN1754726119_18941205/page/3 Aus Schleswig-Holstein]'', Hamburger Echo, Mittwoch, den 5. Dezember 1894, Seite 3</ref>
[[1902]] erringt die SPD zahlreiche Sitze bei der Nachwahl in [[Ortsverein Bad Schwartau|Bad Schwartau]]. [[1905]] sind Sozialdemokraten in fünf Gemeinderäten vertreten.
[[24. November]] [[1908]]: Eine Gemeinderatsersatzwahl in Schwartau, bei der 6 Sitze der 12 Sitze neu vergeben werden, endet erneut mit einer Niederlage der SPD<ref>''Lübecker Volksbote'', [http://library.fes.de/luebeck/pdf/1908/1908-276.pdf Mittwoch, den 25. November 1908], S.3</ref>: Keiner ihrer Kandidaten erreicht genug Stimmen für ein Mandat im Kommunalparlament.<ref>''Anzeiger für das Fürstentum Lübeck'', [https://lb-eutin.kreis-oh.de/index.php?id=263 Donnerstag, den 26. November 1908], S.3</ref>


===Oldenburgischer Landtag===
===Oldenburgischer Landtag===
[[1890]] lief das [[Sozialistengesetz]] aus. Danach versuchte die Obrigkeit, sich bei der Verfolgung der Sozialdemokratie wieder auf das alte Oldenburger Verbot zu berufen, und machte ihr auch weiterhin das Leben schwer. Trotzdem lebte das Vereinsleben der Arbeiterbewegung wieder auf. [[1892]] gründete sich der [[Ortsverein Stockelsdorf]].  
Trotz der gesellschaftlichen Unterdrückung war das Wahlrecht im Großherzogtum Oldenburg viel günstiger für die Sozialdemokratie als das preußische [[Wahlrecht bis 1918#Dreiklassenwahlrecht|Dreiklassenwahlrecht]] in Schleswig-Holstein. So schrieben die [[Sozialistische Monatshefte|Sozialistischen Monatshefte]] [[1906]]: "Oldenburg und Coburg-Gotha bilden die einzigen Lichtpünktchen in der gähnenden politischen Finsternis Nordeutschlands"<ref>Bruhns, Julius: ''[http://library.fes.de/cgi-bin/digisomo.pl?id=03518&dok=1906/1906_03&f=1906_0198&l=1906_0208&c=1906_0203 Wahlrechtsfragen in Süd und Nord]'' [Electronic ed.]. In: Sozialistische Monatshefte. - 10 = 12(1906), H. 3190603, S. 198 - 208</ref> und in der [[Die Neue Zeit|Neuen Zeit]] stand [[1908]], dass man "das oldenburgische Wahlrecht mit zu den besten unter den Wahlsystemen aller deutschen Bundesstaaten rechnen" könne.<ref name=":1">Vahlenkamp, Werner: [https://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_06/Demokratische_Geschichte_Band_06_Essay06.pdf "Die sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten aus dem oldenburgischen Landesteil Lübeck"], Fn. 6, in: Demokratische Geschichte, Band 6, 1991</ref> Vier Abgeordnete gab es für das Fürstentum Lübeck.  


Trotz der gesellschaftlichen Unterdrückung war das Wahlrecht im Großherzogtum Oldenburg viel günstiger für die Sozialdemokratie als das preußische [[Dreiklassenwahlrecht]] in Schleswig-Holstein. So schrieben die [[Sozialistische Monatshefte|Sozialistischen Monatshefte]] [[1900]]: "Oldenburg und Coburg-Gotha bilden die einzigen Lichtpünktchen in der gähnenden politischen Finsternis Nordeutschlands" und in der [[Die Neue Zeit|Neuen Zeit]] stand [[1908]], dass man "das oldenburgische Wahlrecht mit zu den besten unter den Wahlsystemen aller deutschen Bundesstaaten rechnen" könne.<ref name=":1">Vahlenkamp, Werner: [https://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_06/Demokratische_Geschichte_Band_06_Essay06.pdf "Die sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten aus dem oldenburgischen Landesteil Lübeck"], Fn. 6, in: Demokratische Geschichte, Band 6, 1991</ref> Vier Abgeordnete gab es für das Fürstentum Lübeck.  
Es gab keinen Steuerzensus wie im [[Wahlrecht bis 1918|preußischen Dreiklassenwahlrecht]]. Man musste Mann sein, über 25, nicht von Armenunterstützung leben und man durfte nicht "ohne eigene Kochstelle bei anderen in Kost und Lohn stehen." Diese Ausschlusskriterien galten beispielsweise für Dienstboten, Handwerksgesellen und Arbeiter.<ref name=":1" /> Darüber hinaus musste man oldenburgischer Staatsbürger sein. Das waren natürlich auch viele nicht, wenn sie beispielweise vom preußischen Holstein nach Eutin zogen, wurden sie nicht automatisch Oldenburger und waren damit nicht wahlberechtigt.  


Es gab keine Privilegierten, keine Klassenunterschiede und keinen Steuerzensus. Man musste Mann sein, über 25, nicht von Armenunterstützung leben und man durfte nicht "ohne eigene Kochstelle bei anderen in Kost und Lohn stehen." Diese Ausschlusskriterien galten beispielsweise für Dienstboten, Handwerksgesellen und Arbeiter. <ref name=":1" /> Gleichzeitig hatte der Landtag spätestens mit der Reichsgründung wenig zu sagen und die Wahl war indirekt: Pro 500 Wahlberechtigte gab es einen Wahlmann. Die Wahlbeteiligung war äußert gering - [[1884]] nur 4%. Erst durch die Beteiligung der SPD an den Wahlen, stieg die Wahlbeteiligung: [[1896]] 14%, [[1905]] 39%<ref name=":1" />
Wenn die Behörden witterten, dass es sich bei einem Antragsteller um einen Sozialdemokraten handeln könne, wurde hohe bürokratische Hürden aufgebaut. Allerlei Dokumente waren dann vorzulegen, berichtete [[Richard Wagner]] aus Bant/Oldenburg in der [[Die Neue Zeit|Neue Zeit]] [[1906]]. "Die Wahlkreisgeometrie funktioniert in Oldenburg fast ebenso gut, wie in Preußen das Dreiklassensystem; denn obwohl wir fast ebenso viele Stimmen aufgebracht haben als unsere Gegner, verf[[1906|en]] g wir nur über den neunten Teil der diesen zufallenen Mandaten"<ref name=":3">Wagner, R.: ''[http://library.fes.de/cgi-bin/nzpdf.pl?dok=190506a&f=149&l=152 Die oldenburgischen Landtagswahlen]'' [Electronic ed.] In: Die neue Zeit : Wochenschrift der deutschen Sozialdemokratie. 24.1905-1906, 1. Bd.(1906), H. 5, S. 149 - 152 Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2008</ref>
 
Gleichzeitig hatte der Landtag spätestens mit der Reichsgründung wenig zu sagen und die Wahl war indirekt: Pro 500 Wahlberechtigte gab es einen Wahlmann. Die Wahlbeteiligung war äußert gering - [[1884]] nur 4%. Erst durch die Beteiligung der SPD an den Wahlen, stieg die Wahlbeteiligung: [[1896]] 14%, [[1905]] 39%<ref name=":1" />


Ab [[1899]] dürfen sich politische Vereine auch überörtlich zusammschließen - das "Verbindungsverbot" wurde aufgehoben. Die Sozialdemokraten im Fürstentum Lübeck schlossen sich der Einfachheit halber dem [[Bezirksverband Schleswig-Holstein|Bezirk Schleswig-Holstein]] an - auch aus Kostengründen. Die SPD Oldenburg schloss sich dem Bezirk Weser-Ems an. Das schwächte die sozialdemokratischen Kontakte im Großherzogtum Oldenburg.<ref name=":0">Meyenborg, Ulrich: ''"[https://www.spd-stockelsdorf.de/wp-content/uploads/sites/591/2019/06/Chronik_SPD.pdf 125 Jahre Sozialdemokratische Partei Deutschlands Ortsverein Stockelsdorf"]'' (2017)</ref> Das war auch das Jahr, in dem mit [[Paul Hug]] der erste Sozialdemokrat in den Landtag von Oldenburg gewählt wurde - noch nicht für das Fürstentum Lübeck.
Ab [[1899]] dürfen sich politische Vereine auch überörtlich zusammschließen - das "Verbindungsverbot" wurde aufgehoben. Die Sozialdemokraten im Fürstentum Lübeck schlossen sich der Einfachheit halber dem [[Bezirksverband Schleswig-Holstein|Bezirk Schleswig-Holstein]] an - auch aus Kostengründen. Die SPD Oldenburg schloss sich dem Bezirk Weser-Ems an. Das schwächte die sozialdemokratischen Kontakte im Großherzogtum Oldenburg.<ref name=":0">Meyenborg, Ulrich: ''"[https://www.spd-stockelsdorf.de/wp-content/uploads/sites/591/2019/06/Chronik_SPD.pdf 125 Jahre Sozialdemokratische Partei Deutschlands Ortsverein Stockelsdorf"]'' (2017)</ref> Das war auch das Jahr, in dem mit [[Paul Hug]] der erste Sozialdemokrat in den Landtag von Oldenburg gewählt wurde - noch nicht für das Fürstentum Lübeck.
Zeile 22: Zeile 46:
Bei der Wahl zu Oldenburgischen Landtag im Jahr [[1902]] konnte die Sozialdemokraten im Fürstentum Lübeck 20 der 72 Wahlmänner bekommen. Für die Mehrheit reichte das noch nicht. Bei der Landtagswahl [[1904]] einigten sich die Genossen mit den [https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialer_Verein Nationalsozialen] darauf, auf einen der vier Sitze des Fürstentums Lübeck einen Sozialdemokratischen Kandidaten zu wählen. In der Eile wurde das wieder [[Paul Hug]], der in seinem Wahlkreis dafür verzichtete.  
Bei der Wahl zu Oldenburgischen Landtag im Jahr [[1902]] konnte die Sozialdemokraten im Fürstentum Lübeck 20 der 72 Wahlmänner bekommen. Für die Mehrheit reichte das noch nicht. Bei der Landtagswahl [[1904]] einigten sich die Genossen mit den [https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialer_Verein Nationalsozialen] darauf, auf einen der vier Sitze des Fürstentums Lübeck einen Sozialdemokratischen Kandidaten zu wählen. In der Eile wurde das wieder [[Paul Hug]], der in seinem Wahlkreis dafür verzichtete.  
[[Datei:SPD-Fraktion, Landtag Oldenburg 1916.jpg|alternativtext=Fraktion der SPD im oldenburgischen Landtag 1916.|mini|Fraktion der SPD im oldenburgischen Landtag 1916. U.a. mit [[Johann Bull]] und [[Heinrich Fick]]]]
[[Datei:SPD-Fraktion, Landtag Oldenburg 1916.jpg|alternativtext=Fraktion der SPD im oldenburgischen Landtag 1916.|mini|Fraktion der SPD im oldenburgischen Landtag 1916. U.a. mit [[Johann Bull]] und [[Heinrich Fick]]]]
[[1905]] gibt es im Fürstentum Lübeck „571 organisierte Genossen“, in fünf Orten sind Sozialdemokraten im Gemeinderat vertreten. Eine sozialdemokratische Mehrheit gibt es im Gemeinderat von [[Ortsverein Bad Schwartau|Schwartau]]. Vor der Landtagswahl im gleichen Jahr nehmen sich die Genossen vor, zwei regionale Kandidaten, den Dreher [[Emil Zeidler]] aus [[Ortsverein Bad Schwartau|Schwartau]] und Gärtner [[Johannes Bull]] aus Ravensbusch (heute: [[Ortsverein Stockelsdorf|Stockelsdorf]]) zu nominieren. Es hielten sich dann nach der Wahl aber nicht alle Wahlmänner der Nationalsozialen an die Abmachung, so dass nur [[Emil Zeidler]] gewählt wurde. Für die Wahl [[1908]] stellte die SPD deswegen vier Kandidaten auf und nahm sich vor, mit eigener Mehrheit alle vier wählen zu lassen. Das klappte allerdings nicht - dadurch bekam sie keine Abgeordneten.<ref name=":1" />


Für die nächste Landtagswahl [[1911]] wurde dann das Wahlrecht geändert: Die Wahlmänner wurden abgeschafft und die Kandidaten direkt gewählt. Weil die Konservativen Angst vor dem Durchmarsch der SPD hatte, bekamen Männer über 40 Jahre zwei Stimmen - in der Hoffnung, dass die konservativer wählen. Außerdem gab es jetzt im Fürstentum Lübeck zwei Wahlkreise: Im Norden den Wahlkreis Eutin-Süsel und im Süden den Wahlkreis Ratekau-Schwartau. Die SPD lehnte die Wahlrechtsreform ab - und profitierte von ihr.<ref>Wikipedia: [https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Oldenburgischer_Landtag&oldid=214204057#Die_Wahlrechtsreform_von_1909 Oldenburgischer Landtag] abgerufen 4. Dezember 2021, 00:53 Uhr.</ref>
[[1905]] gibt es im Fürstentum Lübeck „571 organisierte Genossen“, in fünf Orten sind Sozialdemokraten im Gemeinderat vertreten. Eine sozialdemokratische Mehrheit gibt es im Gemeinderat von [[Ortsverein Bad Schwartau|Schwartau]]. Vor der Landtagswahl im gleichen Jahr nehmen sich die Genossen vor, zwei regionale Kandidaten, den Dreher [[Emil Zeidler]] aus [[Ortsverein Bad Schwartau|Schwartau]] und Gärtner [[Johannes Bull]] aus Ravensbusch (heute: [[Ortsverein Stockelsdorf|Stockelsdorf]]) zu nominieren. Es hielten sich dann nach der Wahl aber nicht alle Wahlmänner der Nationalsozialen an die Abmachung, so dass nur [[Emil Zeidler]] gewählt wurde. [[Richard Wagner]] kommentierte: "Hoffentlich ziehen sie aus dem ganzen Vorfall die heilsame Lehre, daß das Kompromisseln überhaupt nichts taugt.<ref name=":3" />" Für die Wahl [[1908]] stellte die SPD deswegen vier Kandidaten auf und nahm sich vor, mit eigener Mehrheit alle vier wählen zu lassen. Das klappte allerdings nicht - dadurch bekam sie keine Abgeordneten.<ref>[[Paul Hug|Hug, Paul]]: [http://library.fes.de/cgi-bin/digisomo.pl?id=02928&dok=1910/1910_19_20&f=1910_1234&l=1910_1238 ''Die Notwendigkeit einer Wahlkoalition in Oldenburg''] [Electronic ed.]. In: Sozialistische Monatshefte. - 14 = 16(1910), H. 19/20, S. 1234 - 1238 Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2006</ref>
 
Für die nächste Landtagswahl [[1911]] wurde dann das Wahlrecht geändert: Die Wahlmänner wurden abgeschafft und die Kandidaten direkt gewählt. Weil die Konservativen Angst vor dem Durchmarsch der SPD hatte, bekamen Männer über 40 Jahre zwei Stimmen - in der Hoffnung, dass die konservativer wählen. Das Wahlrecht trage deswegen des "Kainszeichen reaktionärer Klassenpolitik". Die Konservativen hätten das "Doppelstimmrecht des des Schwabenalters in das Wahlgesetz eingeschmuggelt und eine Wahlkreiseinteilung durchgesetzt, die ein Hohn auf Gerechtigkeit ist."<ref>Lübecker Volksbote, ''[http://library.fes.de/luebeck/pdf/1911/1911-094.pdf Sonnabend, den 22. April 1911]'', S.3</ref> Außerdem gab es jetzt im Fürstentum Lübeck zwei Wahlkreise: Im Norden den Wahlkreis Eutin-Süsel und im Süden den Wahlkreis Ratekau-Schwartau. Die SPD lehnte die Wahlrechtsreform ab - und profitierte von ihr.<ref>Wikipedia: [https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Oldenburgischer_Landtag&oldid=214204057#Die_Wahlrechtsreform_von_1909 Oldenburgischer Landtag] abgerufen 4. Dezember 2021, 00:53 Uhr.</ref>
 
Der [[Lübecker Volksbote]] beklagt eine Diffamierungskampagne der Konservativen: "Daß man uns der Antireligiosität, des Antimonarchismus und der Vaterlandslosigkeit zeiht, kann de 'Politikern', die ja mit ernsten Argumenten nicht arbeiten können, weiter nicht übel nehmen. So etwas ist man ja schon gewohnt. Daß aber selbst von liberaler Seite die Wähler damit gruselig gemacht werden, daß man ihnen sagt die Sozialdemokratie wolle die Selbstständigkeit des Fürstentums Lübeck aufheben, ist schon ziemlich stark. Die Sozialdemokratie lehnt es ab, die Frage der Selbstständigkeit zur Wahlparole zu machen. Sie wird das Für und Wider eingehend profen und dernach ihre Entscheidung fällen. Die Interessen der Bevölkerung des Fürstentums werden ausschließlich bei der Prüfung dieser Frage ausschlaggebend sein für die Entschließung der Sozialdemokratie.<ref>Lübecker Volksbote, ''[http://library.fes.de/luebeck/pdf/1911/1911-094.pdf Sonnabend, den 22. April 1911]'', S.3</ref>  


Im Südkreis gewannen direkt der Maurer [[Heinrich Fick]] und [[Johann Bull]]. Im Nordkreis bekam kein Kandidat im ersten Wahlgang die Mehrheit. Man einigte sich mit den liberalen Fortschrittlichen, der Maurer Gloe aus Nenndorf zog seine Kandidatur zurück, dafür wurde der sozialdemokratische Fabrikant [[Johannes Rebenstorf]] aus [[Ortsverein Eutin|Eutin]] gewählt. Drei der vier Abgeordneten waren nun von der SPD.<ref name=":1" />
Im Südkreis gewannen direkt der Maurer [[Heinrich Fick]] und [[Johann Bull]]. Im Nordkreis bekam kein Kandidat im ersten Wahlgang die Mehrheit. Man einigte sich mit den liberalen Fortschrittlichen, der Maurer Gloe aus Nenndorf zog seine Kandidatur zurück, dafür wurde der sozialdemokratische Fabrikant [[Johannes Rebenstorf]] aus [[Ortsverein Eutin|Eutin]] gewählt. Drei der vier Abgeordneten waren nun von der SPD.<ref name=":1" />
Zeile 31: Zeile 58:


===Reichstag===
===Reichstag===
Das Fürstentum Lübeck gehörte zum Reichstagswahlkreis Großherzogtum Oldenburg 1 (Oldenburg-Eutin-Birkenfeld). Hier kandidierte für die SPD [[Paul Hug]] und zur [[Reichstagswahl 1907|Reichstagswahl 1907]] [[Johannes Stelling]], der spätere Ministerpräsident von Mecklenburg. Trotz sehr guter Ergebnisse für die SPD im Landesteil Lübeck (teilweise über 50%) wurde jedoch keiner von ihnen gewählt. Zu groß war die liberal-konservative Mehrheit in Ostfriesland.<ref name=":0" />  
Das Fürstentum Lübeck gehörte zum Reichstagswahlkreis Großherzogtum Oldenburg 1 (Oldenburg-Eutin-Birkenfeld). Hier kandidierte für die SPD [[Paul Hug]] und zur [[Reichstagswahl 1907|Reichstagswahl 1907]] [[Johannes Stelling]], der spätere Ministerpräsident von Mecklenburg. Trotz sehr guter Ergebnisse für die SPD im Landesteil Lübeck (teilweise über 50%) wurde jedoch keiner von ihnen gewählt. Zu groß war die liberal-konservative Mehrheit in Ostfriesland.<ref name=":0" />
 
==Revolution==
Am [[9. November]] [[1918]] beginnt die Novemberrevolution mit dem [[Kieler Arbeiter- und Matrosenaufstand]], der sich schnell über das ganze Reich ausbreitet. Der [[Lübecker Volksbote]] berichtet am [[12. November]], dass für das Fürstentum Lübeck, in [[Ortsverein Eutin|Eutin]], ein Arbeiter- und Soldatenrat eingerichtet wurde. "Die Behörden arbeiten weiter wie bisher. Der Regierung sind drei Parteigenossen beigegeben worden. Auch in [[Ortsverein Stockelsdorf|Stockelsdorf]] hatte sich bereits am [[9. November]] ein Arbeiterrat gegründet.<ref name=":2">Lübecker Volksbote, [http://library.fes.de/luebeck/pdf/1918/1918-266.pdf Ausgabe 266 vom 12.11.1918]</ref>
 
Wie das Fürstentum Lübeck gehörte auch der Reichskriegshafen Wilhelmshafen zum Großherzogtums Oldenburg. Dort bilden ab [[6. November]] die "roten Matrosen" zusammen mit den Arbeitern einen gemeinsamen [[Arbeiter- und Soldatenrat]], setzten am [[10. November]] den Großherzog von Oldenburg ab und riefen die "sozialistische Republik Oldenburg" aus.  <blockquote>"Nach der Novemberrevolution 1918 begann dann die Diskussion darüber, ob das zersplitterte Oldenburg insgesamt als Freistaat erhalten oder nun eine Neuordnung der Landesteile angestrebt werden sollte. Weil sich die Sozialdemokraten aber nicht darauf einigen konnten, wem das ehemalige Fürstentum Lübeck zugeordnet werden sollte (der Norden war für einen Anschluss an die preußische Provinz Schleswig-Holstein, während der Süden für ein Zusammengehen mit der Freien und Hansestadt Lübeck war) und man den Landesteil auf keinen Fall teilen wollte, setzten sich die bürgerlichen Kräfte mit Hilfe der SPD im Oldenburger Kernland durch. Das zersplitterte Oldenburg-Lübeck-Birkenfeld blieb ein eigenständiges Land der Weimarer Republik."<ref name=":0" /></blockquote>
 
==Weimarer Republik==
==Weimarer Republik==
<blockquote>"Nach der Novemberrevolution 1918 begann dann die Diskussion darüber, ob das zersplitterte Oldenburg insgesamt als Freistaat erhalten oder nun eine Neuordnung der Landesteile angestrebt werden sollte. Weil sich die Sozialdemokraten aber nicht darauf einigen konnten, wem das ehemalige Fürstentum Lübeck zugeordnet werden sollte (der Norden war für einen Anschluss an die preußische Provinz Schleswig-Holstein, während der Süden für ein Zusammengehen mit der Freien und Hansestadt Lübeck war) und man den Landesteil auf keinen Fall teilen wollte, setzten sich die bürgerlichen Kräfte mit Hilfe der SPD im Oldenburger Kernland durch. Das zersplitterte Oldenburg-Lübeck-Birkenfeld blieb ein eigenständiges Land der Weimarer Republik."<ref name=":0" /></blockquote>Ab [[1919]] gehörte der Landesteil Lübeck dann zum schleswig-holsteinischen Reichstagswahlkreis 13 und die SPD hier zum [[Bezirksverband Schleswig-Holstein]]. Der gesamte Landesteil Lübeck bei den Wahlen zum Oldenburgischen Landtag ein einziger Wahlkreis. Gewählt wurde nach dem Verhältniswahlrecht. Das bedeutet, dass die Parteien Listen aufstellten und Sitze entsprechend ihres Wahlanteils bekamen.  <blockquote>"Bei den Landtagswahlen [[1919]] und [[1920]] konnten die Sozialdemokraten zwei Abgeordnete durchbringen. Das gelang schon [[1923]] nicht mehr. Die Deutsch-nationale Volkspartei (DNVP) war stärkste Partei im Landesteil geworden. Nur noch dem Spitzenkandidaten der SPD, [[Karl Fick]] aus [[Ortsverein Stockelsdorf|Stockelsdorf]] (jüngerer Bruder von [[Heinrich Fick]]), gelang es in den Landtag einzuziehen."<ref name=":0" /</blockquote>
Die SPD gehörte weiter zum [[Bezirksverband Schleswig-Holstein]]. Sie bildete einen Teil des  3. Unterbezirks.<ref>siehe: Einladung zum Parteitag im Lübecker Volksboten vom 28. September 1927, Vorsitzender war zu diesem Zeitpunkt [[Fritz Hansen]] sowie: [https://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay17.pdf Jacobsen 1988: Der Stolz der Gesamtpartei?, S. 220.]</ref> Vermutlich bildeten die Ortsvereine auch eine [[Organisationsaufbau der SPD#Regionale Zusammenschlüsse|Kreisarbeitsgemeinschaft]]. [[Datei:Tagesordnung-SPD-Landesteil-Lübeck-1919.jpeg|150px|thumb|left|Tagesordnung 1919]]
 
Am 1. Juni 1919 tagte die Generalversammlung des '''Zentralvereins der Sozialdemokratischen Partei der Provinz Lübeck''' in Scharbeutz. Die Einladung war unterzeichnet von [[Heinrich Fick]]. Ein Diskussionsthema war die Abtrennung der Provinz vom Freistaat Oldenburg.<ref>[https://library.fes.de/luebeck/pdf/1919/1919-114.pdf Lübecker Volksbote 17. Mai 1919, S. 5]</ref> Da die Teilnahme von insgesamt 21 Delegierten aus den Orten [[Ortsverein Bosau|Bosau]], [[Ortsverein Bujendorf|Buschendorf]] [sic! gemeint ist vermutlich Bujendorf in der Gemeinde Süsel], [[Ortsverein Curau|Curau]]<ref>Der Volksbote schreibt fast über alle Jahre hinweg „Kurau“, was eine verständliche Verwechslung der Redaktion mit dem so geschriebenen Teil des Freistaats Lübeck ist, der bis zur Gebietsreform Ende der 1930er Jahre direkt neben Curau lag</ref>, [[Ortsverein Eutin|Stadt Eutin]], [[Ortsverein Neudorf|Landgemeinde Eutin]], [[Ortsverein Gnissau|Gnissau]], [[Ortsverein Malente|Malente]], [[Ortsverein Ratekau|Ost-Ratekau]], [[Ortsverein Sereetz|Sereetz]], [[Ortsverein Pansdorf|Pansdorf]], [[Ortsverein Süsel|Süsel]], [[Ortsverein Bad Schwartau|Schwartau]] und [[Ortsverein Stockelsdorf|Stockelsdorf]] sowie Vertrauensleuten aus [[Ortsverein Gleschendorf|Gleschendorf]] und Obernwohlde belegt ist, gab es zu diesem Zeitpunkt wohl 16 Ortsvereine. Seit dem letzten Bericht hätten sich die Ortsvereine in Bosau, Buthendorf [sic! gemeint ist wohl erneut Bujendorf, vermutlich war der Redakteur nicht ortskundig], Curau, Ost-Ratekau und Pansdorf neu gebildet. 2511 Mitglieder gab es zu diesem Zeitpunkt im Gebiet.<ref>Lübecker Volksbote 2.6.1919</ref> Zählt man die Neugründungen zur Zahl von 1917 (sieben) dazu, wären es Mitte 1919 aber nur 12 Ortsvereine gewesen.<ref>Rainer Paetau: Konfrontation oder Kooperation, S. 494f / Tab. 1</ref>
 
Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt antizipierte der Vorsitzende ein zentrales kommendes Problem der jungen Republik, nämlich den mangelnden Austausch der alten, monarchischen Eliten in den staatlichen Stellen. Auch die „Freikorps“ wurden von mehreren Delegierten kritisiert, welche stattdessen eine „Volkswehr“ forderten.
 
1919 wurde durchgängig diskutiert, ob sich die staatliche Zugehörigkeit ändern solle. Die SPD im betroffenen Gebiet wollte sich dem [[Kreisverband Lübeck|Freistaat Lübeck]] anschließen, in Schleswig-Holstein gab es Bestrebungen zum Anschluss an die Provinz.
 
[[Datei:Bundesarchiv Bild 146-1987-076-13, Friedrich Ebert u.a. beim Baden im See.jpg|mini|Ein Reichspräsident in Badehose!]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 146-1987-076-13, Friedrich Ebert u.a. beim Baden im See.jpg|mini|Ein Reichspräsident in Badehose!]]
Als der gewählte Reichspräsident [[Friedrich Ebert]] im Mai [[1919]] nach [[Ortsverein Scharbeutz|Haffkrug]] reist, um ein Kinderheim der Hamburger "Pro"-Stiftung zu besichtigen, entsteht dabei ein Foto von ihm und Minister [[Gustav Noske]] in Badehose, das einen Skandal darstellte und der Beginn einer "gigantischen Verleumdungskampagne" ab August [[1919]] war.<ref>Morell, Thomas / Gehm, Eckard: [https://www.shz.de/670846 ''"Der Reichsminister in der Badehose"''] bei SHZ.de 24. August 2009</ref>  
Als der gewählte Reichspräsident [[Friedrich Ebert]] im Mai [[1919]] nach [[Ortsverein Scharbeutz|Haffkrug]] reist, um ein Kinderheim der Hamburger "Pro"-Stiftung zu besichtigen, entsteht dabei ein Foto von ihm und Minister [[Gustav Noske]] in Badehose, das einen Skandal darstellte und der Beginn einer "gigantischen Verleumdungskampagne" ab August [[1919]] war.<ref>Morell, Thomas / Gehm, Eckard: [https://www.shz.de/670846 ''"Der Reichsminister in der Badehose"''] bei SHZ.de 24. August 2009</ref>
 
Im [[Kapp-Lüttwitz-Putsch]] versuchte der DNVP-Kreisvorsitzende und Realschuldirektor Wilhelm Harders den Umsturz nach [[Ortsverein Eutin|Eutin]] zu bringen. Ministerpräsident Theodor Tantzen stellte sich jedoch demonstrativ auf die Seite der Republik und die SPD organisierte erfolgreich die Abwehr.<ref>Strokes, Lawrence: ''Zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Eutin während der Weimarer Republik'', in: Paetau, Rainer/Rüdel, Holger (Hrsg.): ''Arbeiter und Arbeiterbewegung in Schleswig-Holstein im 19. und 20. Jahrhundert'', Karl-Wachholz-Verlag, Neumünster (1987), Seite 373f</ref>
 
Mit dem Groß-Hamburg-Gesetz wurde der Landesteil Lübeck [[1937]] als [[Kreisverband Eutin|Kreis Eutin]] vom Freistaat Oldenburg in die preußische Provinz Schleswig-Holstein umgegliedert. Das Gebiet ist heute Teil des [[Kreisverband Ostholstein|Kreises Ostholstein]].
 
 
===Reichstagswahlen===
Ab [[1919]] gehörte der Landesteil Lübeck dann zum schleswig-holsteinischen Reichstagswahlkreis 13.
 
===Landtag===
Der gesamte Landesteil Lübeck bildete bei den Wahlen zum Oldenburgischen Landtag ein einziger Wahlkreis. Gewählt wurde nach dem Verhältniswahlrecht. Das bedeutet, dass die Parteien Listen aufstellten und Sitze entsprechend ihres Wahlanteils bekamen.  <blockquote>"Bei den Landtagswahlen [[1919]] und [[1920]] konnten die Sozialdemokraten zwei Abgeordnete durchbringen. Das gelang schon [[1923]] nicht mehr. Die Deutsch-nationale Volkspartei (DNVP) war stärkste Partei im Landesteil geworden. Nur noch dem Spitzenkandidaten der SPD, [[Karl Fick]] aus [[Ortsverein Stockelsdorf|Stockelsdorf]] (jüngerer Bruder von [[Heinrich Fick]]), gelang es in den Landtag einzuziehen."<ref name=":0" />  </blockquote>
 
Bei den Landtagswahlen [[1925]] und [[1928]] konnte die SPD wieder zwei Mandate sichern, die Lage wurde aber immer schwieriger. Die Nationalsozialisten (NSDAP) hatten im Landesteil Lübeck eine Hochburg. Sie erhielten bereits [[1932]] 50,4 % der Stimmen, während die SPD nur noch auf 31,9 % kam.<ref name=":0" /> [[1932]] war Oldenburg das erste Land im Deutschen Reich, das eine nationalsozialistische Regierung bekam. Regierungspräsident für den Landesteil Lübeck wurde der [[Ortsverein Eutin|Eutiner]] SA-Standartenführer Heinrich Böhmcker (wegen seiner rohen Brutalität intern auch ''"Latten-Böhmker"'' genannt). <blockquote>"So begann schon vor [[1933]] eine schwere Zeit für die Kommunisten und Sozialdemokaten im Landesteil, insbesondere für [[Karl Fick]], der in massiver Auseinandersetzung mit Böhmcker gestanden hatte. Sie wurden verhaftet und in schnell eingerichtete frühe Konzentrationslager im Landesteil gebracht: Erst nach [[Ortsverein Bad Schwartau|Schwartau]] und [[Ortsverein Eutin|Eutin]] und dann nach [[Ortsverein Ahrensbök|Ahrensbök]]."<ref name=":0" /></blockquote>
 
===Kommunalwahlen===
{{Hauptartikel|Seite=Kommunalwahlen im oldenburgischen Landesteil Lübeck 1919-1933}}


Bei den Landtagswahlen [[1925]] und [[1928]] konnte die SPD wieder zwei Mandate sichern, die Lage wurde aber immer schwieriger. Die Nationalsozialisten (NSDAP) hatten im Landesteil Lübeck eine Hochburg. Sie erhielten bereits [[1932]] 50,4 % der Stimmen, während die SPD nur noch auf 31,9 % kam.<ref name=":0" /> [[1932]] war Oldenburg das erste Land im Deutschen Reich, das eine nationalsozialistische Regierung bekam. Regierungspräsident für den Landesteil Lübeck wurde der [[Ortsverein Eutin|Eutiner]] SA-Standartenführer Heinrich Böhmcker (wegen seiner rohen Brutalität intern auch ''"Latten-Böhmker"'' genannt). <blockquote>"So begann schon vor [[1933]] eine schwere Zeit für die Kommunisten und Sozialdemokaten im Landesteil, insbesondere für [[Karl Fick]], der in massiver Auseinandersetzung mit Böhmcker gestanden hatte. Sie wurden verhaftet und in schnell eingerichtete frühe Konzentrationslager im Landesteil gebracht: Erst nach [[Ortsverein Bad Schwartau|Schwartau]] und [[Ortsverein Eutin|Eutin]] und dann nach [[Ortsverein Ahrensbök|Ahrensbök]]."<ref name=":0" /></blockquote>Mit dem Groß-Hamburg-Gesetz wurde der Landesteil Lübeck [[1937]] als [[Kreisverband Eutin|Kreis Eutin]] vom Freistaat Oldenburg in die preußische Provinz Schleswig-Holstein umgegliedert. Das Gebiet ist heute Teil des [[Kreisverband Ostholstein|Kreises Ostholstein]].
In den Gemeinden und für den Landesausschuss (Kreistag) fanden fünf Kommunalwahlen nach allgemeinem, freien, gleichen Wahlrecht statt.<ref> § 28. Die Gemeinden bilden Unterabteilungen des Staates und dienen als solche seinen Zwecken. Ihre Verfassung soll nach den Grundsätzen der §§ 29 und 30 neu geordnet werden.
§ 29. Die Gemeinden sollen von Körperschaften vertreten werden, deren Mitglieder von den gemeindeangehörigen Männern und Frauen auf Grund des allgemeinen, unmittelbaren, gleichen und geheimen Wahlrechts, nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden. siehe https://www.verfassungen.de/nds/oldenburg/verf19.htm</ref> Diese verliefen in den einzelnen Gemeinden sehr unterschiedlich, insgesamt konnte die SPD im Gebiet aber bis zum Ende der Republik eine Stellung als stärkste Partei beanspruchen.


==Literatur==
==Literatur==


*[[Paul Hug|Hug, Paul]]: ''"Mein Dienst in der Parteibewegung des ehemaligen Fürstentums Lübeck"'', in: Rathkamp/Broscho, Geschichtlicher Überblick über die Vereins- und Organisationsbewegung der Eutiner Arbeiterschaft, Eutin, o.J. (vermutlich 1929), 5.47.
*Franck, Klaus: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay08.pdf Wie ein vaterländischer Geometer ins Gefängnis kam. Ein Sozialistengesetz vor Bismarck in Eutin.]'' in: Demokratische Geschichte, Band 3, 1988
*Vahlenkamp, Werner: [https://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_06/Demokratische_Geschichte_Band_06_Essay06.pdf "Die sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten aus dem oldenburgischen Landesteil Lübeck"], Fn. 6, in: Demokratische Geschichte, Band 6, 1991
*[[Paul Hug|Hug, Paul]]: ''Mein Dienst in der Parteibewegung des ehemaligen Fürstentums Lübeck'', in: Rathkamp/Broscho, Geschichtlicher Überblick über die Vereins- und Organisationsbewegung der Eutiner Arbeiterschaft, Eutin, o.J. (vermutlich 1929), 5.47.
*[[Paul Hug|Hug, Paul]]: [http://library.fes.de/cgi-bin/digisomo.pl?id=03705&dok=1905/1905_11&f=1905_0948&l=1905_0950 ''Die Landtagswahlen in Oldenburg''] [Electronic ed.]. In: Sozialistische Monatshefte. - 9 = 11(1905), H. 11, S. 948 - 950 Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2006
*[[Paul Hug|Hug, Paul]]: [http://library.fes.de/cgi-bin/digisomo.pl?id=02928&dok=1910/1910_19_20&f=1910_1234&l=1910_1238 ''Die Notwendigkeit einer Wahlkoalition in Oldenburg''] [Electronic ed.]. In: Sozialistische Monatshefte. - 14 = 16(1910), H. 19/20, S. 1234 - 1238 Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2006
*[[Paul Hug|Hug, Paul]]: ''[http://library.fes.de/cgi-bin/digisomo.pl?id=02702&dok=1911/1911_15&f=1911_0962&l=1911_0965 Der Kurs der Politik in Oldenburg]'' [Electronic ed.]. In: Sozialistische Monatshefte. - 15 = 17(1911), H. 15, S. 962 - 965 Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2006
*Schulz, Adolf: ''[http://library.fes.de/cgi-bin/nzpdf.pl?dok=190809a&f=35&l=36 Die Landtagswahlen in Oldenburg]'' . - [Electronic ed.]. In: Die neue Zeit : Wochenschrift der deutschen Sozialdemokratie. 27.1908-1909, 1. Bd.(1909), H. 1, S. 35 - 36 Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2008
*Stokes, Lawrence D.: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_02/Demokratische_Geschichte_Band_02_Essay08.pdf Sozialdemokratie contra Nationalsozialismus in Eutin 1925 bis 1933.]'' in: Demokratische Geschichte, Band 2, 1987
*Stokes, Lawrence D.: [http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay25.pdf ''Die Anfänge des Eutiner Reichsbanners (1924-1929/30)''.] in: Demokratische Geschichte, Band 3, 1989
*Vahlenkamp, Werner: [https://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_06/Demokratische_Geschichte_Band_06_Essay06.pdf ''Die sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten aus dem oldenburgischen Landesteil Lübeck''], Fn. 6, in: Demokratische Geschichte, Band 6, 1991
*Wagner, Richard: ''[http://library.fes.de/cgi-bin/nzpdf.pl?dok=190506a&f=149&l=152 Die oldenburgischen Landtagswahlen]'' [Electronic ed.] In: Die neue Zeit : Wochenschrift der deutschen Sozialdemokratie. 24.1905-1906, 1. Bd.(1906), H. 5, S. 149 - 152 Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2008
*Wagner, Richard: [http://library.fes.de/cgi-bin/nzpdf.pl?dok=190708b&f=152&l=157 Antwort auf das Oldenburger Beispiel] - [Electronic ed.]. In: Die neue Zeit : Wochenschrift der deutschen Sozialdemokratie. 26.1907-1908, 2. Bd.(1908), H. 31, S. 152 - 157 Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2008


==Siehe auch==
==Siehe auch==

Aktuelle Version vom 20. Januar 2024, 13:26 Uhr

Karte des Fürstentums Lübeck mit Exklaven der Hansestadt Lübeck
Das Fürstentum Lübeck mit Exklaven der Hansestadt Lübeck

Das Fürstentum Lübeck (auch: "Landesteil Lübeck" und "Landesteil Eutin") war bis 1937 Teil des Großherzogtums (bzw. ab 1919 des Freistaats) Oldenburg und nicht von der preußischen Provinz Schleswig-Holstein. Die SPD in dieser Region aber schloss sich dem der SPD in Schleswig-Holstein an.

Im Kaiserreich bildeten die dortigen Ortsvereine den Zentralverein der sozialdemokratischen Partei für das Fürstentum Lübeck als Pendant zu den „Zentralvereinen für die schleswig-holsteinischen Reichstagswahlkreise“ im Rest des Bezirks.

Das Fürstentum Lübeck bestand in der Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik aus 19 Gebietskörperschaften: Flecken Ahrensbök, Landgemeinde Ahrensbök, Gemeinde Bosau, Gemeinde Curau, Stadt Eutin, Landgemeinde Eutin, Gemeinde Gleschendorf, Gemeinde Gnissau, Gemeinde Malente, Gemeinde Neukirchen, Gemeinde Obernwohlde, Gemeinde Ost-Ratekau, Gemeinde Redingsdorf, Landgemeinde Rensefeld, Flecken Schwartau (ab 1912 „Stadt“), Gemeinde Siblin, Gemeinde Süsel, Gemeinde Stockelsdorf, Gemeinde West-Ratekau. 1934 wurde die Gebietsgliederung gestrafft zu neun Gemeinden[1]: Malente, Eutin, Bosau, Süsel, Ahrensbök, Stockelsdorf, Schwartau, Gleschendorf und Ratekau. Diese umfassten auch die heutigen Ostseebäder Haffkrug, Scharbeutz, Timmendorfer Strand und Niendorf.

Die Stadt Lübeck selbst war niemals Teil des Fürstentums. Die Freie Hansestadt Lübeck war ein eigenständiger Gliedstaat innerhalb des Deutschen Reiches.

Kaiserreich

Der Großherzog von Oldenburg hatte schon 1855 die Gründung von Arbeitervereinen verboten. Auch wenn sich dann in den 1860er Jahren der ADAV gründen durfte - bspw. 1869 in Eutin - es herrschte in der Region eine Tradition der Unterdrückung der Arbeiterbewegung. Paul Hug, der Parteivorsitzende aus Ostfriesland, erinnerte sich:

„Der Verkehr oder die Verbindung der Parteiorganisation der drei Landesteile [des Großherzogtums Oldenburg] untereinander war vor dem Sozialistengesetz kein reger und die Verbindung keine enge gewesen. Daran hinderte schon die geographische Entfernung und Verschiedenartigkeit der wirtschaftlichen Struktur der Bezirke."[2]

Eher tauschten sich die frühen Genossen mit denen in der Umgebung, in Schleswig-Holstein, Lübeck und Hamburg aus.

1878 trat im ganzen Deutschen Reich das Sozialistengesetz in Kraft, mit dem Otto von Bismarck die Sozialdemokratie in Deutschland zerschlagen wollte. Die politische Arbeit der Sozialdemokraten auch im Fürstentum Lübeck stand unter Strafe.

Schwarz-Weiß-Foto von Paul Hug
Paul Hug

Seit dem 1. April 1888 erschien in Bant (heute Teil von Wilhelmshaven) im Großherzogtum Oldenburg die sozialdemokratische Zeitung Nordwacht. Herausgeber war Paul Hug. Da Oldenburg nicht zu Preußen gehörte, wurde das Sozialistengesetz dort laxer verfolgt. Die Nordwacht hatte allein in Kiel 1500 Abonnenten.[3]

1890 lief das Sozialistengesetz aus. Danach versuchte die Obrigkeit, sich bei der Verfolgung der Sozialdemokratie wieder auf das alte Oldenburger Verbot zu berufen, und machte ihr auch weiterhin das Leben schwer. Trotzdem lebte das Vereinsleben der Arbeiterbewegung wieder auf. 1892 gründete sich der Ortsverein Stockelsdorf. In diesem Jahrzehnt gründet sich auch wieder ein Ortsverein Eutin.

28. September 1902: Die Schwartau-Rensefelder Sozialdemokraten sind Gastgeber einer Wahlkreiskonferenz für das „Fürstenthum Lübeck“. Erschienen sind Genossen aus Schwartau, Rensefeld, Stockelsdorf und Fissau (heute ein Ortsteil von Eutin) sowie ein „Mitglied derAgitationskommissionin Neumünster“. Laut dem hier vorgestellten „Situationsbericht“ gibt es im Fürstentum Lübeck, einem Landesteil des Großherzogtums Oldenburg, vier SPD-Ortsvereine mit insgesamt 472 Mitgliedern.[4]

28. Juli 1907: In Sereetz tagt die Generalversammlung des SPD-Zentralvereins für das Fürstentum Lübeck. Dem Bericht des Vorsitzenden Heinrich Fick für das Jahr 1906/07 ist zu entnehmen: Im Fürstentum sind 897 Genossinnen und Genossen organisiert (im Vorjahr 568!), davon in Schwartau 318, in Stockelsdorf 302. Die Zahl der Orstvereine im Fürstentum ist auf 11 gestiegen, Neugründungen gab es im Berichtsjahr in Neudorf (heute ein Ortsteil von Eutin), Gleschendorf (heute ein Ortsteil von Scharbeutz), Sereetz, Curau (heute ein Ortsteil von Stockelsdorf) und Ahrensbök. Weiter gibt es Ortsvereine in Schwienkuhlen und in Gnissau.[5]

Die SPD des Fürstentums Lübeck gibt die Zahl ihrer Mitglieder für 1910 mit 1047 Genossinnen und Genossen an[6], das sind 83,36 % mehr als 1905! 146 Mitglieder sind Frauen. („Einen kleinen Mitgliederverlust“ hat entgegen dem Trend der Ortsverein Ratekau zu berichten. Grund: „Die Arbeiterschaft scheut sich aus Angst vor den Bauern, für die Partei tätig zu sein.“)

Da die Zahl der Ortsvereine bei Paetau sowohl 1907 als auch 1910 mit 11 angegeben ist, muss wohl ein anderer Ortsverein in dieser Zeit aufgelöst und Ratekau neu gegründet worden sein. 1911/12 wird dann wieder ein Ortsverein eingestellt und im Krieg dann noch mehrere, sodass es 1917 nur noch 7 sind.[7]

Gemeindewahlen

In Eutin treten 1894 treten zum ersten Mal mit den Genossen Nehls und Hensch Sozialdemokraten bei der Gemeindewahl an - zunächst erfolglos. Aber sie erhalten 147 bzw. 121 Stimmen und legten damit einen Anfang.[8]

1902 erringt die SPD zahlreiche Sitze bei der Nachwahl in Bad Schwartau. 1905 sind Sozialdemokraten in fünf Gemeinderäten vertreten.

24. November 1908: Eine Gemeinderatsersatzwahl in Schwartau, bei der 6 Sitze der 12 Sitze neu vergeben werden, endet erneut mit einer Niederlage der SPD[9]: Keiner ihrer Kandidaten erreicht genug Stimmen für ein Mandat im Kommunalparlament.[10]

Oldenburgischer Landtag

Trotz der gesellschaftlichen Unterdrückung war das Wahlrecht im Großherzogtum Oldenburg viel günstiger für die Sozialdemokratie als das preußische Dreiklassenwahlrecht in Schleswig-Holstein. So schrieben die Sozialistischen Monatshefte 1906: "Oldenburg und Coburg-Gotha bilden die einzigen Lichtpünktchen in der gähnenden politischen Finsternis Nordeutschlands"[11] und in der Neuen Zeit stand 1908, dass man "das oldenburgische Wahlrecht mit zu den besten unter den Wahlsystemen aller deutschen Bundesstaaten rechnen" könne.[12] Vier Abgeordnete gab es für das Fürstentum Lübeck.

Es gab keinen Steuerzensus wie im preußischen Dreiklassenwahlrecht. Man musste Mann sein, über 25, nicht von Armenunterstützung leben und man durfte nicht "ohne eigene Kochstelle bei anderen in Kost und Lohn stehen." Diese Ausschlusskriterien galten beispielsweise für Dienstboten, Handwerksgesellen und Arbeiter.[12] Darüber hinaus musste man oldenburgischer Staatsbürger sein. Das waren natürlich auch viele nicht, wenn sie beispielweise vom preußischen Holstein nach Eutin zogen, wurden sie nicht automatisch Oldenburger und waren damit nicht wahlberechtigt.

Wenn die Behörden witterten, dass es sich bei einem Antragsteller um einen Sozialdemokraten handeln könne, wurde hohe bürokratische Hürden aufgebaut. Allerlei Dokumente waren dann vorzulegen, berichtete Richard Wagner aus Bant/Oldenburg in der Neue Zeit 1906. "Die Wahlkreisgeometrie funktioniert in Oldenburg fast ebenso gut, wie in Preußen das Dreiklassensystem; denn obwohl wir fast ebenso viele Stimmen aufgebracht haben als unsere Gegner, verfen g wir nur über den neunten Teil der diesen zufallenen Mandaten"[13]

Gleichzeitig hatte der Landtag spätestens mit der Reichsgründung wenig zu sagen und die Wahl war indirekt: Pro 500 Wahlberechtigte gab es einen Wahlmann. Die Wahlbeteiligung war äußert gering - 1884 nur 4%. Erst durch die Beteiligung der SPD an den Wahlen, stieg die Wahlbeteiligung: 1896 14%, 1905 39%[12]

Ab 1899 dürfen sich politische Vereine auch überörtlich zusammschließen - das "Verbindungsverbot" wurde aufgehoben. Die Sozialdemokraten im Fürstentum Lübeck schlossen sich der Einfachheit halber dem Bezirk Schleswig-Holstein an - auch aus Kostengründen. Die SPD Oldenburg schloss sich dem Bezirk Weser-Ems an. Das schwächte die sozialdemokratischen Kontakte im Großherzogtum Oldenburg.[14] Das war auch das Jahr, in dem mit Paul Hug der erste Sozialdemokrat in den Landtag von Oldenburg gewählt wurde - noch nicht für das Fürstentum Lübeck.

Bei der Wahl zu Oldenburgischen Landtag im Jahr 1902 konnte die Sozialdemokraten im Fürstentum Lübeck 20 der 72 Wahlmänner bekommen. Für die Mehrheit reichte das noch nicht. Bei der Landtagswahl 1904 einigten sich die Genossen mit den Nationalsozialen darauf, auf einen der vier Sitze des Fürstentums Lübeck einen Sozialdemokratischen Kandidaten zu wählen. In der Eile wurde das wieder Paul Hug, der in seinem Wahlkreis dafür verzichtete.

Fraktion der SPD im oldenburgischen Landtag 1916.
Fraktion der SPD im oldenburgischen Landtag 1916. U.a. mit Johann Bull und Heinrich Fick

1905 gibt es im Fürstentum Lübeck „571 organisierte Genossen“, in fünf Orten sind Sozialdemokraten im Gemeinderat vertreten. Eine sozialdemokratische Mehrheit gibt es im Gemeinderat von Schwartau. Vor der Landtagswahl im gleichen Jahr nehmen sich die Genossen vor, zwei regionale Kandidaten, den Dreher Emil Zeidler aus Schwartau und Gärtner Johannes Bull aus Ravensbusch (heute: Stockelsdorf) zu nominieren. Es hielten sich dann nach der Wahl aber nicht alle Wahlmänner der Nationalsozialen an die Abmachung, so dass nur Emil Zeidler gewählt wurde. Richard Wagner kommentierte: "Hoffentlich ziehen sie aus dem ganzen Vorfall die heilsame Lehre, daß das Kompromisseln überhaupt nichts taugt.[13]" Für die Wahl 1908 stellte die SPD deswegen vier Kandidaten auf und nahm sich vor, mit eigener Mehrheit alle vier wählen zu lassen. Das klappte allerdings nicht - dadurch bekam sie keine Abgeordneten.[15]

Für die nächste Landtagswahl 1911 wurde dann das Wahlrecht geändert: Die Wahlmänner wurden abgeschafft und die Kandidaten direkt gewählt. Weil die Konservativen Angst vor dem Durchmarsch der SPD hatte, bekamen Männer über 40 Jahre zwei Stimmen - in der Hoffnung, dass die konservativer wählen. Das Wahlrecht trage deswegen des "Kainszeichen reaktionärer Klassenpolitik". Die Konservativen hätten das "Doppelstimmrecht des des Schwabenalters in das Wahlgesetz eingeschmuggelt und eine Wahlkreiseinteilung durchgesetzt, die ein Hohn auf Gerechtigkeit ist."[16] Außerdem gab es jetzt im Fürstentum Lübeck zwei Wahlkreise: Im Norden den Wahlkreis Eutin-Süsel und im Süden den Wahlkreis Ratekau-Schwartau. Die SPD lehnte die Wahlrechtsreform ab - und profitierte von ihr.[17]

Der Lübecker Volksbote beklagt eine Diffamierungskampagne der Konservativen: "Daß man uns der Antireligiosität, des Antimonarchismus und der Vaterlandslosigkeit zeiht, kann de 'Politikern', die ja mit ernsten Argumenten nicht arbeiten können, weiter nicht übel nehmen. So etwas ist man ja schon gewohnt. Daß aber selbst von liberaler Seite die Wähler damit gruselig gemacht werden, daß man ihnen sagt die Sozialdemokratie wolle die Selbstständigkeit des Fürstentums Lübeck aufheben, ist schon ziemlich stark. Die Sozialdemokratie lehnt es ab, die Frage der Selbstständigkeit zur Wahlparole zu machen. Sie wird das Für und Wider eingehend profen und dernach ihre Entscheidung fällen. Die Interessen der Bevölkerung des Fürstentums werden ausschließlich bei der Prüfung dieser Frage ausschlaggebend sein für die Entschließung der Sozialdemokratie.[18]

Im Südkreis gewannen direkt der Maurer Heinrich Fick und Johann Bull. Im Nordkreis bekam kein Kandidat im ersten Wahlgang die Mehrheit. Man einigte sich mit den liberalen Fortschrittlichen, der Maurer Gloe aus Nenndorf zog seine Kandidatur zurück, dafür wurde der sozialdemokratische Fabrikant Johannes Rebenstorf aus Eutin gewählt. Drei der vier Abgeordneten waren nun von der SPD.[12]

Die Landtagswahl 1916 stand im Schatten des Ersten Weltkriegs. Die Parteien einigten sich darauf, dass die bisherigen Abgeordneten wiedergewählt werden sollten. Es gab keine Gegenkandidaten. Wahlkampf fand nicht statt.[12]

Reichstag

Das Fürstentum Lübeck gehörte zum Reichstagswahlkreis Großherzogtum Oldenburg 1 (Oldenburg-Eutin-Birkenfeld). Hier kandidierte für die SPD Paul Hug und zur Reichstagswahl 1907 Johannes Stelling, der spätere Ministerpräsident von Mecklenburg. Trotz sehr guter Ergebnisse für die SPD im Landesteil Lübeck (teilweise über 50%) wurde jedoch keiner von ihnen gewählt. Zu groß war die liberal-konservative Mehrheit in Ostfriesland.[14]

Revolution

Am 9. November 1918 beginnt die Novemberrevolution mit dem Kieler Arbeiter- und Matrosenaufstand, der sich schnell über das ganze Reich ausbreitet. Der Lübecker Volksbote berichtet am 12. November, dass für das Fürstentum Lübeck, in Eutin, ein Arbeiter- und Soldatenrat eingerichtet wurde. "Die Behörden arbeiten weiter wie bisher. Der Regierung sind drei Parteigenossen beigegeben worden. Auch in Stockelsdorf hatte sich bereits am 9. November ein Arbeiterrat gegründet.[19]

Wie das Fürstentum Lübeck gehörte auch der Reichskriegshafen Wilhelmshafen zum Großherzogtums Oldenburg. Dort bilden ab 6. November die "roten Matrosen" zusammen mit den Arbeitern einen gemeinsamen Arbeiter- und Soldatenrat, setzten am 10. November den Großherzog von Oldenburg ab und riefen die "sozialistische Republik Oldenburg" aus.

"Nach der Novemberrevolution 1918 begann dann die Diskussion darüber, ob das zersplitterte Oldenburg insgesamt als Freistaat erhalten oder nun eine Neuordnung der Landesteile angestrebt werden sollte. Weil sich die Sozialdemokraten aber nicht darauf einigen konnten, wem das ehemalige Fürstentum Lübeck zugeordnet werden sollte (der Norden war für einen Anschluss an die preußische Provinz Schleswig-Holstein, während der Süden für ein Zusammengehen mit der Freien und Hansestadt Lübeck war) und man den Landesteil auf keinen Fall teilen wollte, setzten sich die bürgerlichen Kräfte mit Hilfe der SPD im Oldenburger Kernland durch. Das zersplitterte Oldenburg-Lübeck-Birkenfeld blieb ein eigenständiges Land der Weimarer Republik."[14]

Weimarer Republik

Die SPD gehörte weiter zum Bezirksverband Schleswig-Holstein. Sie bildete einen Teil des 3. Unterbezirks.[20] Vermutlich bildeten die Ortsvereine auch eine Kreisarbeitsgemeinschaft.

Tagesordnung 1919

Am 1. Juni 1919 tagte die Generalversammlung des Zentralvereins der Sozialdemokratischen Partei der Provinz Lübeck in Scharbeutz. Die Einladung war unterzeichnet von Heinrich Fick. Ein Diskussionsthema war die Abtrennung der Provinz vom Freistaat Oldenburg.[21] Da die Teilnahme von insgesamt 21 Delegierten aus den Orten Bosau, Buschendorf [sic! gemeint ist vermutlich Bujendorf in der Gemeinde Süsel], Curau[22], Stadt Eutin, Landgemeinde Eutin, Gnissau, Malente, Ost-Ratekau, Sereetz, Pansdorf, Süsel, Schwartau und Stockelsdorf sowie Vertrauensleuten aus Gleschendorf und Obernwohlde belegt ist, gab es zu diesem Zeitpunkt wohl 16 Ortsvereine. Seit dem letzten Bericht hätten sich die Ortsvereine in Bosau, Buthendorf [sic! gemeint ist wohl erneut Bujendorf, vermutlich war der Redakteur nicht ortskundig], Curau, Ost-Ratekau und Pansdorf neu gebildet. 2511 Mitglieder gab es zu diesem Zeitpunkt im Gebiet.[23] Zählt man die Neugründungen zur Zahl von 1917 (sieben) dazu, wären es Mitte 1919 aber nur 12 Ortsvereine gewesen.[24]

Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt antizipierte der Vorsitzende ein zentrales kommendes Problem der jungen Republik, nämlich den mangelnden Austausch der alten, monarchischen Eliten in den staatlichen Stellen. Auch die „Freikorps“ wurden von mehreren Delegierten kritisiert, welche stattdessen eine „Volkswehr“ forderten.

1919 wurde durchgängig diskutiert, ob sich die staatliche Zugehörigkeit ändern solle. Die SPD im betroffenen Gebiet wollte sich dem Freistaat Lübeck anschließen, in Schleswig-Holstein gab es Bestrebungen zum Anschluss an die Provinz.

Ein Reichspräsident in Badehose!

Als der gewählte Reichspräsident Friedrich Ebert im Mai 1919 nach Haffkrug reist, um ein Kinderheim der Hamburger "Pro"-Stiftung zu besichtigen, entsteht dabei ein Foto von ihm und Minister Gustav Noske in Badehose, das einen Skandal darstellte und der Beginn einer "gigantischen Verleumdungskampagne" ab August 1919 war.[25]

Im Kapp-Lüttwitz-Putsch versuchte der DNVP-Kreisvorsitzende und Realschuldirektor Wilhelm Harders den Umsturz nach Eutin zu bringen. Ministerpräsident Theodor Tantzen stellte sich jedoch demonstrativ auf die Seite der Republik und die SPD organisierte erfolgreich die Abwehr.[26]

Mit dem Groß-Hamburg-Gesetz wurde der Landesteil Lübeck 1937 als Kreis Eutin vom Freistaat Oldenburg in die preußische Provinz Schleswig-Holstein umgegliedert. Das Gebiet ist heute Teil des Kreises Ostholstein.


Reichstagswahlen

Ab 1919 gehörte der Landesteil Lübeck dann zum schleswig-holsteinischen Reichstagswahlkreis 13.

Landtag

Der gesamte Landesteil Lübeck bildete bei den Wahlen zum Oldenburgischen Landtag ein einziger Wahlkreis. Gewählt wurde nach dem Verhältniswahlrecht. Das bedeutet, dass die Parteien Listen aufstellten und Sitze entsprechend ihres Wahlanteils bekamen.

"Bei den Landtagswahlen 1919 und 1920 konnten die Sozialdemokraten zwei Abgeordnete durchbringen. Das gelang schon 1923 nicht mehr. Die Deutsch-nationale Volkspartei (DNVP) war stärkste Partei im Landesteil geworden. Nur noch dem Spitzenkandidaten der SPD, Karl Fick aus Stockelsdorf (jüngerer Bruder von Heinrich Fick), gelang es in den Landtag einzuziehen."[14]

Bei den Landtagswahlen 1925 und 1928 konnte die SPD wieder zwei Mandate sichern, die Lage wurde aber immer schwieriger. Die Nationalsozialisten (NSDAP) hatten im Landesteil Lübeck eine Hochburg. Sie erhielten bereits 1932 50,4 % der Stimmen, während die SPD nur noch auf 31,9 % kam.[14] 1932 war Oldenburg das erste Land im Deutschen Reich, das eine nationalsozialistische Regierung bekam. Regierungspräsident für den Landesteil Lübeck wurde der Eutiner SA-Standartenführer Heinrich Böhmcker (wegen seiner rohen Brutalität intern auch "Latten-Böhmker" genannt).

"So begann schon vor 1933 eine schwere Zeit für die Kommunisten und Sozialdemokaten im Landesteil, insbesondere für Karl Fick, der in massiver Auseinandersetzung mit Böhmcker gestanden hatte. Sie wurden verhaftet und in schnell eingerichtete frühe Konzentrationslager im Landesteil gebracht: Erst nach Schwartau und Eutin und dann nach Ahrensbök."[14]

Kommunalwahlen

Hauptartikel: Kommunalwahlen im oldenburgischen Landesteil Lübeck 1919-1933

In den Gemeinden und für den Landesausschuss (Kreistag) fanden fünf Kommunalwahlen nach allgemeinem, freien, gleichen Wahlrecht statt.[27] Diese verliefen in den einzelnen Gemeinden sehr unterschiedlich, insgesamt konnte die SPD im Gebiet aber bis zum Ende der Republik eine Stellung als stärkste Partei beanspruchen.

Literatur

Siehe auch

Links

Einzelnachweise

  1. Anmerkung: Neun Gemeinden waren es ab 1934. Vorher hießen die Untergliederungen anders und waren verwaltungsmäßig anders zugeordnet. Auch hat sich das Gebiet mehrfach leicht geändert. Genauer ist das in der Wikipedia nachzulesen.
  2. Hug, Paul: "Mein Dienst in der Parteibewegung des ehemaligen Fürstentums Lübeck", in: Rathkamp/Broscho, Geschichtlicher Überblick über die Vereins- und Organisationsbewegung der Eutiner Arbeiterschaft, Eutin, o.J. (vermutlich 1929), 5.47.
  3. Vgl. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 25
  4. Lübecker Volksbote, Freitag, den 03. Oktober 1902, S.3
  5. Lübecker Volksbote, Montag, den 29. Juli 1907, S.3
  6. Lübecker Volksbote, Willkommen! Sonnabend, den 30. September 1911, S.1
  7. Rainer Paetau: Konfrontation oder Kooperation, S. 494f / Tab. 1
  8. Aus Schleswig-Holstein, Hamburger Echo, Mittwoch, den 5. Dezember 1894, Seite 3
  9. Lübecker Volksbote, Mittwoch, den 25. November 1908, S.3
  10. Anzeiger für das Fürstentum Lübeck, Donnerstag, den 26. November 1908, S.3
  11. Bruhns, Julius: Wahlrechtsfragen in Süd und Nord [Electronic ed.]. In: Sozialistische Monatshefte. - 10 = 12(1906), H. 3190603, S. 198 - 208
  12. 12,0 12,1 12,2 12,3 12,4 Vahlenkamp, Werner: "Die sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten aus dem oldenburgischen Landesteil Lübeck", Fn. 6, in: Demokratische Geschichte, Band 6, 1991
  13. 13,0 13,1 Wagner, R.: Die oldenburgischen Landtagswahlen [Electronic ed.] In: Die neue Zeit : Wochenschrift der deutschen Sozialdemokratie. 24.1905-1906, 1. Bd.(1906), H. 5, S. 149 - 152 Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2008
  14. 14,0 14,1 14,2 14,3 14,4 14,5 Meyenborg, Ulrich: "125 Jahre Sozialdemokratische Partei Deutschlands Ortsverein Stockelsdorf" (2017)
  15. Hug, Paul: Die Notwendigkeit einer Wahlkoalition in Oldenburg [Electronic ed.]. In: Sozialistische Monatshefte. - 14 = 16(1910), H. 19/20, S. 1234 - 1238 Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2006
  16. Lübecker Volksbote, Sonnabend, den 22. April 1911, S.3
  17. Wikipedia: Oldenburgischer Landtag abgerufen 4. Dezember 2021, 00:53 Uhr.
  18. Lübecker Volksbote, Sonnabend, den 22. April 1911, S.3
  19. Lübecker Volksbote, Ausgabe 266 vom 12.11.1918
  20. siehe: Einladung zum Parteitag im Lübecker Volksboten vom 28. September 1927, Vorsitzender war zu diesem Zeitpunkt Fritz Hansen sowie: Jacobsen 1988: Der Stolz der Gesamtpartei?, S. 220.
  21. Lübecker Volksbote 17. Mai 1919, S. 5
  22. Der Volksbote schreibt fast über alle Jahre hinweg „Kurau“, was eine verständliche Verwechslung der Redaktion mit dem so geschriebenen Teil des Freistaats Lübeck ist, der bis zur Gebietsreform Ende der 1930er Jahre direkt neben Curau lag
  23. Lübecker Volksbote 2.6.1919
  24. Rainer Paetau: Konfrontation oder Kooperation, S. 494f / Tab. 1
  25. Morell, Thomas / Gehm, Eckard: "Der Reichsminister in der Badehose" bei SHZ.de 24. August 2009
  26. Strokes, Lawrence: Zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Eutin während der Weimarer Republik, in: Paetau, Rainer/Rüdel, Holger (Hrsg.): Arbeiter und Arbeiterbewegung in Schleswig-Holstein im 19. und 20. Jahrhundert, Karl-Wachholz-Verlag, Neumünster (1987), Seite 373f
  27. § 28. Die Gemeinden bilden Unterabteilungen des Staates und dienen als solche seinen Zwecken. Ihre Verfassung soll nach den Grundsätzen der §§ 29 und 30 neu geordnet werden. § 29. Die Gemeinden sollen von Körperschaften vertreten werden, deren Mitglieder von den gemeindeangehörigen Männern und Frauen auf Grund des allgemeinen, unmittelbaren, gleichen und geheimen Wahlrechts, nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden. siehe https://www.verfassungen.de/nds/oldenburg/verf19.htm