Fürstentum Lübeck: Unterschied zwischen den Versionen

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Seit dem [[1. April]] [[1888]] erschien in Bant (heute Teil von Wilhelmshaven) im Großherzogtum Oldenburg die [[Sozialdemokratische Zeitungen|sozialdemokratische Zeitung]] ''Nordwacht''. Herausgeber war [[Paul Hug]]. Da Oldenburg nicht zu Preußen gehörte, wurde das [[Sozialistengesetz]] dort laxer verfolgt. Die ''Nordwacht'' hatte allein in [[Sozialdemokratischer Verein Groß-Kiel#Sozialdemokratischer%20Verein%20Kiel%20und%20Umgegend|Kiel]] 1500 Abonnenten.<ref>Vgl. [[Franz Osterroth|Osterroth, Franz]]: ''100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick'' (Kiel o. J. [1963]), Seite 25</ref>  
Seit dem [[1. April]] [[1888]] erschien in Bant (heute Teil von Wilhelmshaven) im Großherzogtum Oldenburg die [[Sozialdemokratische Zeitungen|sozialdemokratische Zeitung]] ''Nordwacht''. Herausgeber war [[Paul Hug]]. Da Oldenburg nicht zu Preußen gehörte, wurde das [[Sozialistengesetz]] dort laxer verfolgt. Die ''Nordwacht'' hatte allein in [[Sozialdemokratischer Verein Groß-Kiel#Sozialdemokratischer%20Verein%20Kiel%20und%20Umgegend|Kiel]] 1500 Abonnenten.<ref>Vgl. [[Franz Osterroth|Osterroth, Franz]]: ''100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick'' (Kiel o. J. [1963]), Seite 25</ref>  


[[1890]] lief das [[Sozialistengesetz]] aus. Danach versuchte die Obrigkeit, sich bei der Verfolgung der Sozialdemokratie wieder auf das alte Oldenburger Verbot zu berufen, und machte ihr auch weiterhin das Leben schwer. Gleichzeitig war das Wahlrecht im Großherzogtum Oldenburg viel günstiger für die Sozialdemokratie als das preußische [[Dreiklassenwahlrecht]] in Schleswig-Holstein. So schrieben die [[Sozialistische Monatshefte|Sozialistischen Monatshefte]] [[1900]]: "Oldenburg und Coburg-Gotha bilden die einzigen Lichtpünktchen in der gähnenden politischen Finsternis Nordeutschlands" und in der [[Die Neue Zeit|Neuen Zeit]] stand [[1908]], dass man "das oldenburgische Wahlrecht mit zu den besten unter den Wahlsystemen aller deutschen Bundesstaaten rechnen" könne.<ref name=":1" />  
[[1890]] lief das [[Sozialistengesetz]] aus. Danach versuchte die Obrigkeit, sich bei der Verfolgung der Sozialdemokratie wieder auf das alte Oldenburger Verbot zu berufen, und machte ihr auch weiterhin das Leben schwer. Gleichzeitig war das Wahlrecht im Großherzogtum Oldenburg viel günstiger für die Sozialdemokratie als das preußische [[Dreiklassenwahlrecht]] in Schleswig-Holstein. So schrieben die [[Sozialistische Monatshefte|Sozialistischen Monatshefte]] [[1900]]: "Oldenburg und Coburg-Gotha bilden die einzigen Lichtpünktchen in der gähnenden politischen Finsternis Nordeutschlands" und in der [[Die Neue Zeit|Neuen Zeit]] stand [[1908]], dass man "das oldenburgische Wahlrecht mit zu den besten unter den Wahlsystemen aller deutschen Bundesstaaten rechnen" könne.<ref name=":1" /> Vier Abgeordnete gab es für das Fürstentum Lübeck.


Es gab keine Privilegierten, keine Klassenunterschiede und keinen Steuerzensus. Man musste Mann sein, über 25, nicht von Armenunterstützung leben und man durfte nicht "ohne eigene Kochstelle bei anderen in Kost und Lohn stehen." Diese Ausschlusskriterien galten beispielsweise für Dienstboten, Handwerksgesellen und Arbeiter. <ref name=":1" /> Gleichzeitig hatte der Landtag spätestens mit der Reichsgründung wenig zu sagen. Die Wahlbeteiligung war äußert gering - [[1884]] nur 4%. Erst durch die Beteiligung der SPD an den Wahlen, stieg die Wahlbeteiligung: [[1896]] 14%, [[1905]] 39%
Es gab keine Privilegierten, keine Klassenunterschiede und keinen Steuerzensus. Man musste Mann sein, über 25, nicht von Armenunterstützung leben und man durfte nicht "ohne eigene Kochstelle bei anderen in Kost und Lohn stehen." Diese Ausschlusskriterien galten beispielsweise für Dienstboten, Handwerksgesellen und Arbeiter. <ref name=":1" /> Gleichzeitig hatte der Landtag spätestens mit der Reichsgründung wenig zu sagen und die Wahl war indirekt: Pro 500 Wahlberechtigte gab es einen Wahlmann. Die Wahlbeteiligung war äußert gering - [[1884]] nur 4%. Erst durch die Beteiligung der SPD an den Wahlen, stieg die Wahlbeteiligung: [[1896]] 14%, [[1905]] 39%<ref name=":1" />


Ab [[1899]] dürfen sich politische Vereine auch überörtlich zusammschließen - das "Verbindungsverbot" wurde aufgehoben. Die Sozialdemokraten im Fürstentum Lübeck schlossen sich der Einfachheit halber dem [[Bezirksverband Schleswig-Holstein|Bezirk Schleswig-Holstein]] an - auch aus Kostengründen. Die SPD Oldenburg schloss sich dem Bezirk Weser-Ems an. Das schwächte die sozialdemokratischen Kontakte im Großherzogtum Oldenburg.<ref name=":0" />
Ab [[1899]] dürfen sich politische Vereine auch überörtlich zusammschließen - das "Verbindungsverbot" wurde aufgehoben. Die Sozialdemokraten im Fürstentum Lübeck schlossen sich der Einfachheit halber dem [[Bezirksverband Schleswig-Holstein|Bezirk Schleswig-Holstein]] an - auch aus Kostengründen. Die SPD Oldenburg schloss sich dem Bezirk Weser-Ems an. Das schwächte die sozialdemokratischen Kontakte im Großherzogtum Oldenburg.<ref name=":0" /> Das war auch das Jahr, in dem mit [[Paul Hug]] der erste Sozialdemokrat in den Landtag von Oldenburg gewählt wurde - noch nicht für das Fürstentum Lübeck.
 
Bei der Wahl zu Oldenburgischen Landtag im Jahr [[1902]] konnte die Sozialdemokraten im Fürstentum Lübeck 20 der 72 Wahlmänner bekommen. Für die Mehrheit reichte das noch nicht. Bei der Landtagswahl [[1904]] einigten sich die Genossen mit den [https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialer_Verein Nationalsozialen] darauf, auf einen der vier Sitze des Fürstentums Lübeck einen Sozialdemokratischen Kandidaten zu wählen. In der Eile wurde das wieder [[Paul Hug]].
[[Datei:SPD-Fraktion, Landtag Oldenburg 1916.jpg|alternativtext=Fraktion der SPD im oldenburgischen Landtag 1916.|mini|Fraktion der SPD im oldenburgischen Landtag 1916. U.a. mit [[Johann Bull]] und [[Heinrich Fick]]]]
[[Datei:SPD-Fraktion, Landtag Oldenburg 1916.jpg|alternativtext=Fraktion der SPD im oldenburgischen Landtag 1916.|mini|Fraktion der SPD im oldenburgischen Landtag 1916. U.a. mit [[Johann Bull]] und [[Heinrich Fick]]]]
[[1905]] gibt es im Fürstentum Lübeck „571 organisierte Genossen“, in fünf Orten sind Sozialdemokraten im Gemeinderat vertreten. Eine sozialdemokratische Mehrheit gibt es im Gemeinderat von [[Ortsverein Bad Schwartau|Schwartau]].<ref name=":1">Vahlenkamp, Werner: [https://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_06/Demokratische_Geschichte_Band_06_Essay06.pdf "Die sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten aus dem oldenburgischen Landesteil Lübeck"], Fn. 6, in: Demokratische Geschichte, Band 6, 1991</ref><blockquote>"Nach der Novemberrevolution 1918 begann dann die Diskussion darüber, ob das zersplitterte Oldenburg insgesamt als Freistaat erhalten oder nun eine Neuordnung der Landesteile angestrebt werden sollte. Weil sich die Sozialdemokraten aber nicht darauf einigen konnten, wem das ehemalige Fürstentum Lübeck zugeordnet werden sollte (der Norden war für einen Anschluss an die preußische Provinz Schleswig-Holstein, während der Süden für ein Zusammengehen mit der Freien und Hansestadt Lübeck war) und man den Landesteil auf keinen Fall teilen wollte, setzten sich die bürgerlichen Kräfte mit Hilfe der SPD im Oldenburger Kernland durch. Das zersplitterte Oldenburg-Lübeck-Birkenfeld blieb ein eigenständiges Land der Weimarer Republik."<ref name=":0">Meyenborg, Ulrich: ''"[https://www.spd-stockelsdorf.de/wp-content/uploads/sites/591/2019/06/Chronik_SPD.pdf 125 Jahre Sozialdemokratische Partei Deutschlands Ortsverein Stockelsdorf"]'' (2017)</ref></blockquote>Das Fürstentum Lübeck gehörte zum Reichstagswahlkreis Großherzogtum Oldenburg 1 (Oldenburg-Eutin-Birkenfeld). Hier kandidierte für die SPD [[Paul Hug]] und zur [[Reichstagswahl 1907|Reichstagswahl 1907]] [[Johannes Stelling]], der spätere Ministerpräsident von Mecklenburg. Trotz sehr guter Ergebnisse für die SPD im Landesteil Lübeck (teilweise über 50%) wurde jedoch keiner von ihnen gewählt. Zu groß war die liberal-konservative Mehrheit in Ostfriesland.<ref name=":0" /> Ab [[1919]] gehörte der Landesteil Lübeck dann zum schleswig-holsteinischen Reichstagswahlkreis 13 und die SPD hier zum [[Bezirksverband Schleswig-Holstein]].
[[1905]] gibt es im Fürstentum Lübeck „571 organisierte Genossen“, in fünf Orten sind Sozialdemokraten im Gemeinderat vertreten. Eine sozialdemokratische Mehrheit gibt es im Gemeinderat von [[Ortsverein Bad Schwartau|Schwartau]].<ref name=":1">Vahlenkamp, Werner: [https://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_06/Demokratische_Geschichte_Band_06_Essay06.pdf "Die sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten aus dem oldenburgischen Landesteil Lübeck"], Fn. 6, in: Demokratische Geschichte, Band 6, 1991</ref> Vor der Landtagswahl im gleichen Jahr nehmen sich die Genossen vor, zwei regionale Kandidaten, den Dreher [[Emil Zeidler]] aus [[Ortsverein Bad Schwartau|Schwartau]] und Gärtner [[Johannes Bull]] aus Ravensbusch (heute: [[Ortsverein Stockelsdorf|Stockelsdorf]]) zu nominieren. Es hielten sich dann nach der Wahl aber nicht alle Wahlmänner der Nationalsozialen an die Abmachung, so dass nur [[Emil Zeidler]] gewählt wurde.<ref name=":1" /><blockquote>"Nach der Novemberrevolution 1918 begann dann die Diskussion darüber, ob das zersplitterte Oldenburg insgesamt als Freistaat erhalten oder nun eine Neuordnung der Landesteile angestrebt werden sollte. Weil sich die Sozialdemokraten aber nicht darauf einigen konnten, wem das ehemalige Fürstentum Lübeck zugeordnet werden sollte (der Norden war für einen Anschluss an die preußische Provinz Schleswig-Holstein, während der Süden für ein Zusammengehen mit der Freien und Hansestadt Lübeck war) und man den Landesteil auf keinen Fall teilen wollte, setzten sich die bürgerlichen Kräfte mit Hilfe der SPD im Oldenburger Kernland durch. Das zersplitterte Oldenburg-Lübeck-Birkenfeld blieb ein eigenständiges Land der Weimarer Republik."<ref name=":0">Meyenborg, Ulrich: ''"[https://www.spd-stockelsdorf.de/wp-content/uploads/sites/591/2019/06/Chronik_SPD.pdf 125 Jahre Sozialdemokratische Partei Deutschlands Ortsverein Stockelsdorf"]'' (2017)</ref></blockquote>Das Fürstentum Lübeck gehörte zum Reichstagswahlkreis Großherzogtum Oldenburg 1 (Oldenburg-Eutin-Birkenfeld). Hier kandidierte für die SPD [[Paul Hug]] und zur [[Reichstagswahl 1907|Reichstagswahl 1907]] [[Johannes Stelling]], der spätere Ministerpräsident von Mecklenburg. Trotz sehr guter Ergebnisse für die SPD im Landesteil Lübeck (teilweise über 50%) wurde jedoch keiner von ihnen gewählt. Zu groß war die liberal-konservative Mehrheit in Ostfriesland.<ref name=":0" /> Ab [[1919]] gehörte der Landesteil Lübeck dann zum schleswig-holsteinischen Reichstagswahlkreis 13 und die SPD hier zum [[Bezirksverband Schleswig-Holstein]].


Bei den Wahlen zum Oldenburger Landtag [[1904]] und [[1905]] wird [[Paul Hug]] für das Fürstentum Lübeck in den Landtag gewählt.  
Bei den Wahlen zum Oldenburger Landtag [[1904]] und [[1905]] wird [[Paul Hug]] für das Fürstentum Lübeck in den Landtag gewählt.  
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==Einzelnachweise==
==Einzelnachweise==

Version vom 4. Dezember 2021, 00:29 Uhr

[[Datei:{{#setmainimage:Fürstentum Lübeck.png}}|alternativtext=Karte des Fürstentums Lübeck mit Exklaven der Hansestadt Lübeck|mini|Das Fürstentum Lübeck mit Exklaven der Hansestadt Lübeck]] Das Fürstentum Lübeck (auch: "Landesteil Lübeck" und "Landesteil Eutin") war bis 1937 Teil des Großherzogtums Oldenburg und nicht von Schleswig-Holstein.

Das Fürstentum Lübeck bestand aus neun Gemeinden[1]: Malente, Eutin, Bosau, Süsel, Ahrensbök, Stockelsdorf, Schwartau, Gleschendorf und Ratekau. Diese umfassten auch die heutigen Ostseebäder Haffkrug, Scharbeutz, Timmendorfer Strand und Niendorf. Die Stadt Lübeck selbst war niemals Teil des Fürstentums. Sie war ein eigenständiger Gliedstaat innerhalb des Deutschen Reiches.

Kaiserreich

Der Großherzog von Oldenburg hatte schon 1855 die Gründung von Arbeitervereinen verboten. Auch wenn sich dann in den 1860er Jahren der ADAV gründen durfte - bspw. 1869 in Eutin - es herrschte in der Region eine Tradition der Unterdrückung der Arbeiterbewegung. Paul Hug, der Parteivorsitzende aus Ostfriesland, erinnerte sich:

„Der Verkehr oder die Verbindung der Parteiorganisation der drei Landesteile [des Großherzogtums Oldenburg] untereinander war vor dem Sozialistengesetz kein reger und die Verbindung keine enge gewesen. Daran hinderte schon die geographische Entfernung und Verschiedenartigkeit der wirtschaftlichen Struktur der Bezirke."[2]

Eher tauschten sich die frühen Genossen mit denen in der Umgebung, in Schleswig-Holstein, Lübeck und Hamburg aus.

1878 trat im ganzen Deutschen Reich das Sozialistengesetz in Kraft, mit dem Otto von Bismarck die Sozialdemokratie in Deutschland zerschlagen wollte. Die politische Arbeit der Sozialdemokraten auch im Fürstentum Lübeck stand unter Strafe.

Seit dem 1. April 1888 erschien in Bant (heute Teil von Wilhelmshaven) im Großherzogtum Oldenburg die sozialdemokratische Zeitung Nordwacht. Herausgeber war Paul Hug. Da Oldenburg nicht zu Preußen gehörte, wurde das Sozialistengesetz dort laxer verfolgt. Die Nordwacht hatte allein in Kiel 1500 Abonnenten.[3]

1890 lief das Sozialistengesetz aus. Danach versuchte die Obrigkeit, sich bei der Verfolgung der Sozialdemokratie wieder auf das alte Oldenburger Verbot zu berufen, und machte ihr auch weiterhin das Leben schwer. Gleichzeitig war das Wahlrecht im Großherzogtum Oldenburg viel günstiger für die Sozialdemokratie als das preußische Dreiklassenwahlrecht in Schleswig-Holstein. So schrieben die Sozialistischen Monatshefte 1900: "Oldenburg und Coburg-Gotha bilden die einzigen Lichtpünktchen in der gähnenden politischen Finsternis Nordeutschlands" und in der Neuen Zeit stand 1908, dass man "das oldenburgische Wahlrecht mit zu den besten unter den Wahlsystemen aller deutschen Bundesstaaten rechnen" könne.[4] Vier Abgeordnete gab es für das Fürstentum Lübeck.

Es gab keine Privilegierten, keine Klassenunterschiede und keinen Steuerzensus. Man musste Mann sein, über 25, nicht von Armenunterstützung leben und man durfte nicht "ohne eigene Kochstelle bei anderen in Kost und Lohn stehen." Diese Ausschlusskriterien galten beispielsweise für Dienstboten, Handwerksgesellen und Arbeiter. [4] Gleichzeitig hatte der Landtag spätestens mit der Reichsgründung wenig zu sagen und die Wahl war indirekt: Pro 500 Wahlberechtigte gab es einen Wahlmann. Die Wahlbeteiligung war äußert gering - 1884 nur 4%. Erst durch die Beteiligung der SPD an den Wahlen, stieg die Wahlbeteiligung: 1896 14%, 1905 39%[4]

Ab 1899 dürfen sich politische Vereine auch überörtlich zusammschließen - das "Verbindungsverbot" wurde aufgehoben. Die Sozialdemokraten im Fürstentum Lübeck schlossen sich der Einfachheit halber dem Bezirk Schleswig-Holstein an - auch aus Kostengründen. Die SPD Oldenburg schloss sich dem Bezirk Weser-Ems an. Das schwächte die sozialdemokratischen Kontakte im Großherzogtum Oldenburg.[5] Das war auch das Jahr, in dem mit Paul Hug der erste Sozialdemokrat in den Landtag von Oldenburg gewählt wurde - noch nicht für das Fürstentum Lübeck.

Bei der Wahl zu Oldenburgischen Landtag im Jahr 1902 konnte die Sozialdemokraten im Fürstentum Lübeck 20 der 72 Wahlmänner bekommen. Für die Mehrheit reichte das noch nicht. Bei der Landtagswahl 1904 einigten sich die Genossen mit den Nationalsozialen darauf, auf einen der vier Sitze des Fürstentums Lübeck einen Sozialdemokratischen Kandidaten zu wählen. In der Eile wurde das wieder Paul Hug.

Fraktion der SPD im oldenburgischen Landtag 1916.
Fraktion der SPD im oldenburgischen Landtag 1916. U.a. mit Johann Bull und Heinrich Fick

1905 gibt es im Fürstentum Lübeck „571 organisierte Genossen“, in fünf Orten sind Sozialdemokraten im Gemeinderat vertreten. Eine sozialdemokratische Mehrheit gibt es im Gemeinderat von Schwartau.[4] Vor der Landtagswahl im gleichen Jahr nehmen sich die Genossen vor, zwei regionale Kandidaten, den Dreher Emil Zeidler aus Schwartau und Gärtner Johannes Bull aus Ravensbusch (heute: Stockelsdorf) zu nominieren. Es hielten sich dann nach der Wahl aber nicht alle Wahlmänner der Nationalsozialen an die Abmachung, so dass nur Emil Zeidler gewählt wurde.[4]

"Nach der Novemberrevolution 1918 begann dann die Diskussion darüber, ob das zersplitterte Oldenburg insgesamt als Freistaat erhalten oder nun eine Neuordnung der Landesteile angestrebt werden sollte. Weil sich die Sozialdemokraten aber nicht darauf einigen konnten, wem das ehemalige Fürstentum Lübeck zugeordnet werden sollte (der Norden war für einen Anschluss an die preußische Provinz Schleswig-Holstein, während der Süden für ein Zusammengehen mit der Freien und Hansestadt Lübeck war) und man den Landesteil auf keinen Fall teilen wollte, setzten sich die bürgerlichen Kräfte mit Hilfe der SPD im Oldenburger Kernland durch. Das zersplitterte Oldenburg-Lübeck-Birkenfeld blieb ein eigenständiges Land der Weimarer Republik."[5]

Das Fürstentum Lübeck gehörte zum Reichstagswahlkreis Großherzogtum Oldenburg 1 (Oldenburg-Eutin-Birkenfeld). Hier kandidierte für die SPD Paul Hug und zur Reichstagswahl 1907 Johannes Stelling, der spätere Ministerpräsident von Mecklenburg. Trotz sehr guter Ergebnisse für die SPD im Landesteil Lübeck (teilweise über 50%) wurde jedoch keiner von ihnen gewählt. Zu groß war die liberal-konservative Mehrheit in Ostfriesland.[5] Ab 1919 gehörte der Landesteil Lübeck dann zum schleswig-holsteinischen Reichstagswahlkreis 13 und die SPD hier zum Bezirksverband Schleswig-Holstein.

Bei den Wahlen zum Oldenburger Landtag 1904 und 1905 wird Paul Hug für das Fürstentum Lübeck in den Landtag gewählt.

Der Maurer Heinrich Fick wurde 1911 als sozialdemokratischer Abgeordneter für den Landesteil Lübeck in den Landtag des Großherzogtums Oldenburg gewählt.

Weimarer Republik

In der Weimarer Republik war der gesamte Landesteil Lübeck bei den Wahlen zum Oldenburgischen Landtag ein einziger Wahlkreis. Gewählt wurde nach dem Verhältniswahlrecht. Das bedeutet, dass die Parteien Listen aufstellten und Sitze entsprechend ihres Wahlanteils bekamen. "Bei den Landtagswahlen 1919 und 1920 konnten die Sozialdemokraten zwei Abgeordnete durchbringen. Das gelang schon 1923 nicht mehr. Die Deutsch-nationale Volkspartei (DNVP) war stärkste Partei im Landesteil geworden. Nur noch dem Spitzenkandidaten der SPD, Karl Fick aus Stockelsdorf (jüngerer Bruder von Heinrich Fick), gelang es in den Landtag einzuziehen."[5]

Auch bei den Landtagswahlen 1925 und 1928 konnte die SPD wieder zwei Mandate sichern, die Lage wurde aber immer schwieriger. Die Nationalsozialisten (NSDAP) hatten im Landesteil Lübeck eine Hochburg. Sie erhielten bereits 1932 50,4 % der Stimmen, während die SPD nur noch auf 31,9 % kam.[5] 1932 war Oldenburg das erste Land im Deutschen Reich, das eine nationalsozialistische Regierung bekam. Regierungspräsident für den Landesteil Lübeck wurde der Eutiner SA-Standartenführer Heinrich Böhmcker (wegen seiner rohen Brutalität intern auch "Latten-Böhmker" genannt).

"So begann schon vor 1933 eine schwere Zeit für die Kommunisten und Sozialdemokaten im Landesteil, insbesondere für Karl Fick, der in massiver Auseinandersetzung mit Böhmcker gestanden hatte. Sie wurden verhaftet und in schnell eingerichtete frühe Konzentrationslager im Landesteil gebracht: Erst nach Schwartau und Eutin und dann nach Ahrensbök."[5]

Mit dem Groß-Hamburg-Gesetz wurde der Landesteil Lübeck 1937 als Kreis Eutin vom Freistaat Oldenburg in die preußische Provinz Schleswig-Holstein umgegliedert. Das Gebiet ist heute Teil des Kreises Ostholstein.

Literatur

Siehe auch

Links

Einzelnachweise

  1. Anmerkung: Neun Gemeinden waren es ab 1934. Vorher hießen die Untergliederungen anders und waren verwaltungsmäßig anders zugeordnet. Auch hat sich das Gebiet mehrfach leicht geändert. Genauer ist das in der Wikipedia nachzulesen.
  2. Hug, Paul: "Mein Dienst in der Parteibewegung des ehemaligen Fürstentums Lübeck", in: Rathkamp/Broscho, Geschichtlicher Überblick über die Vereins- und Organisationsbewegung der Eutiner Arbeiterschaft, Eutin, o.J. (vermutlich 1929), 5.47.
  3. Vgl. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 25
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 Vahlenkamp, Werner: "Die sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten aus dem oldenburgischen Landesteil Lübeck", Fn. 6, in: Demokratische Geschichte, Band 6, 1991
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 Meyenborg, Ulrich: "125 Jahre Sozialdemokratische Partei Deutschlands Ortsverein Stockelsdorf" (2017)