Hans Oldorf: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Hans Oldorf''', * [[30. April]] [[1896]] in Köchelstorf; † [[7. Oktober]] [[1964]] in Bad Reichenhall; Maschinenbauer, Landtagsabgeordneter. Mitglied der SPD seit [[1922]].
'''Hans Oldorf''', * [[30. April]] [[1896]] in Köchelstorf; † [[7. Oktober]] [[1964]] in Bad Reichenhall; Maschinenbauer, Landtagsabgeordneter. Mitglied der SPD seit [[1922]].
== Leben ==
Hans Oldorf wurde in Köchelstorf in Mecklenburg geboren und kam als Vierjähriger mit seinen Eltern nach Lübeck. Dort besuchte er die Volksschule und absolvierte anschließend eine Lehre als Maschinenbauer. Während seiner Lehrzeit wurde er Mitglied des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes. Bereits als Jugendlicher trat er der [[SAJ|Sozialistischen Arbeiterjugend]] bei.


Nach der Lehre arbeitete er als Wandergeselle im Rheinland, dem Ruhrgebiet und in Kiel. Mit 19 Jahren wurde er [[1915]] zum Kriegsdienst im 1. Weltkrieg eingezogen, [[1919]] entlassen. Er arbeitete zunächst bei der Lübeck-Büchener Eisenbahn.  
== Leben & Beruf ==
Hans Oldorf wurde in Köchelstorf in Mecklenburg als Sohn eines Landwirts<ref>''Der Freiheit verpflichtet: Gedenkbuch der deutschen Sozialdemokratie im 20. Jahrhundert'' (Deutschland, Schüren, 2000)</ref> geboren und kam als Vierjähriger mit seinen Eltern nach Lübeck. Dort besuchte er die Volksschule und absolvierte anschließend eine Lehre als Maschinenbauer bei der Lübecker Firma Ewner & Mießner. Während seiner Lehrzeit wurde er Mitglied des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes, nach [[1945]] der IG Metall.  


Er trat [[1922]] mit 26 Jahren der SPD bei und beteiligte sich [[1924]] an der Gründung des [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold]] in Lübeck, wo er die Führung der Technischen Abteilung übernahm. [[1931]] wurde er wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu fünfzehn Monaten Gefängnis verurteilt, aber bereits nach einem halben Jahr amnestiert.  
Nach der Lehre arbeitete er als Wandergeselle im Rheinland, dem Ruhrgebiet und in Kiel. Mit 19 Jahren wurde er [[1915]] zum Kriegsdienst im 1. Weltkrieg eingezogen, [[1919]] mit nicht näher ermittelten Auszeichnungen entlassen. Er arbeitete dann als Maschinenbauer bei der Lübeck-Büchener Eisenbahn, wurde jedoch [[1930]] mit 34 Jahren entlassen - ob aufgrund seiner politischen Aktivitäten, ist bisher nicht ermittelt.  


[[1930]] wurde er mit 34 Jahren arbeitslos.
Hans Oldorf war verheiratet, das Ehepaar hatte zwei Kinder. Seine Familie blieb auch in Lübeck, als sich sein beruflicher Schwerpunkt nach Neumünster verlagerte. Er war konfessionslos und Mitglied der [[Arbeiterwohlfahrt (AWO)|Arbeiterwohlfahrt]].  


Anfang der 1930er Jahre übernahm er den [[Kreisverband Lübeck|Bezirksvorsitz in Lübeck]]. Von [[1932]] bis [[1933]] war er Mitglied der Lübecker Bürgerschaft.  
==Partei & Politik==
Bereits als Jugendlicher trat Hans Oldorf in [[Kreisverband Lübeck|Lübeck]] der [[SAJ|Sozialistischen Arbeiterjugend]] bei, [[1922]] dann mit 26 Jahren auch der SPD. Er beteiligte sich [[1924]] an der Gründung des [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Reichsbanners]] in Lübeck, wo er die Führung der Technischen Abteilung übernahm.


Von April [[1933]] bis April [[1935]] hielten ihn die Nazis ohne Prozess in verschiedenen Gefängnissen und im KZ Fuhlsbüttel fest. Von Dezember [[1935]] bis Juni [[1936]] war er wegen angeblicher Vorbereitung zum Hochverrat erneut inhaftiert, wurde aber nicht verurteilt. Nach der Freilassung arbeitete er wieder im Maschinenbau, bis er [[1939]] zum Kriegsdienst bei der Luftwaffe eingezogen wurde. Im 2. Weltkrieg wurde er wegen Wehrkraftzersetzung vor einem Feldgericht angeklagt, das Verfahren wurde jedoch eingestellt.
[[1931]] wurde er bei einer Auseinandersetzung mit den Nationalsozialisten in [[Ortsverein Eutin|Eutin]] verhaftet und wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu fünfzehn Monaten Gefängnis verurteilt, aber bereits nach einem halben Jahr amnestiert.  


== Neubeginn ==
Anfang der 1930er Jahre (möglicherweise schon [[1928]]) übernahm er den Bezirksvorsitz in [[Kreisverband Lübeck|Lübeck]]. Von [[1932]] bis [[1933]] war er [[Bürgerschaftsfraktionen in Lübeck (1918-1933)|Mitglied der Lübecker Bürgerschaft]].
Als Nazi-Diktatur und Krieg [[1945]] endeten, war Hans Oldorf 49 Jahre alt. Er beteiligte sich am [[Wiedergründung der SPD Schleswig-Holstein|Wiederaufbau der SPD in Lübeck]] und wurde [[1946]] deren Zweiter Vorsitzender. Außerdem wählte ihn der [[Bezirksparteitag 1946, Neumünster|Bezirksparteitag 1946]] als Beisitzer in den [[Landesvorstand]], was er bis [[1948]] blieb.


Hans Oldorf war Delegierter zum ersten Nachkriegsparteitag der SPD, der vom [[8. April|8.]] bis [[11. April]] [[1946]] in Hannover stattfand. Von Juli [[1951]] bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand [[1962]] war er Unterbezirkssekretär im [[Kreisverband#Wiedergr.C3.BCndung_1945|Unterbezirk Mittelholstein]] mit Sitz in Neumünster.
Von April [[1933]] bis April [[1935]] hielten ihn die Nazis mit kurzer Unterbrechung ohne Prozess in verschiedenen Gefängnissen und im KZ Fuhlsbüttel fest. Nach der Freilassung arbeitete er wieder im Maschinenbau und blieb aktiv im Widerstand der seit Juni [[1933]] "illegalen" Lübecker SPD. Von Dezember [[1935]] bis Juni [[1936]] war er wegen angeblicher Vorbereitung zum Hochverrat erneut inhaftiert, wurde aber nicht verurteilt.
[[1939]] wurde er zum Kriegsdienst bei der Luftwaffe eingezogen. Ein Verfahren wegen Wehrkraftzersetzung vor einem Feldgericht wurde eingestellt. Er geriet in Kriegsgefangenschaft, aus der er im August [[1945]] entlassen wurde.


Hans Oldorf wurde von [[1946]] bis [[1951]] erneut Mitglied der Lübecker Bürgerschaft. Er gehörte ab [[1946]] den beiden ernannten Landtagen von Schleswig-Holstein und anschließend bis [[1954]] auch den ersten beiden gewählten Landtagen an, wo er den Wahlkreis Lübeck-Ost vertrat. [[1947]]-[[1950]] war er Vorsitzender des Verkehrsausschusses des Landtags. Der Landtag wählte ihn zum Mitglied der ersten Bundesversammlung, die am [[12. September]] [[1949]] Theodor Heuss zum ersten Bundespräsidenten wählte.  
=== Neubeginn ===
Als Nazi-Diktatur und Krieg [[1945]] endeten, war Hans Oldorf 49 Jahre alt. Die [[Entnazifizierung in Schleswig-Holstein#Aufarbeitung|Studie von Danker/Lehmann-Himmel]] ordnet ihn während der NS-Herrschaft unter den fünf möglichen Kategorien als "oppositionell 'gemeinschaftsfremd'"<ref>Vgl. Danker/Lehmann-Himmel, S. 173. Die fünf Kategorien lauten "exponiert nationalsozialistisch", "systemtragend karrieristisch", "ns-sozialisiert", "angepasst ambivalent" und "oppositionell 'gemeinschaftsfremd'".</ref> und darin als "Widerstandleistenden" ein<ref>Danker/Lehmann-Himmel, S. 279. Grundlage ihrer Einordnung sind Akten im Landesarchiv (LASH Abt. 352.3, Nr. 13587) und AHL (Entnazifizierungsakten A IV 29659 und 3034/48, beide "Unbetroffen").</ref>.  


Er starb mit 68 Jahren [[1964]] in Bad Reichenhall.
Am [[6. Oktober|6.]]/[[7. Oktober]] [[1945]] vertrat er gemeinsam mit [[August Haut]] und [[Karl Albrecht]] den Bezirk Mecklenburg-Lübeck auf der [[Konferenz von Wennigsen]], die die Neugründung der SPD auf Reichsebene einleitete.<ref>{{Wikipedia|NAME=Wennigser Konferenz}}, abgerufen 28.8.2023</ref>
 
Er beteiligte sich am [[Wiedergründung der SPD Schleswig-Holstein|Wiederaufbau der SPD in Lübeck]] und wurde im Februar [[1946]] deren 2. Vorsitzender. Außerdem wählte ihn der [[Bezirksparteitag 1946, Neumünster|Bezirksparteitag 1946]] als Beisitzer in den [[Landesvorstand]], was er bis [[1948]] blieb.
 
Er vertrat Lübeck als Delegierter auf dem ersten Nachkriegsparteitag der SPD, der vom [[8. April|8.]] bis [[11. April]] [[1946]] in Hannover stattfand.
 
Von [[1946]] bis [[1951]] wurde er erneut in die Lübecker Bürgerschaft gewählt.
 
Von Juli [[1951]] bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand [[1962]] war er als [[Parteisekretär|Unterbezirkssekretär]] im [[Unterbezirk|Unterbezirk Mittelholstein]] mit Sitz in [[Kreisverband Neumünster|Neumünster]] tätig. Er blieb auch kommunalpolitisch aktiv und ließ sich in die Stadtvertretung von Neumünster wählen. Zum Neumünsteraner Kreisvorsitzenden und Stadtpräsidenten [[Max Johannsen]] pflegte er einen engen Kontakt.
 
=== Landtag ===
Hans Oldorf gehörte den beiden ernannten Landtagen von Schleswig-Holstein und auch den ersten beiden gewählten Landtagen an. In der [[Landtagswahl 1947]] zog er über die Liste in den Landtag ein, in der [[Landtagswahl 1950]] wurde er im Wahlkreis 40 (Lübeck-Ost) direkt gewählt. Von [[1947]] bis [[1950]] war er Vorsitzender des Verkehrsausschusses, außerdem zeitweise aktiv in den Ausschüssen für Inneres, Justiz, Volksbildung und Erziehung, Wirtschaft, im Eingabenausschuss sowie in den Untersuchungsausschüssen zu Kreisbaurat Brase und zum Möwenhaus. Er gehörte der ersten Bundesversammlung an, die am [[12. September]] [[1949]] Theodor Heuss zum ersten Bundespräsidenten wählte.
 
== Stimmen ==
<blockquote>"Als Kampfgefährte [[Julius Leber]]s […] hatte er in Lübeck jene politischen Stürme erlebt, die schließlich im Ergebnis zum Untergang der Weimarer Republik führten. Er wußte sehr viel und sehr packend von den Ereignissen aus dieser bewegten Zeit zu berichten. Man glaubte ihm seine aktive Teilnahme an den damals üblichen Straßenkämpfen und nahm ihm aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur ohne weiteres ab, daß er im Kampf gegen die sich formierenden Nationalsozialisten viele Schläge ausgeteilt und manche Blessuren empfangen hatte. Er war der Typ eines 'Brechers', der schnurstracks unter Vermeidung von Umwegen auf das von ihm angepeilte Ziel zusteuerte. Schnörkel und Verzierungen waren ihm zuwider. […] Hans Oldorf liebte das Wort Organisation! Wenn er vom Rednerpult Besitz ergriffen hatte, dann gab es mit ziemlicher Sicherheit kaum einen Satz, in dem er nicht das Wort Organisation oder aber Parteiorganisation in den Saal hämmerte. Fatal war nur, daß er dieses Wort offenbar nicht richtig auszusprechen wußte. Statt von der Organ'''i'''sation sprach er mit erschütternder Ausschließlichkeit nur von der Organ'''a'''sation, was einen Teil der Zuhörer in unschöner Regelmäßigkeit zusammenzucken ließ. Das ging sogar soweit, daß man nicht wenige der Zuhörer eifrig mit der Führung von Strichlisten beschäftigt sah. Der durchaus beachtenswerte Inhalt des jeweiligen Vortrages erreichte so viele der Zuhörer nicht. Ihnen blieben am Ende nur imponierende Zahlenkolonnen, die beredtes Zeugnis darüber ablegten, wie oft das doch recht einfache Wort Organisation im Verlaufe des Vortrags sprachlich vergewaltigt worden war. Neben dieser im Nachhinein zum Schmunzeln veranlassenden Schwäche verfügte Hans Oldorf über ein durchaus imponierendes Stärkenprofil. Er war ein unermüdlicher Arbeiter und hatte ein unbestreitbares Organisationstalent. Zu seinen Fähigkeiten gehörte die Gabe, andere bis hin zu persönlichen Ausnutzung in die Parteiarbeit zu integrieren und ihnen unter Berufung auf den Grundsatz innerparteilicher Solidarität immer wieder neue Aufgabengebiete zuzuweisen."<ref>Müller, Helmut: ''Als unser Leben Kleinholz war'' (Verlag der Buchhandlung C. Rathje, Neumünster 1987) <nowiki>ISBN 3926465026</nowiki>, zitiert nach: SPD-Kreisverband Neumünster (Hrsg.): ''125 Jahre SPD in Neumünster'' (o.O., o.J. [1992])</ref></blockquote>


== Links ==
== Links ==
* {{LIS|238}}
* {{Wikipedia}}
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== Quellen ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />
[[Kategorie:Kreisverband Lübeck]]
[[Kategorie:Kreisverband Lübeck]]
[[Kategorie:Widerstand]]
[[Kategorie:Widerstand]]
[[Kategorie:Kreisverband Neumünster]]
[[Kategorie:Landesvorstand 1946-1947]]
[[Kategorie:Landesvorstand 1947-1948]]

Aktuelle Version vom 28. August 2023, 06:22 Uhr

Hans Oldorf
Hans Oldorf
Hans Oldorf
Geboren: 30. April 1896
Gestorben: 7. Oktober 1964

Hans Oldorf, * 30. April 1896 in Köchelstorf; † 7. Oktober 1964 in Bad Reichenhall; Maschinenbauer, Landtagsabgeordneter. Mitglied der SPD seit 1922.

Leben & Beruf

Hans Oldorf wurde in Köchelstorf in Mecklenburg als Sohn eines Landwirts[1] geboren und kam als Vierjähriger mit seinen Eltern nach Lübeck. Dort besuchte er die Volksschule und absolvierte anschließend eine Lehre als Maschinenbauer bei der Lübecker Firma Ewner & Mießner. Während seiner Lehrzeit wurde er Mitglied des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes, nach 1945 der IG Metall.

Nach der Lehre arbeitete er als Wandergeselle im Rheinland, dem Ruhrgebiet und in Kiel. Mit 19 Jahren wurde er 1915 zum Kriegsdienst im 1. Weltkrieg eingezogen, 1919 mit nicht näher ermittelten Auszeichnungen entlassen. Er arbeitete dann als Maschinenbauer bei der Lübeck-Büchener Eisenbahn, wurde jedoch 1930 mit 34 Jahren entlassen - ob aufgrund seiner politischen Aktivitäten, ist bisher nicht ermittelt.

Hans Oldorf war verheiratet, das Ehepaar hatte zwei Kinder. Seine Familie blieb auch in Lübeck, als sich sein beruflicher Schwerpunkt nach Neumünster verlagerte. Er war konfessionslos und Mitglied der Arbeiterwohlfahrt.

Partei & Politik

Bereits als Jugendlicher trat Hans Oldorf in Lübeck der Sozialistischen Arbeiterjugend bei, 1922 dann mit 26 Jahren auch der SPD. Er beteiligte sich 1924 an der Gründung des Reichsbanners in Lübeck, wo er die Führung der Technischen Abteilung übernahm.

1931 wurde er bei einer Auseinandersetzung mit den Nationalsozialisten in Eutin verhaftet und wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu fünfzehn Monaten Gefängnis verurteilt, aber bereits nach einem halben Jahr amnestiert.

Anfang der 1930er Jahre (möglicherweise schon 1928) übernahm er den Bezirksvorsitz in Lübeck. Von 1932 bis 1933 war er Mitglied der Lübecker Bürgerschaft.

Von April 1933 bis April 1935 hielten ihn die Nazis mit kurzer Unterbrechung ohne Prozess in verschiedenen Gefängnissen und im KZ Fuhlsbüttel fest. Nach der Freilassung arbeitete er wieder im Maschinenbau und blieb aktiv im Widerstand der seit Juni 1933 "illegalen" Lübecker SPD. Von Dezember 1935 bis Juni 1936 war er wegen angeblicher Vorbereitung zum Hochverrat erneut inhaftiert, wurde aber nicht verurteilt. 1939 wurde er zum Kriegsdienst bei der Luftwaffe eingezogen. Ein Verfahren wegen Wehrkraftzersetzung vor einem Feldgericht wurde eingestellt. Er geriet in Kriegsgefangenschaft, aus der er im August 1945 entlassen wurde.

Neubeginn

Als Nazi-Diktatur und Krieg 1945 endeten, war Hans Oldorf 49 Jahre alt. Die Studie von Danker/Lehmann-Himmel ordnet ihn während der NS-Herrschaft unter den fünf möglichen Kategorien als "oppositionell 'gemeinschaftsfremd'"[2] und darin als "Widerstandleistenden" ein[3].

Am 6./7. Oktober 1945 vertrat er gemeinsam mit August Haut und Karl Albrecht den Bezirk Mecklenburg-Lübeck auf der Konferenz von Wennigsen, die die Neugründung der SPD auf Reichsebene einleitete.[4]

Er beteiligte sich am Wiederaufbau der SPD in Lübeck und wurde im Februar 1946 deren 2. Vorsitzender. Außerdem wählte ihn der Bezirksparteitag 1946 als Beisitzer in den Landesvorstand, was er bis 1948 blieb.

Er vertrat Lübeck als Delegierter auf dem ersten Nachkriegsparteitag der SPD, der vom 8. bis 11. April 1946 in Hannover stattfand.

Von 1946 bis 1951 wurde er erneut in die Lübecker Bürgerschaft gewählt.

Von Juli 1951 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1962 war er als Unterbezirkssekretär im Unterbezirk Mittelholstein mit Sitz in Neumünster tätig. Er blieb auch kommunalpolitisch aktiv und ließ sich in die Stadtvertretung von Neumünster wählen. Zum Neumünsteraner Kreisvorsitzenden und Stadtpräsidenten Max Johannsen pflegte er einen engen Kontakt.

Landtag

Hans Oldorf gehörte den beiden ernannten Landtagen von Schleswig-Holstein und auch den ersten beiden gewählten Landtagen an. In der Landtagswahl 1947 zog er über die Liste in den Landtag ein, in der Landtagswahl 1950 wurde er im Wahlkreis 40 (Lübeck-Ost) direkt gewählt. Von 1947 bis 1950 war er Vorsitzender des Verkehrsausschusses, außerdem zeitweise aktiv in den Ausschüssen für Inneres, Justiz, Volksbildung und Erziehung, Wirtschaft, im Eingabenausschuss sowie in den Untersuchungsausschüssen zu Kreisbaurat Brase und zum Möwenhaus. Er gehörte der ersten Bundesversammlung an, die am 12. September 1949 Theodor Heuss zum ersten Bundespräsidenten wählte.

Stimmen

"Als Kampfgefährte Julius Lebers […] hatte er in Lübeck jene politischen Stürme erlebt, die schließlich im Ergebnis zum Untergang der Weimarer Republik führten. Er wußte sehr viel und sehr packend von den Ereignissen aus dieser bewegten Zeit zu berichten. Man glaubte ihm seine aktive Teilnahme an den damals üblichen Straßenkämpfen und nahm ihm aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur ohne weiteres ab, daß er im Kampf gegen die sich formierenden Nationalsozialisten viele Schläge ausgeteilt und manche Blessuren empfangen hatte. Er war der Typ eines 'Brechers', der schnurstracks unter Vermeidung von Umwegen auf das von ihm angepeilte Ziel zusteuerte. Schnörkel und Verzierungen waren ihm zuwider. […] Hans Oldorf liebte das Wort Organisation! Wenn er vom Rednerpult Besitz ergriffen hatte, dann gab es mit ziemlicher Sicherheit kaum einen Satz, in dem er nicht das Wort Organisation oder aber Parteiorganisation in den Saal hämmerte. Fatal war nur, daß er dieses Wort offenbar nicht richtig auszusprechen wußte. Statt von der Organisation sprach er mit erschütternder Ausschließlichkeit nur von der Organasation, was einen Teil der Zuhörer in unschöner Regelmäßigkeit zusammenzucken ließ. Das ging sogar soweit, daß man nicht wenige der Zuhörer eifrig mit der Führung von Strichlisten beschäftigt sah. Der durchaus beachtenswerte Inhalt des jeweiligen Vortrages erreichte so viele der Zuhörer nicht. Ihnen blieben am Ende nur imponierende Zahlenkolonnen, die beredtes Zeugnis darüber ablegten, wie oft das doch recht einfache Wort Organisation im Verlaufe des Vortrags sprachlich vergewaltigt worden war. Neben dieser im Nachhinein zum Schmunzeln veranlassenden Schwäche verfügte Hans Oldorf über ein durchaus imponierendes Stärkenprofil. Er war ein unermüdlicher Arbeiter und hatte ein unbestreitbares Organisationstalent. Zu seinen Fähigkeiten gehörte die Gabe, andere bis hin zu persönlichen Ausnutzung in die Parteiarbeit zu integrieren und ihnen unter Berufung auf den Grundsatz innerparteilicher Solidarität immer wieder neue Aufgabengebiete zuzuweisen."[5]

Links

Einzelnachweise

  1. Der Freiheit verpflichtet: Gedenkbuch der deutschen Sozialdemokratie im 20. Jahrhundert (Deutschland, Schüren, 2000)
  2. Vgl. Danker/Lehmann-Himmel, S. 173. Die fünf Kategorien lauten "exponiert nationalsozialistisch", "systemtragend karrieristisch", "ns-sozialisiert", "angepasst ambivalent" und "oppositionell 'gemeinschaftsfremd'".
  3. Danker/Lehmann-Himmel, S. 279. Grundlage ihrer Einordnung sind Akten im Landesarchiv (LASH Abt. 352.3, Nr. 13587) und AHL (Entnazifizierungsakten A IV 29659 und 3034/48, beide "Unbetroffen").
  4. Wikipedia: Wennigser Konferenz, abgerufen 28.8.2023
  5. Müller, Helmut: Als unser Leben Kleinholz war (Verlag der Buchhandlung C. Rathje, Neumünster 1987) ISBN 3926465026, zitiert nach: SPD-Kreisverband Neumünster (Hrsg.): 125 Jahre SPD in Neumünster (o.O., o.J. [1992])