Heinz Salomon

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Heinz Salomon
Heinz Salomon
Heinz Salomon
Geboren: 18. Mai 1900
Gestorben: 18. Oktober 1969

Heinrich 'Heinz' Salomon, * 18. Mai 1900 in Ribnitz; † 18. Oktober 1969 in Kiel; selbstständiger Handelsvertreter. Verheiratet; jüdischen Glaubens. Mitglied der SPD.

Werdegang

Heinz Salomon war der Sohn eines Rentiers. Er schloss die Oberrealschule ab und schrieb sich am 5. Mai 1919 zum Studium der Zahnmedizin an der Universität Rostock ein[1], exmatrikulierte sich aber schon am 28. November 1919 "unter Vorbehalt" und schlug eine kaufmännische Laufbahn ein.

1927 kam er nach Kiel, wo er auch in die jüdische Gemeinde eintrat. Er lebte - wie es im Nazijargon hieß - in einer "Mischehe", da seine Frau keine Jüdin war, und behielt dadurch zunächst einen begrenzten Schutz vor der Deportation, aber nicht vor anderen judenfeindlichen Maßnahmen der Nazis.[2] Zum erstenmal verhaftete man ihn in der Nacht des 9. November 1938, der "Reichspogromnacht", als auch die Kieler Synagoge zerstört wurde. Man brachte ihn ins KZ Sachsenhausen, entließ ihn aber, als seine Frau für ihn einen Weg zur Auswanderung fand. Dies zerschlug sich jedoch, und 1940 wurde das Ehepaar in das Haus Feuergang 2 am Kuhberg eingewiesen, auch bekannt als "Kieler Getto".[3] Irgendwann in der Zeit der Verfolgung arbeitete Heinz Salomon in Berlin bei der Umschichtungsstelle der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland.[4] Im Februar 1945 wurde er ins KZ Theresienstadt "evakuiert"[5] - das Lager, in dem seine Mutter den Hungertod starb.[6]

Schwerkrank überlebte er Theresienstadt und war ab 20. Juni 1945 wieder in Kiel gemeldet. Offenbar erhielt er auch sofort eine eigene Wohnung.[7] "Ein Polizist, den er in der zerstörten Stadt antraf, begrüßte ihn mit den Worten: 'Sie sind der erste Jude, der nach Kiel zurückgekehrt ist.'"[8]

Einsatz für jüdische Opfer

Sofort begann er, sich um andere jüdische Überlebende zu kümmern. Seine kleine Wohnung am Kronshagener Weg 88 (wohl 1946 zog er in die Muhliusstraße 101[9]) diente auch als Büro des jüdischen Komitees in Kiel.

Die Militärregierung ernannte ihn zum Leiter der Jüdischen Wohlfahrtspflege Schleswig-Holstein. Seine Hauptaufgabe bestand in der Versorgung der zahlreichen kranken, ausgehungerten und völlig mittellosen Überlebenden aus KZs und Vernichtungslagern, die in der Endphase des Krieges nach Schleswig-Holstein getrieben worden waren und jetzt vorwiegend in Lübeck und in einem Lager in Neustadt/Holstein untergebracht waren.[10]

Ab 22. Juli 1947 gehörte er - nach dem Zwischenspiel seines Landtagsmandats - als gewähltes Mitglied dem Zentralkomitee der befreiten Juden in der britischen Zone an, einer Organisation, die Zeit ihres Bestehens ohne Anerkennung der britischen Militärregierung arbeitete.[11] Er führte seine Arbeit vor Ort und überregional fort, half zunächst zahlreichen Ausreisewilligen bei der Einwanderung in andere Länder, unterstützte ab Anfang der 1950er Jahre die meist Alten und Kranken, die in Schleswig-Holstein blieben[12] und setzte sich für Vermögensrückgaben und Entschädigungszahlungen an jüdische Opfer der Nazis ein.

Landtag

Heinz Salomon gehörte als einziger jüdischer Abgeordneter[13] dem ab 26. Februar 1946 tagenden ersten, von der britischen Militärregierung ernannten Landtag an. Er war Mitglied der SPD-Fraktion. Ab April vertrat er sie auch im Volksbildungsausschuss. In vergangenheitspolitischen Debatten meldete er sich - wie andere in gleicher Situation - so gut wie nicht zu Wort.[14] Dazu, weshalb er weder dem zweiten ernannten Landtag noch späteren, gewählten Landtagen angehörte, findet sich keine Angabe.

Organisationen

Heinz Salomon war Vorstandsmitglied des Verbandes der jüdischen Gemeinden Nordwestdeutschlands und setzte sich für dessen Erhalt ein, als (1956) die Auflösung erwogen wurde.[15] Seit seiner Gründung 1950 gehörte er auch dem Zentralrat der Juden in Deutschland an.[16]

Er war außerdem an der Schaffung der Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände beteiligt und gründete den Dachverband "Interessengemeinschaft der Organisationen ehemals Verfolgter des Naziregimes in Schleswig-Holstein".[17] In Kiel arbeitete er in der "Geschäftsstelle zur Vorbereitung politischer Wiedergutmachung" der Stadtverwaltung mit und beriet zahlreiche - auch nichtjüdische - Menschen in Entschädigungsfragen.[18]

Der ergänzende Satz von 1997 im Landtagsinformationssystem: "Übernahm in Kiel als Student wahrscheinlich 1950 von einem Rechtsanwalt Hanno Hebberling eine Bruderschaftsleitung." könnte darauf hinweisen, dass er in dieser Zeit auch noch einmal studierte. Wenn ja, hing dies möglicherweise mit seinen fortgesetzten Einsatz für die Interessen seiner GlaubensgenossInnen zusammen.

Ehrungen

Heinz Salomon wurde 1960 vom Bundespräsidenten das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen.[19]

Literatur

Links

Quellen

  1. Matrikelportal Rostock: Matrikelbuch 1912-1919, SS 1919, Nr. 319
  2. Danker/Lehmann-Himmel: Aufarbeitung, S. 227
  3. Jochims: Jude, S. 53
  4. Vgl. Jochims: Jude, S. 54.
  5. So der offizielle Vermerk der NS-Behörden in Heinz Salomons Kennkarte, wo auch der zwangsweise ergänzte Vorname "Israel" erkennbar ist. Vgl. Abbildung in Jochims: Jude, S. 52.
  6. Jochims: Jude, S. 55
  7. Meldeschein mit der Adresse "Kronshagener Weg 88" abgebildet bei Jochims: Jude, S. 54
  8. Jochims: Jude, S. 53
  9. So die "letzte bekannte Adresse" im Landtagsinformationssystem, das die Angaben in der Regel nur bis Ende des Mandats aufführt.
  10. Jochims: Jude, S. 53
  11. Quast: Befreiung, S. 172 u. Anm. 12
  12. Jochims: Jude, S. 53
  13. Albers, Vivien: 1946: Ein Parlament für Schleswig-Holstein – die Briten geben den Ton an, Der Landtag 1/2016
  14. Danker/Lehmann-Himmel: Aufarbeitung, S. 229
  15. Vgl. Quast: Befreiung, S. 205, 356
  16. Jochims: Jude, S. 55
  17. Jochims: Jude, S. 54
  18. Jochims: Jude, S. 54
  19. Kieler Nachrichten, 21.10.1969