Herbert Wehner: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Herbert Wehner''', * [[11. Juli]] [[1906]] in Dresden; † [[19. Januar]] [[1990]] in Bonn; Berufspolitiker. Dreimal verheiratet, keine eigenen Kinder. Mitglied der SPD seit [[1946]].
'''Herbert Wehner''', * [[11. Juli]] [[1906]] in Dresden; † [[19. Januar]] [[1990]] in Bonn; Redakteur, Bundestagsabgeordneter. Mitglied der SPD seit [[1946]].


== Werdegang ==
== Kurzlebenslauf ==
Herbert Wehners Werdegang und politische Karriere lassen sich aus seinem Wikipedia-Eintrag entnehmen. Er lebte nie in Schleswig-Holstein, sondern ab [[1946]] in Hamburg. Durch seine zweite Frau Charlotte ('Lotte'), die Witwe des kommunistischen Hamburger Widerstandskämpfers [[Carl Burmester]], hatte er jedoch Beziehungen zumindest nach Flensburg. Er und Lotte Burmester heirateten [[1944]]; nach ihrem Tod ging er [[1983]] eine dritte Ehe mit seiner Stieftochter [[Greta Wehner|Greta Burmester]] ein, die ab [[1966]] ihre durch die NS-Verfolgung gesundheitlich schwer geschädigte Mutter betreute und auch ihm bis zuletzt zur Seite stand.  
Herbert Wehner war von [[1927]] bis [[1942]] Mitglied der [[KPD]], [[1930]]/[[1931|31]] Landtagsabgeordneter in Sachsen und von [[1935]] bis [[1937]] Mitglied des Zentralkomitees.  


Greta Burmester trat im August [[1947]] in die SPD ein. In [[Kreisverband Kiel|Kiel]] - vermutlich an der 'Frauenfachschule' - machte sie eine Ausbildung zur Sozialfürsorgerin und war in diesem Beruf auch tätig, bis sie ihn für die Betreuung ihrer Eltern aufgab.<ref>{{Wikipedia}}, abgerufen 22.4.2019</ref>
=== Moskau ===
Nach der Machtübergabe an die Nazis organisierte er den Widerstand der [[KPD]] als Technischer Sekretär des Politbüros. Nach Aufenthalten im Saarland, in Prag und Paris wurde er [[1937]] nach Moskau beordert, um sich einer parteiinternen Untersuchung zu unterziehen. So entging er den stalinistischen Säuberungen nicht. Er erlebte sie nicht nur als Zeuge, sondern musste sich gegen Vorwürfe im Rahmen der Untersuchung zur Wehr setzen und machte dabei seinerseits Angaben zum Verhalten anderer deutscher Kommunisten.


== Bundesminister ==
=== Schweden ===
Am [[17. Mai]] [[1967]] eröffnete Herbert Wehner als Minister für gesamtdeutsche Fragen die neue Büchereizentrale der [[Minderheitenpolitik|Nordschleswiger]] in Apenrade.
Dem direkten Zugriff des stalinistischen Regimes konnte er entkommen, als er [[1941]] nach Schweden geschickt wurde. Er sollte von dort aus den kommunistischen Widerstand gegen das NS-Regime in Deutschland organisieren. [[1942]] wurde Herbert Wehner dort verhaftet und erlebte das Kriegsende in einem schwedischen Gefängnis. In dieser Zeit brach er innerlich mit dem Kommunismus und wurde er - ohne das zu wissen - unter dem falschen Vorwurf des Parteiverrats von der in der Sowjetunion verbliebenen Parteispitze, aus der [[KPD]] ausgeschlossen. Diese schlimmen Erfahrungen prägten seine Haltung zum Kommunismus und zur Sowjetunion.
 
[[1944]] lernte er in Schweden Lotte (eigentlich: Charlotte) Burmester kennen. Sie war Widerstandskämpferin und die Witwe des kommunistischen Hamburger Widerstandskämpfers [[Carl Burmester]]. Lotte Burmester hatte da bereits zwei erwachsenen Kinder. Den Sohn Jens-Peter und die Tochter [[Greta Wehner|Greta Burmester]]. Diese war damals bereits 19 Jahre alt, berufstätig und führte einen eigenen Haushalt.
 
=== Bundesrepublik Deutschland ===
Nach der Nazi-Zeit kehrte das Paar zurück nach Deutschland. Am [[8. Oktober]] [[1946]] trat Herbert Wehner in Hamburg in die SPD ein. Er arbeitete ab [[1947]] als Außenpolitischer Redakteur beim "[[Hamburger Echo]]". [[1949]] wurde er erstmals in den Bundestag gewählt; das Mandat für Hamburg-Harburg-Wilhelmsburg eroberte er bis zu seinem Verzicht auf die Wiederwahl [[1983]] jeweils direkt.
 
Unter anderem war Herbert Wehner von [[1949]] an Mitglied im Fraktionsvorstand, Vorsitzender des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen (bis [[1966]]), Mitglied des Parteivorstands ([[1952]]-[[1982]]), stellvertretender Fraktionsvorsitzender ([[1957]]-[[1958|58]] und [[1964]]-[[1966|66]]), stellvertretender Parteivorsitzender ([[1958]]-[[1973]]), Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen ([[1966]]-[[1969]]) sowie Fraktionsvorsitzender (amtierend [[1966]] sowie [[1969]]-[[1983]]).
 
[[1949]] zog er nach Bonn, wobei die Hamburger Wohnung jedoch bis [[1983]] erhalten blieb. [[1953]] heirateten Lotte Burmester und Herbert Wehner. Greta Burmester wiederum, gelernte Sozialarbeiterin an der Landeswohlfahrtschule in Kiel. Sie zog [[1953]] nach Bonn zu ihrer Mutter und Herbert Wehner, um die infolge der Nazi-Haft schwer Kranke zu pflegen. Vor allem aber um den Abgeordneten Wehner bei seiner Arbeit im Wahlkreis, im Bundestag und für die sozialdemokratische Partei zu entlasten, sein Büro zu organisieren, ihn zu fahren und zu begleiten.
 
Daraus wurde eine enge, über 30 Jahre währende Arbeitsbeziehung und, nach dem Tod der Mutter im Jahr [[1979]], auch eine Liebesgeschichte. Nach Wehners Ausscheiden aus dem Parlament schließlich, im Jahr [[1983]], heirateten die beiden; für ihn war das überlebensnotwendig, denn er erkrankte infolge seines langjährigen Diabetes an Demenz, und Greta Wehner pflegte ihn bis an sein Lebensende am [[19. Januar]] [[1990]]
 
== Schleswig-Holstein ==
Nach seiner Ankunft in der britischen Besatzungszone sah Herbert Wehner zunächst Bildungsarbeit als vordringlich an; über eine Volkshochschule wollte er "ein Zentrum für die Erneuerung der sozialistischen Bewegung in Deutschland" schaffen. Die Übernahme der Leitung der Heimvolkshochschule [[Ortsverein Rendsburg|Rendsburg]] scheiterte jedoch an fehlenden akademischen Abschlüssen.<ref>Zitat und Information in: Leugers-Scherzberg, August H.: ''Die Wandlungen des Herbert Wehner. Von der Volksfront zur Großen Koalition'' (Berlin 2006) ISBN 978 3 548 36854 2, S. 80 f.</ref>
[[Datei:Johanne Hansen 1952.jpg|mini|Johanne Hansen, 1952]]
Durch seine Frau Lotte hatte Herbert Wehner Beziehungen nach [[Kreisverband Flensburg|Flensburg]]. Dort lebte ''"Tante Hanne"'', [[Hanne Hansen|Johanne Hansen]], eine Großtante von [[Greta Wehner|Greta Burmester]], bei der diese als Kind oft ihre Sommerferien verbracht hatte, während ihre Eltern in Hamburg von den Nazis verfolgt wurden. In den 1950er Jahren kamen die Wehners regelmäßig zu Ferienaufenthalten - und aus gesundheitlichen Gründen auch längeren Aufenthalten von Lotte Wehner - in Holnis bei Glücksburg.<ref name=":0">Meyer, Christoph: Herbert Wehner. Biographie. 4 Auflagen, München (dtv) (2006) ISBN 3423245514</ref> Wehners liebten ''"Tante Hanne"'', die sie regelmäßig zum Geburtstag besuchten. Zu diesen Aufenthalten in Flensburg gehörte immer auch ein Besuch in Tante Hannes Stammcafé, dem Mariencafé.
 
Nach ihrem Tod hielt Herbert Wehner am [[5. September]] [[1973]] in Flensburg die Abschiedsrede ''Am Sarge von Tante Hanne''.<ref>Ausstellung der SPD Flensburg zu ihrem 150-jährigen Jubiläum.</ref>
 
=== Bundestagsabgeordneter ===
Im Wahlkampf zur [[Landtagswahl 1958]] machte Herbert Wehner eine mehrtägige Tour mit Kundgebungen in ganz Schleswig-Holstein. Höhepunkt eines "Wahlkongresses" am [[31. August]] [[1958]] war Herbert Wehner, "der von Beifall umbrandet in meisterhaften Formulierungen die Partei zum Kampf aufrief."<ref>[[:Datei:Rechenschaftsbericht 1957-1958.pdf|Rechenschaftsbericht 1957-1958]]</ref>
 
=== Bundesminister ===
Am [[17. Mai]] [[1967]] eröffnete Herbert Wehner als Minister für gesamtdeutsche Fragen die neue Deutsche Büchereizentrale und Zentralbücherei der [[Minderheitenpolitik|Nordschleswiger]] in Apenrade.


Schon am [[3. April]] war er anlässlich der [[Landtagswahl 1967|Landtagswahl]] zu einer Kundgebung in Rendsburg gewesen.
Schon am [[3. April]] war er anlässlich der [[Landtagswahl 1967|Landtagswahl]] zu einer Kundgebung in Rendsburg gewesen.


== "Tante Hanne" ==
=== Fraktionsvorsitzender ===
In [[Kreisverband Flensburg|Flensburg]] lebte Tante Hanne, [[Johanna Hansen]], eine Großtante von Greta Burmester, bei der diese als Kind oft ihre Sommerferien verbracht hatte, während ihre Eltern in Hamburg von den Nazis verfolgt wurden. Wehners liebten "Tante Hanne", die sie regelmäßig zum Geburtstag besuchten. Zu diesen Aufenthalten in Flensburg gehörte immer auch ein Besuch in Tante Hannes Stammcafé, dem Mariencafé.
Am [[20. Februar]] [[1971]] sprach Herbert Wehner morgens im Rahmen einer Arbeitnehmerkonferenz mit [[Jochen Steffen]] und [[Jan Sierks]] bei einer Großkundgebung in der [[Kreisverband Kiel|Kieler Ostseehalle]] vor 3000 Menschen.<ref>''Wehner kündigt Reformjahrzehnt an'', ''Kieler Nachrichten'', 22.2.1971</ref> Später am Tag versammelten sich während einer Kundgebung in [[Ortsverein Husum|Husum]] 750 protestierende Bauern; es gab sogar eine Bombendrohnung. Nach erfolgloser Bombensuche und Fortsetzung der Veranstaltung musste die Kongreßhalle kurz darauf wegen Überfüllung erneut geschlossen werden. Die protestierenden Landwirte "'beherrschten' die Lage so intensiv, daß, wer auch immer versuchte, ein nicht landwirtschaftliches Thema anzusprechen, mit großen Mißfallensbezeugungen bedacht wurde."<ref>''Bauernjagd auf Spitzenpolitiker'', ''Kieler Nachrichten'', 22.2.1971</ref> Herbert Wehner ließ sich schließlich zu dem typischen Satz hinreißen: "Sie können von einem Ochsen nicht mehr verlangen, als ein gutes Stück Rindfleisch, und das habe ich hier versucht, Ihnen zu geben!"<ref>''Bauernjagd auf Spitzenpolitiker'', ''Kieler Nachrichten'', 22.2.1971</ref>
 
[[1979]] kam er zur Teilnahme an der regelmäßigen Runde mit dem Fraktionsvorsitzenden aller Landesparlamente nach Kiel. Diese Runde fand im Wechsel in den Landeshauptstädten statt. [[Marlies Jensen-Leier]] erinnert sich an diesen Besuch, der in ihre Zeit als Mitarbeiterin des Fraktionsgeschäftsführers [[Karl Heinz Luckhardt]] fiel:
<blockquote>"Sonnabend früh sind also der Pförtner und ich allein im Landeshaus. 7.30 Uhr Begegnung mit Herbert Wehner! Er und seine [[Greta Wehner|Greta]] stehen unvermutet bei mir vorm Schreibtisch. Er, den die Genossinnen und Genossen liebevoll "Onkel Herbert" nennen, [und sie] sind direkt vom Bahnhof gekommen. Sie wollen sofort arbeiten. Sie wollen einen Schreibtisch. Und sie wollen Heißwasser für ihren Kräutertee. Als gegen 9 Uhr [[Karl Heinz Luckhardt]] kommt, ist sein Büro besetzt. [...] Ich bemerk seinen großen Respekt vor Herbert Wehner. Luckhardt begrüßt die beiden, bittet Wehner, an seine Schreibtischschublade zu dürfen [...]. Um zehn Uhr tagt die Fraktionsvorsitzendenkonferenz im Großen Sitzungssaal im ersten Stock über dem Hauptportal."<ref>Jensen-Leier, Marlies: ''Holm - engHolm und zurück'' (Husum 2018), S. 397</ref></blockquote>
 
== Literatur ==


Nach ihrem Tod hielt Herbert Wehner ihr am [[5. September]] [[1973]] in Flensburg die Abschiedsrede ''Am Sarge von Tante Hanne''.<ref>Ausstellung der SPD Flensburg zu ihrem 150-jährigen Jubiläum.</ref>
* Meyer, Christoph: Herbert Wehner. Biographie. 4 Auflagen, München (dtv) (2006) <nowiki>ISBN 3423245514</nowiki>
*Wehner, Greta / Meyer, Christoph (Hrsg.): ''Erfahrungen: Aus einem Leben mitten in der Politik.'' Ed. Sächsische Zeitung, Dresden 2004, <nowiki>ISBN 978-3-910175-14-3</nowiki>.


== Literatur & Links ==
== Links ==
*{{Wikipedia}}
*{{Wikipedia}}
*[http://www.hgwst.de/ Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung], mit einigen Korrekturen zum Wikipedia-Eintrag
*[http://www.hgwst.de/ Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung], mit einigen Korrekturen zum Wikipedia-Eintrag


== Quellen ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />
[[Kategorie:KPD]]

Version vom 16. April 2022, 11:46 Uhr

Herbert Wehner
Herbert Wehner
Herbert Wehner
Geboren: 11. Juli 1906
Gestorben: 19. Januar 1990

Herbert Wehner, * 11. Juli 1906 in Dresden; † 19. Januar 1990 in Bonn; Redakteur, Bundestagsabgeordneter. Mitglied der SPD seit 1946.

Kurzlebenslauf

Herbert Wehner war von 1927 bis 1942 Mitglied der KPD, 1930/31 Landtagsabgeordneter in Sachsen und von 1935 bis 1937 Mitglied des Zentralkomitees.

Moskau

Nach der Machtübergabe an die Nazis organisierte er den Widerstand der KPD als Technischer Sekretär des Politbüros. Nach Aufenthalten im Saarland, in Prag und Paris wurde er 1937 nach Moskau beordert, um sich einer parteiinternen Untersuchung zu unterziehen. So entging er den stalinistischen Säuberungen nicht. Er erlebte sie nicht nur als Zeuge, sondern musste sich gegen Vorwürfe im Rahmen der Untersuchung zur Wehr setzen und machte dabei seinerseits Angaben zum Verhalten anderer deutscher Kommunisten.

Schweden

Dem direkten Zugriff des stalinistischen Regimes konnte er entkommen, als er 1941 nach Schweden geschickt wurde. Er sollte von dort aus den kommunistischen Widerstand gegen das NS-Regime in Deutschland organisieren. 1942 wurde Herbert Wehner dort verhaftet und erlebte das Kriegsende in einem schwedischen Gefängnis. In dieser Zeit brach er innerlich mit dem Kommunismus und wurde er - ohne das zu wissen - unter dem falschen Vorwurf des Parteiverrats von der in der Sowjetunion verbliebenen Parteispitze, aus der KPD ausgeschlossen. Diese schlimmen Erfahrungen prägten seine Haltung zum Kommunismus und zur Sowjetunion.

1944 lernte er in Schweden Lotte (eigentlich: Charlotte) Burmester kennen. Sie war Widerstandskämpferin und die Witwe des kommunistischen Hamburger Widerstandskämpfers Carl Burmester. Lotte Burmester hatte da bereits zwei erwachsenen Kinder. Den Sohn Jens-Peter und die Tochter Greta Burmester. Diese war damals bereits 19 Jahre alt, berufstätig und führte einen eigenen Haushalt.

Bundesrepublik Deutschland

Nach der Nazi-Zeit kehrte das Paar zurück nach Deutschland. Am 8. Oktober 1946 trat Herbert Wehner in Hamburg in die SPD ein. Er arbeitete ab 1947 als Außenpolitischer Redakteur beim "Hamburger Echo". 1949 wurde er erstmals in den Bundestag gewählt; das Mandat für Hamburg-Harburg-Wilhelmsburg eroberte er bis zu seinem Verzicht auf die Wiederwahl 1983 jeweils direkt.

Unter anderem war Herbert Wehner von 1949 an Mitglied im Fraktionsvorstand, Vorsitzender des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen (bis 1966), Mitglied des Parteivorstands (1952-1982), stellvertretender Fraktionsvorsitzender (1957-58 und 1964-66), stellvertretender Parteivorsitzender (1958-1973), Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen (1966-1969) sowie Fraktionsvorsitzender (amtierend 1966 sowie 1969-1983).

1949 zog er nach Bonn, wobei die Hamburger Wohnung jedoch bis 1983 erhalten blieb. 1953 heirateten Lotte Burmester und Herbert Wehner. Greta Burmester wiederum, gelernte Sozialarbeiterin an der Landeswohlfahrtschule in Kiel. Sie zog 1953 nach Bonn zu ihrer Mutter und Herbert Wehner, um die infolge der Nazi-Haft schwer Kranke zu pflegen. Vor allem aber um den Abgeordneten Wehner bei seiner Arbeit im Wahlkreis, im Bundestag und für die sozialdemokratische Partei zu entlasten, sein Büro zu organisieren, ihn zu fahren und zu begleiten.

Daraus wurde eine enge, über 30 Jahre währende Arbeitsbeziehung und, nach dem Tod der Mutter im Jahr 1979, auch eine Liebesgeschichte. Nach Wehners Ausscheiden aus dem Parlament schließlich, im Jahr 1983, heirateten die beiden; für ihn war das überlebensnotwendig, denn er erkrankte infolge seines langjährigen Diabetes an Demenz, und Greta Wehner pflegte ihn bis an sein Lebensende am 19. Januar 1990

Schleswig-Holstein

Nach seiner Ankunft in der britischen Besatzungszone sah Herbert Wehner zunächst Bildungsarbeit als vordringlich an; über eine Volkshochschule wollte er "ein Zentrum für die Erneuerung der sozialistischen Bewegung in Deutschland" schaffen. Die Übernahme der Leitung der Heimvolkshochschule Rendsburg scheiterte jedoch an fehlenden akademischen Abschlüssen.[1]

Johanne Hansen, 1952

Durch seine Frau Lotte hatte Herbert Wehner Beziehungen nach Flensburg. Dort lebte "Tante Hanne", Johanne Hansen, eine Großtante von Greta Burmester, bei der diese als Kind oft ihre Sommerferien verbracht hatte, während ihre Eltern in Hamburg von den Nazis verfolgt wurden. In den 1950er Jahren kamen die Wehners regelmäßig zu Ferienaufenthalten - und aus gesundheitlichen Gründen auch längeren Aufenthalten von Lotte Wehner - in Holnis bei Glücksburg.[2] Wehners liebten "Tante Hanne", die sie regelmäßig zum Geburtstag besuchten. Zu diesen Aufenthalten in Flensburg gehörte immer auch ein Besuch in Tante Hannes Stammcafé, dem Mariencafé.

Nach ihrem Tod hielt Herbert Wehner am 5. September 1973 in Flensburg die Abschiedsrede Am Sarge von Tante Hanne.[3]

Bundestagsabgeordneter

Im Wahlkampf zur Landtagswahl 1958 machte Herbert Wehner eine mehrtägige Tour mit Kundgebungen in ganz Schleswig-Holstein. Höhepunkt eines "Wahlkongresses" am 31. August 1958 war Herbert Wehner, "der von Beifall umbrandet in meisterhaften Formulierungen die Partei zum Kampf aufrief."[4]

Bundesminister

Am 17. Mai 1967 eröffnete Herbert Wehner als Minister für gesamtdeutsche Fragen die neue Deutsche Büchereizentrale und Zentralbücherei der Nordschleswiger in Apenrade.

Schon am 3. April war er anlässlich der Landtagswahl zu einer Kundgebung in Rendsburg gewesen.

Fraktionsvorsitzender

Am 20. Februar 1971 sprach Herbert Wehner morgens im Rahmen einer Arbeitnehmerkonferenz mit Jochen Steffen und Jan Sierks bei einer Großkundgebung in der Kieler Ostseehalle vor 3000 Menschen.[5] Später am Tag versammelten sich während einer Kundgebung in Husum 750 protestierende Bauern; es gab sogar eine Bombendrohnung. Nach erfolgloser Bombensuche und Fortsetzung der Veranstaltung musste die Kongreßhalle kurz darauf wegen Überfüllung erneut geschlossen werden. Die protestierenden Landwirte "'beherrschten' die Lage so intensiv, daß, wer auch immer versuchte, ein nicht landwirtschaftliches Thema anzusprechen, mit großen Mißfallensbezeugungen bedacht wurde."[6] Herbert Wehner ließ sich schließlich zu dem typischen Satz hinreißen: "Sie können von einem Ochsen nicht mehr verlangen, als ein gutes Stück Rindfleisch, und das habe ich hier versucht, Ihnen zu geben!"[7]

1979 kam er zur Teilnahme an der regelmäßigen Runde mit dem Fraktionsvorsitzenden aller Landesparlamente nach Kiel. Diese Runde fand im Wechsel in den Landeshauptstädten statt. Marlies Jensen-Leier erinnert sich an diesen Besuch, der in ihre Zeit als Mitarbeiterin des Fraktionsgeschäftsführers Karl Heinz Luckhardt fiel:

"Sonnabend früh sind also der Pförtner und ich allein im Landeshaus. 7.30 Uhr Begegnung mit Herbert Wehner! Er und seine Greta stehen unvermutet bei mir vorm Schreibtisch. Er, den die Genossinnen und Genossen liebevoll "Onkel Herbert" nennen, [und sie] sind direkt vom Bahnhof gekommen. Sie wollen sofort arbeiten. Sie wollen einen Schreibtisch. Und sie wollen Heißwasser für ihren Kräutertee. Als gegen 9 Uhr Karl Heinz Luckhardt kommt, ist sein Büro besetzt. [...] Ich bemerk seinen großen Respekt vor Herbert Wehner. Luckhardt begrüßt die beiden, bittet Wehner, an seine Schreibtischschublade zu dürfen [...]. Um zehn Uhr tagt die Fraktionsvorsitzendenkonferenz im Großen Sitzungssaal im ersten Stock über dem Hauptportal."[8]

Literatur

  • Meyer, Christoph: Herbert Wehner. Biographie. 4 Auflagen, München (dtv) (2006) ISBN 3423245514
  • Wehner, Greta / Meyer, Christoph (Hrsg.): Erfahrungen: Aus einem Leben mitten in der Politik. Ed. Sächsische Zeitung, Dresden 2004, ISBN 978-3-910175-14-3.

Links

Einzelnachweise

  1. Zitat und Information in: Leugers-Scherzberg, August H.: Die Wandlungen des Herbert Wehner. Von der Volksfront zur Großen Koalition (Berlin 2006) ISBN 978 3 548 36854 2, S. 80 f.
  2. Meyer, Christoph: Herbert Wehner. Biographie. 4 Auflagen, München (dtv) (2006) ISBN 3423245514
  3. Ausstellung der SPD Flensburg zu ihrem 150-jährigen Jubiläum.
  4. Rechenschaftsbericht 1957-1958
  5. Wehner kündigt Reformjahrzehnt an, Kieler Nachrichten, 22.2.1971
  6. Bauernjagd auf Spitzenpolitiker, Kieler Nachrichten, 22.2.1971
  7. Bauernjagd auf Spitzenpolitiker, Kieler Nachrichten, 22.2.1971
  8. Jensen-Leier, Marlies: Holm - engHolm und zurück (Husum 2018), S. 397