Karl Fick

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Karl Fick
Karl Fick
Karl Fick
Geboren: 3. Dezember 1881
Gestorben: 3. Mai 1945

Carl Fritz Johannes Fick, * 3. Dezember 1881 in Fackenburg, † 3. Mai 1945 in der Neustädter Bucht; Zimmermann, Gewerkschaftsangestellter. Mitglied der SPD seit etwa 1899.

Leben & Beruf

Karl Ficks Eltern waren der Arbeiter Heinrich Friedrich Fick und Catharina Elisabeth Fick, geb. Gößler. Karl Fick wuchs mit seinen vier Brüdern in Stockelsdorf in einem sozialdemokratischen Elternhaus auf und erlernte den Beruf eines Zimmermanns.

Am 18. August 1906 heiratete er in Lübeck Adolphine Elisabeth Caroline 'Minna', geb. Schnerke. Aus dieser Ehe gingen die Söhne Theo (1907) und Hans (1909) hervor.

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 meldete sich Karl Fick freiwillig zum Kriegsdienst. Er gehörte zur 2. Landwehr-Pionierkompanie des 9. Armee-Corps und nahm bis 1917 an vielen schweren Kämpfen an der Westfront in Flandern und Frankreich teil. Mit doppelten Leistenbrüchen und vorübergehend totalem Gehörverlust lag er 1917 ein halbes Jahr lang in einem Lazarett in Harburg und wurde schließlich als kriegsdienstunfähig entlassen. Zwei seiner Brüder waren im Verlauf des Krieges in Ostpreußen und in Polen gefallen.

Den Beruf als Zimmermann konnte Karl Fick nach Kriegsende wegen seiner Kriegsverletzungen nicht wieder ausüben. Er fand Arbeit als Gewerkschaftsangestellter und wurde 1920 Kreisleiter des Deutschen Landarbeiterverbandes Stockelsdorf / Lübeck.

Nach dem Tod seiner Ehefrau Minna heiratete Karl Fick am 4. Januar 1941 erneut. Seine zweite Ehefrau war Doris Sophie Helene Voß, geb. Ehlers, aus Bad Schwartau.

Partei & Politik

Schon in jungen Jahren betreute er die Jugendgruppe der Stockelsdorfer SPD. Er organisierte nicht nur die politische Arbeit, sondern auch Freizeitveranstaltungen wie Wanderungen oder Theaterstücke, die u.a. bei Veranstaltungen der Liedertafel zur Aufführung kamen.

Sein älterer Bruder Heinrich Fick, der Maurer geworden war, wurde bereits 1911 als sozialdemokratischer Abgeordneter für den Landesteil Lübeck in den Landtag des Großherzogtums Oldenburg (Ostfriesland) gewählt.

Weimarer Republik

Sofort nach dem Ersten Weltkrieg war Karl Fick auch wieder für die SPD aktiv, zunächst im Arbeiter- und Soldatenrat, ab 1919 dann als Mitglied im Stockelsdorfer Gemeinderat und im Landesausschuss (Kreistag) in Eutin.

1922 erhielt er über die Liste einen Sitz im Landtag von Oldenburg, dem er zwölf Jahre lang angehörte. Hier setzte er sich für die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Arbeitnehmer und der benachteiligten Menschen ein. Erwerbslosen, Obdachlosen, Sozial- und Kleinrentnern, Forstarbeitern sowie Arbeitnehmern im Hotel- und Gaststättengewerbe galt seine Aufmerksamkeit. Eindeutiger Schwerpunkt seiner politischen Arbeit war jedoch die Verbesserung der Infrastruktur im Landesteil Lübeck. Im Mittelpunkt standen dabei der Straßen- und Wegebau sowie der Ausbau der Gemeinschaftseinrichtungen, wie der Entsorgung in den Bädern an der Lübecker Bucht und die Fortführung des sich laufend verzögernden Baues der Eisenbahnanbindung von Bad Schwartau nach Neustadt.

NS-Diktatur

Im Eutiner Landesausschuss und im Oldenburger Landtag geriet Karl Fick zunehmend in heftige Auseinandersetzungen mit Nazis, besonders mit dem Eutiner Rechtsanwalt Böhmcker. Als SA-Gruppenführer war 'Latten-Böhmcker' unter anderem für brutale Saal- und Straßenschlachten in Eutin verantwortlich.

Bei der Landtagswahl am 29. Mai 1932 erhielt die NSDAP in Oldenburg (als erstem Land im Deutschen Reich) die absolute Mehrheit der Parlamentssitze. Böhmcker wurde zum Regierungspräsidenten für den Landesteil Lübeck ernannt. Mit seiner fanatischen politischen Einstellung und persönlichen Feindschaft war er ganz sicher einer der Hauptverantwortlichen für Karl Ficks weiteres Schicksal. Bereits am 11. März 1933 wurde dieser verhaftet und ins provisorische KZ in Eutin eingeliefert.

Bemühungen seiner Familie um seine Entlassung scheiterten zunächst. Am deutlichsten wurden die Motive dafür im Ablehnungsbescheid vom 20. Juli 1933 auf das Entlassungsgesuch des Sohnes Theodor. Von ihm verlangte Böhmcker aus Anlass eines Boykottaufrufs für deutsche Waren durch die holländische Bauarbeitergewerkschaft eine öffentliche Ehrenerklärung für die Nationalsozialisten und drohte dann unverhohlen:

"Ich habe mir allen Ernstes überlegt, ob ich nicht als Repressalie gegenüber der unverschämten Hetze des Auslandes 10 ehemalige Sozialdemokraten des Landesteils Lübeck solange einsperren sollte, bis diese Hetze endgültig aufgehört hat."

Es ging also gar nicht so sehr um die Person Karl Fick; Böhmcker betrachtete ihn offenbar als eine Art Geisel. Ein sehr eindringliches persönliches Gesuch seiner Ehefrau Minna Fick an den Reichspräsidenten Hindenburg im Mai 1933 wurde auf dem Dienstweg an den Reichsstatthalter von Oldenburg und Bremen weitergeleitet. Eine Antwort ist nicht bekannt. Am 29. August 1933 wurde Karl Fick dann doch entlassen, aber die Repressalien durch Böhmcker gingen weiter.

Weil er mit dem Ausschluss aus dem mittlerweile gleichgeschalteten Deutschen Landarbeiterverband auch seinen Arbeitsplatz verlor, musste sich Karl Fick eine neue Möglichkeit suchen, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er fand Anfang 1935 schließlich Arbeit als Handlungsreisender bei der Walkenrieder Dampfwaschseifenfabrik Genzel, Harz.

Der Antrag auf einen Gewerbeschein für den Landesteil Lübeck wurde jedoch von der Regierung in Eutin wegen "politischer Unzuverlässigkeit" abgelehnt. Eine Klage gegen diese Entscheidung vor dem Oberverwaltungsgericht Oldenburg hatte keinen Erfolg. Die Begründung des Urteils vom 10. Juli 1935 folgt den Eutiner Argumenten:

"...Die Versagung setzt nicht den Nachweis einer Absicht voraus, das Gewerbe zu staatsfeindlichen Zwecken zu missbrauchen. Es genügt vielmehr schon das Vorliegen der Tatsachen, die eine Annahme rechtfertigen."

Die Folgen dieses Urteils waren zunächst allerdings auf den Freistaat Oldenburg beschränkt; außerhalb des Landes übte Karl Fick unter der offiziellen Berufsangabe "Lagerist" seine neue Tätigkeit aus.

Nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurde er am 22. August 1944 im Rahmen der Verhaftungsaktion "Gewitter" erneut festgenommen und ins KZ Neuengamme gebracht. Er verlor sein Leben beim Untergang der zum schwimmenden KZ umfunktionierten CAP ARCONA am 3. Mai 1945 in der Neustädter Bucht.

In den Tagen vor und während der Verladung auf die Zubringerschiffe herrschten im Vorwerker Hafen in Lübeck chaotische Zustände: Tausende Gefangene waren zusammengepfercht, nur unzureichend mit Nahrung versorgt und ohne medizinische Hilfe. Es wird erzählt, dass Karl Fick in dieser Zeit beim Reinigen der Kaianlage von Freunden erkannt wurde. Sie wollten ihm zivile Kleidung besorgen und zur Flucht verhelfen. Er soll dieses Risiko mit der Bemerkung abgelehnt haben, dass er nun den Rest auch noch überstehen werde. Dieser Bericht ist nicht belegt, aber diese Reaktion passt zu seinem Leben; denn Karl Fick war ein Kämpfer, der nie aufgab.

Ehrungen

Im Rahmen einer Gedenkfeier für die Opfer des Faschismus in Lübeck am 18. September 1945 erinnerte der Polizeipräsident und spätere Lübecker Bürgermeister Otto Passarge unter anderem auch an Karl Fick.[1]

In einer Gedenkschrift von 2019 schreibt die SPD Stockelsdorf:

"Karl Fick war ein sehr bedeutender Stockelsdorfer Politiker, dessen Wirken weit über den Ort hinausging. [..] Sein Einsatz für Demokratie und Freiheit brachten ihn in der Nazidiktatur um Glück und Leben. Er kann mit Fug und Recht als Vorbild bezeichnet werden. Es ist eine Verpflichtung, auch mehr als 70 Jahre nach seinem gewaltsamen Tod, die öffentliche Erinnerung an ihn aufrecht zu erhalten."[2]

Am 3. Mai 2019 wurde ihm zu Ehren im Foyer des Stockelsdorfer Rathauses eine Bronzetafel enthüllt.[3][4]

Literatur & Links

Einzelnachweise

  1. Feier für die Opfer des Faschismus 1945, Lübecker Post, 19.9.1945
  2. Meyenborg, Ulrich: Karl Fick (1881-1945)
  3. Würdigung: Gedenktafel für Nazi-Opfer Karl Fick enthüllt, Lübecker Nachrichten, 3.5.2019
  4. SPD Stockelsdorf: Enthüllung der Gedenktafel für Karl Fick, 3.5.2019, 22:58 Uhr