Kreisverband Herzogtum Lauenburg: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''Kreisverband Herzogtum Lauenburg''' ist eine Gliederung der [[Landesverband|SPD Schleswig-Holstein]]. Er umfasst zur Zeit 34 Ortsvereine.
Der '''Kreisverband Herzogtum Lauenburg''' ist eine Gliederung der [[Landesverband|SPD Schleswig-Holstein]]. Er umfasst zur Zeit 34 Ortsvereine.


== Frühe Geschichte ==
== Geschichte ==
 
===Kaiserreich===
"Die Anfänge der Sozialdemokratie in Lauenburg liegen nach wie vor im dunkeln", schrieb Hansjörg Zimmermann [[1987]].<ref name=":0">Zimmermann, Hansjörg: ''Die Sozialdemokratie im Kreis Herzogtum Lauenburg von den Anfängen bis 1933'' in: Paetau, Rainer / Rüdel, Holger (Hrsg.): ''Arbeiter und Arbeiterbewegung in Schleswig-Holstein im 19. und 20. Jahrhundert'' (Neumünster 1987) ISBN 3-529-02913-0</ref> Ob sich das seither geändert hat, konnten wir noch nicht herausfinden. Er stellt als früheste Spuren der Sozialdemokratie in Lauenburg einen Wahlverein für [[Ortsverein Mölln|Mölln]] und [[Ortsverein Schwarzenbek|Schwarzenbek]] fest, der [[1877]] und [[1878]] erwähnt wird. Vermutlich hat man sich hier aber nur zusammengetan, um gemeinsam für die beiden Reichstagswahlen in den Jahren für die [[Sozialistische Arbeiterpartei (SAP)]] zu werben.<ref name=":0" />
"Die Anfänge der Sozialdemokratie in Lauenburg liegen nach wie vor im dunkeln", schrieb Hansjörg Zimmermann [[1987]].<ref name=":0">Zimmermann, Hansjörg: ''Die Sozialdemokratie im Kreis Herzogtum Lauenburg von den Anfängen bis 1933'' in: Paetau, Rainer / Rüdel, Holger (Hrsg.): ''Arbeiter und Arbeiterbewegung in Schleswig-Holstein im 19. und 20. Jahrhundert'' (Neumünster 1987) ISBN 3-529-02913-0</ref> Ob sich das seither geändert hat, konnten wir noch nicht herausfinden. Er stellt als früheste Spuren der Sozialdemokratie in Lauenburg einen Wahlverein für [[Ortsverein Mölln|Mölln]] und [[Ortsverein Schwarzenbek|Schwarzenbek]] fest, der [[1877]] und [[1878]] erwähnt wird. Vermutlich hat man sich hier aber nur zusammengetan, um gemeinsam für die beiden Reichstagswahlen in den Jahren für die [[Sozialistische Arbeiterpartei (SAP)]] zu werben.<ref name=":0" />


Angetreten ist sie im damaligen Reichstagswahlkreis 10 der Provinz Schleswig-Holstein aber bereits zur [[Reichstagswahl 1875]]. Sie erreichte 23,7% - beachtlich in einem Wahlkreis mit nur 8% Industriearbeiter. Seither trat die Sozialdemokratie in Lauenburg regelmäßig bei Reichstagswahlen an.<ref name=":0" />  
Angetreten ist sie im damaligen Reichstagswahlkreis 10 der Provinz Schleswig-Holstein aber bereits zur [[Reichstagswahl 1875]]. Sie erreichte 23,7% - beachtlich in einem Wahlkreis mit nur 8% Industriearbeiter. Seither trat die Sozialdemokratie in Lauenburg regelmäßig bei Reichstagswahlen an.<ref name=":0" />  


Seit jeher hatte sie dabei gegen Obrigkeit, Oberschicht und Presse zu kämpfen. Als die Sozialdemokratie von [[1878]] bis [[1890]] [[Sozialistengesetz|verboten]] war, schaffte es diese Phalanx, die Bewegung und ihre Wähler so einzuschüchtern, dass die Wahlergebnisse auf zwischenzeitlich 0,5% fielen. In der [[Reichstagswahl 1890]] konnte die SPD allerdings direkt wieder 23,7% holen und baute den Stimmenanteil in den folgenden Wahlen deutlich aus.<ref name=":0" />   
Immer hatte die Sozialdemokratie dabei gegen Obrigkeit, Oberschicht und Presse zu kämpfen. Als die Sozialdemokratie von [[1878]] bis [[1890]] [[Sozialistengesetz|verboten]] war, schaffte es diese Phalanx, die Bewegung und ihre Wähler so einzuschüchtern, dass die Wahlergebnisse auf zwischenzeitlich 0,5% fielen. In der [[Reichstagswahl 1890]] konnte die SPD allerdings direkt wieder 23,7% holen und baute den Stimmenanteil in den folgenden Wahlen deutlich aus.<ref name=":0" />   


Einen eigenen Kreisverband konnte es damals noch nicht geben. Das "Verbindungsverbot" erlaubte nur Ortsvereine und überregionale Wahlvereine zu den Reichstagswahlen. Die lokalen Organisationen vernetzten sich über ein System aus [[Vertrauensperson|Vertrauenspersonen]].  
Einen eigenen Kreisverband konnte es damals noch nicht geben. Das "Verbindungsverbot" erlaubte nur Ortsvereine und überregionale Wahlvereine zu den Reichstagswahlen. Die lokalen Organisationen vernetzten sich über ein System aus [[Vertrauensperson|Vertrauenspersonen]].


Die gesamte Zeit des Kaiserreichs wurde Lauenburg organisatorisch aus dem Wahlverein des schleswig-holsteinischen Reichstagswahlkreises 8 (Altona-Stormarn) mitversorgt. [[1893]]/[[1894|94]] gab es Diskussionen, die Lauenburger vor allem wegen der finanziellen Belastung loszuwerden und sie einen eigenen Verein gründen zu lassen. Dagegen aber wehrten sich die Lauenburger erfolgreich. Die Sozialdemokratie kam somit aus Altona und Hamburg nach Lauenburg.<ref name=":0" />  
Mitglieder in politischen Vereinen dürfen noch bis [[1908]] nur Männer werden - wählen durften Frauen bis [[1918]] nicht. Wer in der SPD war, las im Hamburger Rand damals das sozialdemokratische ''Hamburger Echo'' oder die [[Schleswig-Holsteinische Volkszeitung]].<ref name=":0" />
 
Der [https://de.wikipedia.org/wiki/Kreis_Herzogtum_Lauenburg Landkreis Herzogtum Lauenburg] war seit [[1876]] Teil der Provinz Schleswig-Holstein des Landes Preußen und in Preußen galt das [https://de.wikipedia.org/wiki/Dreiklassenwahlrecht Dreiklassenwahlrecht] bei Landtags- und Kommunalwahlen. Die Stimmen von reichen Menschen hatten mehr Gewicht als von einfachen Arbeitern, was es der SPD mit ihrem Wählerklientel schwer machte.


Bis [[1900]] aber gab es keine richtigen Ortsvereine im Kreis. "Der Grund dafür liegt in einer Überwachungspraxis und Unterdrückung, wie sie den Hochzeiten des [[Sozialistengesetz|Sozialistengesetzes]] alle Ehre gemacht hatte."<ref name=":0" /> Stattdessen gründeten Sozialdemokraten andere Vereine, um sich auszutauschen. "Im Jahre [[1913]] bestanden mindestens 5 Radfahrvereine, 4 Arbeitergesangsvereine und 2 Pfeifenclubs, die insbesondere zu Zeiten der Reichstagswahlen Aktivitäten entwickelten."<ref name=":1" />
Bis [[1900]] aber gab es keine richtigen Ortsvereine im Kreis. "Der Grund dafür liegt in einer Überwachungspraxis und Unterdrückung, wie sie den Hochzeiten des [[Sozialistengesetz|Sozialistengesetzes]] alle Ehre gemacht hatte."<ref name=":0" /> Stattdessen gründeten Sozialdemokraten andere Vereine, um sich auszutauschen. "Im Jahre [[1913]] bestanden mindestens 5 Radfahrvereine, 4 Arbeitergesangsvereine und 2 Pfeifenclubs, die insbesondere zu Zeiten der Reichstagswahlen Aktivitäten entwickelten."<ref name=":1" />


Der erste Ortsverein wurde am [[1. Oktober]] [[1900]] im damaligen Arbeiterwohnort Grünhof-Tesperhude (heute Teil von [[Ortsverein Geesthacht|Geesthacht]]) gegründet. Bei der [[Reichstagswahl 1903]] konnte die Sozialdemokratie im Kreis zum ersten Mal ihren Kandidaten [[Friedrich Lesche]] durchsetzen. Beflügelt von diesem Erfolg wurden in der Folge weitere Ortsvereine in [[Ortsverein Schwarzenbek|Schwarzenbek]] ([[1903]]), [[Ortsverein Wentorf bei Hamburg|Wentorf]] ([[1904]]), [[Ortsverein Ratzeburg|Ratzeburg]] ([[1906]]), Besenhorst (heute Geesthacht) ([[1907]]), [[Ortsverein Gülzow|Gülzow]] ([[1909]]) und [[1911]] in [[Ortsverein Hamwarde|Hamwarde]], [[Ortsverein Börnsen|Börnsen]] und [[Ortsverein Wohltorf|Wohltorf]] gegründet.<ref name=":0" />
Der erste Ortsverein wurde am [[1. Oktober]] [[1900]] im damaligen Arbeiterwohnort Grünhof-Tesperhude (heute Teil von [[Ortsverein Geesthacht|Geesthacht]]) gegründet. Bei der [[Reichstagswahl 1903]] konnte die Sozialdemokratie im Kreis zum ersten Mal ihren Kandidaten [[Friedrich Lesche]] durchsetzen. Beflügelt von diesem Erfolg wurden in der Folge weitere Ortsvereine in [[Ortsverein Schwarzenbek|Schwarzenbek]] ([[1903]]), [[Ortsverein Wentorf bei Hamburg|Wentorf]] ([[1904]]), [[Ortsverein Ratzeburg|Ratzeburg]] ([[1906]]), Besenhorst (heute [[Ortsverein Geesthacht|Geesthacht]]) ([[1907]]), [[Ortsverein Gülzow|Gülzow]] ([[1909]]) und [[1911]] in [[Ortsverein Hamwarde|Hamwarde]], [[Ortsverein Börnsen|Börnsen]] und [[Ortsverein Wohltorf|Wohltorf]] gegründet.<ref name=":0" />
 
Die gesamte Zeit des Kaiserreichs wurde Lauenburg organisatorisch aus dem Wahlverein des schleswig-holsteinischen Reichstagswahlkreises 8 (Altona-Stormarn) mitversorgt. [[1893]]/[[1894|94]] gab es Diskussionen, die Lauenburger vor allem wegen der finanziellen Belastung loszuwerden und sie einen eigenen Verein gründen zu lassen. Dagegen aber wehrten sich die Lauenburger erfolgreich. Die Sozialdemokratie kam somit aus Altona und Hamburg nach Lauenburg.<ref name=":0" />
 
[[1906]] stellte die SPD im Kreis zum ersten Mal einen Parteisekretär an, professionalisierte sich damit und machte sich ein wenig unabhängiger von Altona - allerdings war dieser Schritt nicht ganz unumstritten, da die Mitgliederzahl im Herzogtum Lauenburg und die damit verbundenen Einnahmen noch kein Personal finanzieren konnten. Trotzdem trug die gemeinsame Organisation dann die Kosten.<ref name=":0" />
 
Bei der [[Reichstagswahl 1907]] hatte die SPD dann wirklich das gesamte bürgerliche Lager vereint gegen sich. Dessen Ziel war es, den Wahlkreis der SPD wieder abzuringen. Die überall bestehenden Militärvereine setzten zum Beispiel die Gastwirte unter Druck, keine Räumlichkeiten an Sozialdemokraten zu vermieten. Die bürgerliche Presse feierte die Erfolge dabei. In nur acht Orten konnte die SPD Räume mieten und Wahlveranstaltungen abhalten - ansonsten konnte sie nur Flugblätter verteilen. Die SPD verlor in der Wahl Stimmen und den Wahlkreis.<ref name=":0" />
 
Nach und nach wurde die Parteiorganisation aufgebaut und zum Beispiel auch erste Gemeindevertreter-Posten errungen. Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs wuchs die Kreispartei auf 982 Mitglieder an - 1757 Personen waren Mitglied einer Gewerkschaft. Als sich gegen Ende des Ersten Weltkriegs die USPD von der SPD abspaltete, war die SPD im Kreis Herzogtum Lauenburg davon nur wenig betroffen - einzig der [[Ortsverein Gülzow]] schloss sich der USPD an.<ref name=":0" />
 
=== Weimarer Republik ===
Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs, in der [[Novemberrevolution]] übernahmen auch im Herzogtum Lauenburg Arbeiter- und Soldatenräte die öffentliche Verwaltung. Am [[6. November]] [[1918]] gründete sich in der Garnisonsstadt [[Ortsverein Ratzeburg|Ratzeburg]] ein Soldatenrat. Am [[7. November]] entstand in [[Ortsverein Lauenburg|Lauenburg]] ein Arbeiter- und Soldatenrat, der sogar die "Unterelbische Republik" ausrief. Insgesamt aber war die Arbeiterräte eher brav und nicht auf die große Revolution aus.<ref name=":0" />
 
Die erste Wahl im Kreis war die [[Wahl zur Nationalversammlung 1919]]. Hier holte die [[MSPD]] 41,6% der Stimmen und die [[USPD]] 2,9% - Rückenwind für die Sozialdemokratie. Doch die alten Ressentiments im Bürgertum waren nicht verflogen.
 
Hansjörg Zimmermann berichtet davon, dass der Landrat dazu aufforderte bei der Berichterstattung über die Kandidierenden für die [[Kommunalwahl 1919]] jeweils zu vermerken, ob sie sozialdemokratisch oder bürgerlich seien: "Es wurde der Sozialdemokratie vorgeworfen, 'Politik' in die Gemeindeparlamente zu tragen, wo doch nur 'Wirtschaftsfragen' und 'Verwaltungsangelegenheiten' zu entscheiden seien."<ref name=":0" /> Somit stellte sich auch nach dem Ende des Kaiserreichs sehr bald wieder die alte Konfrontation zwischen "Bürgerblock" und Sozialdemokraten her.


[[1906]] stellte die SPD im Kreis zum ersten Mal einen Parteisekretär an, professionalisierte sich damit und machte sich ein wenig unabhängiger von Altona.<ref name=":0" />


==Geschichte==
===Wiedergründung 1945===
===Wiedergründung 1945===
Direkt nach der Befreiung von der Nazi-Diktatur [[1945]] begannen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Kreis Herzogtum Lauenburg mit der Wiedergründung der SPD - auf Ebene der [[Ortsverein]]e aber auch auf Kreisebene. Eine Gruppe wählte [[Walter Krause]] zum Vorsitzenden. In Absprache mit dem provisorischen [[Landesvorstand|Bezirksvorstand]] in Kiel bemühten sie sich bei der britischen Militärregierung um Zulassung des Kreisvereins. Gleichzeitig versuchte der [[Genosse Krauss]] aus [[Ortsverein Neu Pampau|Neu Pampau]] ebenfalls einen Kreisverein genehmigen zu lassen. Aus [[Ortsverein Aumühle|Aumühle]] gab es eine weitere unabgesprochene Initiative in dieser Richtung.<ref name=":1">Martens, Holger: ''SPD in Schleswig-Holstein 1945-1959'' (Malente 1998) Bd.1 S. 88</ref>  
Direkt nach der Befreiung von der Nazi-Diktatur [[1945]] begannen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Kreis Herzogtum Lauenburg mit der Wiedergründung der SPD - auf Ebene der [[Ortsverein]]e aber auch auf Kreisebene. Eine Gruppe wählte [[Walter Krause]] zum Vorsitzenden. In Absprache mit dem provisorischen [[Landesvorstand|Bezirksvorstand]] in Kiel bemühten sie sich bei der britischen Militärregierung um Zulassung des Kreisvereins. Gleichzeitig versuchte der [[Genosse Krauss]] aus [[Ortsverein Neu Pampau|Neu Pampau]] ebenfalls einen Kreisverein genehmigen zu lassen. Aus [[Ortsverein Aumühle|Aumühle]] gab es eine weitere unabgesprochene Initiative in dieser Richtung.<ref name=":1">Martens, Holger: ''SPD in Schleswig-Holstein 1945-1959'' (Malente 1998) Bd.1 S. 88</ref>  

Version vom 6. Juli 2020, 17:58 Uhr

Der Kreisverband Herzogtum Lauenburg ist eine Gliederung der SPD Schleswig-Holstein. Er umfasst zur Zeit 34 Ortsvereine.

Geschichte

Kaiserreich

"Die Anfänge der Sozialdemokratie in Lauenburg liegen nach wie vor im dunkeln", schrieb Hansjörg Zimmermann 1987.[1] Ob sich das seither geändert hat, konnten wir noch nicht herausfinden. Er stellt als früheste Spuren der Sozialdemokratie in Lauenburg einen Wahlverein für Mölln und Schwarzenbek fest, der 1877 und 1878 erwähnt wird. Vermutlich hat man sich hier aber nur zusammengetan, um gemeinsam für die beiden Reichstagswahlen in den Jahren für die Sozialistische Arbeiterpartei (SAP) zu werben.[1]

Angetreten ist sie im damaligen Reichstagswahlkreis 10 der Provinz Schleswig-Holstein aber bereits zur Reichstagswahl 1875. Sie erreichte 23,7% - beachtlich in einem Wahlkreis mit nur 8% Industriearbeiter. Seither trat die Sozialdemokratie in Lauenburg regelmäßig bei Reichstagswahlen an.[1]

Immer hatte die Sozialdemokratie dabei gegen Obrigkeit, Oberschicht und Presse zu kämpfen. Als die Sozialdemokratie von 1878 bis 1890 verboten war, schaffte es diese Phalanx, die Bewegung und ihre Wähler so einzuschüchtern, dass die Wahlergebnisse auf zwischenzeitlich 0,5% fielen. In der Reichstagswahl 1890 konnte die SPD allerdings direkt wieder 23,7% holen und baute den Stimmenanteil in den folgenden Wahlen deutlich aus.[1]

Einen eigenen Kreisverband konnte es damals noch nicht geben. Das "Verbindungsverbot" erlaubte nur Ortsvereine und überregionale Wahlvereine zu den Reichstagswahlen. Die lokalen Organisationen vernetzten sich über ein System aus Vertrauenspersonen.

Mitglieder in politischen Vereinen dürfen noch bis 1908 nur Männer werden - wählen durften Frauen bis 1918 nicht. Wer in der SPD war, las im Hamburger Rand damals das sozialdemokratische Hamburger Echo oder die Schleswig-Holsteinische Volkszeitung.[1]

Der Landkreis Herzogtum Lauenburg war seit 1876 Teil der Provinz Schleswig-Holstein des Landes Preußen und in Preußen galt das Dreiklassenwahlrecht bei Landtags- und Kommunalwahlen. Die Stimmen von reichen Menschen hatten mehr Gewicht als von einfachen Arbeitern, was es der SPD mit ihrem Wählerklientel schwer machte.

Bis 1900 aber gab es keine richtigen Ortsvereine im Kreis. "Der Grund dafür liegt in einer Überwachungspraxis und Unterdrückung, wie sie den Hochzeiten des Sozialistengesetzes alle Ehre gemacht hatte."[1] Stattdessen gründeten Sozialdemokraten andere Vereine, um sich auszutauschen. "Im Jahre 1913 bestanden mindestens 5 Radfahrvereine, 4 Arbeitergesangsvereine und 2 Pfeifenclubs, die insbesondere zu Zeiten der Reichstagswahlen Aktivitäten entwickelten."[2]

Der erste Ortsverein wurde am 1. Oktober 1900 im damaligen Arbeiterwohnort Grünhof-Tesperhude (heute Teil von Geesthacht) gegründet. Bei der Reichstagswahl 1903 konnte die Sozialdemokratie im Kreis zum ersten Mal ihren Kandidaten Friedrich Lesche durchsetzen. Beflügelt von diesem Erfolg wurden in der Folge weitere Ortsvereine in Schwarzenbek (1903), Wentorf (1904), Ratzeburg (1906), Besenhorst (heute Geesthacht) (1907), Gülzow (1909) und 1911 in Hamwarde, Börnsen und Wohltorf gegründet.[1]

Die gesamte Zeit des Kaiserreichs wurde Lauenburg organisatorisch aus dem Wahlverein des schleswig-holsteinischen Reichstagswahlkreises 8 (Altona-Stormarn) mitversorgt. 1893/94 gab es Diskussionen, die Lauenburger vor allem wegen der finanziellen Belastung loszuwerden und sie einen eigenen Verein gründen zu lassen. Dagegen aber wehrten sich die Lauenburger erfolgreich. Die Sozialdemokratie kam somit aus Altona und Hamburg nach Lauenburg.[1]

1906 stellte die SPD im Kreis zum ersten Mal einen Parteisekretär an, professionalisierte sich damit und machte sich ein wenig unabhängiger von Altona - allerdings war dieser Schritt nicht ganz unumstritten, da die Mitgliederzahl im Herzogtum Lauenburg und die damit verbundenen Einnahmen noch kein Personal finanzieren konnten. Trotzdem trug die gemeinsame Organisation dann die Kosten.[1]

Bei der Reichstagswahl 1907 hatte die SPD dann wirklich das gesamte bürgerliche Lager vereint gegen sich. Dessen Ziel war es, den Wahlkreis der SPD wieder abzuringen. Die überall bestehenden Militärvereine setzten zum Beispiel die Gastwirte unter Druck, keine Räumlichkeiten an Sozialdemokraten zu vermieten. Die bürgerliche Presse feierte die Erfolge dabei. In nur acht Orten konnte die SPD Räume mieten und Wahlveranstaltungen abhalten - ansonsten konnte sie nur Flugblätter verteilen. Die SPD verlor in der Wahl Stimmen und den Wahlkreis.[1]

Nach und nach wurde die Parteiorganisation aufgebaut und zum Beispiel auch erste Gemeindevertreter-Posten errungen. Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs wuchs die Kreispartei auf 982 Mitglieder an - 1757 Personen waren Mitglied einer Gewerkschaft. Als sich gegen Ende des Ersten Weltkriegs die USPD von der SPD abspaltete, war die SPD im Kreis Herzogtum Lauenburg davon nur wenig betroffen - einzig der Ortsverein Gülzow schloss sich der USPD an.[1]

Weimarer Republik

Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs, in der Novemberrevolution übernahmen auch im Herzogtum Lauenburg Arbeiter- und Soldatenräte die öffentliche Verwaltung. Am 6. November 1918 gründete sich in der Garnisonsstadt Ratzeburg ein Soldatenrat. Am 7. November entstand in Lauenburg ein Arbeiter- und Soldatenrat, der sogar die "Unterelbische Republik" ausrief. Insgesamt aber war die Arbeiterräte eher brav und nicht auf die große Revolution aus.[1]

Die erste Wahl im Kreis war die Wahl zur Nationalversammlung 1919. Hier holte die MSPD 41,6% der Stimmen und die USPD 2,9% - Rückenwind für die Sozialdemokratie. Doch die alten Ressentiments im Bürgertum waren nicht verflogen.

Hansjörg Zimmermann berichtet davon, dass der Landrat dazu aufforderte bei der Berichterstattung über die Kandidierenden für die Kommunalwahl 1919 jeweils zu vermerken, ob sie sozialdemokratisch oder bürgerlich seien: "Es wurde der Sozialdemokratie vorgeworfen, 'Politik' in die Gemeindeparlamente zu tragen, wo doch nur 'Wirtschaftsfragen' und 'Verwaltungsangelegenheiten' zu entscheiden seien."[1] Somit stellte sich auch nach dem Ende des Kaiserreichs sehr bald wieder die alte Konfrontation zwischen "Bürgerblock" und Sozialdemokraten her.


Wiedergründung 1945

Direkt nach der Befreiung von der Nazi-Diktatur 1945 begannen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Kreis Herzogtum Lauenburg mit der Wiedergründung der SPD - auf Ebene der Ortsvereine aber auch auf Kreisebene. Eine Gruppe wählte Walter Krause zum Vorsitzenden. In Absprache mit dem provisorischen Bezirksvorstand in Kiel bemühten sie sich bei der britischen Militärregierung um Zulassung des Kreisvereins. Gleichzeitig versuchte der Genosse Krauss aus Neu Pampau ebenfalls einen Kreisverein genehmigen zu lassen. Aus Aumühle gab es eine weitere unabgesprochene Initiative in dieser Richtung.[2]

Siehe auch: Wiedergründung der SPD Schleswig-Holstein

Kreisvorstände

von bis Name Stellvertreter.innen
4. November 2017 Nina Scheer Manfred Börner, Matthias Esche
30. November 2015 4. November 2017 Birgit Wille
26. Oktober 2013 30. November 2015 Kirsten Patzke
6. Oktober 2007 26. Oktober 2013 Peter Eichstädt
1. Juli 1994 6. Oktober 2007 Claudia Preuß-Boehart
13. Juni 1992 1. Juli 1994 Henning Besser
11. Juni 1988 13. Juni 1992 Matthias Esche
27. März 1982 11. Juni 1988 Jürgen Hinz
1971 27. März 1982 Udo Lumma
1967 1971 Rudolf Donath
Juni 1947 1967 Erich Wendicke
März 1946 Juni 1947 Carl Bung
1. Februar 1946 März 1946 Walter Krause[3]
Juni 1933 1945 --- Verbot der SPD
? Juni 1933 Hans Michel[4]

Abgeordnete

Bundestagsabgeordnete

von bis Name Bemerkung
2013 Nina Scheer Wahlkreis 10 – Herzogtum Lauenburg – Stormarn-Süd
2002 Gabriele Hiller-Ohm Wahlkreis 11 – Lübeck
1998 2005 Thomas Sauer Wahlkreis 10
1976 1998 Eckart Kuhlwein
1969 1975 Friedrich Beermann
1961 1969 Fritz Sänger
1949 1961 Wilhelm Gülich 1949-1950 auch Landesfinanzminister

Landtagsabgeordnete

WP Zeit Abgeordnete Bemerkung
19. WP 2017-2022 Kathrin Wagner-Bockey Seit Januar 2020 Kathrin Bockey.
18. WP 2012-2017 Peter Eichstädt, Olaf Schulze Olaf Schulze schied am 1. Januar 2016 aus dem Landtag aus.
17. WP 2009-2012 Peter Eichstädt, Olaf Schulze
16. WP 2005-2009 Peter Eichstädt, Olaf Schulze
15. WP 2000-2005 Peter Eichstädt, Wolfgang Fuß, Maren Kruse
14. WP 1996-2000 Jürgen Hinz, Birgit Küstner Jürgen Hinz rückte am 13. Juni 1997 für Rolf Schroedter nach.
13. WP 1992-1996 Jürgen Hinz, Claudia Preuß-Boehart
12. WP 1988-1992 Jürgen Hinz, Udo Lumma
11. WP 1987-1988 Jürgen Hinz
10. WP 1983-1987 Jürgen Hinz, Udo Lumma
9. WP 1979-1983 Udo Lumma Udo Lumma rückte am 16. November 1982 für Ernst Stojan nach.
8. WP 1975-1979 Jan Sierks, Harry Starck Harry Starck rückte am 29. Oktober 1976 für Günther Heyenn nach.
7. WP 1971-1975 Jan Sierks
6. WP 1967-1971 Rudolf Donath
5. WP 1962-1967 Rudolf Basedau, Hermann Franck
4. WP 1958-1962 Rudolf Basedau, Hermann Franck
3. WP 1954-1958 Rudolf Basedau, Hermann Franck
2. WP 1950-1954 Wilhelm Gülich, Rudolf Basedau, Paul Preuß
1. WP 1947-1950 Karl Müller Karl Müller rückte am 24. November 1947 für Joachim v. d. Lieth nach.

Literatur & Links

Kreisverband Herzogtum Lauenburg
Kreisverband Herzogtum Lauenburg
Kreisverband Herzogtum Lauenburg
Wiedergegründet: 1945
Vorsitzende/r: Nina Scheer
Homepage: http://www.spd-rz.de/

Übersicht

Ortsvereine

Alt-Mölln | Aumühle | Berkenthin | Bliestorf | Börnsen | Breitenfelde | Büchen | Dassendorf | Escheburg | Geesthacht | Groß Grönau | Gudow | Gülzow | Güster | Hamwarde | Hollenbek | Klein-Pampau/Müssen | Kröppelshagen | Krummesse | Labenz | Lauenburg | Linau | Lütau | Mölln | Mustin | Nusse | Ratzeburg | Rosenburg | Schwarzenbek | Siebenbäumen | Sterley | Wentorf bei Hamburg | Witzeeze | Wohltorf

Kreisvorsitzende

Nina Scheer (Seit 2017) | Birgit Wille (2015-1017) | Kirsten Patzke (2013-2015) | Peter Eichstädt (2007-2013) | Claudia Preuß-Boehart (1994-2007) | Henning Besser (1992-1994) | Matthias Esche (1988-1992) | Jürgen Hinz (1982-1988) | Udo Lumma (1971-1982) | Rudolf Donath (1967-1971) | Erich Wendicke (1947-1967) | Carl Bung (1946-1947) | Walter Krause (1945-1946) | Hans Michel (?-1933)


Quellen

  1. 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,10 1,11 1,12 Zimmermann, Hansjörg: Die Sozialdemokratie im Kreis Herzogtum Lauenburg von den Anfängen bis 1933 in: Paetau, Rainer / Rüdel, Holger (Hrsg.): Arbeiter und Arbeiterbewegung in Schleswig-Holstein im 19. und 20. Jahrhundert (Neumünster 1987) ISBN 3-529-02913-0
  2. 2,0 2,1 Martens, Holger: SPD in Schleswig-Holstein 1945-1959 (Malente 1998) Bd.1 S. 88
  3. Trat bereits im März wegen Arbeitsüberlastung zurück
  4. Hans Michel, Mölln †, VZ, 29.6.1948