Kreisverband Kiel - Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF): Unterschied zwischen den Versionen

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Ende der 1960er Jahre veränderte sich die politische Mitwirkung der Frauen:  
Ende der 1960er Jahre veränderte sich die politische Mitwirkung der Frauen:  
: "Daß wir nicht mehr soviel Zuspruch von jungen Frauen hatten, lag in der gesellschaftspolitischen Entwicklung. Die politische Frauenarbeit in den Parteien stützte sich auf die Hausfrauen. [...] Die berufstätigen Mütter waren nicht mehr imstande, beides zu vereinbaren: den Beruf, den Haushalt und die politische Arbeit. Es war also nicht so sehr, daß die jungen Frauen andere Inhalte wollten oder andere Formen, sondern daß sie einfach gar nicht mehr kamen. [...] Dann kam die feministische Frauenbewegung, [...] eine ganz andere Generation, die wollten ganz andere Frauenarbeit machen."<ref>[[Susanne Kalweit]] (Hg.): ''"Ich hab mich niemals arm gefühlt!". Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben'' (Berlin/Hamburg 2010), S. 151 f.</ref>
<blockquote>"Daß wir nicht mehr soviel Zuspruch von jungen Frauen hatten, lag in der gesellschaftspolitischen Entwicklung. Die politische Frauenarbeit in den Parteien stützte sich auf die Hausfrauen. [...] Die berufstätigen Mütter waren nicht mehr imstande, beides zu vereinbaren: den Beruf, den Haushalt und die politische Arbeit. Es war also nicht so sehr, daß die jungen Frauen andere Inhalte wollten oder andere Formen, sondern daß sie einfach gar nicht mehr kamen. [...] Dann kam die feministische Frauenbewegung, [...] eine ganz andere Generation, die wollten ganz andere Frauenarbeit machen."<ref>[[Susanne Kalweit]] (Hg.): ''"Ich hab mich niemals arm gefühlt!". Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben'' (Berlin/Hamburg 2010), S. 151 f.</ref></blockquote>


== Literatur & Links ==
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== Einzelnachweise ==  
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[[Kategorie:Kreisverband Kiel]]
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[[Kategorie:Frauen- und Gleichstellungspolitik]]
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Version vom 14. April 2021, 02:45 Uhr

Antje Möller-Neustock

Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen im Kreisverband Kiel gibt es seit etwa 1972. Die AsF Schleswig-Holstein wurde ab 1972 maßgeblich von Elisabeth Orth aufgebaut. Bald darauf dürfte sich auch die Kieler AsF gebildet haben.

Aktivitäten

Seit 2020 bietet die ASF einen monatlichen "Frauenstammtisch" an, zu dem auch Nichtmitglieder eingeladen sind. Er geht auf eine Initiative von Friederike Marie Wenk zurück und findet zur Zeit lebhaften Zuspruch, auch wenn er wegen der Pandemie-Beschränkungen häufig in digitaler Form stattfindet. Schon 2011 bot die ASF auf Anregung von Marion Engmann ein regelmäßiges "ASF-Café" an, das Frauen, die zu den Vorstandssitzungen nicht kommen konnten oder wollten, die Möglichkeit geben sollte, ihre Anliegen zu diskutieren. Damals schlief es nach einigen Monaten zunächst wieder ein.

In der Kommunalwahl 2013 fand auf Druck der ASF zum ersten Mal der "Reißverschluss" Anwendung, der Frauen zumindest auf der Liste gleiche Präsenz sichert. Dies wurde auf dem Kreisparteitag vom 14. Juni 2012 mit großer Mehrheit beschlossen. Mit dem bis Position 32 quotierten Listenvorschlag, den der Kreisvorstand der Kreismitgliederversammlung am 15. Dezember 2012 vorlegte und der ohne jeden Versuch der Änderung beschlossen wurde, setzte die Kreispartei diesen Beschluss um. Für Kiel sollte das Verfahren allerdings weitgehend unwirksam bleiben, weil in den meisten Wahlkreisen die SPD direkt gewählt wird. Unter den direkt Aufgestellten machen Frauen nur ein Drittel aus; sie erhalten in der Regel auch nicht die sicheren Wahlkreise. Dadurch sinkt der Frauenanteil in der Kieler Ratsversammlung nach jeder Wahl und erhöht sich erst mit zunehmendem Wechsel in der Fraktion und Rückgriff auf die Liste wieder.

Am 13. Januar 2012 organisierte die ASF im Kulturforum eine Open-Space-Veranstaltung zu der Frage Wie muss moderne Frauenpolitik aussehen? Bevor zehn Fachfrauen aus allen gesellschaftlichen Bereichen - nicht alle aus der SPD - mit den Teilnehmerinnen diskutierten, trug Kreisvorsitzender Rolf Fischer dem Plenum seine Erwartungen an moderne Frauenpolitik vor. Nicht zuletzt plädierte er für eine Auseinandersetzung mit den Vorstellungen und Rechten von Migrantinnen.[1]

Im Januar 2011 wurde Ingrid Lietzow ins Sprecherinnengremium des Frauenbündnisses Kiel gewählt. Dort und als Ratsfrau setzte sie sich vehement für die Unterstützung und verbesserte Ausstattung der Kieler Frauen-Facheinrichtungen ein, die durchweg als autonome Gruppen oder private Vereine mit ehrenamtlicher Arbeit begonnen und sich im Laufe der Jahre professionalisiert haben. Einige waren - und sind - in ihrer Arbeit führend in Deutschland.

Gemeinsame Protestveranstaltung ASF Kiel und Frauenbündnis

Auf die Ankündigung der Regierung, fast allen Frauenfacheinrichtungen die Landesgelder (von denen in der Regel auch die Höhe weiterer Zuwendungen abhing) zu kürzen oder zu streichen, reagierten das Frauenbündnis Kiel und die ASF mit der Organisation breiter Proteste. Teil davon war eine Veranstaltung am 19. August 2010, zu der alle Kieler Landtagsabgeordneten eingeladen wurden; die meisten kamen, um sich den kritischen Fragen der Frauen zu stellen.

Nur wenig später trafen sich die Frauen bei Heide Simonis, um weitere Protestaktionen zu beraten. Neben einer Plakataktion wurde beschlossen, ein Bündnis aus Betroffenen der geplanten Kürzungen (die weit über den Frauenbereich hinaus Menschen trafen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen waren) zu unterstützen. Am 8. September 2010 beteiligte sich die ASF an einen Demonstrationszug des Bündnisses zum Landeshaus. Viele Frauen trugen weiße T-shirts mit roten Farbspritzern, um die 'mörderische' Sozialpolitik der Regierung zu versinnbildlichen.

Etwa um diese Zeit plante(!) die ASF auch ihre erste Homepage.

Zur Jahreshauptversammlung (JHV) am 3. Juni 2010 trafen sich die Frauen im Veranstaltungszentrum "Pumpe" mit der neuen Kieler Wirtschaftsdezernentin Ute Berg, der Journalistin Susanne Gaschke und dem Kreisvorsitzenden Rolf Fischer zu einer Podiumsdiskussion über die Frage, was den Frauen für die gleichberechtigte Teilhabe an allen gesellschaftlichen Bereichen noch fehlt.[2]

Nach zwei Wahlen, in denen der Anteil der Frauen, die SPD wählten, deutlich zurückgegangen war, hatte die ASF schon am 4. März 2010 Vertreterinnen aus den Ortsvereinen zu einem Brainstorming eingeladen, um sich über die Ursache dieser Entwicklung klarzuwerden und wenn möglich gegenzusteuern. Zwei Drittel der Ortsvereine nahmen an dem von Gesine Stück moderierten Treffen teil. Es wurde Klartext geredet, wie das Fazit zeigt:

"Neben einigen positiven Äußerungen war auch deutliche Kritik zu hören. Ganz oben stand das mangelnde Engagement. Themen wie Unterstützung für Alleinerziehende, das Einsetzen für kostenlose warme Mahlzeiten in den KITAS und überhaupt der Ausbau der Kindertageseinrichtungen wurden kaum von Frauen in unserer Kreispartei wahrnehmbar aufgegriffen. [...] Heute werden wir als angepasst, unscheinbar, orientierungslos und lieb wahrgenommen. [...] Klar gibt es Frauen in unserer Partei, die auch nach außen wahrgenommen werden, unsere Stadtpräsidentin, unsere Fraktionsvorsitzende, jetzt auch unsere neue Dezernentin. Nur.. die Themen, die speziell Frauen in ihren unterschiedlichen Lebens- und Interessenlagen angehen, [kommen] nicht rüber. [...]

Frauenthemen sind Themen, die alle angehen. Ob es sich um gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit handelt, ob es um Familienpolitik geht, um unterschiedliche Lebensmodelle, alles dies sind Fragen an die Gesellschaft, nicht nur an die Frauen. Und bis auf wenige Männer sind es immer noch die Frauenorganisationen, die diese Themen ansprechen. [Doch] Themen wie - Missbrauch, Vergewaltigung, alltäglicher Sexismus, sind nicht sexy. Und doch ist es notwendiger denn je, sie anzusprechen, und zur Abhilfe beizutragen. Auch dazu hat sich die AsF immer bekannt.

Wir müssen wieder lernen, selbstbewusst unsere Themen - auch innerhalb der Partei - zu artikulieren und durchzusetzen.

Ich will nicht mehr mit einem Mann diskutieren, ob Mädchenhäuser noch notwendig sind. Ich weiß das, und fast alle anderen Frauen wissen das auch. Also müssen wir diese Dinge durchsetzen. Mit Kraft, mit Selbstbewusstsein und mit Spass an der Aufgabe."[3]

Ingrid Lietzow führte nach ihrer Wahl in den Vorsitz das "Frauenfrühstück" ein - Begegnungsrunden, auf denen z.B. Vertreterinnen der Kieler Frauen-Facheinrichtungen die Möglichkeit haben, Politiker*innen auf kommunaler, Landtags- oder Bundestagsebene direkt und informell ihre Situation und ihre Bedarfe darzulegen. So luden am 29. Januar 2009 Vertreterinnen der ASF, des Kreisvorstandes und der Ratsfraktion zum Treffen Starke Frauen - starke Stadt. Welche Unterstützung benötigen Frauenberatungsstellen? ein. Diesem Thema stellte sich neben den Landtagsabgeordneten Rolf Fischer und Bernd Heinemann auch der Oberbürgermeisterkandidat Torsten Albig.

Die Beziehungen zur Gewerkschaft sind traditionell sehr eng. In der JHV am 30. Juni 2009 im Legienhof sprach die ver.di-Bezirksgeschäftsführerin Susanne Schöttke über Gewerkschaft und AsF - Wie wir von einander lernen können.

Im Juni 2008 bot die ASF zusammen mit dem Juso-Kreisvorstand eine Diskussion zur Gentechnik an: Gentechnik und Mensch - Die sortierte Gesellschaft?[4] Zur JHV am 16. September 2008 im Walter-Damm-Haus folgte eine Diskussion mit dem Vorsitzenden der Ratsfraktion und Gewerkschafter Ralph Müller-Beck über Mindestlohn, gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit - welche Perspektiven gibt es für Frauen?

Schon seit 1994 beteiligt sie sich am Arbeitskreis der Kieler Frauenorganisationen zum Internationalen Frauentag am 8. März, der jährlich eine gemeinsame Hauptveranstaltung plant, der sich weitere Angebote und Aktionen anschließen. Aus diesem Arbeitskreis ist auch das Frauenbündnis Kiel entstanden.

Vorsitzende

Ingrid Lietzow

Mitglieder

Grundsätzlich ist jede SPD-Frau Mitglied der ASF. Am 31. Dezember 2009 hatte die Kieler ASF somit 563 Mitglieder, d.h. 35,08 Prozent der Mitglieder im Kreisverband Kiel waren weiblich. Damit lag sie leicht über dem Landesdurchschnitt von 34,8 Prozent und an vierter Stelle im Lande.

Frühere Mitgliederstände sind bisher nicht ermittelt. Zur Landesfrauenkonferenz 1976 entsandte die Kieler ASF jedoch 29 Delegierte, darunter bekannte Namen wie Heike Breuer, Elfriede Düppe, Rosemarie Fleck, Dolly Franke, Gertrud Hirsch, Liesel Hofer, Magda Jung, Lotti Krabbenhöft, Käthe Langmann, Silke Reyer, Thea Wind und Betty Witte.[5]

Frauenarbeit vor 1972

[[Datei:{{#setmainimage:Frieda Bendfeldt c 1966.jpg}}|thumb|200px|Frieda Bendfeldt, ca. 1966]]Ortsfrauengruppen hatte es in der Partei bereits vor 1933 gegeben. Nach dem Ende der NS-Diktatur nahmen sie 1945 die politische Frauenarbeit wieder auf, seit 1959 zusammengefasst in "Kreisfrauengruppen" und hauptamtlich von der Landesgeschäftsstelle aus betreut, durch Franz Osterroth und seine Nachfolgerin Rosa Wallbaum. In Kiel waren zunächst im wesentlichen Frauen aktiv, die die Frauenarbeit auch vor 1933 getragen hatten. In Hassee war das etwa Dora Damm (1891-1949), die die dortige Ortsfrauengruppe bereits von 1925 bis 1933 geleitet hatte und unter den Nazis wegen "illegaler" Betätigung in Haft gewesen war. 1952 übernahm Rosa Wallbaum die Hasseer Frauengruppe und wurde auch Stellvertreterin von Frieda Bendfeldt als Leiterin der Kreisfrauengruppe Kiel.

In den 1950er Jahren gab es in allen 14 Kieler Distrikten Frauengruppen mit reger Beteiligung, wie Rosa Wallbaum anlässlich der Aufnahme des Ortsvereins Suchsdorf in den Kreisverband Kiel berichtete.[6]

Frieda Bendfeldt leitete die Kreisfrauengruppe ab etwa 1949.[7] Zwar war sie bereits 1926 der SPD beigetreten, zählte aber 1945 zu den Nachwuchsfrauen der Partei. Ihr folgte 1969 als Leiterin Trudel Hempel.

Ende der 1960er Jahre veränderte sich die politische Mitwirkung der Frauen:

"Daß wir nicht mehr soviel Zuspruch von jungen Frauen hatten, lag in der gesellschaftspolitischen Entwicklung. Die politische Frauenarbeit in den Parteien stützte sich auf die Hausfrauen. [...] Die berufstätigen Mütter waren nicht mehr imstande, beides zu vereinbaren: den Beruf, den Haushalt und die politische Arbeit. Es war also nicht so sehr, daß die jungen Frauen andere Inhalte wollten oder andere Formen, sondern daß sie einfach gar nicht mehr kamen. [...] Dann kam die feministische Frauenbewegung, [...] eine ganz andere Generation, die wollten ganz andere Frauenarbeit machen."[8]

Literatur & Links

Einzelnachweise

  1. Wozu noch Frauenpolitik?, Wir in Schleswig-Holstein, 2/2012
  2. Jahreshauptversammlung der AsF mit Diskussion zur Frauenpolitik, unveröff. Presseinfo der ASF Kiel, 4.6.2010
  3. Die Verfasserin dieses Fazits ist nicht genannt; die Wahrscheinlichkeit spricht für die Vorsitzende Ingrid Lietzow.
  4. Rechenschaftsbericht des Kieler ASF-Kreisvorstandes: 4.5.2007-18.8.2008
  5. Lt. Liste vom 3.3.1976, Akten des Kreisverbandes Kiel - ASF
  6. Protokoll OV Suchsdorf, 3.1.1958
  7. Kieler Nachrichten, 17.7.1969
  8. Susanne Kalweit (Hg.): "Ich hab mich niemals arm gefühlt!". Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben (Berlin/Hamburg 2010), S. 151 f.