Kreisverband Kiel - Stadtregierung

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Kiels Stadtregierung ist in den letzten 100 Jahren seiner Geschichte vielfach sozialdemokratisch bestimmt gewesen.

Die Stadt war infolge ihrer Entwicklung zum Industrie- und Werftenstandort in den 1870er Jahren und auf Grund der Einstufung als Reichskriegshafen politisch und sozial stark durch die Arbeiterbewegung geprägt. Lediglich das undemokratische Wahlrecht verhinderte bis 1918, das sich dies auch in der Stadtvertretung und -regierung abbildete.

Seit 1945 konnte sich nur selten eine Mehrheit gegen die SPD bilden. In der Weimarer Republik war dies noch anders, jedoch konnte sich die SPD - zumal nach dem Wiederzusammenschluss mit der USPD - mit Personalien mehrfach durchsetzen. Daher gehörten viele der OberbürgermeisterInnen, der BürgermeisterInnen und der StadtpräsidentInnen der SPD an.

OberbürgermeisterInnen

Die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister von Kiel werden seit 1997, wie die BürgermeisterInnen in ganz Schleswig-Holstein, direkt von den Wahlberechtigten gewählt. Seitdem hat Kiel vier SPD-OberbürgermeisterInnen gehabt:

Unter der Magistratsverfassung, die von 1950 bis 1996 galt, gab es bereits 5 SPD-Oberbürgermeister:

Entwicklung des Amtes

Den Titel "Oberbürgermeister" trägt der Kieler Verwaltungschef seit 1875. Die Bezeichnung "Bürgermeister" ging auf seinen Stellvertreter über. In der Kaiserzeit war es völlig undenkbar, dass ein Sozialdemokrat Stadtrat, geschweige denn Oberbürgermeister hätte werden können.[9]

Auch in der Weimarer Republik bekam Kiel jedoch noch keinen sozialdemokratischen Oberbürgermeister. Die mehrheitlich der SPD und USPD angehörende Stadtverordnetenversammlung wählte 1920 den bürgerlich-liberalen Dr. Emil Lueken auf zwölf Jahre. Er wurde 1932 wiedergewählt, bevor ihn die Nazis 1933 vertrieben.

In der NS-Zeit fanden keine wirklichen Wahlen statt; der NS-Oberbürgermeister wurde von seiner Partei eingesetzt und führte die Stadt ungewählt 12 Jahre lang.

Danach galt bis 1950 die von der britischen Besatzungsmacht eingeführte Kommunalverfassung, in der das Oberbürgermeisteramt ehrenamtlich besetzt war und rein repräsentative Aufgaben hatte, ähnlich wie ein britischer Lord Mayor. Die Leitung der Verwaltung lag beim Oberstadtdirektor, damals Walther Lehmkuhl. 1945/46 setzten die Briten mehrere Oberbürgermeister ein, die aus verschiedenen Gründen nur kurz blieben, einige davon aus der CDU.

Der erste war Max Emcke (15. Mai 1945 - 15. Februar 1946), damals Mitglied der CDU, die er aber 1950 verließ, weil sie ihm zu rechts gerichtet war[10]. 1966 trat er der SPD bei. Trotz großer Verdienste wurde Max Emcke auf Anweisung des Alliierten Kontrollrats im Februar 1946 abgesetzt. Die Gründe sind bis heute nicht geklärt.

Ihm folgte - bereits nach Wahl durch die Stadtvertretung - kurzzeitig der vorherige Bürgermeister Otto Tschadek (16. Februar - 11. März 1946)[11], der schon vier Wochen später in seine Heimatstadt Wien zurückkehrte, wo er in Abwesenheit ins Parlament gewählt worden war und später zum Justizminister ernannt wurde. Sein Stellvertreter und der seines Nachfolgers war Bürgermeister Andreas Gayk.

Nach einem unbefriedigenden konservativen Zwischenspiel akzeptierten die Besatzungsbehörden schließlich die Wahl von Andreas Gayk zum Oberbürgermeister (18. Oktober 1946 - 20. April 1950).

Nach dem Weggang von Oberstadtdirektor Walther Lehmkuhl, der 1950 zum Oberbürgermeister von Neumünster gewählt wurde, kehrte Kiel zur Magistratsverfassung und damit zur Hauptamtlichkeit des Oberbürgermeisters zurück. Er übernahm wieder die Leitung der Verwaltung, das Amt des Oberstadtdirektors fiel weg.

OB-KandidatInnen

Einige andere bekannte Kieler Sozialdemokraten sind nicht Oberbürgermeister geworden. So wurden als mögliche Nachfolger für Hans Müthling zunächst Hermann Köster und Rolf Renger gehandelt[12], als Nachfolger für Günther Bantzer Hartmut Lippe und Claus Möller, der aber eine Bewerbung ablehnte.[13] Nach dem Rücktritt von Torsten Albig und von Susanne Gaschke wurde jeweils Rolf Fischer ins Gespräch gebracht, der ebenfalls beide Male ablehnte, sich zu bewerben. Auch Andreas Breitner zog es vor, in die Landesregierung zu wechseln.[14]

BürgermeisterInnen

Bürgermeister, d.h. Stellvertreter des Oberbürgermeisters, ist traditionell der Stadtkämmerer; das Vorschlagsrecht für dieses Amt hat in der Regel die Opposition. Von 1970 bis 1978 bekleidete aber der Sozialdemokrat Achim Barow das Amt des Bürgermeisters und Kämmerers. Danach wechselte er an die Spitze der Versorgung und Verkehr Kiel GmbH, VVK. Die auf Vorschlag der GRÜNEN 1996 von der Ratsversammlung zur Sozialdezernentin gewählte Annegret Bommelmann war die erste Bürgermeisterin der Stadt; seit 2019 ist es die ebenfalls GRÜNE Renate Treutel.

In der Weimarer Republik gelang es den Sozialdemokraten - nachdem man nach der Novemberrevolution den sehr geschätzten Liberalen Dr. Fritz Gradenwitz im Amt belassen hatte - 1925 den eigenen Kandidaten Hermann Heimerich durchzubringen. Als er Kiel 1928 wieder verließ, um Oberbürgermeister von Mannheim zu werden, wurde die Stelle zumindest bis August 1932 nicht wieder besetzt.[15]

StadtbaurätInnen

Kiels bauliche Entwicklung wurde in mehreren Phasen entscheidend von renommierten sozialdemokratischen oder der SPD nahe stehenden Stadtbauräten bestimmt. Während der Weimarer Republik war dies Willy Hahn, nach dem Krieg sind vor allem Prof. Herbert Jensen (der schon seit etwa 1934 städt. Baudirektor war) und Klaus Müller-Ibold zu nennen, auch Eberhard Kulenkampff, der für die Baumaßnahmen zu den olympischen Segelwettbewerben in Kiel 1972 verantwortlich war, und Otto Flagge, der u.a. wesentliche Impulse für die Hörnsanierung gab. Der bisher letzte Sozialdemokrat in diesem Amt war Ronald Klein-Knott.

Seit 2017 ist zum erstenmal eine Stadtbaurätin im Amt, die parteilose Doris Grondke.

Weitere StadträtInnen

Vor 1933

In der Kaiserzeit mit ihrem undemokratischen Wahlrecht gelangte kein Sozialdemokrat in den Magistrat. Erst 1917 gaben die bürgerlichen Kräfte ihren Widerstand auf; Daniel Rindfleisch wurde zum ehrenamtlichen Magistratsmitglied gewählt, im Jahr darauf Wilhelm Brecour und - als Nachfolger des verstorbenen Daniel Rindfleisch - Wilhelm Poller.[16]

Ab 1919 galt für die Wahl ehrenamtlicher Stadträte die Verhältniswahl; die SPD konnte vier unbesoldete Stadträte wählen, darunter die bereits Genannten, und als hauptamtlichen Stadtrat den Genossen Greß. 1924 errang die SPD nur 20 von 66 Ratssitzen und nur zwei unbesoldete Magistratssitze.

Nach 1945

Stadtverordnetenvorsteher und StadtpräsidentInnen der SPD

Zwar gelang es der SPD schon im Kaiserreich, in den Wahlen Stadtverordnete durchzubringen. Aber erst ab 1919 gab es SPD-Mehrheiten, die dann auch die Stadtverordnetenvorsteher (wie der Titel des obersten Repräsentanten der Selbstverwaltung damals lautete) stellten. Dies waren:

StadtpräsidentInnen als oberste RepräsentantInnen der Stadt gibt es erst seit der Einführung der Magistratsverfassung im Jahr 1950. Die SPD stellte bis heute die Hälfte von ihnen, allerdings mit einer gesamten Amtszeit von bisher 43 von 66 Jahren[20]. Unter ihnen waren bis heute drei Frauen:

Literatur

  • Wilhelm Brecour: Die sozialdemokratische Partei in Kiel. Ihre geschichtliche Entwicklung (Kiel 1932, Neudruck Kiel 1983)

Links

Quellen

  1. Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke, abgerufen 8.9.2015
  2. Oberbürgermeister Torsten Albig, abgerufen 8.9.2015
  3. Oberbürgermeister Norbert Gansel, abgerufen 8.9.2015
  4. Oberbürgermeister Otto Kelling, abgerufen 8.9.2015
  5. Oberbürgermeister Karl-Heinz Luckhardt, abgerufen 8.9.2015
  6. Oberbürgermeister Günther Bantzer, abgerufen 8.9.2015
  7. Biografie Oberbürgermeister Hans Müthling, abgerufen 8.9.2015
  8. Biografie Oberbürgermeister Andreas Gayk, abgerufen 8.9.2015
  9. Brecour: Partei, S. I-89
  10. Biografie Oberbürgermeister Emcke, abgerufen 8.9.2015
  11. Biografie Oberbürgermeister Otto Tschadek, abgerufen 8.9.2015
  12. Ph(Gottfried H. Philipp):Als neuer Oberbürgermeister Günther Bantzer im Gespräch, Kieler Nachrichten, 7.8.1965
  13. Gottfried H. Philipp: Günther Bantzer wird nicht wieder als Oberbürgermeister kandidieren, Kieler Nachrichten, ??.7.1979
  14. Martina Drexler: SPD-Frauen bleiben nicht allein, Kieler Nachrichten, 13.7.2012
  15. Brecour: Partei, S. I-94
  16. Brecour: Partei, S. I-89
  17. Stadtverordnetenvorsteher Christian Haß, abgerufen 31.1.2017
  18. Stadtverordnetenvorsteher Heinrich Jacobs, abgerufen 31.1.2017
  19. Stadtverordnetenvorsteher Wilhelm Spiegel, abgerufen 31.1.2017
  20. Stand 2016.
  21. Stadtpräsidentin Silke Reyer, abgerufen 31.1.2017
  22. Stadtpräsidentin Ida Hinz, abgerufen 31.1.2017
  23. Stadtpräsident Hermann Köster, abgerufen 31.1.2017
  24. Stadtpräsident Max Schmidt, abgerufen 31.1.2017