Landtagswahl 1979

Aus SPD Geschichtswerkstatt
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"Einer für uns" - Plakat zur Landtagswahl 1979

Die Landtagswahl 1979 fand am 29. April 1979 statt. Zum zweiten Mal war der 38-jährige Klaus Matthiesen Spitzenkandidat. Knapp 1200 Stimmen fehlten der SPD am Ende zum Wahlsieg.[1]

Programm

Zum ersten Mal wurde ein Wahlprogramm umfangreich mit der Öffentlichkeit diskutiert. Der Landesparteitag in Neumünster hat am 10. Juni 1978 einen Entwurf beschlossen und zum weiteren Verfahren bei der Diskussion des Schwerpunkte-Programms den folgenden Beschluss gefasst:

"Der Landesparteitag verabschiedet den vorliegenden Entwurf eines Schwerpunkt-Programms zur Landtagswahl vorläufig als Wahlplattform für Partei und Öffentlichkeit. Die weitere Diskussion orientiert sich an den Schwerpunkten und politischen Grundsatzentscheidungen des vorliegenden Entwurfs. Landtagsfraktion und Landesverband führen zu diesen Schwerpunkten eine Anhörung von Verbänden- und Organisationen durch. Die Parteiorganisation bleibt aufgefordert, in innerparteilicher wie breiter öffentlicher Diskussion die mit der Wahlkampfplattform gesetzten landespolitischen Schwerpunkte mit ihren politischen Grundaussagen weiter zu konkretisieren. Ein zweiter Parteitag im Herbst wird die Ergebnisse dieser innerparteilichen Diskussion und des Dialogs mit der Öffentlichkeit in die Wahlplattform einarbeiten und in ein konkretes Aktionsprogramm umsetzen."[2]

Mit der Vorlage des Heftes "Zur Diskussion für 1979 – Schwerpunkte für unser Land" wurde der Wortlaut[2] des Schwerpunkte-Programms der SPD in Schleswig-Holstein zur Diskussion gestellt. Der Landesvorstand der SPD bat um Kritik und Anregungen zu diesem Entwurf. Alle Kandidatinnen und Kandidaten waren dazu aufgefordert in 200 Gesprächen mit Bürgerinnen, Bürgern, Vereinen, Verbänden, Gewerkschaften usw. über den Entwurf zu diskutieren.[3] Ein weiterer Landesparteitag hat das Ergebnis der Diskussion in ein konkretes Aktionsprogramm für Schwerpunkte künftiger sozialdemokratischer Regierungspolitik einarbeitet und beschlossen.

Kandidatinnen und Kandidaten

Die Liste wurde auf dem Landesparteitag im Juni 1978 gewählt.

Schattenkabinett

Vor der Wahl stellte Klaus Matthiesen (38) seine Regierungsmannschaft im Hotel "Kieler Kaufmann" vor. Dazu gehörten:[4]

  • Björn Engholm (40) für Erziehung, Bildung, Wissenschaft und Forschung mit den Schwerpunkten kinderfreundliche Schule und Sicherung der Chancen der jungen Generation
  • Kurt Hamer (53) für Finanz- und Kommunalpolitik mit den Schwerpunkten Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen und der Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung
  • Helmut Rohde (54) für Arbeitsmarkt, Sozial- und Strukturpolitik mit den Schwerpunkten arbeitsmarktorientierte Wirtschaftspolitik und Entwicklung der sozialen Dienste
  • Heide Simonis (36) für Bund-Länder-Politik mit den Schwerpunkten Beziehungen zwischen Schleswig-Holstein und dem Bund auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Verkehrspolitik
  • Cornelie Sonntag (37) für Frauen-, Jugend-, Familien- und Kulturpolitik mit den Schwerpunkten Gleichstellung der Frau und Kultur- und Kunstförderung
  • Rudolf Wassermann (54) für Recht und Justiz mit den Schwerpunkten Schutz des Bürgers, bürgernahe Rechtsprechung und Reform des Strafvollzuges

Wahlabend

Von einem "Wahlkrimi, der selbst einen Hitchcock noch in den Schatten stellte", sprach die Presse.[5]

"Um 19:00 Uhr sehen erste Hochrechnungen die CDU knapp in Führung. Gegen 20:30 Uhr wendet sich das Blatt. [Der SSW, die] von der Fünf-Prozent-Klausel befreite Partei der dänischen Minderheit bangt den ganzen Abend lang um ihr einziges Mandat. Ihr Vormann Karl Otto Meyer durchlebt verschiedene Rollen: Je nach Hochrechnung ist er mal einfaches Landtagsmitglied, mal Ex-Abgeordneter und mal Zünglein an der Waage. Denn zwischenzeitlich ist auch ein Patt möglich. Meyers Stimme gäbe dann den Ausschlag [...].

Zudem hat eine neue politische Kraft die Bühne betreten. Die "Grüne Liste" geht erstmals an den Start, und die Demoskopen trauen ihr den Sprung in den Landtag zu.

Nach stundenlangem Hin und Her steht gegen Mitternacht fest: Stoltenberg hat es noch einmal geschafft. Die CDU verliert zwar rund zwei Prozentpunkte, erreicht mit 48,3 Prozent aber die nötigen 37 Mandate. Eine erstarkte SPD, eine geschwächte FDP sowie SSW-Mann Meyer kommen auf 36. Lediglich 1.169 Stimmen fehlen der SPD, um die CDU-Mehrheit zu brechen - bei knapp 1,6 Millionen Wählern. Und: Die CDU hat eine Mehrheit im Landtag, obwohl sie 8.742 Stimmen weniger erringt als die drei anderen Parteien. Das damalige Berechnungsverfahren macht es möglich."[6]

Die SPD verlor also die Wahl, erreichte aber mit 41,7% ihr bestes Ergebnis bei einer Landtagswahl seit 1947. Ein Mandat fehlte zur Bildung einer Koalition mit FDP und Südschleswigschem Wählerverband (SSW). Die "Grüne Liste Schleswig-Holstein" erhielt nur 2,4% der Stimmen und verfehlte den Einzug in den Landtag. Die SPD und Klaus Matthiesen sahen sich durch die Kandidatur der GRÜNEN um die Mehrheit gebracht.

"Die Öko-Partei habe 'Wahlkampf ausschließlich gegen die SPD' betrieben, schimpft deren Fraktionsvorsitzender Matthiesen. Die Umweltbewegung machte Front gegen die Atompläne der Bundesregierung unter SPD-Kanzler Helmut Schmidt. Dadurch seien tausende Stimmen 'verschenkt' worden, die nun für einen Wechsel in Kiel fehlten, meint Matthiesen."[7]

Dieser Umstand belastete das Verhältnis zwischen SPD und GRÜNEN über längere Zeit[8] und sorgte bei Klaus Matthiesen für ein dauerhaft gestörtes Verhältnis zu der neuen Partei.[9]

"Ministerpräsident Stoltenberg macht aber nicht nur enttäuschte SPD-Anhänger unter den Grünen-Wählern aus. '35 bis 40 Prozent' seien wertkonservative ehemalige CDU-Unterstützer, so Stoltenberg."[10]

Ergebnis

Spendenmarke aus dem Wahlkampf
Prozent Änderung Sitze
SPD 41,7 % +1,6 31
CDU 48,3 % -2,1 37
FDP 5,7 % -1,4 4
SSW 1,4 % ± 0,0 1
Sonstige 2,9 %

Wahlbeteiligung: 83,28 %

  • SSW = Südschleswigscher Wählerverband

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Strothmann, Dietrich: Wahl in Schleswig-Holstein: In Kiel sehen viele schwarz, DIE ZEIT, 11.3.1983
  2. 2,0 2,1 Beschlussdatenbank: Zur Diskussion für 1979 – Schwerpunkte für unser Land (1978)
  3. Rechenschaftsbericht 1977-1979
  4. Die Ablösung. in: wir, Sonderausgabe Nr. 4
  5. Kieler Nachrichten, 30.4.1979
  6. 1979, 1992, 2005: Kieler Wahlnächte sind lang, DER LANDTAG 01/2017, S. 28
  7. 1979, 1992, 2005: Kieler Wahlnächte sind lang, DER LANDTAG 01/2017, S. 28
  8. Rave, Klaus/Richter, Bernhard: Im Aufwind. Schleswig-Holsteins Beitrag zur Entwicklung der Windenergie (Neumünster 2008), ISBN 978-3-529-05429-7, S. ?
  9. Beucker, Pascal/Meiser, Thomas: Ein streitlustiger Sozialdemokrat - Nachruf auf Klaus Matthiesen, taz ruhr, 17.12.1998
  10. 1979, 1992, 2005: Kieler Wahlnächte sind lang, DER LANDTAG 01/2017, S. 28