Paul Bromme: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Paul Franz Rudolf Bromme''', * [[24. Dezember]] [[1906]] in Ronneburg (Thüringen), † [[2. Februar]] [[1975]] in Lübeck; Journalist. Verwitwet, 1 Kind; evangelisch. Mitglied der SPD seit [[1927]].
'''Paul Franz Rudolf Bromme''', * [[24. Dezember]] [[1906]] in Ronneburg (Thüringen), † [[2. Februar]] [[1975]] in Lübeck; Journalist. Mitglied der SPD ab [[1927]], ausgeschlossen [[1973]].


== Leben & Beruf ==
== Leben & Beruf ==
Paul Bromme entstammte einer sozialdemokratischen Familie. Sein Vater [[William Bromme]] leitete seit [[1905]] in Ronneburg eine Produktivgenossenschaft für Arbeiterfußbekleidung. [[1909]] wurde er zum Parteisekretär in Lübeck gewählt und wurde dort [[1919]] Senator. Der Sohn besuchte nacheinander die Volks-, Mittel- und Oberrealschule, die er mit dem Abitur abschloss. Nach dem Studium der Staatswissenschaften (Jura und Volkswirtschaft) an der Universität Hamburg von [[1926]] bis [[1928]] wandte er sich - wie zeitweise sein Vater - dem Journalismus zu. Ab [[1930]] arbeitete er für den ''[[Lübecker Volksbote|Lübecker Volksboten]]''.
Paul Bromme entstammte einer sozialdemokratischen Familie. Sein Vater [[William Bromme]] leitete seit [[1905]] in Ronneburg eine Produktivgenossenschaft für Arbeiterfußbekleidung. [[1909]] wurde er zum Parteisekretär in Lübeck gewählt und wurde dort [[1919]] Senator. Der Sohn besuchte nacheinander die Volks-, Mittel- und Oberrealschule, die er mit dem Abitur abschloss. Nach dem Studium der Staatswissenschaften (Jura und Volkswirtschaft) an der Universität Hamburg von [[1926]] bis [[1928]] wandte er sich - wie zeitweise sein Vater - dem Journalismus zu. Ab [[1930]] arbeitete er für den ''[[Lübecker Volksbote|Lübecker Volksboten]]''.


Nach Beginn der NS-Diktatur [[1933]] ging er in den [[Widerstand]], musste aber schon im Mai in die Tschechoslowakei emigrieren. [[1934]] ging er nach Dänemark und im nächsten Jahr nach Schweden, von wo er sich am verdeckten Transport antifaschistischer Broschüren und Flugblätter nach Deutschland beteiligte. Zwischen [[1938]] und [[1940]] lebte er zeitweise in Norwegen, arbeitete als Journalist auch mit [[Willy Brandt]] zusammen. Zurück in Schweden war er von [[1941]] bis [[1947]] außenpolitischer Redakteur der regionalen sozialdemokratischen Tageszeitung ''Örebro-Kuriren''.  
Paul Bromme war verheiratet; seine Frau starb vor ihm. Das Ehepaar hatte ein Kind.


Nach seiner Rückkehr nach Lübeck [[1948]] übernahm er zunächst die Leitung des städtischen Presseamtes, war dann von [[1949]] bis [[1951]] Chefredakteur der sozialdemokratischen ''[[Lübecker Freie Presse|Lübecker Freien Presse]]''. Als diese in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, verlor er [[1953]] seine politischen Ämter, bis er durch eine Untersuchung der Vorwürfe entlastet wurde.  
=== NS-Diktatur ===
Nach Beginn der NS-Diktatur [[1933]] ging er in den [[Widerstand]], musste aber schon im Mai in die Tschechoslowakei emigrieren. [[1934]] ging er nach Dänemark und im Jahr darauf nach Schweden, von wo er sich am verdeckten Transport antifaschistischer Broschüren und Flugblätter nach Deutschland beteiligte. Zwischen [[1938]] und [[1940]] lebte er zeitweise in Norwegen, arbeitete als Journalist auch mit [[Willy Brandt]] zusammen. Zurück in Schweden war er von [[1941]] bis [[1947]] außenpolitischer Redakteur der regionalen sozialdemokratischen Tageszeitung ''Örebro-Kuriren''.  


== Partei & Politik ==
== Partei & Politik ==
Im schwedischen Exil beteiligte sich Paul Bromme an Versuchen, die antifaschistische Emigration zu einen, etwa durch Bemühungen um eine Volksfront mit KPD und anderen, auch durch Versuche, die in Skandinavien lebenden deutschen und österreichischen Sozialisten zu organisieren. Er wurde dem linken Flügel der Partei zugerechnet.  
Paul Bromme trat [[1927]] in die SPD ein. Im schwedischen Exil beteiligte er sich an Versuchen, die antifaschistische Emigration zu einen, etwa durch Bemühungen um eine Volksfront mit KPD und anderen, auch durch Versuche, die in Skandinavien lebenden deutschen und österreichischen Sozialisten zu organisieren. Damals wurde er dem linken Flügel der Partei zugerechnet.
 
Nach seiner Rückkehr nach Lübeck [[1948]] wurde er zunächst Leiter des städtischen Presseamtes, von [[1949]] bis [[1951]] dann Chefredakteur der sozialdemokratischen ''[[Lübecker Freie Presse|Lübecker Freien Presse]]''. Als diese in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, wurde er mitverantwortlich gemacht und verlor [[1953]] seine politischen Ämter, bis er durch eine Untersuchung entlastet wurde.
 
Von [[1948]] bis [[1952]] und wieder von [[1955]] bis [[1956]] übernahm er den Vorsitz der [[Kreisverband Lübeck|Lübecker SPD]].
 
Ab [[Bezirksparteitag 1955, Lübeck|1955]] war er Mitglied im [[Landesvorstand|Bezirksvorstand]], [[Landesparteitag 1963, Husum|1963]] als stellvertretender Vorsitzender, aber schon [[Landesparteitag 1965, Travemünde|1965]] wieder als Beisitzer. Ab [[Landesparteitag 1969, Tönning|1969]] gehörte er dem Landesvorstand nicht mehr an.


=== Kommunalpolitik ===
=== Kommunalpolitik ===
[[1948]] übernahm er den Vorsitz der [[Kreisverband Lübeck|Lübecker SPD]]. Im selben Jahr wurde er in die Lübecker Bürgerschaft gewählt, der er bis [[1974]] angehörte, und wurde Fraktionsvorsitzender. Ab [[1954]] gehörte er außerdem dem Lübecker Senat an, wo er in den Folgejahren als Senator für Kommunale Angelegenheiten bzw. für Fremdenverkehr und Wirtschaftsförderung amtierte. [[1956]] wurde er zusätzlich zum 1. stellvertretenden Bürgermeister Lübecks gewählt. Im Laufe der Jahre saß er in den Aufsichtsräten verschiedener Wirtschaftsunternehmen.
[[1948]] wurde er in die Lübecker Bürgerschaft gewählt, der er bis [[1974]] angehörte, und wurde Fraktionsvorsitzender. Ab [[1954]] war er außerdem Senator für Kommunale Angelegenheiten bzw. später für Fremdenverkehr und Wirtschaftsförderung. [[1956]] wurde er zudem zum 1. stellvertretenden Bürgermeister Lübecks gewählt. Im Laufe der Jahre vertrat er die Stadt in den Aufsichtsräten verschiedener Wirtschaftsunternehmen.  
 
=== Landesvorstand ===
Wann er in den [[Landesvorstand]] gewählt wurde, ist noch nicht ermittelt; [[Landesparteitag 1963, Husum|1963]] war er stellvertretender Vorsitzender, aber schon [[Landesparteitag 1965, Travemünde|1965]] nur Beisitzer. [[Landesparteitag 1969, Tönning|1969]] gehörte er dem Landesvorstand nicht mehr an.


=== Bundestag und Landtag ===
=== Bundestag und Landtag ===
In der [[Bundestagswahl 1949]] wurde er für den Wahlkreis 9 (Lübeck) mit 35,8 Prozent in den Bundestag gewählt, aber nur für eine Wahlperiode. In den Landtagswahlen [[Landtagswahl 1954|1954]], [[Landtagswahl 1958|1958]] und [[Landtagswahl 1962|1962]] wurde er jeweils im Wahlkreis 34 (Lübeck-Travemünde) direkt gewählt, in der [[Landtagswahl 1967]] im Wahlkreis 35 (Lübeck-Ost).  
In der [[Bundestagswahl 1949]] wurde er für den Wahlkreis 9 (Lübeck) mit 35,8% in den Bundestag gewählt, aber nur für eine Wahlperiode. In den Landtagswahlen [[Landtagswahl 1954|1954]], [[Landtagswahl 1958|1958]] und [[Landtagswahl 1962|1962]] wurde er jeweils im Wahlkreis 34 (Lübeck-Travemünde) direkt zum MdL gewählt, in der [[Landtagswahl 1967]] im Wahlkreis 35 (Lübeck-Ost).  


Er arbeitete mit im Innenausschuss, in den Ausschüssen für Justiz, Wirtschaft (Vorsitz in der 6. Wahlperiode), die Wahrung der Rechte der Volksvertretung, für Verfassung und Geschäftsordnung (Vorsitz in der 4. Wahlperiode), zuletzt im Verkehrsausschuss sowie im Ausschuss Kommunaler Investitionsfonds.
Im Landtag arbeitete er mit im Innenausschuss, in den Ausschüssen für Justiz, für Wirtschaft (Vorsitz in der 6. Wahlperiode), für die Wahrung der Rechte der Volksvertretung, für Verfassung und Geschäftsordnung (Vorsitz in der 4. Wahlperiode), zuletzt im Verkehrsausschuss sowie im Ausschuss Kommunaler Investitionsfonds.


Darüber hinaus war er Vorstandsmitglied der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft Bonn.  
Darüber hinaus war er Vorstandsmitglied der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft Bonn.  


=== Parteiausschluss ===
=== Parteiausschluss ===
[[1973]] wurde Paul Bromme als einer der Organisatoren der [[Julius Leber|Julius-Leber-Gesellschaft]], in der sich SPD-Mitglieder vom rechten Flügel sammelten, die gegen das von Jungsozialisten propagierte Imperative Mandat waren, aus der Partei ausgeschlossen.  
[[1973]] wurde Paul Bromme als einer der Organisatoren der [[Julius Leber|Julius-Leber-Gesellschaft]], in der sich SPD-Mitglieder vom rechten Flügel gegen das von Jungsozialisten propagierte Imperative Mandat wandten, aus der Partei ausgeschlossen.  
: Vier Jahre brauchte es, bis der parteiinterne Streit mit Lübecker Genossen vom sozialdemokratischen Informationsbrief als „gütlich beigelegt“ gemeldet werden konnte. Unmittelbar nach dem Tod ihres langjährigen Kampfgefährten Paul Bromme fanden jetzt einige hanseatische Genossen zurück vom rechten Weg in die alte Marschrichtung.
<blockquote>"Vier Jahre brauchte es, bis der parteiinterne Streit mit Lübecker Genossen vom sozialdemokratischen Informationsbrief als 'gütlich beigelegt' gemeldet werden konnte. Unmittelbar nach dem Tod ihres langjährigen Kampfgefährten Paul Bromme fanden jetzt einige hanseatische Genossen zurück vom rechten Weg in die alte Marschrichtung.<br>
 
[[Horst Göldner]], Oberlandeskirchenrat, vor wenigen Monaten wie der ehemalige Wirtschaftssenator Paul Bromme wegen parteischädigenden Verhaltens aus der SPD ausgeschlossen, und [[Heinrich Bruhn]], der eine Rüge hatte einstecken müssen, wurden damit rehabilitiert. Sie alle waren nicht müde geworden, auf ihre Partei einzuschlagen. In einer Zeitungsanzeige gar forderten sie die Wähler auf, nicht für die SPD zu stimmen, die in Schleswig-Holstein unter [[Jochen Steffen|Steffen]] sich zu einer reinen Klassenkampforganisation entwickelt habe.<br>
: Horst Göldner, Oberlandeskirchenrat, vor wenigen Monaten wie der ehemalige Wirtschaftssenator Paul Bromme wegen parteischädigenden Verhaltens aus der SPD ausgeschlossen, und Heinrich Bruhn, der eine Rüge hatte einstecken müssen, wurden damit rehabilitiert. Sie alle waren nicht müde geworden, auf ihre Partei einzuschlagen. In einer Zeitungsanzeige gar forderten sie die Wähler auf, nicht für die SPD zu stimmen, die in Schleswig-Holstein unter Steffen sich zu einer reinen Klassenkampforganisation entwickelt habe.
Ausgangspunkt ihrer Attacke war ein [[Kreisverband Lübeck - Kreisparteitag|Kreisparteitagsbeschluß der Lübecker SPD]] zum imperativen Mandat. [[1971]] hatten die Hanseaten beschlossen, daß Bürgerschaftsmitglieder an die Beschlüsse der Partei gebunden seien. Die Gruppe um Bromme machte daraufhin in der neugegründeten 'Julius-Leber-Gesellschaft' öffentlich Stimmung gegen die Mutterpartei. Im übrigen wurde sie auch nicht müde, auf ihre ehemals innige Freundschaft mit [[Willy Brandt]] hinzuweisen. Das alles führte bei den [[Kommunalwahl 1974|Kommunalwahlen]] zu einem Desaster für die SPD; die CDU errang in Lübeck die absolute Mehrheit.<br>
 
Nun entschuldigten sich Bruhn und Göldner dafür, 'die Grenzen sozialdemokratischer Solidarität' verletzt zu haben. Gleichzeitig stellte die Parteischiedskommission fest, der Lübecker Beschluß dürfe nur gemäß der Bonner SPD-Vorstandsdirektive vom Februar [[1971]] interpretiert werden. Darin heißt es: 'Die Unabhängigkeit der durch Volkswahl gewählten Mandatsträger in Bund, Ländern und Gemeinden darf nicht angetastet werden.' Für Paul Bromme kommt die Rehabilitation zu spät. Ihm bescheinigte der trauernde [[Landesvorstand]] jedoch, stets ein 'konsequenter Sozialdemokrat' gewesen zu sein."<ref>''Alte Marschrichtung'', DIE ZEIT, 14.2.1975</ref> </blockquote>
: Ausgangspunkt ihrer Attacke war ein Kreisparteitagsbeschluß der Lübecker SPD zum imperativen Mandat. 1971 hatten die Hanseaten beschlossen, daß Bürgerschaftsmitglieder an die Beschlüsse der Partei gebunden seien. Die Gruppe um Bromme machte daraufhin in der neugegründeten „Julius-Leber-Gesellschaft“ öffentlich Stimmung gegen die Mutterpartei. Im übrigen wurde sie auch nicht müde, auf ihre ehemals innige Freundschaft mit Willy Brandt hinzuweisen. Das alles führte bei den Kommunalwahlen zu einem Desaster für die SPD; die CDU errang in Lübeck die absolute Mehrheit.
 
: Nun entschuldigten sich Bruhn und Göldner dafür, „die Grenzen sozialdemokratischer Solidarität“ verletzt zu haben. Gleichzeitig stellte die Parteischiedskommission fest, der Lübecker Beschluß dürfe nur gemäß der Bonner SPD-Vorstandsdirektive vom Februar 1971 interpretiert werden. Darin heißt es: „Die Unabhängigkeit der durch Volkswahl gewählten Mandatsträger in Bund, Ländern und Gemeinden darf nicht angetastet werden.Für Paul Bromme kommt die Rehabilitation zu spät. Ihm bescheinigte der trauernde Landesvorstand jedoch, stets ein „konsequenter Sozialdemokrat“ gewesen zu sein."<ref>''Alte Marschrichtung'', DIE ZEIT, 14.2.1975</ref>  
   
   
== Veröffentlichungen ==  
== Veröffentlichungen ==  
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== Literatur ==
== Literatur ==
*[[Ulrich Meyenborg]]: ''Paul Bromme (1906-1975). Ein Sozialdemokrat im politischen Exil und in der Lübecker Nachkriegspolitik. Erinnerungen und Einschätzungen'' (''Kleine Hefte zur Stadtgeschichte'' 22, Lübeck 2013)
*[[Ulrich Meyenborg|Meyenborg, Ulrich]]: ''Paul Bromme (1906-1975). Ein Sozialdemokrat im politischen Exil und in der Lübecker Nachkriegspolitik. Erinnerungen und Einschätzungen'' (''Kleine Hefte zur Stadtgeschichte'' 22, Lübeck 2013)
*Thomas Pusch: ''[http://www.akens.org/akens/texte/diverses/pusch.pdf Politisches Exil als Migrationsgeschichte. Schleswig-Holsteiner EmigrantInnen und das skandinavische Exil 1933-1960]'' (Diss., Flensburg 2003), S. 390–409
*Pusch, Thomas: ''[http://www.akens.org/akens/texte/diverses/pusch.pdf Politisches Exil als Migrationsgeschichte. Schleswig-Holsteiner EmigrantInnen und das skandinavische Exil 1933-1960]'' (Diss., Flensburg 2003), S. 390–409
*Rudolf Vierhaus und Ludolf Herbst (Hrsg.): ''Biographisches Handbuch der Mitglieder des Deutschen Bundestages 1949–2002. Band 1, A–M''(München 2002) ISBN 3-598-23781-2, S. 102.
*Vierhaus, Rudolf / Herbst, Ludolf (Hrsg.): ''Biographisches Handbuch der Mitglieder des Deutschen Bundestages 1949–2002. Band 1, A–M''(München 2002) ISBN 3-598-23781-2, S. 102.


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== Quellen ==
== Einzelnachweise ==
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[[Kategorie:Kreisverband Lübeck]]
[[Kategorie:3. Wahlperiode|Bromme, Paul]]
[[Kategorie:EmigrantIn]]
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[[Kategorie:Landesvorstand 1959-1961]]
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Aktuelle Version vom 1. Dezember 2022, 04:19 Uhr

Paul Bromme
Paul Bromme
Paul Bromme
Geboren: 24. Dezember 1906
Gestorben: 2. Februar 1975

Paul Franz Rudolf Bromme, * 24. Dezember 1906 in Ronneburg (Thüringen), † 2. Februar 1975 in Lübeck; Journalist. Mitglied der SPD ab 1927, ausgeschlossen 1973.

Leben & Beruf

Paul Bromme entstammte einer sozialdemokratischen Familie. Sein Vater William Bromme leitete seit 1905 in Ronneburg eine Produktivgenossenschaft für Arbeiterfußbekleidung. 1909 wurde er zum Parteisekretär in Lübeck gewählt und wurde dort 1919 Senator. Der Sohn besuchte nacheinander die Volks-, Mittel- und Oberrealschule, die er mit dem Abitur abschloss. Nach dem Studium der Staatswissenschaften (Jura und Volkswirtschaft) an der Universität Hamburg von 1926 bis 1928 wandte er sich - wie zeitweise sein Vater - dem Journalismus zu. Ab 1930 arbeitete er für den Lübecker Volksboten.

Paul Bromme war verheiratet; seine Frau starb vor ihm. Das Ehepaar hatte ein Kind.

NS-Diktatur

Nach Beginn der NS-Diktatur 1933 ging er in den Widerstand, musste aber schon im Mai in die Tschechoslowakei emigrieren. 1934 ging er nach Dänemark und im Jahr darauf nach Schweden, von wo er sich am verdeckten Transport antifaschistischer Broschüren und Flugblätter nach Deutschland beteiligte. Zwischen 1938 und 1940 lebte er zeitweise in Norwegen, arbeitete als Journalist auch mit Willy Brandt zusammen. Zurück in Schweden war er von 1941 bis 1947 außenpolitischer Redakteur der regionalen sozialdemokratischen Tageszeitung Örebro-Kuriren.

Partei & Politik

Paul Bromme trat 1927 in die SPD ein. Im schwedischen Exil beteiligte er sich an Versuchen, die antifaschistische Emigration zu einen, etwa durch Bemühungen um eine Volksfront mit KPD und anderen, auch durch Versuche, die in Skandinavien lebenden deutschen und österreichischen Sozialisten zu organisieren. Damals wurde er dem linken Flügel der Partei zugerechnet.

Nach seiner Rückkehr nach Lübeck 1948 wurde er zunächst Leiter des städtischen Presseamtes, von 1949 bis 1951 dann Chefredakteur der sozialdemokratischen Lübecker Freien Presse. Als diese in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, wurde er mitverantwortlich gemacht und verlor 1953 seine politischen Ämter, bis er durch eine Untersuchung entlastet wurde.

Von 1948 bis 1952 und wieder von 1955 bis 1956 übernahm er den Vorsitz der Lübecker SPD.

Ab 1955 war er Mitglied im Bezirksvorstand, 1963 als stellvertretender Vorsitzender, aber schon 1965 wieder als Beisitzer. Ab 1969 gehörte er dem Landesvorstand nicht mehr an.

Kommunalpolitik

1948 wurde er in die Lübecker Bürgerschaft gewählt, der er bis 1974 angehörte, und wurde Fraktionsvorsitzender. Ab 1954 war er außerdem Senator für Kommunale Angelegenheiten bzw. später für Fremdenverkehr und Wirtschaftsförderung. 1956 wurde er zudem zum 1. stellvertretenden Bürgermeister Lübecks gewählt. Im Laufe der Jahre vertrat er die Stadt in den Aufsichtsräten verschiedener Wirtschaftsunternehmen.

Bundestag und Landtag

In der Bundestagswahl 1949 wurde er für den Wahlkreis 9 (Lübeck) mit 35,8% in den Bundestag gewählt, aber nur für eine Wahlperiode. In den Landtagswahlen 1954, 1958 und 1962 wurde er jeweils im Wahlkreis 34 (Lübeck-Travemünde) direkt zum MdL gewählt, in der Landtagswahl 1967 im Wahlkreis 35 (Lübeck-Ost).

Im Landtag arbeitete er mit im Innenausschuss, in den Ausschüssen für Justiz, für Wirtschaft (Vorsitz in der 6. Wahlperiode), für die Wahrung der Rechte der Volksvertretung, für Verfassung und Geschäftsordnung (Vorsitz in der 4. Wahlperiode), zuletzt im Verkehrsausschuss sowie im Ausschuss Kommunaler Investitionsfonds.

Darüber hinaus war er Vorstandsmitglied der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft Bonn.

Parteiausschluss

1973 wurde Paul Bromme als einer der Organisatoren der Julius-Leber-Gesellschaft, in der sich SPD-Mitglieder vom rechten Flügel gegen das von Jungsozialisten propagierte Imperative Mandat wandten, aus der Partei ausgeschlossen.

"Vier Jahre brauchte es, bis der parteiinterne Streit mit Lübecker Genossen vom sozialdemokratischen Informationsbrief als 'gütlich beigelegt' gemeldet werden konnte. Unmittelbar nach dem Tod ihres langjährigen Kampfgefährten Paul Bromme fanden jetzt einige hanseatische Genossen zurück vom rechten Weg in die alte Marschrichtung.

Horst Göldner, Oberlandeskirchenrat, vor wenigen Monaten wie der ehemalige Wirtschaftssenator Paul Bromme wegen parteischädigenden Verhaltens aus der SPD ausgeschlossen, und Heinrich Bruhn, der eine Rüge hatte einstecken müssen, wurden damit rehabilitiert. Sie alle waren nicht müde geworden, auf ihre Partei einzuschlagen. In einer Zeitungsanzeige gar forderten sie die Wähler auf, nicht für die SPD zu stimmen, die in Schleswig-Holstein unter Steffen sich zu einer reinen Klassenkampforganisation entwickelt habe.
Ausgangspunkt ihrer Attacke war ein Kreisparteitagsbeschluß der Lübecker SPD zum imperativen Mandat. 1971 hatten die Hanseaten beschlossen, daß Bürgerschaftsmitglieder an die Beschlüsse der Partei gebunden seien. Die Gruppe um Bromme machte daraufhin in der neugegründeten 'Julius-Leber-Gesellschaft' öffentlich Stimmung gegen die Mutterpartei. Im übrigen wurde sie auch nicht müde, auf ihre ehemals innige Freundschaft mit Willy Brandt hinzuweisen. Das alles führte bei den Kommunalwahlen zu einem Desaster für die SPD; die CDU errang in Lübeck die absolute Mehrheit.

Nun entschuldigten sich Bruhn und Göldner dafür, 'die Grenzen sozialdemokratischer Solidarität' verletzt zu haben. Gleichzeitig stellte die Parteischiedskommission fest, der Lübecker Beschluß dürfe nur gemäß der Bonner SPD-Vorstandsdirektive vom Februar 1971 interpretiert werden. Darin heißt es: 'Die Unabhängigkeit der durch Volkswahl gewählten Mandatsträger in Bund, Ländern und Gemeinden darf nicht angetastet werden.' Für Paul Bromme kommt die Rehabilitation zu spät. Ihm bescheinigte der trauernde Landesvorstand jedoch, stets ein 'konsequenter Sozialdemokrat' gewesen zu sein."[1]

Veröffentlichungen

Ehrungen

Am 27. Mai 1968 wurde Paul Bromme das Große Bundesverdienstkreuz verliehen.

Literatur

Links

Einzelnachweise

  1. Alte Marschrichtung, DIE ZEIT, 14.2.1975