Provinzialparteitag 1900, Kiel

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Provinzialparteitag Kiel 1900
26. August - 27. August 1900
Englischer Garten
Eckernförder Straße 20
Kiel
Siehe auch: Beschlussdatenbank


Der Provinzialparteitag für Schleswig-Holstein, Hamburg und das Herzogtum Lauenburg fand am 26. und 27. August im "Englischen Garten" statt.

Ablauf

"Der Parteitag, der neunte seit Erlöschen des Sozialistengesetzes, tagt im äußert geschmackvoll dekorierten "Englischen Garten". Gegenüber dem reichdrapierten, von lorbeerbekränzten Büsten Marx' und Lassalles flankierten Vorstandspodium ist an der Brüstung der Gallerie (sic!) das umflorte Bildnis Liebknechts angebracht, ihm gegenüber dasjenige Stephan Heinzels. Der Eröffnung des Parteitages ging voran eine Hafenrundfahrt der Delegierten und der Kieler Parteigenossen, die sich bis zur See erstreckte. Sie soll sehr stürmisch gewesen sein. Um 4 Uhr wurden die Verhandlungen eingeleitet durch den Vortrag des Festgrußes von Buhr, der von den Sängern trefflich zu Gehör gebracht wurde."[1]

Postkarte: Englischer Garten, um 1900

Nach der Begrüßung durch den Kieler SPD-Vorsitzenden Wilhelm Brecour und den Formalitäten und der Toten-Ehrung beginnt der Parteitag mit dem Bericht des Vorsitzenden der Agitationskommission, Heinrich Lienau. Es folgt eine Aussprache.

Der Bericht der Mandatprüfungskommission ergibt: 66 Delegierte sind anwesend. Dazu kommen Agitationskommission, Presskommission, Parteizeitung und Abgeordnete - insgesamt 83 stimmberechtigte Personen.[2]

Hermann Adam berichtet für die Presskommission. Auch hier gibt es eine Aussprache. "Alle Anträge zur Presse wurden abgelehnt."[2]

Kommunalwahlprogramm

Ein wichtiger Punkt der Tagesordnung betrifft das erste Kommunalwahlprogramm. Der Provinzialparteitag 1899 hatte eine Kommission damit beauftragt, ein Programm für kommende Kommunalwahlen zu erarbeiten.[3] Nun wurden erste Vorschläge vorgelegt.

Wilhelm Brecour führte in das Thema ein. Der wies darauf hin, dass der SPD-Theoretiker Karl Kautsky habe das Programm geprüft und die Einleitung verfasst habe. Karl Frohme als Co-Referent kritisiert das Programm. Die SPD befasse sich noch nicht lange mit Kommunalpolitik, weil man durch sie einen "Verflachung" befürchtete. Zu viele Punkte im vorliegenden Entwurf seinen keine Probleme, die man kommunal lösen könne. Einige Punkte gehörten auch schlicht gar nicht in ein sozialdemokratisches Programm.[4]

Nach diesem Doppelbericht endete der Sonntag-Vormittag und die Delegierten besichtigten die Parteidruckerei.

Nachmittags geht es weiter. Mit einer längeren Aussprache zum Programm. Karl Frohme beantragt, das Kommunalwahlprogramm noch einmal zu überarbeiten und auf dem Provinzialparteitag 1901 in Altona wieder vorzulegen. Da der Altona beantragt hatte, dass Parteitag nur alle zwei Jahre stattfinden sollen, wird zunächst über diesen Antrag abgestimmt und er wird abgelehnt.

Danach wird dem Antrag von Karl Frohme zugestimmt. In die Kommission für die Überarbeitung werden neben Karl Frohme, Wilhelm Brecour, Paul Hug, Hinsche-Lägerdorf und Jacobsen-Lokstedt gewählt.[5]

Weitere Beschlüsse

Die Agitationskommission wurde im Amt bestätigt, ihr Sitz blieb in Neumünster und sie solle ihre Bericht zukünftig vor dem Parteitag in der Presse veröffentlichen. Der nächste Provinzialparteitag findet in Altona statt.

"Mit einem begeisterten dreifachen Hoch auf die internationale völkerbefreiende Sozialdemokratie wird der Parteitag geschlossen. Die Delegierten singen vor dem Verlassen des Lokals stehend den ersten Vers der Arbeitermarseillaise."[5]

Einzelnachweise

  1. Lübecker Volksbote, Ausgabe 199 vom 28.08.1900
  2. 2,0 2,1 Lübecker Volksbote, Ausgabe 200 vom 29.08.1900
  3. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 45
  4. Lübecker Volksbote, Ausgabe 201 vom 30.08.1900
  5. 5,0 5,1 Lübecker Volksbote, Ausgabe 202 vom 31.08.1900