Siegfried Zimmermann

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Siegfried Zimmermann
Siegfried Zimmermann
Siegfried Zimmermann
Geboren: 16. Februar 1933
Gestorben: 18. März 2010

Siegfried Zimmermann, * 16. Februar 1933 in Swinemünde/Pommern (heute Świnoujście/Polen); † 18. März 2010 in Kiel. Mitglied der SPD spätestens ab 1962.

Werdegang

Siegfried Zimmermann kam nach der NS-Herrschaft mit seiner Familie als Flüchtling oder Vertriebener des 2. Weltkrieges nach Kiel. Er machte sein Abitur an der Hebbelschule, studierte Jura und legte schon nach sechs Semestern 1956 das 1. juristische Staatsexamen ab. Als Referendar war er "politisch und wissenschaftlich für den damaligen Direktor der Bibliothek für Weltwirtschaft tätig". Er wurde Rechtsanwalt, dann auch Notar und hatte ab 1962 eine eigene Kanzlei in der Holstenstraße.[1] Privat lebte der "Fliegenträger in Permanenz" mit seiner Ehefrau Ilse in einem Haus mit Garten in Schilksee.[2]

1970 ließ er sich darauf ein, Geschäftsführer und später Gesellschafter zweier Firmen der Baubranche zu werden, für deren Führung er "jedoch kein unternehmerisches Geschick" mitbrachte, und "ihm fehlte auch das notwendige Glück". Für den Versuch, Liquiditätsschwierigkeiten der Firmen zu überbrücken, griff er auf ihm anvertraute Mandantengelder zurück. Dafür musste er sich später vor Gericht verantworten. Ihm wurde Untreue in sieben Fällen vorgeworfen, ein Schaden von insgesamt etwa 1 Mio. DM. Das Gericht hielt ihm zugute, dass er zum einen von Anfang an "tatkräftig an der Aufklärung des komplizierten Sachverhalts" mitgewirkt und sich selbstkritisch gezeigt hatte; zum anderen hatte er sich an diesen Geldern nicht persönlich bereichert. Dazu kam, dass er für seine Verfehlungen, wie es im Plädoyer seines Anwalts heißt, bereits mit dem "Verlust seines Berufes, seiner gesellschaftlichen und politischen Stellung und seines privaten Glücks" bestraft worden sei.[1]

Er verlor seine Zulassung als Rechtsanwalt und Notar sowie seine Position als führendes Mitglied der Ratsversammlung, also seine gesamte Lebensgrundlage. Bei Berücksichtigung aller Umstände sah das Gericht angesichts der Schwere der Vergehen keine Möglichkeit, eine Bewährungsstrafe zu verhängen. Siegfried Zimmermann wurde zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt. Der Untertitel des KN-Berichts, Um Karriere und Glück gebracht, traf ganz offenbar den Kern.[1]

Zur Zeit des Verfahrens arbeitete er als kaufmännischer Angestellter; seine Kanzlei ist seit 1979 nicht mehr im Kieler Adressbuch verzeichnet. Später soll er nach Erinnerungen von Genossen aus dieser Zeit wieder als Angestellter in einer Anwaltskanzlei gearbeitet haben, allerdings nicht als Anwalt.

Seine Frau Ilse hielt offenbar zu ihm. Die beiden wohnten bis zu ihrem Tod in der Feldstraße 117. Siegfried Zimmermann starb am 18. März 2010, seine Frau am 13. November desselben Jahres.[3]

Kommunalpolitik

Siegfried Zimmermann in der Ratsversammlung, Dezember 1972

In der Kommunalwahl 1962 wurde Siegfried Zimmermann zum ersten Mal in die Kieler Ratsversammlung gewählt, im Wahlkreis 27 (Schilksee), und gehörte der Ratsversammlung bis zu seinem Rücktritt im August 1975 an. Von 1966 bis 1972 war er ehrenamtlicher Sportdezernent. Im Januar 1972 wählte ihn die Ratsfraktion als Nachfolger von Fritz Quade zum Vorsitzenden.[4] Er setzte sich mit deutlichem Vorsprung gegen Wilhelm Marschner durch.[5]

Im Sommer 1975 kam es zu einem Konflikt zwischen Siegfried Zimmermann und seinem Ortsverein Schilksee. Der Ortsverein sah keine Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr gegeben. Die Ratsfraktion stellte sich hinter ihren Vorsitzenden, schaltete die Kontrollkommission ein und drohte ihrerseits den verantwortlichen Mitgliedern des Ortsvereins mit einem Parteiausschlussverfahren.[6] Dabei ging es um ein Schilkseer Bauprojekt, wo ihr Ratsherr und andere Fraktionsmitglieder - so sah es der Ortsverein - sich nicht an einen von diesem gefassten Beschluss gehalten hätten. Wie die Sache ausging, ist noch nicht ermittelt.

Nach der verlorenen Kommunalwahl 1974 stellte die Kieler SPD nach der CDU nur noch die zweitgrößte Fraktion. Das führte zu Reibungen innerhalb der Ratsfraktion. Siegfried Zimmermann hatte den Kurs seines Vorgängers Heinz Lüdemann, der mit einem rein hauptamtlichen Magistrat arbeiten wollte, nie für richtig gehalten.[7] Er strebte angesichts der Mehrheitsverhältnisse eine Beteiligung der CDU im hauptamtlichen Magistrat an, konnte sich damit in seiner Fraktion aber nicht durchsetzen. Im August 1975 legte er den Fraktionsvorsitz und sein Ratsmandat nieder. Gegenüber der Presse verwies er für seine Entscheidung auf persönlich-berufliche Gründe, aber auch auf die Entwicklung in der SPD-Ratsfraktion.[8] Zu seinem Nachfolger wurde Egon Müller gewählt.

Ehrungen

Am 23. Oktober 1974 erhielt Siegfried Zimmermann in Anerkennung seines kommunalpolitischen Engagements die Freiherr-vom-Stein-Medaille des Landes Schleswig-Holstein.[9]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 mu: Seiltanz mit fremden Geldern, Kieler Nachrichten, 31.10.1978. Dort auch alle Zitate.
  2. Kieler Nachrichten, 28.6.1973. Dort auch das Zitat.
  3. Auskunft des Archivs der Landeshauptstadt Kiel vom 22.9.2023
  4. SPD-Ratsfraktion Kiel: 1946-2016 Jubiläum der SPD-Ratsfraktion (Kiel 2017)
  5. hg[Horst Gerschewski]: SPD wählte Zimmermann, Kieler Nachrichten, 13.1.1972
  6. Ph: Vertrauen für Siegfried Zimmermann, Kieler Nachrichten, 5.7.1973
  7. Kieler Nachrichten, 14.4.1975
  8. Kieler Nachrichten, 10.6.1975
  9. Kieler Nachrichten, 24.10.1974