Ortsverein Kiel-Süd

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Der Ortsverein Kiel-Süd ist eine Gliederung des Kreisverbandes Kiel.

Das Kerngebiet des Ortsvereins bilden heute die Quartiere um Schützenpark und Südfriedhof und das Stormarnviertel. Er wird unter anderem begrenzt durch den Hasseldieksdammer Weg, die Ringstraße, die Kaistraße und den Theodor-Heuss-Ring.

Geschichte

Vorläufer des Ortsvereins war bis zum Verbot 1933 der Distrikt Kiel-Süd, einer der sieben Distrikte des Sozialdemokratischen Vereins Groß-Kiel. Er umfasste ein deutlich größeres Gebiet als heute. Die konstituierende Distrikts-Versammlung fand laut Protokollbuch[1] am 21. September 1911 im Gasthaus 'Collosseum' statt. Unter Punkt 1 der Tagesordnung berichtete Edmund Söhnker, Vorsitzender der Kreispartei bis 1912, über "Die Organisation in Groß-Kiel". Unter Punkt 2 wurde er dann mit 267 zu 110 Stimmen zum Distriktsvorsitzenden gewählt, die Genossin Attenberger und die Genossen Wegner und Friedrich Schwarz zu Beisitzern. Letzterer wurde zum Schriftführer bestimmt. Unter dem Punkt "Verschiedenes" wurde beantragt, künftige Vorstandssitzungen möglichst im Gewerkschaftshaus abzuhalten.

Diesem Antrag kam der Vorstand im nächsten Monat nach. Am 5. Oktober tagte er im Gewerkschaftshaus. Nach dem Standardpunkt "Aufnahme neuer Mitglieder" berichtete Carl Ratz vom deutschen Parteitag in Jena, Heinrich Bielenberg vom Provinzial-Parteitag in Eutin. Am 19. Oktober tagte der Vorstand in den 'Centralhallen'. Der Genosse A. Verdiek ging noch einmal auf den Provinzial-Parteitag in Eutin ein und Genosse Wegner wurde für die Pressekommission der Partei vorgeschlagen.

Am 11. Juli 1912 wurde ein neuer Vorstand gewählt. Edmund Söhnker kandidierte nicht wieder; neuer Vorsitzender war Genosse Fröhlich - vermutlich Oskar Fröhlich, der 1915 auch den Vorsitz der Kreispartei übernahm. Ansonsten blieb der Vorstand unverändert. Am 18. April 1913 wurde Genosse Fröhlich wiedergewählt, Genosse Wegner wurde Stellvertreter und Otto Kühnert Schriftführer. Die Frauen vertrat bis 1915 die Genossin Hilbrecht, danach die Genossin Langbehn.

Die weitere Auswertung des Protokollbuches steht noch aus.

Von 1925 bis zum Verbot der Partei 1933 lag der Vorsitz des Distrikts bei Karl Ratz - vermutlich der Sohn des bereits erwähnten Carl Ratz.

Traditionsfahne

Traditionsfahne des Ortsvereins Kiel-Süd

Der Ortsverein verfügt über eine Traditionsfahne. Über ihre Herkunft und Bewahrung gibt es folgende Information:

"Im letzten Bundestagswahlkampf [6.3.1983] zeigten auf einer Wahlkampfveranstaltung der SPD Kiel in der Ostseehalle die Ortsvereine ihre Traditionsfahnen. Rolf Selzer und der Genosse Karl Molkenthien als Betreuer der Fahne des Ortsvereins Kiel Süd standen mitten im weiten Rund der Halle, als eine Genossin auf diese beiden zukam und sagte: "Das ist ja unsere Fahne!" Und sie erzählte, wie die Fahne, die 1927 die Fahnenweihe erhalten hatte, dem Ortsverein erhalten blieb.

Am 30. Januar 1933 war Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt worden. Aber schon kurze Zeit später verboten er und seine Partei sämtliche demokratischen Parteien und verfolgten deren Anhänger. Dabei liefen auch die Symbole dieser Parteien Gefahr, vernichtet zu werden. In der Hoffnung auf ein baldiges Ende des nationalsozialistischen Spuks rettete die Familie Bülck die Fahne von Kiel Süd, indem sie sie in dem Zwischenboden ihres Buffets verbarg. Daß ihr Verhalten absolut richtig war, sollte sie nur kurze Zeit später erfahren, als NSDAP-Leute vor der Tür standen und die Fahne beschlagnahmen wollten. Im Vertrauen auf das gute Versteck antwortete Familie Bülck, daß sie die Fahne nicht hätte. Trotzdem wurde auf einer Kieler Werft eine Stahlkassette gebaut, in die man die Fahne legte. Diese vergrub man dann im Garten der Bülcks.

Spitze des Fahnenstocks

Durch diese mutige Tat ist dem Ortsverein Kiel Süd diese für ihn so wertvolle Fahne erhalten geblieben. Wir können im Nachhinein nur eines tun: Uns vor der Familie Bülck in Hochachtung und Dankbarkeit verneigen, die in dieser schweren Zeit den Glauben an unsere Idee des demokratischen Sozialismus bewahrt hat.[2]

Trauerfeier Karl Molkenthien 2014

Trotzdem scheint die Fahne irgendwann zwischen 1945 und 1980 wieder in Vergessenheit geraten zu sein. 1980 oder 1981 entdeckte Hartmut Diester, damals OV-Vorsitzender oder Stellvertreter, sie mit Tragegurt und Hülle auf dem Dachboden des Walter-Damm-Hauses.[3] Sie reiste dann mit einer Gruppe aus dem OV zur Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten am 10. Oktober 1981 und sorgte dort für ein gewisses positives Aufsehen.[4] Auch zu Maikundgebungen wurde sie gezeigt. Sie deckte auch am 13. Juni 2014 die Urne von Karl Molkenthien bei der Trauerfeier auf dem Südfriedhof.

Außerdem berichtet Hartmut Diester: "Als wir die Spitze der Fahne (Messing SPD) aufarbeiteten, fanden wir in der Hülse einen Schnipsel einer Aufforderung zur Wahlkundgebung in der Humboldtschule vermutlich aus 1947 für unsere Kandidatin Frieda Döbel für den Wahlkreis XVII."[5]

Aktivitäten

Aktueller Kopf der Stadtteilzeitung

Zwischen 1981 und 2003 gab der OV die Zeitung Rund um den Kreienbarg heraus. Seit 2014 erscheint sie wieder, achtseitig, etwa alle vier Monate.

Ebenfalls ab 1981 organisierte der OV bis 2010 das sommerliche Straßenfest in der Lutherstraße. Im August 2010 konnte es nicht mehr durchgeführt werden. Es entsprach offenbar nicht mehr den Bedürfnissen der Menschen - weder der Organisierenden, die immer weniger wurden, noch des Publikums, denn in diesen Jahren wurden manche Straßen-, Nachbarschafts- oder Stadtteilfeste aufgegeben.

In den 1980er Jahren porträtierten die OV-Mitglieder John Sanger und Birgit Hansen ihren Genossen Karl Molkenthien (4. November 1923-28. Mai 2014) in einem Videofilm, wo er über seine Kindheit, seine Mitgliedschaft in der Juso-Gruppe Wilhelm Spiegel und die Veränderungen in Partei und Quartier sprach, die er miterlebt hatte.

Kommunalpolitik

Ratsversammlung

MdB Egon Bahr spricht am 25. Februar 1983 im Bürgertreff Fockstraße zum Landtagswahlkampf. Links OV-Vorsitzender Hartmut Diester und Landtagskandidat Rolf Selzer, rechts Beisitzer Wilhelm Baasch. Das Polaroidfoto ist von Bahr signiert.

Der OV Süd erstreckt sich über zwei Kommunalwahlbezirke: 12 (Hassee-Uhlenkrog) und 13 (Südliche Innenstadt), in denen in der Regel die Direktkandidatinnen und -kandidaten der SPD gewählt wurden.

Jahr WK 12 WK 13
2018 ---[6] Falk Stadelmann
2017 Jasmin Bauer (nachgerückt)
2013 Özlem Ünsal (bis 2017) Jürgen Behr (bis 2014)[7]
2008 Dirk Sievers Swenja Robinius
2003 Heiner Sonderfeld Ulrich Erdmann
1998 Hartmut Diester Ulrich Erdmann (ausgeschieden 2000)
1994 Hartmut Diester Jutta Kühl
1990 Hartmut Diester Jutta Kühl
1986 Holger Ipsen (52,0%) (ausgeschieden 1988)[8] Jens Haass (50,9%) (ausgeschieden 1988[9])
1982 Holger Ipsen Jens Haass
1978 Holger Ipsen Timm Peters

Ortsbeirat

Auch im Ortsbeirat Mitte wirkt der OV Süd tatkräftig mit. Er teilt sich die Sitze mit dem Ortsverein West-Altstadt, der ebenfalls zum OBR-Bezirk gehört.

Wahljahr Anteil SPD im OBR davon OV Süd
2014 ?% 4 Jasmin Bauer, Frank Launert (nachgerückt)
2013 ?% 4 Jasmin Bauer
2008 ?% ? Jasmin Bauer, Ralf Ibs
2003 ?% ? Norina Cymniejewski, Ralf Ibs
1998 ?% 6 Christian Drögemüller, Gaby Friedrichs, Jutta Kühl (Vors.), Ralf Ibs
1994 ?% ? Christian Drögemüller (Vors.),
1990 ?% 6 Bärbel Barthel, Siegrun Fischbach, Karl Molkenthien, Ullrich Zube
1986 48,8% 6 Bärbel Barthel, Erwin Bold, Hartmut Diester, Karl Molkenthien
1982 ?% 5 Hartmut Diester, Karl Molkenthien, Timm Peters (stellv. Vors.)

Siehe auch

Literatur & Links

Einzelnachweise

  1. SPD-Distrikt Kiel-Süd: Protokolle 1911-1927 (LASH 384.1/28)
  2. Die Traditionsfahne von Kiel-Süd, Rund um den Kreienbarg, Juni 1986
  3. E-Mail von Hartmut Diester v. 12.2.2014
  4. Detlef Köpke: Für den Frieden nach Bonn, Rund um den Kreienbarg, Nov. 1981
  5. eMail von Hartmut Diester, 13.2.2014
  6. Der WK ging für die SPD mit nur 13 Stimmen zu wenig gegenüber den Grünen verloren und wird von Timo Dittrich betreut.
  7. Leider musste er sein Mandat bereits Anfang 2014 aus persönlichen Gründen niederlegen. Bis zu ihrer Wahl in den Landtag betreute Özlem Ünsal den Wahlkreis mit, danach Jasmin Bauer.
  8. Holger Ipsen wurde Direktor der KVAG. Vgl. Rund um den Kreienbarg, August 1988
  9. Jens Haass verließ im Frühjahr 1988 die Ratsversammlung, weil er für ein Forschungsjahr in die USA ging. Vgl. Rund um den Kreienbarg, Februar 1988