Legalisierung von Cannabis

Aus SPD Geschichtswerkstatt

In den 1990er Jahren gab es in der SPD Schleswig-Holstein einen Vorstoß zur Legalisierung von Cannabis.

1993

Der Landesparteitag 1993, Eckernförde beschließt "Neue Wege in der Drogenpolitik: 'Hilfe statt Strafe'"

"[..] Die Abhängigen müssen entkriminalisiert werden. Niemand darf wegen Drogeneinnahme verfolgt und bestraft werden. Bis zur Streichung von Haschisch und Marihuana aus den Anlagen des BtMG ist ähnlich der Praxis in den Niederlanden auf jegliche Strafverfolgung von Rauschgiftsüchtigen zu verzichten. Die Cannabisprodukte sind aus der in Anlage I zum Betäubungsmittelgesetz enthaltenen Liste der Betäubungsmittel zu streichen. [..]"

1994

Das Bundesverfassungsgericht (BVG) am 9. März 1994, dass der Besitz von geringen Mengen Haschisch nicht mehr strafverfolgt werden müsse.[1]

Der Landesparteitag 1994, Eckernförde beschließt "Entkriminalisierung von Drogenbenutzern und Ausweitung von Substitution"

"[..] Wir werden das Strafrecht bei Drogenkonsum und -besitz zum Eigenverbrauch zurücknehmen und damit zur Entkriminalisierung von Suchtkranken beitragen. Wir wollen die Freigabe von Cannabis und Cannabisprodukten nach den Regeln des Jugendschutzes."

1995

"Deutschlands Apotheker wehren sich gegen Pläne der Gesundheitsminister der Länder, nach denen sie künftig Haschisch an Kunden über 16 Jahre verkaufen dürfen. Am Freitag vergangener Woche beschlossen die Minister, Cannabis-Produkte in einem fünfjährigen Modellversuch über Apotheken rezeptfrei zu vertreiben. Ziel sei es, so die schleswig-holsteinische Gesundheitsministerin Heide Moser (SPD), "den Haschisch-Markt strikt vom Markt für harte Drogen wie Heroin und Kokain zu trennen"."[2]

1996

Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Heide Moser startet einen Versuch, in einem Modellversuch den Vertrieb in Apotheken zu legalisieren.[3] Das Kieler Ministerium war damit 1995 von der Konferenz der deutschen Gesundheitsminister beauftragt worden.[4] Der Modellversuch sollte fünf Jahre dauern und wissenschaftlich begleitet werden:

"Es wird beantragt, dem Land Schleswig-Holstein, handelnd durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Adolf-Westphal-Straße 4, 24143 Kiel, gemäß § 3 Abs. 2 Betäubungsmittelgesetz die Grunderlaubnis zur Veräußerung von Cannabis (Marihuana) und Cannabisharz (Haschisch) im Rahmen eines wissenschaftlichen Modellprojekts nach Maßgabe der beigefügten Projektbeschreibung zu erteilen. Im einzelnen umfaßt die beantragte Grunderlaubnis die folgenden Einzelberechtigungen:
A) Die Erlaubnis zur Veräußerung von Cannabis (Marihuana) und Cannabisharz (Haschisch) nach den in der Projektbeschreibung (Anhang I) dargelegten Modalitäten.
B) Die Erlaubnis, einzelnen schleswig-holsteinischen Apothekerinnen und Apothekern, für die die nach §7 BtMG erforderlichen Angaben und Unterlagen dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach Erteilung der Grunderlaubnis nachgereicht werden, auf Antrag die Erlaubnis zu Erwerb, Besitz und Veräußer ung von Cannabis (Marihuana) und Cannabisharz (Haschisch) entsprechend Teil A) zu erteilen.
Mit dem Modellprojekt soll überprüft werden, inwieweit die generalpräventiven Effekte, die mit dem umfassenden Verbot des Verkehrs mit Cannabis (Marihuana) und Cannabisharz (Haschisch) gem. Anlage l des BtMG bezüglich des Konsums von illegalen Drogen angestrebt werden, nicht genausogut oder besser durch eine kontrollierte Abgabe von Cannabis und eine dadurch zu erwartende Trennung der Drogenmärkte erreicht werden können.
Die Voraussetzungen zur Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gemäß § 3 Abs. 2 BtMG liegen vor. Das mit der Erlaubnis verfolgte Vorhaben dient wissenschaftlichen Zwecken und liegt im öffentlichen Interesse (vgl. Antragsbegründung, S. 2ff.). Versagungsgründe nach § 5 Abs. 1 BtMG, insbesondere solche nach Nr. 5 und 6 der genannten Vorschrift, sind nicht gegeben (vgl. Antragsbegründung, S. 3ff.). Die danach gebotene Ermessensabwägung rechtfertigt eine positive Bescheidung des Antrags (vgl. Antragsbegründung, S. 7ff.). Die Frage nach der Beschaffung der Cannabisprodukte ist nicht Gegenstand des vorliegenden Antragsverfahrens. Dieser Komplex bleibt einem gesonderten Erlaubnisverfahren nach positiver Bescheidung des vorliegenden Antragsvorbehalten.
Erst nach der Entscheidung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Modalitäten des Modellprojekts können die Ermittlung des für die Durchführung des Vorhabens notwendigen Bedarfs an Cannabisprodukten und damit auch die Konzeptionierung hinsichtlich der zu beachtenden Sicherheits- und Kontrollaspekte in der notwendigen Konkretheit erfolgen.
Die mit der als Anhang l beiliegenden Projektbeschreibung dargestellten, dem Modellprojekt zugrundeliegenden Forschungsthesen, die Abschätzung der mit der Durchführung verbundenen Risiken und Nutzen, sowie die wesentlichen Modalitäten des Versuchsablaufs und des entsprechenden Forschungsdesigns inklusive der Benennung der geeigneten Erhebungsinstrumente, folgen gutachterlichen Empfehlungen von Prof. Dr. Peter Raschke (Universität Hamburg).
Die beantragten Einzelmodalitäten gewährleisten in modelladäquater Weise die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs. Die beantragte Grunderlaubnis ermöglicht dem Antragsteller, die Projektdurchführung zu steuern.
Angaben zu $ 7 BtMG Trägerschaft: Das Land Schleswig-Holstein, handelnd durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Adolf-Westphal-Straße 4, 24143 Kiel
Verantwortlich für die Projektdurchführung: Das Ministerium für Arbeit, Ge sundheit und Soziales als oberste Landesgesundheitsbehörde
Verantwortliche für die Veräußerung: Einzelne, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte durch die oberste Landesgesundheitsbehörde zu benennende Apothekerinnen und Apotheker in Schleswig-Holstein
Leitung der wissenschaftlichen Forschung: Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung e.V. - ISD, Hamburg Vorsitzender: Prof. Dr. Peter Raschke (Universität Hamburg; Fachbereich Philosophie und Sozialwissenschaften, Allendeplatz 1, 20146 Hamburg)
Die weiteren Angaben zu §7 BtMG ergeben sich aus der Projektbeschreibung (Anhang l). Zur weiteren Begründung des Antrags sowie zu der geplanten rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung des Modellprojekts wird auf die anliegende Antragsbegründung und auf die als Anhang l beiliegende Projektbeschreibung verwiesen.
Sollte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte weitere Angaben zur Bescheidung des Antrags für erforderlich halten, wird um einen entsprechenden Hinweis gebeten. Dies gilt auch, sofern für eine positive Bescheidung des Antrags Nebenbestimmungen in Erwägung gezogen werden. Grundsätzlich bestehen gegenüber Nebenbestimmungen insoweit keine Bedenken, wie sie der wissenschaftlichen Konzeption und der entsprechenden Durchführung des Model l Projekts nicht entgegenstehen.
Heide Moser"

1997

Bundesgesundheitsminister Seehofer (CSU) lehnt den Antrag ab.[5]

"Seehofer kündigte an, er werde alles daransetzen, um den Modellversuch zu verhindern. Die Drogenpolitik der schleswig-holsteinischen Gesundheitsministerin Heide Moser (SPD) hält der Bundesgesundheitsminister für falsch. Er glaube nicht, daß durch die kontrollierte Abgabe von Haschisch die Beschaffungskriminalität eingedämmt werden könne. Der Suchtkontrollrat der Vereinten Nationen unterstützt Seehofers Kritik und forderte die Bundesregierung auf, sich gegen den geplanten Cannabis-Verkauf in Schleswig-Holstein einzusetzen"[6]

1999

Der Landesparteitag 1999, Reinbek beschließt ein "Modellprojekt zur Veräußerung von Cannabis und Cannabisharz"

"Die Landesregierung wird aufgefordert, das wissenschaftliche Modellprojekt zur Veräußerung von Cannabis (Marihuana) und Cannabisharz (Haschisch) erneut beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu beantragen.
Im Vorfeld sind intensive Gespräche mit den Apothekerverbänden zu führen, um einen reibungslosen Ablauf des Versuches zu gewährleisten.
Grundsätzlich sind auch alternative Ausgabemodalitäten zu prüfen. "


Quellen

  1. Wikipedia "Cannabis-Beschluss"
  2. DER SPIEGEL 48/1995 "Verkäufer gesucht"
  3. SPIEGEL TV: Legalize it - Die staatlich verordnete Dröhnung 17. November 1996
  4. Rhein Zeitung "will Haschisch-Versuch", 13. November 1996
  5. DER SPIEGEL 48/1996 "Eine Schnapsidee"
  6. Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 13, 28. März 1997 "Seehofer kritisiert Modellversuch zur Abgabe von Haschisch"