Hermann Thurow-Nievergelt
Hermann Thurow-Nievergelt |
Hermann Thurow-Nievergelt (eigentlich Hermann Thurow), * 18. Februar 1867 in Glasshagen (Pommern), † 3. August 1933 in Freidorf bei Basel, Schweiz; Maler, Autor und Bildungspolitiker. Mitglied der SPD.
Leben & Beruf
Hermann Thurow wurde geboren als zweites Kind von Friedrich Thurow und Catharine geb. Vollrath und wuchs in Rumohr bei Kiel auf. In einer Kurzbiographie heißt es über ihn:
"Hermann Thurow wurde als Kind von Kätnersleuten in der Nähe von Kiel geboren und mußte schon früh zur Ernährung der Familie mit beitragen. Er wurde dann Malergeselle und kam auf großen Fahrten bis in den Süden. Früh regte sich sein dichterisches Können, die ersten Gedichte brachte schon Ende der neunziger Jahre die Volkszeitung seiner Heimat, denn Thurow hatte früh den Anschluß an die Arbeiterbewegung gefunden. Er wurde dann ein Opfer der Proletarierkranheit, der Schwindsucht, an die er durch Jahrzehnte gefesselt war. Daß er [sie überlebte], ist wohl seinem langen Aufenthalt in Ägypten zu verdanken, wo er Linderung suchte und Heilung fand. Seine Freunde erzählen von ihm, daß er in der Heimat wie ein Wüstenheiliger gelebt habe und mit einem Honorar von 10-20 Mark sich für Wochen finanziert sah. Unter den Pyramiden schlug er sich dann schlecht und recht als Herbergsvater und Schreiberlein durch, bis er eine Anstellung in der Baseler Zentrale der Konsumvereine erhielt. Seine Dichtung bleibt nicht im Arbeiterleben hängen, sondern spannt infolge der besonderen Lebensführung des Dichters einen weiteren Bogen. Eine sichere, abgeschliffene Formkraft ist ihm eigen."[1]
Seine Malerlehre machte er in Laboe und lebte als junger Erwachsener einige Jahre in Kairo in Ägypten - die Kurzbiographie macht klar, dass dies nicht zuletzt gesundheitliche Gründe hatte.
Er war tätig als Autor politischer Schriften, verfasste auch Vorworte für politische Vordenker seiner Zeit, und war als sozialdemokratischer Bildungsagitator für die Arbeiterjugend überregional bekannt. Er schrieb jedoch auch Gedichte. Seine Prosa und Lyrik waren "in den entlegensten Verlagen erschienen [...] und zum Teil überhaupt nicht mehr zu erhalten [...]"[2]; sie wurden 1923 in dem Sammelband Flug in die Welt zusammengeführt.
Um der Verfolgung durch die Nazis zu entgehen, die ihm angedroht hatten, auch seine Schriften zu verbrennen, kehrte er in die Schweiz zurück, wo er schon früher gelebt hatte und über gute Beziehungen verfügte.
Hermann Thurow war zweimal verheiratet. Seine erste Frau war Berta Nievergelt; die beiden hatten zwei Kinder, Emilie und Arnold. Der Name seiner zweiten Ehefrau ist nicht überliefert.
Sein Neffe Hermann Thurow sen. war der Sohn seines Bruders Friedrich.
Partei & Politik
Hermann Thurow war vor allem als Autor im Bildungsbereich aktiv. Sein Schwerpunkt lag auf der Jugendbildung. Er und seine Familie gehörten den Falken an.
Veröffentlichungen
- Die praktischen Erfolge der Achtstunden-Agitation (Vorwärts, Berlin 1898)
- Verse zum Weltkrieg (Basel 1915)
- Jochen Bünz. Ein Jugendroman (Autobiografischer Roman, Olten 1918)
- Der Traum des Webers. Ein Genossenschafts-Bühnenspiel in einem Akt (Basel 1919)
- Butu Simbas Mission in Europa. Eine Negergeschichte (Vorwärts, Berlin 1920)
- Im Aufstieg. Stimmen und Gestalten aus der Genossenschaftsbewegung (Basel 1921)
- Die Mission der Witwe, oder s'isch derfür und derwider. Ein genossenschaftlicher Schwank in 3 Bildern (Verband schweiz. Konsumvereine, Basel 1924)
- Muse und Arbeiter (Dämon Alkohol) (Theaterstück, Leipzig 1925)
- Flug in die Welt. Gedichte (Sammelband, Ludwigsburg 1923; Arbeiterjugend-Verlag, Berlin 1928)
- Lebensrundfahrt. Aphorismen, Sprüche, Kommentare (Arbon/Schweiz, 1934)
Aufsätze
- Aus den Anfängen der sozialistischen Belletristik. In: Die Neue Zeit 21/2 (1902/03), S. 212–222
Beiträge zu anderen Büchern
- Abramowski, Eduard: Die sozialen Ideen der Genossenschaftsbewegung (Basel 1924) (Übersetzung revidiert von Hermann Thurow)
- Fourier, Charles: Der sozietäre Reformplan (Leipzig 1925) (Einleitung von Hermann Thurow)
- Gide, Charles: Das genossenschaftliche Programm und die sozialistischen Schulen (Basel 1927) (übersetzt von Hermann Thurow)
- Mühle, Hans (Hrsg.): Das proletarische Schicksal. Ein Querschnitt durch die Arbeiterdichtung der Gegenwart (Gotha 1929) (mit zwei Gedichten von Hermann Thurow, Der Fabrikschlot und Frage)
- Mohrhenn, Alfred (Hrsg.): Stimme des Arbeiters: Aus Biographien und biographischen Romanen deutscher Arbeiter (Breslau 1932) ("Mit den Bildern der Verfasser")
Literatur & Links
- Hermann Thurow in der Deutschen Nationalbibliothek
- Hermann Thurow in Swissbib
- Goller, Peter: Walter Benjamins Studium der Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung (1933–1940). In: Mitteilungen der Alfred-Klahr-Gesellschaft, S. 15-24, wo auf S. 21, Sp. 3, auf eine Äußerung Walter Benjamins zu Hermann Thurow Bezug genommen wird