Deutschlandpolitik: Unterschied zwischen den Versionen

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1:
Unter '''Deutschlandpolitik''' versteht man alle konzeptionellen Bemühungen aus der Zeit von 1945 bis 1990, die den Umgang mit der DDR betreffen.
Unter '''Deutschlandpolitik''' versteht man alle konzeptionellen Bemühungen aus der Zeit von 1945 bis 1990, die den Umgang mit der DDR betreffen. Bei der SPD Schleswig-Holstein ist diese Frage der Wiedervereinigung und des Umganges mit der DDR immer eingebetten gewesen in eine allgemeine [[Friedenspolitik]]. So prägte der schleswig-holsteinische Bundestagsabgeordnete [[Egon Bahr]] [[1964]] den Begriff "Wandel durch Annäherung". Im Kern bedeutete das:
# Kontakte zwischenden Menschen,
# militärische Entspannung und
# wirtschaftliche Zusammenarbeit
 
Das galt nicht nur für die DDR, sondern für den gesamten Ostblock. Die [[Eutiner Erklärung]] der SPD Schleswig-Holstein unterstützte bereits [[1966]] diesen Kurs. Mit ihr gab die SPD Schleswig-Holstein der Diskussion über den Umgang mit der DDR innerhalb der Gesamtpartei einen starken Impuls.
 
[[Egon Bahr]] erklärte den "sensationellen" Charakter des Beschlusses von Eutin im Rückblick [[1988]] - Ein Jahr vor dem Fall der Mauer:
: "Das wirklich Großartige an „Eutin eins" ist, daß die drei formulierten Ziele: Kontakte zwischenden Menschen, militärische Entspannung und wirtschaftliche Zusammenarbeit im inneren Zusammenhang dieser drei Faktoren gesehen wurden. Deutsch-deutsche Sicherheit und Ost/West-übergreifende Wirtschaftsstrukturen gehören zusammen.Soweit ist die CDU bis heute noch nicht,wenn man ihr neues Papier zur Außen-, Sicherheits-und [[Deutschlandpolitik]] an sieht, obwohl sie wenigstens einigen Nachholbedarf gedeckt hat."<ref>Bahr, Egon: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay46.pdf Frieden und Entspannung - Tradition im besten Sinn]'', In: Demokratische Geschichte, Band 3, 1988</ref>


[[1986]] fasste der [[Landesparteitag_1986,_Meldorf|Landesparteitag in Meldorf]] einen Beschluss mit einer umfangreichen "Standortbestimmung sozialdemokratischer Deutschlandpolitik". Dort heißt es:
[[1986]] fasste der [[Landesparteitag_1986,_Meldorf|Landesparteitag in Meldorf]] einen Beschluss mit einer umfangreichen "Standortbestimmung sozialdemokratischer Deutschlandpolitik". Dort heißt es:
Zeile 8: Zeile 16:
: "Die CDU, die das alles leidenschaftlich bekämpft und abgelehnt hatte,ist nun stolz auf Kontinuität und die Erfolge, die sie durch Fortsetzung unserer Politik reklamieren kann. Inzwischen gibt sie sogar Kredite nach Osten. Wenn wir das gemacht hätten, wäre zum Vorwurf des Ausverkaufs deutscher Interessen sicher noch dazugekommen, daß wir sogar noch die „KZ-Wächter" schmieren.
: "Die CDU, die das alles leidenschaftlich bekämpft und abgelehnt hatte,ist nun stolz auf Kontinuität und die Erfolge, die sie durch Fortsetzung unserer Politik reklamieren kann. Inzwischen gibt sie sogar Kredite nach Osten. Wenn wir das gemacht hätten, wäre zum Vorwurf des Ausverkaufs deutscher Interessen sicher noch dazugekommen, daß wir sogar noch die „KZ-Wächter" schmieren.


: Die „Standortbestimmung sozialdemokratischer Deutschlandpolitik",„Eutin zwei", spricht nicht mehr von Wiedervereinigung. Sie negiert nicht ein Ziel, das nach dem vollständigen Zusammenbruch der Politik der Stärke oft zu einem heuchlerischen Gequatsche verkommen ist. Wenn heute die CDU dem Widerstand aus den eigenen Reihen gegen die Aufarbeitung ihres Nachholbedarfs in der Deutschlandpolitik nachgibt,und „die Wiedervereinigung als vordringlichste Aufgabe" wie Adenauer formuliert, gleicht sie dem zahnlosen Greis, der den köstlichen Biß in unreife Äpfel preist."<ref>Bahr, Egon: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay46.pdf Frieden und Entspannung - Tradition im besten Sinn]'', In: Demokratische Geschichte, Band 3, 1988</ref>
: Die „Standortbestimmung sozialdemokratischer Deutschlandpolitik", „Eutin zwei", spricht nicht mehr von Wiedervereinigung. Sie negiert nicht ein Ziel, das nach dem vollständigen Zusammenbruch der Politik der Stärke oft zu einem heuchlerischen Gequatsche verkommen ist. Wenn heute die CDU dem Widerstand aus den eigenen Reihen gegen die Aufarbeitung ihres Nachholbedarfs in der Deutschlandpolitik nachgibt,und „die Wiedervereinigung als vordringlichste Aufgabe" wie Adenauer formuliert, gleicht sie dem zahnlosen Greis, der den köstlichen Biß in unreife Äpfel preist."<ref>Bahr, Egon: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay46.pdf Frieden und Entspannung - Tradition im besten Sinn]'', In: Demokratische Geschichte, Band 3, 1988</ref>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==

Version vom 28. November 2015, 16:15 Uhr

Unter Deutschlandpolitik versteht man alle konzeptionellen Bemühungen aus der Zeit von 1945 bis 1990, die den Umgang mit der DDR betreffen. Bei der SPD Schleswig-Holstein ist diese Frage der Wiedervereinigung und des Umganges mit der DDR immer eingebetten gewesen in eine allgemeine Friedenspolitik. So prägte der schleswig-holsteinische Bundestagsabgeordnete Egon Bahr 1964 den Begriff "Wandel durch Annäherung". Im Kern bedeutete das:

  1. Kontakte zwischenden Menschen,
  2. militärische Entspannung und
  3. wirtschaftliche Zusammenarbeit

Das galt nicht nur für die DDR, sondern für den gesamten Ostblock. Die Eutiner Erklärung der SPD Schleswig-Holstein unterstützte bereits 1966 diesen Kurs. Mit ihr gab die SPD Schleswig-Holstein der Diskussion über den Umgang mit der DDR innerhalb der Gesamtpartei einen starken Impuls.

Egon Bahr erklärte den "sensationellen" Charakter des Beschlusses von Eutin im Rückblick 1988 - Ein Jahr vor dem Fall der Mauer:

"Das wirklich Großartige an „Eutin eins" ist, daß die drei formulierten Ziele: Kontakte zwischenden Menschen, militärische Entspannung und wirtschaftliche Zusammenarbeit im inneren Zusammenhang dieser drei Faktoren gesehen wurden. Deutsch-deutsche Sicherheit und Ost/West-übergreifende Wirtschaftsstrukturen gehören zusammen.Soweit ist die CDU bis heute noch nicht,wenn man ihr neues Papier zur Außen-, Sicherheits-und Deutschlandpolitik an sieht, obwohl sie wenigstens einigen Nachholbedarf gedeckt hat."[1]

1986 fasste der Landesparteitag in Meldorf einen Beschluss mit einer umfangreichen "Standortbestimmung sozialdemokratischer Deutschlandpolitik". Dort heißt es:

"Sozialdemokratische Deutschlandpolitik ist Bestandteil unserer Friedenspolitik. Es ist unser Ziel, gegenseitige Bedrohungen abzubauen, trennende Grenzen zu überwinden und den Austausch von Informationen und Meinungen zwischen Deutschen und Deutschen zu fördern. Dieses Ziel ist nur erreichbar in der Verantwortungsgemeinschaft der beiden deutschen Staaten und der Zusammenarbeit der Repräsentanten beider Staaten auf allen politischen und organisatorischen Ebenen. "[2]

Ein Jahr vor dem Fall der Mauer, 1988, noch schrieb Egon Bahr:

"Die CDU, die das alles leidenschaftlich bekämpft und abgelehnt hatte,ist nun stolz auf Kontinuität und die Erfolge, die sie durch Fortsetzung unserer Politik reklamieren kann. Inzwischen gibt sie sogar Kredite nach Osten. Wenn wir das gemacht hätten, wäre zum Vorwurf des Ausverkaufs deutscher Interessen sicher noch dazugekommen, daß wir sogar noch die „KZ-Wächter" schmieren.
Die „Standortbestimmung sozialdemokratischer Deutschlandpolitik", „Eutin zwei", spricht nicht mehr von Wiedervereinigung. Sie negiert nicht ein Ziel, das nach dem vollständigen Zusammenbruch der Politik der Stärke oft zu einem heuchlerischen Gequatsche verkommen ist. Wenn heute die CDU dem Widerstand aus den eigenen Reihen gegen die Aufarbeitung ihres Nachholbedarfs in der Deutschlandpolitik nachgibt,und „die Wiedervereinigung als vordringlichste Aufgabe" wie Adenauer formuliert, gleicht sie dem zahnlosen Greis, der den köstlichen Biß in unreife Äpfel preist."[3]

Siehe auch

Weiterlesen

Quellen

  1. Bahr, Egon: Frieden und Entspannung - Tradition im besten Sinn, In: Demokratische Geschichte, Band 3, 1988
  2. Beschlussdatenbank: Standortbestimmung sozialdemokratischer Deutschlandpolitik (1986)
  3. Bahr, Egon: Frieden und Entspannung - Tradition im besten Sinn, In: Demokratische Geschichte, Band 3, 1988