Paul Andratschke

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Paul Andratschke
Paul Andratschke
Paul Andratschke
Geboren: 24. Juni 1876
Gestorben: 8. April 1939

Paul Andratschke, * 24. Juni 1876 in Löwitz (Oberschlesien)[1], † 8. April 1939 in Kiel; hauptamtlicher Parteiangestellter. Verheiratet. Mitglied der SPD (seit wann, ist nicht ermittelt).

Werdegang

Paul Andratschke war als hauptamtlicher Bezirkskassierer der SPD für den Bezirk Schleswig-Holstein tätig. Er und seine Frau Anna, geb. Peters (* 12. Mai 1882 in Hummelfelde), lebten in Kiel und gehörten dem Sozialdemokratischen Verein Groß-Kiel an. Sie hatten, so weit aus der Akte ersichtlich, keine Kinder.

NS-Herrschaft

Paul Andratschke war offenbar seit dem 2. Mai, dem Tag der Besetzung des Kieler Gewerkschaftshauses, in dem sich auch das Bezirksbüro der SPD befand, in Angst um seine Existenz. "Bei der Machtübernahme durch den NS. wurde das Parteibüro der SPD besetzt u. A. seines Amtes enthoben. Am 6. 5. 1933 wurde er für 1 Tag in Haft genommen. Später wurde er noch verschiedentlich zur Vernehmung geholt. [...] Bis zur Bewilligung seiner Invalidenrente war er ohne Arbeit. Am 8. 4. 1939 ist er dann verstorben." So der kurze Bericht in der Wiedergutmachungsakte, wo der eine Hafttag durch Bescheinigung des Kieler Gefängnisses belegt wird.

In Anna Andratschkes Antrag vom 27.5.1947 ist von deutlich mehr Verfolgung die Rede: Ihr Mann sei ca. 4 Wochen im Kieler Polizeigefängnis inhaftiert, danach noch fünfmal verhaftet worden, außerdem seien sieben Haussuchungen durchgeführt worden. "Durch die mehrmaligen Inhaftierungen hat der Gesundheitszustand meines Mannes so stark gelitten, dass er sich nach jeder Freilassung erneut in ärztliche Behandlung begeben musste." Während der letzten "Schutzhaft" sei er dann vom Polizeiarzt haftunfähig geschrieben und entlassen worden. "Er wurde daraufhin unter Polizeiaufsicht gestellt. Es ist wahrscheinlich, dass die Erwerbsunfähigkeit und der frühe Tod ursächliche Folgen der Inhaftierungen sind."

1935 erhielt er aufgrund seines Gesundheitszustandes seine Angestelltenrente. Da die Zusatzversorgung der SPD und der Gewerkschaften von den Nazis als "Parteieinrichtung" aufgelöst worden war (und die Gelder vermutlich an die Deutsche Arbeitsfront gegeben wurden), war eine Zusatzrente nicht enthalten.

"Wiedergutmachung"

Nach Ende der Nazizeit beantragte seine Witwe, die inzwischen in Flintbek wohnte, Wiedergutmachung wegen politischer Verfolgung. Dafür reichte nach Auffassung der Verantwortlichen die kurze Haftzeit nicht aus. Angesichts der Tatsache, dass ihr Mann aus politischen Gründen seine Arbeit verloren hatte, und angesichts ihrer ärztlich bescheinigten gesundheitlichen Beeinträchtigungen genehmigte der Kreis-Sonderhilfeausschuss Plön ihr jedoch ab August 1947[2] eine befristete Ernährungsbeihilfe, offenbar bis Januar 1948.

Ein kurzes Schreiben bestätigt außerdem, dass Paul Andratschke "Mitglied in einer im Jahre 1933 aufgelösten Versorgungskasse war. Wäre diese NS-Massnahme nicht durchgeführt worden, würde Frau A. heute eine Rente von monatlich 140,- DM erhalten."[3]

Literatur

  • Akte 64160 im Stadtarchiv Kiel

Einzelnachweise

  1. So in der Wiedergutmachungsakte (StAK Akte 64160); eine dafür vorgelegte Gefängnisbescheinigung vom 4.6.1947 datiert den Geburtstag irrtümlich auf den 24.7.
  2. Vgl. Schreiben vom 25.7.1947 in der Wiedergutmachungsakte.
  3. Schreiben vom 8.10.1949 in der Wiedergutmachungsakte; Absender nicht ersichtlich.