Arbeitersport in Elmshorn: Unterschied zwischen den Versionen

Aus SPD Geschichtswerkstatt
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
 
(11 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
Der '''Arbeitersport in Elmshorn''' wurde wie in vielen anderen Städten von sportbegeisterte Arbeitern organisiert.  
Der '''Arbeitersport in Elmshorn''' begann [[1890]] mit der Gründung der "Freien Turnerschaft Elmshorn" durch sportbegeisterte Arbeiter.  


== Freie Turn- und Sportvereinigung FTSV-Elmshorn ==
== Freie Turnerschaft Elmshorn ==
Bereits im September [[1890]] wurde im damaligen Vereinslokal des Elmshorner Arbeiterbildungsvereins am Flamweg beim SPD—Vorsitzenden Krause eine Turnabteilung ins Leben gerufen. Die "Freie Turnersohaft" erhielt die Erlaubnis, einmal wöchentlich die Turnhalle in der Kirchenstraße zu benutzen.
Bereits im September [[1890]] wurde im Vereinslokal des [[Arbeiterbildungsverein|Elmshorner Arbeiterbildungsvereins]] am Flamweg beim SPD-Ortsvorsitzenden [[Hermann Krause]] eine Turnabteilung, die "Freie Turnerschaft Elmshorn", ins Leben gerufen.<ref>SPD-Ortsverein Elmshorn: ''120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik'' (Elmshorn 1983)</ref>. Das wäre noch in den letzten Tagen der Gültigkeit des [[Sozialistengesetz]]es gewesen, das erst am [[30. September]] [[1890]] auslief. Der Verein dürfte damit einer der ersten in Deutschland gewesen sein.


Rasch stießen neue Mitglieder zu dem Turnverein. Schon [[1895]] suchte man ein eigenes Vereinslokal, damit weitere Turnstunden angeboten werden konnten.
Die "Freie Turnerschaft" erhielt die Erlaubnis, einmal wöchentlich die Turnhalle Kirchenstraße zu nutzen. Rasch stießen neue Mitglieder dazu. Schon [[1895]] suchte man ein eigenes Vereinslokal, damit weitere Turnstunden angeboten werden konnten.


Im März [[1895]] trat die Elmshorner "Freie Turnerschaft" dem "Deutschen Arbeiter Turn— und Sportbund" (ATSB) bei. Damit war der Kontakt zu anderen Arbeitersportlern hergestellt.
Im März [[1895]] traten die Elmshorner Arbeitersportler dem Deutschen Arbeiter Turn- und Sportbund (ATSB) bei. Damit war der Kontakt zu anderen Vereinen hergestellt. Die dem ATSB angeschlossenen Vereine grenzten sich entschieden vom "bürgerlichen" Sportbetrieb ab. Sie lehnten dessen Nationalismus, der Sport nicht zuletzt als "Wehrertüchtigung" sah, ebenso ab wie die Betonung der Hochleistungen einzelner und des Konkurrenzgedankens. Dagegen setzten sie den Breitensport, die gemeinsame körperliche Ertüchtigung arbeitender Menschen. Besonders bemühten sie sich um die Jugendlichen. Diese sollten ferngehalten werden von Kneipen und Tanzsälen, sollten ein gesundes Leben ohne Alkohol und Nikotin führen. Körperertüchtigung, Gemeinsamkeit mit Gleichgesinnten, Liebe zur Natur, aber auch die Vermittlung des sozialistischen Gedankenguts bestimmten die Aktivitäten der Arbeitersportvereine. Letzteres war es, das sie den kaiserlichen Behörden verdächtig machte!


Die dem ATSB angeschlossenen Vereine grenzten sich entschieden vom "bürgerlichen" Sportbetrieb ab. Der Nationalismus, der in diesen Sportvereinen herrschte, wurde von den Arbeitersportlern abgelehnt. Die Arbeitersportler setzten sich bereits für den Breitensport ein; Ziel der sportlichen Betätigung sollte nicht der Hochleistungssport einzelner, sondern die körperliche Ertüchtigung vieler arbeitender Menschen sein. Die Arbeitersportler bemühten sich besonders um die Jugendlichen. Sie sollten ferngehalten werden von den Kneipen und Tanzsälen, sollten ein gesundes Leben ohne Alkohol und Nikotin führen. Körperertüchtigung, Gemeinsamkeit mit Gleichgesinnten, Liebe zur Natur aber auch die Vermittlung des sozialistischen Gedankenguts bestimmten die Aktivitäten der Arbeitersportvereine.
Fast jeder Arbeitersportverein hatte einen eigenen Spielmannszug. Das "Trommler- und Pfeifferkorps" der Freien Turnerschaft in Elmshorn wurde im Jahr [[1900]] gegründet. [[1906]] kam eine Frauenriege hinzu, und der Jugendsport wurde verstärkt gefördert.  


Fast jeder Arbeitersportverein hatte einen eigenen Spielmannszug. Das "Trommler— und Pfeiferkorps" der "Freien Turnerschaft" in Elmshorn wurde dann folgerichtig auch schon im Jahre [[1900]] gegründet.
Einen Rückschlag in dieser Entwicklung brachte der 1. Weltkrieg. Viele der aktiven Sportler mussten Kriegsdienst leisten. Der Sportbetrieb konnte während der Kriegsjahre nur mühevoll aufrecht erhalten werden.


[[1906]] hatte der Verein auch eine Frauenriege, der Jugendsport wurde verstärkt gefördert.
== FTSV Elmshorn ==
Nach Kriegsende setzten die Überlebenden die Arbeit in der Weimarer Republik fort. Nach [[1919]] wurde von fußballbegeisterten Arbeitersportlern in Elmshorn der "Verein für Rasensport" gegründet. Doch der neue Verein war nicht lebensfähig. So schlossen sich nach langwierigen Verhandlungen im April [[1923]] die "Freie Turnerschaft" und der "Rasensport" zusammen zur FTSV: "Freie Turn- und Sportvereinigung Elmshorn von 1890". Der neue Verein bot Turnen, Fußball, Leichtathletik, Schlagball und bald auch Handball an.


Einen Rückschlag in der Entwicklung der "Freien Turnerschaft" gab es durch den 1. Weltkrieg. Viele der aktiven Sportler mußten in den Krieg ziehen. Der Sportbetrieb konnte während der Kriegsjahre nur mühevoll aufrecht erhalten werden.
38 Mitglieder des FTSV nahmen an der 1. Internationalen Arbeiter-Olympiade teil, die vom [[24. Juli|24.]]-[[26. Juli]] [[1925]] in Frankfurt/Main stattfand. Neben diesem Höhepunkt gab es viele Begegnungen und Wettkämpfe zwischen den Arbeitersportvereinen in Schleswig-Holstein und Hamburg. Bei allen sportlichen Erfolgen kam das gesellige Vereinsleben nicht zu kurz. Wanderungen, Familienausflüge und Maskeraden wurden organisiert und fanden begeisterten Zuspruch.


Doch nach dem Kriegsende trafen sich die Überlebenden erneut. Nach [[1919]] wurde von fußballbegeisterten Arbeitersportlern in Elmshorn der "Verein für Rasensport" gegründet. Doch der neue Verein war nicht lebensfähig. So schlossen sich nach langwierigen Verhandlungen im April [[1923]] die "Freie Turnerschaft" und "Rasensport" zusammen. Die FTSV erhielt ihren Namen: Freie Turn— und Sportvereinigung Elmshorn von 1890
Ein Höhepunkt im Vereinsleben der FTSV war auch das jährliche Stiftungsfest, das erstmals [[1927]] nach dem Bau der eigenen Sportanlage an der Wilhelmstraße stattfand. [[1926]] hatte man eine Fahnenweihe noch auf der Traditionsstätte an der Rennbahn feiern können. [[1927]] wurde der FTSV die Nutzung verweigert.<ref>Vgl. SPD Elmshorn: [https://www.spd-elmshorn.de/wp-content/uploads/sites/434/2019/05/2019-05-01_150_jahre_spd-elmshorn_internet.pdf Sonderausstellung]], Tafel 12</ref>


Turnen, Fußball, aber auch Leichtathletik, Schlagball und bald auch Handball konnten bei der FTSV betrieben werden.
=== NS-Herrschaft ===
Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde die FTSV am [[28. Februar]] [[1933]] zwangsweise aufgelöst und am [[21. Juni]] [[1934]] von "Amts wegen" aus dem Vereinsregister gelöscht.<ref>SPD-Ortsverein Elmshorn: ''120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik'' (Elmshorn 1983)</ref> Ihr bescheidenes Vermögen wurde - wie das aller "linken" Zusammenschlüsse im Deutschen Reich - auf der Grundlage eigens erlassener NS-Gesetze vom Mai [[1933]]<ref>''Gesetz über die Einziehung kommunistischen Vermögens'' vom 26.5.33 - R.G.Bl.I S.293; ''Gesetz über die Einziehung staats- und volksfeindlichen Vermögens'' vom 16.7.33 - R.G.Bl.I 3.479; Preuss. Ausführungsverordnung vom 31.5.33 - G.S. S.207</ref> eingezogen. Betroffen waren im Kreis Pinneberg:
: "Sportverein Nordstern Barmstedt, Sportverein Freiheit Barmstedt, Freie Turn- und Sportvereinigung Elmshorn, Arb. Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität Elmshorn, Arb.-Athletenklub Einigkeit Elmshorn, Arb. Athleten-Verein Doppeleiche Pinneberg, Freie Turnerschaft Pinneberg, dieselbe in Uetersen, Arb. Sportkartell Wedel, Radfahrerbund Solidarität Wedel, Arb. Turnverein Wedel."<ref>SPD-Ortsverein Elmshorn: ''120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik'' (Elmshorn 1983)</ref>


An der 1.Internationalen Abrbeiter—Olympiade, die vom [[24. Juli|24.]]—[[26. Juli]] [[1925]] in Frankfurt stattfand, nahmen auch 38 Mitglieder des FTSV teil. Neben diesem großen Ereignis des Arbeitersports gab es natürlich viele Begegnungen und Wettkämpfe zwischen den Arbeitersportvereinen in Schleswig—Holstein und Hamburg.
Doch die Zerstörung ging noch weiter. Um jeden Gedanken an die Arbeit und die Leistungen der FTSV in Elmshorn auszulöschen, wurde die Sportanlage an der Wilhelmstraße eingeebnet und das Gelände später als Schrebergartenanlage genutzt.  


Ein Höhepunkt im Vereinsleben der FTSV war das jährliche Stiftungsfest. [[1927]] fand es erstmals auf dem Gelände an der Wilhelmstraße statt. Der Grund: Die Traditionsstätte an der Rennbahn wurde der FTSV verweigert.
=== Neubeginn ===
Zwölf Jahre lang gab es keinen Arbeitersportverein in Elmshorn. Aber noch während der Zeit der britischen Besatzung trafen sich am [[3. Mai]] [[1946]] zahlreiche ehemalige Beteiligte, um die Wiederbelebung der FTSV zu betreiben. Vermögen gab es nicht, Sportanlagen waren nicht vorhanden. Aber die FTSV existierte. Den Vorsitz übernahm bald nach der Neugründung [[Willy Fehrs]], der später Ehrenvorsitzender wurde.


Die Arbeitersportler der FTSV konnten viele sportliche Erfolge erringen. Aber auch das gesellschaftliche Vereinsleben kam nicht zu kurz. Wanderungen, Familienausflüge und Maskeraden wurden organisiert und mit Begeisterung aufgenommen.
[[1949]] konnte mit dem Wiederaufbau der Sportanlage an der Wilhelmstraße begonnen werden. Die Spielfelder wurden wieder hergerichtet, als Waschgelegenheit gab es Blechschüsseln in einer Nissenhütte. Die Grundlagen für den Sportbetrieb waren aber gelegt. Natürlich wandelte sich der Verein; er war nicht mehr die klassenbewußte Freie Turnerschaft von [[1890]], denn auch die Zeiten hatten sich gewandelt. Aber auch weiterhin bestanden vielfältige Beziehungen zwischen der FTSV und der [[Ortsverein Elmshorn|Elmshorner SPD]]. Noch heute sind viele SPD-Mitglieder in Elmshorn auch Mitglieder ihres "Traditionsvereins".


Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten kam auch für die FTSV das “Aus“. Am [[28. Februar]] [[1933]] wurde die FTSV auf dem Zwangswege aufgelöst und am [[21. Juni]] [[1934]] von "Amts wegen" aus dem Vereinsregister gelöscht.<ref>SPD-Ortsverein Elmshorn: ''120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik'' (Elmshorn 1983)</ref>
== Arbeiter-Radfahrerbund Solidarität ==
Nicht jede Arbeiterin oder jeder Arbeiter konnte sich ein Fahrrad leisten, aber der Arbeiter-Radfahrerbund Solidarität war in der Weimarer Zeit mit über 280.000 Mitgliedern der größte Radsportverband der Welt. Gegründet [[1896]], wurden auch die "roten Radfahrer" im Kaiserreich "wie Verbrecher" behandelt und waren bei den Behörden keineswegs wohlgelitten.  


: ''"Auf Grund des 5 1 des Gesetzes über die Einziehung kommunistischen Vermögens vom 26.5.33 — R.G.Bl.I S.293 — in Verbindung mit dem Gesetze über die Einziehung staats— und volksfeindlichen Vermögens vom 16.7.33 —R.G.Bl.I 3.479 — und der Preuss. Ausführungsverordnung vom 31.5.33 — G.S. S.207 — werden die nachstehend bezeichneten Sachen und Rechte unter Bestätigung der polizeilichen Beschlagnahme zugunsten des Landes Preussen, vertreten durch den Regierungspräsidenten in Schleswig—Holstein eingezogen:''
In Elmshorn gründete sich [[1918]] die Ortsgruppe "Frisch-Auf" der Solidarität.<ref>Vgl. SPD Elmshorn: [https://www.spd-elmshorn.de/wp-content/uploads/sites/434/2019/05/2019-05-01_150_jahre_spd-elmshorn_internet.pdf Sonderausstellung]], Tafel 12</ref> Die Leitung lag beim Schuster [[Heinrich Burmeister]] aus der Schillerstraße und beim [[Genosse Möller|Genossen Möller]], der auf dem Gerlingweg wohnte. Kassierer war [[Johann Hahn]], der Vater des Genossen [[Ernst Hahn]] aus der Goethestraße. Die Beiträge waren sehr niedrig. Insbesondere die Familien [[Genosse Rehders|Rheder]], [[Genosse Stade|Stade]] und [[Genosse Rathlau|Rathlau]] waren sehr aktiv. Schnell wuchs die Gruppe auf über 50 Mitglieder und entfaltete ein reges Vereinsleben.


: ''"Kreis Pinneberg: Sportverein Nordstern Barmstedt, Sportverein Freiheit Barmstedt, Freie Turn- und Sportvereinigung Elmshorn, Arb. Bad— und Kraftfahrerbund Solidarität Elmshorn, Arb.—Athletenklub Einigkeit Elmshorn, Arb. Athleten—Verein Doppeleiche Pinneberg, Freie Turnerschaft Pinneberg, dieselbe in Uetersen, Arb. Sportkartell Wedel, Bhdfahrerbund Solidarität Wedel, Arb. Turnverein Wedel"''<ref>SPD-Ortsverein Elmshorn: ''120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik'' (Elmshorn 1983)</ref>
Meist standen Radtouren auf dem Programm, während der Wettkampfsport nicht "bitterernst" genommen wurde. "Das war mehr Freude an Spiel und an Zusammensein."<ref>Vgl. SPD Elmshorn: [https://www.spd-elmshorn.de/wp-content/uploads/sites/434/2019/05/2019-05-01_150_jahre_spd-elmshorn_internet.pdf Sonderausstellung]], Tafel 12</ref> Es wurde Radball gespielt, mit Sechser-Mannschaften auf Rasen, und einige übten sich im Schul- und Kunstreigenfahren. Dem Elmshorner Verein standen hierfür acht eigene Saalräder zur Verfügung. Geübt und gespielt wurde im "Klosterhof", dem jetzigen Stadttheater, damals ein bekanntes Elmshorner Tanzlokal, wo sich viele Kulturvereine der Arbeiterbewegung trafen.


Doch die Zerstörung ging noch weiter. Um die Gedanken an die Arbeit und die Leistungen der FTSV in Elmshorn auszulöschen, wurde die Sportanlage an der Wilhelmstraße eingeebnet und das Gelände später als Schrebergartenanlage genutzt.
Der Arbeiter-Radfahrerbund Solidarität war ein fester Bestandteil der sozialdemokratischen Arbeiterkultur, nach genossenschaftlichen Prinzipien organisiert und um besondere Ansprache und Förderung der Arbeiter bemüht. Dazu gehörte ein eigenes Fahrradhaus mit der Fahrradfabrik "Frischauf" in Offenbach. Sie arbeitete "unter Ausschaltung privatkapitalistischer Gewinnerzielung" nur im Interesse der Mitglieder. Viele Arbeiterinnen und Arbeiter, auch in Elmshorn, konnten sich nur über dieses gemeinwirtschaftliche Unternehmen ein Fahrrad leisten.


Zwölf Jahre lang gab es keinen Arbeitersportverein in Elmshorn. Aber noch während der Zeit der britischen Besatzung trafen sich am [[3. Mai]] [[1946]] zahlreiche ehemalige Sportler, um die Wiederbelebung der FTSV zu betreiben. Vermögen gab es nicht, Sportanlagen waren nicht vorhanden. Aber die FTSV existierte.
Der Elmshorner Arbeiter-Radsportverein war nicht der einzige im Kreis Pinneberg. Gruppen gab es auch in Wedel, in Hörnerkirchen (Arbeiter-Radfahrverein "Vorwärts") und in Bielenberg an der Elbe - dieser existierte als einziger von allen noch [[1983]].


Vorsitzender wurde bald nach der Neugründung des Sportvereins [[Willy Fehrs]].
Mit Anbruch des Faschismus [[1933]] wurde der Verein verboten, die Räder und das Vermögen von den Nazis beschlagnahmt und vernichtet. Nach der NS-Herrschaft kam es für einige Jahre zu einer gewissen Wiederbelebung. Die Reigenfahrer- und die Kunstfahrergruppe traten noch zu verschiedenen Anlässen auf, z.B. bei Sportfesten der beiden anderen Arbeitersportvereine FTSV und Fortuna Langelohne. Der Schwerpunkt lag aber weiterhin auf geselligen Unternehmungen, zu denen auch befreundete Vereine kamen. [[1955]] löste sich der Verein auf.<ref>SPD-Ortsverein Elmshorn: ''120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik'' (Elmshorn 1983)</ref>


[[1949]] konnte mit dem Wiederaufbau der Sportanlage an der Wilhelmstraße begonnen werden. Die Spielfelder wurden wieder hergerichtet, als Waschgelegenheit gab es Blechschüsseln in einer Nissenhütte. Die Grundlagen für den Sportbetrieb der FTSV waren aber gelegt.
== Arbeiterschützenbund in Lieth ==
Auch die Schützen bildeten eigene Vereine, vor allem in kleineren Gemeinden, die von vielen Arbeitern bewohnt wurden. Bei Elmshorn zählten Klein-Nordende/Lieth, Langelohe und Hainholz zu den Arbeitersiedlungen, wo immer eine Mehrheit SPD und KPD wählte.


Die FTSV hat sich im Laufe der Jahre gewandelt; sie ist gewiß nicht mehr die klassenbewußte "Freie Turnerschaft" von [[1890]]. Aber auch weiterhin bestanden vielfältige Beziehungen zwischen der FTSV und der [[Ortsverein Elmshorn|Elmshorner SPD]]. Viele Sozialdemokraten sind Mitglieder ihres "Traditionsvereins" und [[Willy Fehrs]] war Ehrenvorsitzender.
Der Arbeiterschützenbund in Lieth gründete sich nach dem 1. Weltkrieg. Die Mitglieder bauten in Eigenarbeit einen Schießstand mit Schützenhalle in Lieth, südlich der Gaststätte "Waldpavillon" der Familie Rasmussen. Besondere Fördermittel und Zuschüsse gab es damals nicht. Dafür waren der Einsatz und das handwerkliche Können der Arbeiterschützen um so größer. Aus dem Vereinsleben ist wenig überliefert, auch wenn sich viele der Genossinnen und Genossen, die damals beteiligt waren, noch gern an die großen Arbeiterschützenfeste in Lieth bei Rasmussen erinnerten.
 
== Arbeiter-Radfahrerbund Solidarität Elmshorn ==
Auch wenn bestimmt nicht jeder Arbeiter ein Fahrrad hatte und es nicht billig war, sich ein Fahrrad zu leisten: Der Arbeiter—Radfahrerbund Solidarität war in der Weimarer Zeit der größte Radsportverband der Welt. Über 280 000 Mitglieder zählte er in seinen Reihen. Gegründet [[1896]], waren die "roten Radfahrer" im Kaiserreich "wie Verbrecher" behandelt und von den Behörden keineswegs gut gelitten. Dies sollte sich erst bessern, als die Kaiserzeit durch die Republik abgelöst worden war.
 
Auch in Elmshorn gründete sich 1918 eine Gruppe des Radfahrerbundes Solidarität. Die Leitung dieser Gruppe lag beim Schuster [[Heinrich Burmeister]] in der Schillerstraße und beim Genossen Möller, der auf dem Gerlingweg wohnte. Kassierer war [[Johann Hahn]], der Vater unseres Genossen [[Ernst Hahn]] aus der Goethestraße. Die Beiträge waren sehr niedrig und trotzdem entfaltete der Verein ein reges Vereinsleben und gewann einen festen Kreis von Mitgliedern. Zu nennen sind insbesondere die Familien Rheder, Stade, Rathlau, die fest zum Verein hielten und sehr aktiv waren. Schnell wuchs die Gruppe auf über 50 Mitglieder, die sich zu vielerlei Unternehmen trafen.
 
Vor allen Dingen Radtouren standen auf dem Programm. Der Wettkampfsport wurde nicht so bitterernst verfolgt. Das war mehr Freude an Spiel und an Zusammensein. Dann wurde auch Radball gespielt, mit Sechser-Mannschaften auf Rasen und einige Sportler übten sich im Schul- und Kunstreigenfahren. Dem Elmshorner Verein standen hierfür 8 Saalräder zur Verfügung, die Eigentum der Ortsgruppe "Frisch—Auf" waren. Geübt und gespielt wurde im Klosterhof, dem jetzigen Stadttheater, einem bekannten damaligen Elmshorner Tanzlokal, das Heimstatt für viele Kulturvereine der Arbeiterbewegung bildete.
 
Der Arbeiter—Radfahrerbund Solidarität war ein fester Bestandteil der sozialdemokratischen Arbeiterkultur, der nach den genossenschaftlichen Prinzipien organisiert war und sich um eine besondere Ansprache und Förderung der Arbeiter bemühte. Dazu gehörte ein eigenes Fahrradhaus und eine eigene Fahrradfabrik. "Frischauf" in Offenbach arbeitete unter Ausschaltung privatkapitalistischer Gewinnerzielung nur im Interesse der Mitglieder. Zahlreiche Elmshorner Arbeiter konnten es sich nur über dieses gemeinwirtschaftliche Unternehmen leisten, ein Fahrrad zu erwerben.
 
Die Elmshorner Arbeiter—Radsportler waren nicht die einzigen im Kreis Pinneberg. Auch in Wedel gab es einen Radfahrerbund Solidarität. In Hörnerkirchen existierte der Arbeiter—Radfahrverein "Vorwärts" und in Bielenberg an der Elbe gab es einen Radfahrerverein, der als einziger aus der Vielzahl der Radfahrervereine aus der Arbeiterbewegung auch heute noch existiert und eingen aufweist.
 
Auch für den Radfahrerbund Solidarität sollte der Faschismus eine gewaltsane Unterbrechung seiner Arbeit bringen. Die Räder und das Vermögen des Clubs wurden [[1933]] von den Nazis beschlagnahmt und vernichtet; der Verein wurde verboten. Nach dem Krieg kam es für einige Jahre zu einer Wiederbelebung des Vereins, auch wenn das Interesse nicht mehr so stark war. Die Reigenfahrer und die Kunstfahrergruppe traten noch zu verschiedenen Anlässen auf, wie z.B. bei Sportfesten der beiden anderen Arbeitersportvereine FTSV und Fortuna Langelohne. Der Schwerpunkt lag auch in diesen Jahren bei den geselligen Unternehmungen, zu denen auch befreundete Vereine kamen. [[1955]] ist der Verein dann aufgelöst worden, nachden die Bemühungen vergeblich gewesen waren, die alten Aktivitäten neu zu beleben.<ref>SPD-Ortsverein Elmshorn: ''120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik'' (Elmshorn 1983)</ref>
 
== Arbeiterschützenbund in Lieth ==
Auch bei den Schützen, vor allen Dingen in den kleineren Gemeinden, die von vielen Arbeitern bewohnt wurden, bildeten sich eigene Vereine. In Elmshorn und seiner Umgebung war dies z.B. in Klein—Nordende/Lieth der Fall, das mit Langelohe und Hainholz zu den Arbeitersiedlungen im Umland zählte und immer eine Mehrheit für die Arbeiterparteien SPD und KPD hatte.


Der Arbeiterschützenbund in Lieth wurde nach dem 1.Weltkrieg gegründet. Es wurde in Eigenarbeit ein Schießstand mit Schützenhalle in Lieth südlich der Gaststätte Rasmussen aufgebaut. Besondere Förderungsmittel und Zuschüsse gab es damals nicht. Dafür war der Einsatz und handwerkliche Können der Arbeiterschützen umso größer. Aus dem Vereinsleben dieses Arbeiterschützenvereins wissen wir dagegen wenig, auch wenn sich viele ältere Genossinnen und Genossen noch gerne an die großen Arbeiterschützenfeste in Lieth bei Rasmussen erinnern.
Die Nazis setzten auch diesem eigenständigen Verein ein Ende. Er wurde liquidiert, sein Schießstand, wo auf 50-m- und 100-m-Bahnen mit Kleinkalibergewehren geschossen werden konnte, von den Nazis der Schützenbrüderschaft Weidmannsheil zugewiesen.<ref>Schützenbrüderschaft Weidmannsheil: ''[http://www.weidmannsheil-klein-nordende.de/verein/tradition/chronik.pdf Vereinschronik]'', S. 3</ref> Einige Mitglieder traten in diesen Verein über, der größere Teil jedoch nicht.<ref>SPD-Ortsverein Elmshorn: ''120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik'' (Elmshorn 1983). In der Chronik der Schützenbrüderschaft heißt es, "viele" seien übergetreten.</ref>


Die Nationalsozialisten sollten dann auch diesem eigenständigen Verein ein Ende setzen. Einige Mitglieder sind in die damals schon bestehende Schützenbrüderschaft Weidmannsheil übergetreten, während der größere Teil nicht mitgegangen ist. Die Schützenbrüderschaft Weidmannsheil sollte fortan auch den Schießstand baut hatten.<ref>SPD-Ortsverein Elmshorn: ''120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik'' (Elmshorn 1983)</ref>
== Weitere ==
Es gab noch weitere Arbeiter-Sportvereine in und um Elmshorn, etwa die oben kurz erwähnten, der Arbeiter-Athletenklub Einigkeit und die Fortuna Langelohe. In der Sonderausstellung von [[2013]] wird der AC Einigkeit erwähnt, ein [[1983]] noch bestehender Boxsportverein; es wird allerdings nicht klar, ob er schon vor [[1933]] gegründet wurde.<ref>SPD Elmshorn: [https://www.spd-elmshorn.de/wp-content/uploads/sites/434/2019/05/2019-05-01_150_jahre_spd-elmshorn_internet.pdf Sonderausstellung]], Tafel 12</ref>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Arbeitersport]]
* [[Arbeitersport]]


== Links ==
== Literatur & Links ==
* Homepage: [https://www.ftsv-fortuna.de/verein/ueber-uns/ FTSV Fortuna Elmshorn]
* SPD-Ortsverein Elmshorn: ''120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik'' (Elmshorn 1983)
* Homepage: [http://www.weidmannsheil-klein-nordende.de/ Schützenbrügerschaft "Weidmannsheil"]
* SPD Elmshorn: ''[https://www.spd-elmshorn.de/wp-content/uploads/sites/434/2019/05/2019-05-01_150_jahre_spd-elmshorn_internet.pdf Sonderausstellung 150 Jahre SPD Elmshorn]'' (Elmshorn 2013)
* Schützenbrüderschaft Weidmannsheil: ''[http://www.weidmannsheil-klein-nordende.de/verein/tradition/chronik.pdf Vereinschronik der Schützenbrüderschaft Weidmannsheil Klein-Nordende-Lieth]''
* Homepage [https://www.ftsv-fortuna.de/verein/ueber-uns/ FTSV Fortuna Elmshorn]


== Quellen ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


[[Kategorie:Arbeitersport]]
[[Kategorie:Arbeitersport]]
[[Kategorie:Ortsverein Elmshorn]]
[[Kategorie:Arbeiterverein]]

Aktuelle Version vom 14. Februar 2022, 23:54 Uhr

Der Arbeitersport in Elmshorn begann 1890 mit der Gründung der "Freien Turnerschaft Elmshorn" durch sportbegeisterte Arbeiter.

Freie Turnerschaft Elmshorn

Bereits im September 1890 wurde im Vereinslokal des Elmshorner Arbeiterbildungsvereins am Flamweg beim SPD-Ortsvorsitzenden Hermann Krause eine Turnabteilung, die "Freie Turnerschaft Elmshorn", ins Leben gerufen.[1]. Das wäre noch in den letzten Tagen der Gültigkeit des Sozialistengesetzes gewesen, das erst am 30. September 1890 auslief. Der Verein dürfte damit einer der ersten in Deutschland gewesen sein.

Die "Freie Turnerschaft" erhielt die Erlaubnis, einmal wöchentlich die Turnhalle Kirchenstraße zu nutzen. Rasch stießen neue Mitglieder dazu. Schon 1895 suchte man ein eigenes Vereinslokal, damit weitere Turnstunden angeboten werden konnten.

Im März 1895 traten die Elmshorner Arbeitersportler dem Deutschen Arbeiter Turn- und Sportbund (ATSB) bei. Damit war der Kontakt zu anderen Vereinen hergestellt. Die dem ATSB angeschlossenen Vereine grenzten sich entschieden vom "bürgerlichen" Sportbetrieb ab. Sie lehnten dessen Nationalismus, der Sport nicht zuletzt als "Wehrertüchtigung" sah, ebenso ab wie die Betonung der Hochleistungen einzelner und des Konkurrenzgedankens. Dagegen setzten sie den Breitensport, die gemeinsame körperliche Ertüchtigung arbeitender Menschen. Besonders bemühten sie sich um die Jugendlichen. Diese sollten ferngehalten werden von Kneipen und Tanzsälen, sollten ein gesundes Leben ohne Alkohol und Nikotin führen. Körperertüchtigung, Gemeinsamkeit mit Gleichgesinnten, Liebe zur Natur, aber auch die Vermittlung des sozialistischen Gedankenguts bestimmten die Aktivitäten der Arbeitersportvereine. Letzteres war es, das sie den kaiserlichen Behörden verdächtig machte!

Fast jeder Arbeitersportverein hatte einen eigenen Spielmannszug. Das "Trommler- und Pfeifferkorps" der Freien Turnerschaft in Elmshorn wurde im Jahr 1900 gegründet. 1906 kam eine Frauenriege hinzu, und der Jugendsport wurde verstärkt gefördert.

Einen Rückschlag in dieser Entwicklung brachte der 1. Weltkrieg. Viele der aktiven Sportler mussten Kriegsdienst leisten. Der Sportbetrieb konnte während der Kriegsjahre nur mühevoll aufrecht erhalten werden.

FTSV Elmshorn

Nach Kriegsende setzten die Überlebenden die Arbeit in der Weimarer Republik fort. Nach 1919 wurde von fußballbegeisterten Arbeitersportlern in Elmshorn der "Verein für Rasensport" gegründet. Doch der neue Verein war nicht lebensfähig. So schlossen sich nach langwierigen Verhandlungen im April 1923 die "Freie Turnerschaft" und der "Rasensport" zusammen zur FTSV: "Freie Turn- und Sportvereinigung Elmshorn von 1890". Der neue Verein bot Turnen, Fußball, Leichtathletik, Schlagball und bald auch Handball an.

38 Mitglieder des FTSV nahmen an der 1. Internationalen Arbeiter-Olympiade teil, die vom 24.-26. Juli 1925 in Frankfurt/Main stattfand. Neben diesem Höhepunkt gab es viele Begegnungen und Wettkämpfe zwischen den Arbeitersportvereinen in Schleswig-Holstein und Hamburg. Bei allen sportlichen Erfolgen kam das gesellige Vereinsleben nicht zu kurz. Wanderungen, Familienausflüge und Maskeraden wurden organisiert und fanden begeisterten Zuspruch.

Ein Höhepunkt im Vereinsleben der FTSV war auch das jährliche Stiftungsfest, das erstmals 1927 nach dem Bau der eigenen Sportanlage an der Wilhelmstraße stattfand. 1926 hatte man eine Fahnenweihe noch auf der Traditionsstätte an der Rennbahn feiern können. 1927 wurde der FTSV die Nutzung verweigert.[2]

NS-Herrschaft

Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde die FTSV am 28. Februar 1933 zwangsweise aufgelöst und am 21. Juni 1934 von "Amts wegen" aus dem Vereinsregister gelöscht.[3] Ihr bescheidenes Vermögen wurde - wie das aller "linken" Zusammenschlüsse im Deutschen Reich - auf der Grundlage eigens erlassener NS-Gesetze vom Mai 1933[4] eingezogen. Betroffen waren im Kreis Pinneberg:

"Sportverein Nordstern Barmstedt, Sportverein Freiheit Barmstedt, Freie Turn- und Sportvereinigung Elmshorn, Arb. Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität Elmshorn, Arb.-Athletenklub Einigkeit Elmshorn, Arb. Athleten-Verein Doppeleiche Pinneberg, Freie Turnerschaft Pinneberg, dieselbe in Uetersen, Arb. Sportkartell Wedel, Radfahrerbund Solidarität Wedel, Arb. Turnverein Wedel."[5]

Doch die Zerstörung ging noch weiter. Um jeden Gedanken an die Arbeit und die Leistungen der FTSV in Elmshorn auszulöschen, wurde die Sportanlage an der Wilhelmstraße eingeebnet und das Gelände später als Schrebergartenanlage genutzt.

Neubeginn

Zwölf Jahre lang gab es keinen Arbeitersportverein in Elmshorn. Aber noch während der Zeit der britischen Besatzung trafen sich am 3. Mai 1946 zahlreiche ehemalige Beteiligte, um die Wiederbelebung der FTSV zu betreiben. Vermögen gab es nicht, Sportanlagen waren nicht vorhanden. Aber die FTSV existierte. Den Vorsitz übernahm bald nach der Neugründung Willy Fehrs, der später Ehrenvorsitzender wurde.

1949 konnte mit dem Wiederaufbau der Sportanlage an der Wilhelmstraße begonnen werden. Die Spielfelder wurden wieder hergerichtet, als Waschgelegenheit gab es Blechschüsseln in einer Nissenhütte. Die Grundlagen für den Sportbetrieb waren aber gelegt. Natürlich wandelte sich der Verein; er war nicht mehr die klassenbewußte Freie Turnerschaft von 1890, denn auch die Zeiten hatten sich gewandelt. Aber auch weiterhin bestanden vielfältige Beziehungen zwischen der FTSV und der Elmshorner SPD. Noch heute sind viele SPD-Mitglieder in Elmshorn auch Mitglieder ihres "Traditionsvereins".

Arbeiter-Radfahrerbund Solidarität

Nicht jede Arbeiterin oder jeder Arbeiter konnte sich ein Fahrrad leisten, aber der Arbeiter-Radfahrerbund Solidarität war in der Weimarer Zeit mit über 280.000 Mitgliedern der größte Radsportverband der Welt. Gegründet 1896, wurden auch die "roten Radfahrer" im Kaiserreich "wie Verbrecher" behandelt und waren bei den Behörden keineswegs wohlgelitten.

In Elmshorn gründete sich 1918 die Ortsgruppe "Frisch-Auf" der Solidarität.[6] Die Leitung lag beim Schuster Heinrich Burmeister aus der Schillerstraße und beim Genossen Möller, der auf dem Gerlingweg wohnte. Kassierer war Johann Hahn, der Vater des Genossen Ernst Hahn aus der Goethestraße. Die Beiträge waren sehr niedrig. Insbesondere die Familien Rheder, Stade und Rathlau waren sehr aktiv. Schnell wuchs die Gruppe auf über 50 Mitglieder und entfaltete ein reges Vereinsleben.

Meist standen Radtouren auf dem Programm, während der Wettkampfsport nicht "bitterernst" genommen wurde. "Das war mehr Freude an Spiel und an Zusammensein."[7] Es wurde Radball gespielt, mit Sechser-Mannschaften auf Rasen, und einige übten sich im Schul- und Kunstreigenfahren. Dem Elmshorner Verein standen hierfür acht eigene Saalräder zur Verfügung. Geübt und gespielt wurde im "Klosterhof", dem jetzigen Stadttheater, damals ein bekanntes Elmshorner Tanzlokal, wo sich viele Kulturvereine der Arbeiterbewegung trafen.

Der Arbeiter-Radfahrerbund Solidarität war ein fester Bestandteil der sozialdemokratischen Arbeiterkultur, nach genossenschaftlichen Prinzipien organisiert und um besondere Ansprache und Förderung der Arbeiter bemüht. Dazu gehörte ein eigenes Fahrradhaus mit der Fahrradfabrik "Frischauf" in Offenbach. Sie arbeitete "unter Ausschaltung privatkapitalistischer Gewinnerzielung" nur im Interesse der Mitglieder. Viele Arbeiterinnen und Arbeiter, auch in Elmshorn, konnten sich nur über dieses gemeinwirtschaftliche Unternehmen ein Fahrrad leisten.

Der Elmshorner Arbeiter-Radsportverein war nicht der einzige im Kreis Pinneberg. Gruppen gab es auch in Wedel, in Hörnerkirchen (Arbeiter-Radfahrverein "Vorwärts") und in Bielenberg an der Elbe - dieser existierte als einziger von allen noch 1983.

Mit Anbruch des Faschismus 1933 wurde der Verein verboten, die Räder und das Vermögen von den Nazis beschlagnahmt und vernichtet. Nach der NS-Herrschaft kam es für einige Jahre zu einer gewissen Wiederbelebung. Die Reigenfahrer- und die Kunstfahrergruppe traten noch zu verschiedenen Anlässen auf, z.B. bei Sportfesten der beiden anderen Arbeitersportvereine FTSV und Fortuna Langelohne. Der Schwerpunkt lag aber weiterhin auf geselligen Unternehmungen, zu denen auch befreundete Vereine kamen. 1955 löste sich der Verein auf.[8]

Arbeiterschützenbund in Lieth

Auch die Schützen bildeten eigene Vereine, vor allem in kleineren Gemeinden, die von vielen Arbeitern bewohnt wurden. Bei Elmshorn zählten Klein-Nordende/Lieth, Langelohe und Hainholz zu den Arbeitersiedlungen, wo immer eine Mehrheit SPD und KPD wählte.

Der Arbeiterschützenbund in Lieth gründete sich nach dem 1. Weltkrieg. Die Mitglieder bauten in Eigenarbeit einen Schießstand mit Schützenhalle in Lieth, südlich der Gaststätte "Waldpavillon" der Familie Rasmussen. Besondere Fördermittel und Zuschüsse gab es damals nicht. Dafür waren der Einsatz und das handwerkliche Können der Arbeiterschützen um so größer. Aus dem Vereinsleben ist wenig überliefert, auch wenn sich viele der Genossinnen und Genossen, die damals beteiligt waren, noch gern an die großen Arbeiterschützenfeste in Lieth bei Rasmussen erinnerten.

Die Nazis setzten auch diesem eigenständigen Verein ein Ende. Er wurde liquidiert, sein Schießstand, wo auf 50-m- und 100-m-Bahnen mit Kleinkalibergewehren geschossen werden konnte, von den Nazis der Schützenbrüderschaft Weidmannsheil zugewiesen.[9] Einige Mitglieder traten in diesen Verein über, der größere Teil jedoch nicht.[10]

Weitere

Es gab noch weitere Arbeiter-Sportvereine in und um Elmshorn, etwa die oben kurz erwähnten, der Arbeiter-Athletenklub Einigkeit und die Fortuna Langelohe. In der Sonderausstellung von 2013 wird der AC Einigkeit erwähnt, ein 1983 noch bestehender Boxsportverein; es wird allerdings nicht klar, ob er schon vor 1933 gegründet wurde.[11]

Siehe auch

Literatur & Links

Einzelnachweise

  1. SPD-Ortsverein Elmshorn: 120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik (Elmshorn 1983)
  2. Vgl. SPD Elmshorn: Sonderausstellung], Tafel 12
  3. SPD-Ortsverein Elmshorn: 120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik (Elmshorn 1983)
  4. Gesetz über die Einziehung kommunistischen Vermögens vom 26.5.33 - R.G.Bl.I S.293; Gesetz über die Einziehung staats- und volksfeindlichen Vermögens vom 16.7.33 - R.G.Bl.I 3.479; Preuss. Ausführungsverordnung vom 31.5.33 - G.S. S.207
  5. SPD-Ortsverein Elmshorn: 120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik (Elmshorn 1983)
  6. Vgl. SPD Elmshorn: Sonderausstellung], Tafel 12
  7. Vgl. SPD Elmshorn: Sonderausstellung], Tafel 12
  8. SPD-Ortsverein Elmshorn: 120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik (Elmshorn 1983)
  9. Schützenbrüderschaft Weidmannsheil: Vereinschronik, S. 3
  10. SPD-Ortsverein Elmshorn: 120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik (Elmshorn 1983). In der Chronik der Schützenbrüderschaft heißt es, "viele" seien übergetreten.
  11. SPD Elmshorn: Sonderausstellung], Tafel 12