Arbeitersport in Schacht-Audorf

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Der Arbeitersport in Schacht-Audorf entwickelte sich erst nach dem 1. Weltkrieg. Im September 1920 gründeten Arbeiterinnen und Arbeiter eine Freie Turnerschaft unter dem Namen "Freier Turn- und Sportverein Vineta, Schacht-Audorf".

Gründung

Im 1. Weltkrieg kam der Fußball als Breitensport auch nach Deutschland. Nach dem Krieg gründeten unter anderem Hugo Dresen, Jup Korioth, Detlef Nöhren, Artur Vogt und Heinrich Trede eine Fußballmannschaft in Schacht-Audorf. Aus dieser Mannschaft wurde der Arbeitersportverein. Adolf Gladow wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt, Gustav Gladow zum Turnwart.[1]

1920-1933

Gustav Gladow gelang es, auch ohne Geld und Ausstattung nach und nach einen Turnbetrieb mit Gymnastik, Stab- und Freiübungen aufzubauen. Die Fußballmannschaft nahm Kontakt zu Arbeitersportvereinen in Kiel, Neumünster, Büdelsdorf und Nortorf auf. Und sie bekam dank der sozialdemokratischen Mehrheit im Gemeinderat einen eigenen Platz zugewiesen. Das Grundstück war jedoch stark abschüssig und musste zunächst mit viel persönlichem Einsatz zu einem regelgerechten Platz ausgebaut werden. Die Arbeit war so aufwendig, dass zum Schluss die Gemeinde aushelfen musste. Auf dem Platz konnte dann aber auch Leichtathletik betrieben werden.[2]

Durch den Erfolg der Fußballer fühlten sich auch die Turner angespornt. Ludwig Onken erzählt:

"Unsere Fußballer waren die Träger des Vereins, aber wir Turner hatten doch Ehrgefühl und wollten wie die Fußballer bekannt werden. Dazu gehörten vor allen Dingen Geräte - also mehr als ein Stab. Die Deutsche Turnerschaft unter dem Namen Turn- u. Spielverein Schacht-Audorf war uns nicht ganz hold gesonnen, aber im Interesse der Sportförderung wurde uns gestattet, an unseren Turntagen (Dienstag u. Freitag) die Geräte der Deutschen Turnerschaft zu benutzen. Somit war uns zunächst geholfen. Aber dieser Notbehelf genügte uns nicht, und wir bemühten uns durch Aufbringung eigener Mittel, die Geräte durch den Bund zu beziehen. Der Bund versprach uns, wenn wir aus eigenen Mitteln eine gewisse Summe garantierten, die gewünschten Geräte – Turnreck, Barren und Pferd – zu liefern. Vineta hatte Glück! Unser Sportfreund Hans Krüger aus Amerika war während dieser kritischen Zeit (Inflation) hier anwesend und verfügte über Dollar (Devisen). Als guter deutscher Sportfreund spendete er mehrere Dollar, und so war es uns möglich, mit den von uns gesparten Mitteln zusammen, die Geräte zu bezahlen."[3]

Der Erfolg der Fußballer wurde zum Problem: Die Fahrten zu den Spielen in anderen Orten kosteten Geld und brachten den Verein in finanzielle Schwierigkeiten, die zum Streit über die Zukunft der anderen Sparten führten. Adolf Gladow trat darüber 1923 zurück. Ludwig Onken folgte ihm im Amt.

Als die Wirtschaftskrise in Deutschland überwunden war, blühte der Verein auf und bekam vollwertige Männer-, Jugend-, Frauen- und Schülerriegen. Die Arbeitersportler aus Schacht-Audorf arbeiteten mit Sportgenossen des benachbarten FT Eintracht aus Rensburg und dem FT Eider in Büdelsdorf zusammen.

Mit der Stilllegung der Eisenhütte Holstein verloren 1926 die meisten Mitglieder des Vereins ihre Arbeit und ihr Einkommen. Das bedeutete unter anderem für die Fußballer, dass es wieder eng mit dem Fahrgeld wurde.[4]

Die enge Verzahnung von Arbeitersport und SPD stellte sich als Vorteil heraus: 1924 wurden die Sportgenossen Robert Wolter und Ludwig Onken in den Gemeinderat gewählt. 1928 stand der Schulneubau an und die Turner drängten auf den Bau einer dazugehörigen Turnhalle. Sie trafen sich mit dem Oberpräsidenten Heinrich Kürbis und der Landtagsabgeordneten Toni Jensen. Daraufhin wurde der Gemeinde die Auflage gemacht, bei einem derartigen Schulneubau eine Turnhalle nach vorgeschriebenen Maßen zu bauen. Die Gemeinde bekam einen ansehnlichen Zuschuss zum Schulneubau, der das möglich machte. Zur Einweihung kamen Sportgenossen von der FT Eintracht aus Rendsburg und der FT Eider aus Büdelsdorf mit ihrem Spielmannszug.

Der Verein entwickelte ein blühendes Leben. Ludwig Onken erzählt:

"Vineta nahm jedes Jahr an den Kreisturnfesten teil, sei es in Rendsburg oder in Büdelsdorf. Unter anderem nahmen unsere Mädels an dem Fahnenschwingen in Büdelsdorf teil, wobei 200 Turnerinnen mitwirkten. Vineta beteiligte sich bei verschiedenen Veranstaltungen der umliegenden Ortschaften, und immer haben wir einen guten Eindruck hinterlassen. Das Stiftungsfest wurde alljährlich im September veranstaltet und größtenteils mit einem Laternenumzug eingeleitet. Hierbei hatten wir verschiedentlich Gelegenheit, Herren von der Provinzialverwaltung als Gäste bei uns zu haben. Diese Herren wurden dann unter Vorantritt des Reichsbanner-Spielkorps mit anschließendem Laternenumzug bei der Fähre oder an der Kieler Straße empfangen und zum Sportplatz geführt, wo sich dann der Umzug auflöste. Das 10. Stiftungsfest hatte unter aufopferungsvollen Anstrengungen des Leiters Paul Mansfeld wohl seinen tiefhaltigsten Eindruck hinterlassen. Jedenfalls hatten Kreis und Bezirk für diese Veranstaltung ihre lobende Anerkennung ausgesprochen."[5]

Nationalsozialismus

Wie überall, verboten die Nazis auch in Schacht-Audorf die Aktivitäten der Arbeiter. Der Vereinsbetrieb wurde eingestellt, die teuer gekauften Geräte mussten aufgegeben werden. Ludwig Onken wurde zweimal in "Schutzhaft" genommen und ins KZ gesteckt.

Wiedergründung

Kaum waren Krieg und Nazi-Herrschaft vorbei, lebte der Verein wieder auf. Ludwig Onken wurde von der britischen Militärregierung zum Bürgermeister von Schacht-Audorf ernannt. Er erzählt:

"Nach dem Zusammenbruch, als ich im September 1945 zum Bürgermeister gewählt und durch die englische Militär-Regierung bestätigt worden war, sah ich meine vornehmste Aufgabe darin, der unter dem Hitler-Regime verwahrlosten und vernachlässigten Jugend wieder einen Halt zu geben. Die beste Gelegenheit sah ich darin, den Turn- u. Sportbetrieb wieder aufleben zu lassen. Durch meinen Aufruf fanden sich alte und junge Sportler zusammen und riefen den Verein "Freier Turn- und Sportverein Vineta von 1920" wieder ins Leben. Heinrich Schlüter wurde als 1. Vorsitzender, Heinrich Kruse als technischer Turnleiter und Hermann Sennhauser als Trainer für die Fußballer gewählt. Mit Freude habe ich festgestellt, daß an den Turnabenden für Frauen die Heimatvertriebenen genau so vertreten waren wie die Einheimischen."[6]

Selbst die Fußballer stiegen wieder zu altem Glanz auf.

1972 benannte sich der Verein um in "Turn- und Sportverein Vineta Schacht-Audorf v. 1920 e.V.". Heute bietet Vineta neben Fußball und Turnen noch Handball, Volleyball, Triatlon, Tischtennis, Badminton und Fitness.

Links

Einzelnachweise

  1. TSV Vineta Schacht-Audorf: Geschichte 1920-1945
  2. TSV Vineta Schacht-Audorf: Geschichte 1920-1945
  3. TSV Vineta Schacht-Audorf: Geschichte 1920-1945
  4. TSV Vineta Schacht-Audorf: Geschichte 1920-1945
  5. TSV Vineta Schacht-Audorf: Geschichte 1920-1945
  6. TSV Vineta Schacht-Audorf: Geschichte 1920-1945