Jochen Steffen: Unterschied zwischen den Versionen

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Er galt aber auch als Parteiintellektueller, der sein Handeln stets theoretisch zu untermauern suchte. Ihm ging es nie nur um die Entscheidung von Sachfragen, sondern immer um die Lösung langfristiger Probleme.
Er galt aber auch als Parteiintellektueller, der sein Handeln stets theoretisch zu untermauern suchte. Ihm ging es nie nur um die Entscheidung von Sachfragen, sondern immer um die Lösung langfristiger Probleme.
=== DDR ===
=== DDR ===
Bereits auf dem [[Landesparteitag 1966, Eutin|Landesparteitag 1966 in Eutin]] forderte er die Aufnahme von Gesprächen mit der DDR-Führung.  
Bereits auf dem [[Landesparteitag 1966, Eutin|Landesparteitag 1966 in Eutin]] forderte er die Aufnahme von Gesprächen mit der DDR-Führung.<ref>[[Jürgen Weber]], (1988) ''Jochen Steffen - Der "rote Jochen"'' in "Demokratische Geschichte" Bd. 3 [http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay47.pdf Download]</ref>


=== Studentenrevolte 1968 ===
=== Studentenrevolte 1968 ===

Version vom 20. November 2010, 10:14 Uhr

Jochen Steffen auch genannt "Der Rote Jochen" hieß eigentlich Karl Joachim Jürgen Steffen und wurde am 19. September 1922 in Kiel geboren und verstarb am 27. September 1987 in Kiel. Er ging in Kiel erst zur Volksschule und machte 1941 sein Kriegsabitur, bevor er in die Marine eingezogen wurde. Erst nachdem er ein Vorsemester absolviert hatte, wurde er mit seinem Kriegsabitur zum Studium der Philosophie, Psychologie und Soziologie - später noch Politologie zugelassen. Steffen arbeitete dann zunächst als Assistent am Institut für Wissenschaft und Geschichte unter Professor Michael Freund. [1]

Ämter

1946 trat Jochen Steffen in die SPD ein und wurde 1948 im Kieler Kreisvorstand "Leiter der Jüngerenarbeit". 1954 wurde er Juso-Landesvorsitzender. Von 1958-1977 war Jochen Steffen Mitglied des Landtags in Schleswig-Holstein. Steffen war seit 1973 Vorsitzender der Grundwertekommission der SPD.[2]

Landesvorsitz

Jochen Steffen war hauptamtlicher Landesvorsitzender der SPD Schleswig-Holstein von 1965 - 1975. Erstmals gewählt wurde er am 15./16. Mai 1965 und dann am 1./2. Juli 1967, am 22./23. März 1969, am 19./20. Juni 1971 und 1973 im Amt bestätigt.

Fraktionsvorsitz

Von 1966 bis 1973 war Steffen Fraktionsvorsitzender und Oppositionsführer in Schleswig-Holsteinischen Landtag.

Spitzenkandidaturen

1967 und 1971 trat Jochen Steffen erfolglos als Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten in Schleswig-Holstein an.

Politik

Jochen Steffen war bekannt für seinen eckigen politischen Stil. In einem politischen Nachruf schrieb DIE ZEIT 1973;

"Journalisten suchten ihre Notizblöcke und politische Gegner volle Dekkung, wenn der hemdsärmelig-bullige „Rote Jochen" ans Rednerpult eilte. Er gab sich mal zornig, mal zotig, dann wieder drohend oder dämpfend. Stets jedoch ließ er auf seine politischen Gegner („intellektuell Verblödete") ein Feuerwerk von Attacken niedergehen, jene ihm eigene Mischung aus Analyse, Argumentation und Aggressivität. Ordnungsrufe des Präsidenten gehörten genauso zu einer Rede „Marke Steffen" wie die Warnung vor einem Mißbrauch seiner Partei: „Die sozialdemokratische Fraktion dieses Landtags ist kein Minimax, den sie beliebig von der Wand nehmen können, um Feuer zu löschen" — Feuer, das er oft genug selbst gelegt hatte und an dessen Wirkung er sich zu wärmen schien."[3]

Er galt aber auch als Parteiintellektueller, der sein Handeln stets theoretisch zu untermauern suchte. Ihm ging es nie nur um die Entscheidung von Sachfragen, sondern immer um die Lösung langfristiger Probleme.

DDR

Bereits auf dem Landesparteitag 1966 in Eutin forderte er die Aufnahme von Gesprächen mit der DDR-Führung.[4]

Studentenrevolte 1968

1968 plädierte Jochen Steffen für ein Bündnis der SPD mit den revoltierenden Studierenden. dem Spiegel gegenüber sagte er, dass es darum ginge, wer die zukünftige Entwicklung einer modernen Industriegesellschaft richtig einschätzt[5]:

"Wenn sie falsche Parolen haben, auf Ho Tschi-minh schwören oder auf Che Guevara, dann muß sich die SPD als Partei der sozialen Reformen zuerst einmal fragen, warum die Studenten sich für solche Idole begeistern. Denn die Studenten haben solche Idole doch nur, weil ihnen die politischen Probleme ihrer eigenen Gesellschaft nicht konkret, sondern irrational dargeboten werden."

Orientierungsrahmen 85

Der Orientierungsrahmen 85 war das Ergebnis einer breiten Diskussion in der SPD seit 1970 und wurde 1975 auf dem Bundesparteitag in Mannheim beschlossen. Jochen Steffen arbeitete von Beginn an las Vize-Vorsitzender der zuständigen "Langzeit-Kommission" zusammen mit deren Vorsitzenden Helmut Schmidt und Hans Apel federführend daran mit. Es sollten damit Instrumentarien zur Investitionsbeeinflussung und zur öffentlichen Kontrolle wirtschaftlicher Macht erarbeitet und stärker auf verteilungspolitische Effekte gesetzt werden.[6]

Austritt

Nach der Landtagswahl 1971 zog sich Steffen nach und nach aus der Politik zurück. Zunächst gab er 1973 die Oppositionsführung an Klaus Matthiesen. 1975 wurde Günther Jansen sein Nachfolger als Landesvorsitzender, 1977 gab er sein Landtagsmandat auf. 1979 trat Jochen Steffen aus der SPD aus - er kritisiert, dass die SPD die Frage der Atomkraft nicht mehr von einem Endlager abhängig machte und sich stattdessen mit Zwischenlagern begnügte. Außerdem konnte er sich mit dem Wirtschaftsfreundlichen Kurs der SPD nicht abfinden. DER SPIEGEL schrieb damals zur Begründung:

"'Angesichts meiner seelischen Belastung', schrieb er dem schleswig-holsteinischen SPD-Landesvorsitzenden Günther Jansen in der vorletzten Woche, 'mitverantworten zu müssen', was er den 'Grundwertekonflikt' der Regierungspolitik nennt, erklärte Steffen seinen Austritt aus der SPD."[7]

1980 unterstützte Steffen DIE GRÜNEN.

Publizist

Jochen Steffen begann seine journalistische Karriere Mitte der 1950er Jahre als Chefredakteur der "Flensburger Presse", später als Redakteur und Leitartikler der Kieler "Volkszeitung" war Herausgeber der Kieler "Nordwoche" und trat als Kabarettist in der Rolle des Kieler Werftarbeiters "Kuddl Schnööf" auf.[8]

Privatleben

Jochen Steffen war verheiratet mit Ilse Zimmermann, die er nur mit ihrem Mädchennamen "Zimmermann!" rief.[9] Am Vorabend des Saarbrücker SPD-Parteitages im Mai 1970, ließ sich Steffen bei einem Treffen der Jusos entschuldigen: Er feiere Silberhochzeit, und seine Frau sei ihm wichtiger als die Partei.[10]

Werke

  • Kuddl Schnööfs achtersinnige Gedankens und Meinungens von die sozeale Revolutschon und annere wichtige Sachens, ISBN 3455074200
  • Da kanns auf ab : Kuddl Schnööfs noieste achtersinnige Gedankens un Meinungens, ISBN 345508799X
  • Strukturelle Revolution. Von der Wertlosigkeit der Sachen, ISBN 3498061054
  • Krisenmanagement oder Politik, ISBN 3499118262
  • Auf zum letzten Verhör. Erkenntnisse des verantwortlichen Hofnarren der Revolution Karl Radek. ISBN 3570005615
  • Wer sich in Gefahr begibt. Krisenprotokolle, ISBN 3921040450

Links

Literatur

Siehe auch

Quellen

  1. Jürgen Weber, (1988) Jochen Steffen - Der "rote Jochen" in "Demokratische Geschichte" Bd. 3 Download
  2. Jürgen Weber, (1988) Jochen Steffen - Der "rote Jochen" in "Demokratische Geschichte" Bd. 3 Download
  3. "Wechsel im Kieler Landtag: Jochen Steffen zog sich zurück", DIE ZEIT, 11.05.1973 Nr. 20 http://www.zeit.de/1973/20/Jochen-Steffen-zog-sich-zurueck
  4. Jürgen Weber, (1988) Jochen Steffen - Der "rote Jochen" in "Demokratische Geschichte" Bd. 3 Download
  5. "Endlich Tacheles reden", DER SPIEGEL 22/1968 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46039771.html
  6. "SPD: Intellektuellenpartei a.D. - Die geistige Krise der Sozialdemokratischen Partei", aus "Blätter für deutsche und internationale Politik" 8/2010, Seite 95-104 http://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2010/august/spd-intellektuellenpartei-a.d.
  7. "Angesichts meiner seelischen Belastung", DER SPIEGEL 49/1979 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-39867512.html
  8. Jürgen Weber, (1988) Jochen Steffen - Der "rote Jochen" in "Demokratische Geschichte" Bd. 3 Download
  9. "Angesichts meiner seelischen Belastung", DER SPIEGEL 49/1979 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-39867512.html
  10. "Ungefähres Gegenteil", DER SPIEGEL 17/1971 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-43278720.html