Enquete-Kommission für die Verfassungs- und Parlamentsreform, 1988

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Nach der Wahl Engholms zum Ministerpräsidenten wurde im Landtag im Juni 1988[1] eine Enquete-Kommission für die Verfassungs- und Parlamentsreform und danach einen Sonderausschuss[2] ins Leben gerufen. Durch deren Ergebnisse wurde eine substantielle Parlaments- und Verfassungsreform eingeleitet:

  • Das Parlament verfügt danach über weitreichende Initiativ-, Kontroll-, Frage- und Auskunftsrechte
  • die Ausschüsse verfügen über ein Selbstbefassungsrecht und tagen öffentlich
  • Untersuchungsausschüsse und Eingabenausschuss erhalten starke neue Rechte
  • die Unabhängigkeit der Justiz ist durch ein transparentes Richterwahlverfahren gesichert[3]
  • Elemente direkter Demokratie eröffnen dem Volk neue Einflussmöglichkeiten
  • neue Staatszielbestimmungen (natürliche Lebensgrundlagen, Gleichstellung, Minderheiten) kommen hinzu.

Der Schlussbericht dieser Enquete-Kommission wurde 1989 vorgelegt[4].

Sonderausschuss "Verfassungs- und Parlamentsreform"

Ein Sonderausschuss diskutierte die Ergebnisse weiter und machte Beschlussempfehlungen[5]. Das bildete die Basis für die erste grundlegende Verfassungsreform in der BRD.

Vorsitzender: Gert Börnsen

SPD Mitglieder

Stellvertretende SPD Mitglieder

Beratende Mitglieder

Die Enquete Kommission wurde beraten von[6]:

Empfehlungen

Der Sonderauschuss empfahl folgende Änderungen[7]:

  1. Änderung der Landessatzung, Einführung einer Landesverfassungsgerichtsbarkeit
  2. Aufhebung des Bannkreisgesetzes
  3. Ergänzung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Schleswig-holsteinischen Landtages (Verhaltensregeln)
  4. Ergänzung des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Lande Schleswig-Holstein
  5. Änderung der Landeshaushaltsordnung
  6. Änderung der Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Reaktionen

Der SPIEGEL bezweifelte, ob die Parlamentsreform tatsächlich am richtigen Punkt ansetze:

"Die Parlamentsreform, die vor allem die Rechte der Opposition stärken soll, treibt löblicherweise die Regierungsfraktion voran, gegen die Bedenken der Opposition und des Ministerpräsidenten. Die Reform wird in Kiel als Konsequenz aus der Barschel-Affäre verkauft, eine Verwischung der Lehren. Denn die Zivilcourage der untergebenen Beamten und der umgebenden Minister und Parteifreunde hätte den machtbesessenen Doppeldoktor aufhalten können, nicht aber eine Parlamentsreform."[8]

Die ZEIT schrieb 1992 dagegen:

"Insgesamt hat Schleswig-Holstein die demokratische Brise in den Engholm-Jahren gutgetan. Sicherlich, Verfassungsreformen und bürgernahe Politik allein können eine kriminelle Nutzung politischer Macht niemals ausschließen. Aber man muß Engholm zugute halten, den Rahmen geschaffen zu haben, in dem sich ein liberaleres Selbstverständnis der Bürger und Führungszirkel dieses Bundeslandes herausbilden konnte."[9]

Quellen

  1. Antrag der Fraktionen SPD, CDU und des Abgeordneten Karl Otto Meyer (SSW) 23.06.1988 Drucksache 12/14
  2. Sonderausschuß zur Beratung des Schlußberichts der Enquete-Kommission "Verfassungs- und Parlamentsreform" Link
  3. Sehueler, Hans (1989) "Richterwahl in Schleswig-Holstein - Abschied von der schwarzen Praxis" in ZEIT vom 24.03.1989
  4. Bericht Enquete-Kommission für die Verfassungs- und Parlamentsreform 07.02.1989 Drucksache 12/180
  5. Bericht und Beschlussempfehlung Sonderausschuss "Verfassungs- und Parlamentsreform" 28.11.1989 Drucksache 12/620 (neu)
  6. Kieler Nachrichten "Professoren beraten Politiker", 4. Juli 1988
  7. Bericht und Beschlussempfehlung Sonderausschuss "Verfassungs- und Parlamentsreform" 28.11.1989 Drucksache 12/620 (neu)
  8. DER SPIEGEL 22/1989 "Die Erben des Dr. Barschel" Link
  9. DIE ZEIT, 20.3.1992 Nr. 13 "Nach vier Jahren: Was hat sich in Schleswig-Holstein geändert? Die Millimeter nach dem Erdrutsch" Link