Vorgeschichte der Arbeiterbewegung: Unterschied zwischen den Versionen

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Bereits nach der gescheiterten [https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Revolution_1848/1849 Märzrevolution 1848/1849] begannen Handwerker und Arbeiter sich zu organisieren. [[Stephan Born]] gründete die [https://de.wikipedia.org/wiki/Allgemeine_Deutsche_Arbeiterverbr%C3%BCderung Allgemeine Deutsche Arbeiterverbrüderung]. Allerdings hatte die Industrialisierung Deutschland noch nicht wirklich erreicht; es gab noch keine größere Arbeiterschaft.


Anfang des 19. Jahrhunderts hab es noch kein Schleswig-Holstein. Das Herzogtum Holstein war deutschsprachig, gehörte bis [[1806]] zum Heiligen Römischen Reich und wurde [[1815]] ein Gliedstaat des Deutschen Bundes. Allerdings war sein Herzog dauerhaft der dänische König, und es gehörte zum sogenannten Dänischen Gesamtstaat. Das Herzogtum Schleswig war vor 1864 zusammen mit dem Herzogtum Holstein Teil des multi-ethnischen Dänischen Gesamtstaates. Anders als Holstein gehörte Schleswig als dänisches Reichs- und Königslehen nicht zum Römisch-Deutschen Reich oder Deutschen Bund. [[Kreisverband Lübeck|Lübeck]] war als Hansestadt eigenständig und die Gegend zwischen Lübeck und [[Ortsverein Eutin|Eutin]] gehörte als [[Fürstentum Lübeck]] zum Großherzogtum Oldenburg und damit auch zum Heiligen Römischen Reich wurde später Gliedstaat des Deutschen Bundes. Im Süden schloss sich das Herzogtum Sachsen-Lauenburg an welches in Personalunion mit dem Königreich Dänemark verbunden war und dem Deutschen Bund angehörte.
Anfang des 19. Jahrhunderts gab es noch kein Schleswig-Holstein. Das Herzogtum Holstein war deutschsprachig, gehörte bis [[1806]] zum Heiligen Römischen Reich und wurde [[1815]] ein Gliedstaat des Deutschen Bundes. Allerdings war sein Herzog dauerhaft der dänische König, und es gehörte zum sogenannten Dänischen Gesamtstaat. Das Herzogtum Schleswig war vor 1864 zusammen mit dem Herzogtum Holstein Teil des multi-ethnischen Dänischen Gesamtstaates. Anders als Holstein gehörte Schleswig als dänisches Reichs- und Königslehen nicht zum Römisch-Deutschen Reich oder Deutschen Bund. [[Kreisverband Lübeck|Lübeck]] war als Hansestadt eigenständig und die Gegend zwischen Lübeck und [[Ortsverein Eutin|Eutin]] gehörte als [[Fürstentum Lübeck]] zum Großherzogtum Oldenburg und damit auch zum Heiligen Römischen Reich wurde später Gliedstaat des Deutschen Bundes. Im Süden schloss sich das Herzogtum Sachsen-Lauenburg an welches in Personalunion mit dem Königreich Dänemark verbunden war und dem Deutschen Bund angehörte.


Der Dänische König war also Herzog von Schleswig, Holstein und Lauenburg. Der Herzog von Oldenburg regierte im Fürstentum Lübeck und in Lübeck regierte die Bürgerschaft. Im Herzogtum Schleswig gab es deutsche, dänische und friesische Bevölkerungsteile.
Der Dänische König war also Herzog von Schleswig, Holstein und Lauenburg. Der Herzog von Oldenburg regierte im Fürstentum Lübeck und in Lübeck regierte die Bürgerschaft. Im Herzogtum Schleswig gab es deutsche, dänische und friesische Bevölkerungsteile.

Version vom 23. Juli 2023, 17:21 Uhr

Bereits nach der gescheiterten Märzrevolution 1848/1849 begannen Handwerker und Arbeiter sich zu organisieren. Stephan Born gründete die Allgemeine Deutsche Arbeiterverbrüderung. Allerdings hatte die Industrialisierung Deutschland noch nicht wirklich erreicht; es gab noch keine größere Arbeiterschaft.

Anfang des 19. Jahrhunderts gab es noch kein Schleswig-Holstein. Das Herzogtum Holstein war deutschsprachig, gehörte bis 1806 zum Heiligen Römischen Reich und wurde 1815 ein Gliedstaat des Deutschen Bundes. Allerdings war sein Herzog dauerhaft der dänische König, und es gehörte zum sogenannten Dänischen Gesamtstaat. Das Herzogtum Schleswig war vor 1864 zusammen mit dem Herzogtum Holstein Teil des multi-ethnischen Dänischen Gesamtstaates. Anders als Holstein gehörte Schleswig als dänisches Reichs- und Königslehen nicht zum Römisch-Deutschen Reich oder Deutschen Bund. Lübeck war als Hansestadt eigenständig und die Gegend zwischen Lübeck und Eutin gehörte als Fürstentum Lübeck zum Großherzogtum Oldenburg und damit auch zum Heiligen Römischen Reich wurde später Gliedstaat des Deutschen Bundes. Im Süden schloss sich das Herzogtum Sachsen-Lauenburg an welches in Personalunion mit dem Königreich Dänemark verbunden war und dem Deutschen Bund angehörte.

Der Dänische König war also Herzog von Schleswig, Holstein und Lauenburg. Der Herzog von Oldenburg regierte im Fürstentum Lübeck und in Lübeck regierte die Bürgerschaft. Im Herzogtum Schleswig gab es deutsche, dänische und friesische Bevölkerungsteile.

Das gesamte Land war noch komplett agrarisch geprägt und äußerst kleinteilig organisiert. Mit Ämtern, Kirchspielen und Gütern. Für die jeweils Herrschenden gab es wenig Motivation, die Verwaltung zu modernisieren, weil jede Änderung sehr wahrscheinlich eine stärkere Einbindung ins dänische Königreich bedeutet hätte. Und so herrschten gerade die Gutsbesitzer im Osten ziemlich absolut. Sie waren für die Menschen auf ihren Gütern Chef der Verwaltung, Richter, Arbeitgeber und Vermieter - auch nach Abschaffung der Leibeigenschaft im Jahr 1804.[1]

Mit der Entlassung aus der Leibeigenschaft, war es den Menschen möglich, ohne Erlaubnis ihres Herrn zu heiraten und Familien zu gründen. Das führte zu einem Bevölkerungswachstum. Da gleichzeitig die Arbeitsplätze in Landwirtschaft und Handwerk nicht mehr wurden, gab es mehr arme Menschen. Deren Versorgung von Ort zu Ort unterschiedlich organisiert war - in Städten aber oft besser funktionierte als auf dem Dorf. So zogen vermehrt Menschen ohne Arbeit in die Städte, andere wanderten aus in andere Teile des Deutschen Zollvereins oder ganz nach Amerika.[2]

Arme Menschen alleine sind noch keine Grundlage für die Ausbreitung der sozialdemokratischen Idee gewesen - ihnen fehlte noch das Klassenbewusstsein.[3] Doch spätestens mit dem Erscheinen des Buches "Der Socialismus und Communismus des heutigen Frankreichs" des Kieler Juraprofessors Lorenz Stein 1842 war das "Gespenst" des Kommunismus in Schleswig-Holstein angekommen. Immer wieder wurde in Zeitungen und Politik davor gewarnt, die Belange der armen Menschen zu vernachlässigen.[4] 1848 erschien das "Das Kommunistische Manifest" von Karl Marx und Friedrich Engels. Es endet mit dem bekannten Aufruf: "Proletarier aller Länder, vereinigt euch!". Zu dieser Zeit waren Sozialismus und Kommunismus noch begrifflich sehr eng zusammen. 1871 schreibt "Der Volksstaat": "Der Kommunismus ist der durchgeführte Sozialismus."[5]

Langsam entwickelten sich an verschiedenen Orten erste Ansätze einer Arbeiterschaft, die sich selbst auch als eigenständige Gruppe - als Schicht empfand: Neumünster als Hochburg der Tuchproduktion, in den Orten Altona, Ottensen und Wandsbek, die damals noch nicht zu Hamburg gehörten oder Elmshorn. In Lunden und Wesselburen als Zentrum für viele Landarbeiter an der Westküste gab es schon in den 1830er Jahren immer wieder Tumulte und Aufstände.[6] Bei Rendsburg gab es die Carlshütte, in Flensburg und Hadersleben Eisengießereien und in Krusau eine Kupfermühle.[7] Ende 1846 fiel der Zunftzwang für Maschinenfabriken.[8]

Die Stellung der Arbeiter war in der Regel schlecht, sie verdienten wenig, weil es so viele Menschen gab, die Arbeit suchten und die Arbeitgeber diese Situation ausnutzten. 1844 fand in Kiel der erste Streik von Arbeitern an der Bahnstrecke statt, bei dem es moderne Forderungen nach Lohn gab.[9]

Mitte der 1840er Jahre kam es zum Streit über die Zukunft des Herzogtums Schleswig. Es sollte ganz im dänische Königreich aufgehen. Der deutsche Bevölkerungsteil lehnte das ab, denn es hätte die Einheit von Schleswig und Holstein ("op ewig ungedeelt") bedeutet.

Die Feburarrevolution 1848 löste in großen Teilen Mitteleuropas ähnliche Revolutionen aus. So kam es auch in Dänemark zur Märzrevolution, die zur Umwandlung der absoluten Monarchie in eine konstitutionelle und der Verabschiedung der dänischen Verfassung, die (mit Modifikationen) heute noch in Kraft ist. Als sich das Gerücht der Revolution in Dänemark in Kiel verbreitet, bildete deutsch Gesinnte am 24. März 1848 eine provisorische Regierung. Es folgten drei Jahre Krieg zwischen den Schleswig-Holsteinern und der Dänischen Krone, an deren Ende Dänemark gewann und Schleswig unter dänischer Kontrolle blieb. Während Holstein von Preußen und Österreich besetzt wurde. Viele Beamte und Offiziere der schleswig-holsteinischen Regierung und des Militärs verließen das Land.

Die drei Jahre der Schleswig-Holsteinischen Erhebung aber waren auch ein erster Schritt in Richtung Demokratie. Die provisorische Regierung führte eine nach allgemeinem und direktem Wahlrecht gewählten Landesversammlung ein und führte eine Reihe von Reformen durch: Presse-, Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Bürgerbewaffnung und allgemeine Wehrpflicht; sozial ungerechte Steuern und Privilegien wurden abgeschafft.

Die provisorische Regierung hatte sich bereits in den ersten Wochen mit der Lage der Arbeiterschaft befasst und beispielsweise die "Insten-Kommission" eingerichtet, die sich mit der Situation der abhängigen Landarbeiter ("Insten" waren die Landarbeiter, die mit ihren Familien auf den Gutshöfen lebten) untersuchen sollte. Immer wieder kam es in der Arbeiterschaft zu Tumulten und Randale, denn die Not drängte. Gleichzeitig hatte die provisorische Regierung mit dem Krieg genug zu tun und konnte sich im wesentlichen nicht um die Nöte der armen Menschen kümmern - nur die gröbsten Missstände sollten abgestellt werden. Dazu sollten lokale Kommissionen gebildet werden. Selbst dagegen wehrten sich die Gutsbesitzer. Einige befürchteten selbst hier schon den ausbrechenden Kommunismus. Trotzdem wurden die Kommissionen vielerorts aufgebaut.[10]

Die Idee der Demokratie blieb auch nach der Niederschlagung der Schleswig-Holsteinischen Erhebung in der Welt. Gesellschaftliche Veränderung war möglich!

Einzelnachweise

  1. vgl. Regling, Heinz Volkmar: Die Anfänge des Sozialismus in Schleswig-Holstein, Wachholz Verlag (Neumünster 1965)
  2. Regling, Heinz Volkmar: Die Anfänge des Sozialismus in Schleswig-Holstein, Wachholz Verlag (Neumünster 1965), Seite 34
  3. Regling, Heinz Volkmar: Die Anfänge des Sozialismus in Schleswig-Holstein, Wachholz Verlag (Neumünster 1965), Seite 35
  4. Regling, Heinz Volkmar: Die Anfänge des Sozialismus in Schleswig-Holstein, Wachholz Verlag (Neumünster 1965), Seite 49
  5. Der Volksstaat, Ausgabe 73 vom 09.09.1871
  6. Regling, Heinz Volkmar: Die Anfänge des Sozialismus in Schleswig-Holstein, Wachholz Verlag (Neumünster 1965), Seite 45
  7. Regling, Heinz Volkmar: Die Anfänge des Sozialismus in Schleswig-Holstein, Wachholz Verlag (Neumünster 1965), Seite 18
  8. Regling, Heinz Volkmar: Die Anfänge des Sozialismus in Schleswig-Holstein, Wachholz Verlag (Neumünster 1965), Seite 19
  9. Regling, Heinz Volkmar: Die Anfänge des Sozialismus in Schleswig-Holstein, Wachholz Verlag (Neumünster 1965), Seite 47f
  10. vgl. Regling, Heinz Volkmar: Die Anfänge des Sozialismus in Schleswig-Holstein, Wachholz Verlag (Neumünster 1965), Seite 55ff