Tobias Bergmann

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Tobias Bergmann
Tobias Bergmann
Tobias Bergmann
Geboren: 11. Juli 1971

Tobias Bergmann, * 11. Juli 1971 in München. Volkswirt, Berater, Oberbürgermeister von Neumünster. Mitglied der SPD seit 1988.

Leben & Beruf

Geboren ist Tobias Bergmann 1971 in München, kennt aber nicht nur die Großstadt:

"Aufgewachsen bin ich in Langquaid, einem kleinen Ort in Niederbayern zwischen Regensburg und Landshut. Dort am Küchentisch meiner Familie habe ich gelernt, was es bedeutet, Kommunalpolitik zu machen. Mein Vater war Bürgermeister von Langquaid. Man ist Ansprechpartner für die großen und kleinen Sorgen der Menschen und man hat die Aufgabe, das Leben in der Stadt für die Menschen jeden Tag etwas besser zu machen."[1]

Nach dem Abitur am Donau-Gymnasium in Kelheim/Niederbayern 1990 ging er direkt nach der Wiedervereinigung nach Dresden, um dort an der Technischen Universität Volkswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Sozial- und Finanzwirtschaft und Regionalplanung zu studieren. 1998 schloss er sein Studium ab.

Den Berufseinstieg machte er als Berater bei der Kommunalen Gemeinschaftsstelle (KGSt) in Köln. 2000 wechselte er zur Rambøll Management GmbH in Hamburg, ab 2007 als stellvertretender Geschäftsführer. 2009 gründete er die Nordlicht Management Consultants GmbH in Hamburg. Das Startup war wirtschaftlich erfolgreich; so konnte Tobias Bergmann seine Anteile daran 2018 mit Gewinn verkaufen. 2017 gründete er die Tobias Bergmann Consulting GmbH in Hamburg. Er beriet in der ganzen Zeit Verwaltungen, Rathäuser und Landratsämter bei der Modernisierung.

"Kammer-Rebell"

Ehrenamtlich war Tobias Bergmann seit 2014 Mitglied im Plenum der Handelskammer Hamburg und 2018/19 als Präses (Präsident) der Handelskammer Hamburg. Dabei erwarb er sich einen Ruf als der "Kammer-Rebell". Die ZEIT umreißt die Bedeutung der Institution und des Amtes des Präses:

"Die Hamburger Handelskammer zählt seit mehr als 350 Jahren zu den mächtigsten Institutionen der Stadt und hat – mal mehr, mal weniger – bemerkbar großen Einfluss, nicht nur auf die Wirtschaft, sondern auf das Leben aller Hamburgerinnen und Hamburger. Manche bezeichnen die Kammer sogar als Schattenregierung, weil die Verbindung zwischen Politik und Kammeroberen traditionell sehr eng ist. Symbolisiert wird dies nicht nur durch eine Verbindungstür zwischen Rathaus und Kammergebäude, sondern auch durch die alljährliche Silvesterrede des Kammerpräses anlässlich der Versammlung zum Ehrbaren Kaufmann, bei der er der Politik im Namen der Wirtschaft ein Zeugnis ausstellt.
Stehen wichtige Entscheidungen für die Stadt an, mischt die Kammer meist mit: Die Olympia-Bewerbung war ihre Idee. Im Streit um Stadtbahn, Busbeschleunigung, Radverkehr oder die Frage, ob die Stadt die Energienetze zurückkaufen soll, vertrat sie stets einen klaren Standpunkt mit dem Anspruch, dies sei 'die Meinung der Wirtschaft.'"[2]

Tobias Bergmann erklärt seine Motivation auf seiner Website:

"Sie behauptete, meine Interessen gegenüber Politik und Gesellschaft zu vertreten, ohne dass sie mich jemals um meine Meinung gefragt hat.

Als ich dann erklärte, dass ich als Unternehmer für den Mindestlohn bin, erntete ich nur Belehrungen und den Hinweis, dass meine Meinung falsch sei.

Das empfand ich als ungerecht und entschloss mich, mich zu engagieren. Schnell habe ich gemerkt, dass ich mit meiner Meinung zur Handelskammer in der Hamburger Wirtschaft nicht alleine bin. Ich handelte mir den Titel des 'Rebellen' ein und wurde 2018 von den Hamburger Unternehmer*innen zum Präses der Handelskammer Hamburg gewählt."[3]

Sein Bündnis "Wir sind die Kammer" holte bei der Kammerwahl zwischen dem 16. Januar und dem 14. Februar 2017 55 von 58 Sitzen im Kammerplenum. Tobias Bergmann wurde daraufhin am 6. April 2017 zum Kammerpräses gewählt.

Präses der Handelskammer ist zwar formell ein Ehrenamt, in Wahrheit aber ein Vollzeitjob. Im Interview mit der WELT erklärte Tobias Bergmann seinen Verdienst: "Null Euro. Aber ich bekomme Kaffee, Wasser, Kekse und Croissants."[4] Er lebe von Rücklagen. Vom Ersparten.

"Das werde ich nicht drei Jahre durchhalten. Ich muss dann auch wieder Geld verdienen. Das ist auch mein Vorteil. Als Berater kann ich das."[4]

Wegen fehlenden Rückhalts im Kammerparlament legte er überraschend und mit sofortiger Wirkung am 8. Dezember 2018[5] sein Amt als Präses nieder. In der E-Mail, mit der er seinen Rücktritt erklärte, schrieb er:

"Mein Ziel war eine transparente, demokratische und sparsame Handelskammer. Dafür habe ich acht Jahre lang gekämpft. Vieles ist uns, trotz Widerständen, gelungen […] Für diese Aufgabe fehlt mir jedoch der notwendige Rückhalt."[5]

Nasanin und Tobias Bergmann, 2020
Nasanin und Tobias Bergmann, 2020

Auf seiner Homepage zieht Tobias Bergmann ein Fazit seiner Arbeit:

"Eines meiner Wahlversprechen war es die Zwangsbeiträge abzuschaffen. Dieses konnte ich wegen finanzieller Altlasten und neuer gerichtlicher Urteile leider nicht einlösen. Daraus habe ich die Konsequenz gezogen und bin zurückgetreten.
Aber wir habe die Handelskammer von Grund auf modernisiert: Die Selbstbedienungsmentalität der Führungskräfte gehört der Vergangenheit an, durch ein Solidarprinzip wurden über 90 Prozent der Mitglieder finanziell entlastet und die Kammer hat gelernt, erst den Mitgliedern zuzuhören bevor sie Position bezieht."[3]

Tobias Bergmann ist seit 2018 mit der Journalistin Nasanin Bergmann (geb. Romy) verheiratet, die aus politischen Gründen ihr Geburtsland Iran verließ und nach Deutschland ging, wo sie sich kennenlernten. Sie leben in Neumünster, zur Zeit in der Feldstraße.

Partei & Politik

Mit 17 Jahren trat Tobias Bergmann in die SPD ein - wegen Hans-Jochen Vogel[6], der damals SPD-Vorsitzender war.

Während seines Studiums in Dresden 1990/91 baute er die Jugendverbandsstrukturen der "Falken" in Sachsen auf, 1991 als deren Landesvorsitzender.

Oberbürgermeister in Neumünster

Serpil Midyatli und Kevin Kühnert unterstützen den Kandidaten Tobias Bergmann (v.l.n.r.)

2020 nominierte die SPD Neumünster Tobias Bergmann als ihren Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl am 9. Mai 2021. Er trat gegen vier Mitbewerber an, unter ihnen Amtsinhaber Olaf Tauras, der eigentlich erklärt hatte, er stünde nicht mehr zur Verfügung, sich aber von der CDU umstimmen ließ.

Unter der Leitung von Kirsten Eickhoff-Weber führte die SPD unter den Einschränkungen der Corona-Pandemie einen entschlossenen Wahlkampf.

Ergebnis der Stichwahl

Mit 26,9% der abgegebenen Stimmen erreichte Tobias Bergmann Platz 2 und trat in der Stichwahl am 30. Mai gegen den Amtsinhaber an. Die konnte er mit 50,8 Prozent (337 Stimmen Unterschied) knapp für sich entscheiden.[7] Der intensive Wahlkampf hatte sich ausgezahlt - der zugezogene Kandidat mit dem bayerischen Dialekt, den ein Jahr zuvor praktisch niemand in der Stadt kannte, konnte sich gegen den Amtsinhaber durchsetzen. Zum ersten Mal wurde damit ein direkt gewählter Oberbürgermeister Neumünsters abgewählt.


Zitate

  • "Macht ist für mich die Voraussetzung, gestalten zu können."[4]

Veröffentlichungen

  • Bergmann, Tobias: Standorte und Standpunkte (Selbstverlag 2021) - ein Buch, das Tobias Bergmann im Oberbürgermeister-Wahlkampf kostenlos verteilte

Links

Einzelnachweise

  1. bergmann-neumuenster.de: "Über mich"
  2. Grabbe, Hanna: Versteh einer diese Kaufleute, ZEIT.de, 8.1.2019, aktualisiert 9.1.2019
  3. 3,0 3,1 bergmann-neumuenster.de: Vom Rebellen zum Präses
  4. 4,0 4,1 4,2 Vojta, Norbert: "Das soll ein cooler Laden werden", welt.de, 30.7.2017
  5. 5,0 5,1 Lauterbach, Jörn: Handelskammer Hamburg verliert ihren Präses, welt.de, 8.12.2018
  6. Mitteilung von Tobias Bergmann
  7. Geil, Thorsten: Neumünsters Rathaus ist wieder rot, Kieler Nachrichten, 30.5.2021