Edmund Söhnker

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Edmund Söhnker
Edmund Söhnker
Edmund Söhnker
Geboren: 27. März 1865
Gestorben: 11. Dezember 1939

Adolph Edmund Söhnker, * 27. März 1865 in Wittenberge/Mark Brandenburg, † 1939 in Hamburg. Tischler, Mitarbeiter (zuletzt Geschäftsführer) der Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung. Der SPD dürfte er etwa Ende der 1880er Jahre beigetreten sein.

Werdegang

"Vater stammte aus Wittenberge in der Mark. Sein Lieblingswunsch, das Abitur zu machen und zu studieren, war ihm nicht erfüllt worden. Als mein Großvater [der Schneidermeister Bernhard Heinrich Söhnker] allzufrüh starb, mußte Vater vom Gynmnasium abgehen, denn die paar Mark, die Großmutter dann als Schneiderin verdiente, reichten nur fürs Nötigste. Es folgten schwere Jahre. Vater wurde Tischler. Nach seiner Lehrzeit ist er als Geselle auf die Walze gegangen. Quer durch die deutschen Lande, von Meister zu Meister, immer um Arbeit bittend, selten satt. Bis er schließlich nach Kiel kam, wo er Mutter begegnete und auf der Kaiserlichen Werft Arbeit fand."[1]

Unterschriften von Edmund und Magdalena Söhnker und der beiden Trauzeugen unter der Heiratsurkunde vom 11.9.1891

Edmund Söhnker kam vermutlich Ende der 1880er Jahre nach Kiel. Er holte offenbar seine Mutter Friederike (geb. Sannemann) nach, denn in seiner Heiratsurkunde ist ihr Wohnort mit "Kiel" angegeben, seine Adresse (und die seiner Verlobten) mit "Ringstraße 82". Es ist anzunehmen, dass sie in einer Wohnung lebten. Am 11. September 1891 heiratete Edmund Söhnker[2] die Dienstmagd Maria Magdalena Stölting aus Böhnhusen (* 18. Februar 1869 in Klein-Flintbek, † 26. Dezember 1967 verm. in Hamburg). Die beiden bekamen sechs Kinder, vier Töchter - darunter Agnes[3] -, dann die Söhne Hans und Walter Albin (* 16. Dezember 1907[4]). Wohl nicht zuletzt der wachsenden Familie wegen arbeitete er auf der Werft - gegen seine Überzeugung:

"Vater ist Sozialdemokrat. Vater verabscheut Militarismus, nationalistischen Übermut und lautes Säbelrasseln. Deshalb ist er gegen diesen Kaiser." Andererseits "ließ er doch niemals einen Zweifel daran, wie sehr er dieses Land um seiner Vorzüge willen liebte. Er war bestimmt kein Chauvinist, aber er war ein guter Deutscher."[5]

Das hatte Folgen:

"Vater hatte schon Jahre vor meiner Geburt seinen Tischlerposten auf der Werft aus politischen Gründen verloren. Beim Bau der "Hohenzollern" war er zuletzt dabeigewesen. [...] Auf dieser kaiserlichen Jacht hatte mein Vater die Geländer poliert. Ich weiß, wie schön, präzis und sauber er gearbeitet hat, denn ich besitze noch heute einige Möbel von seiner Hand. Aber damals auf der Werft zählte nicht allein, wie gut man sein Handwerk beherrschte. Als in der Betriebsleitung bekannt wurde, daß Vater ein 'Sozi' war, bekam er seine Papiere. 'Söhnker, es tut uns leid. Nichts gegen Ihre Arbeit, aber ein Mann mit Ihrer Gesinnung hat keinen Platz auf einer kaiserlichen Jacht!' Und schwupp war er draußen. Diese Entlassung war zunächst ein harter Schlag, denn Vater hatte für eine Familie zu sorgen, die sich rasch vergrößerte."[6]

Diese Familienüberlieferung läßt sich nicht belegen. Der Verlust des Arbeitsplatzes war zweifellos real, aber die zweite HOHENZOLLERN wurde von 1891 bis 1893 auf der Stettiner Vulkan-Werft gebaut, ihre Vorgängerin von der Norddeutschen Schiffbau AG in Kiel, aber bereits 1880 in Dienst gestellt, als Edmund Söhnker 15 Jahre alt war. Die dritte kaiserliche Yacht dieses Namens wurde ab 1913 gebaut, wieder in Stettin. Möglicherweise war er bei einer Überholung oder Renovierung eines der Schiffe beschäftigt.

Das fünfte Kind des Ehepaares war Hans Söhnker, der später als Schauspieler sehr populär wurde; seine Karriere begann im Kieler Stadttheater. Die Grundlagen kamen aber nicht zuletzt aus dem Elternhaus, wo viel Wert auf Kultur gelegt wurde, wie sich an Edmund Söhnkers Engagement für verschiedene parteinahe Kultureinrichtungen ablesen lässt. Von 1910 bis 1933 leitete er die sozialdemokratische Kieler Chor-Vereinigung, von 1916 bis 1920 den Arbeiter-Bildungsausschuss der Kieler SPD und von ihrer Wiedergründung 1920 bis 1925 die Freie Volksbühne Kiel. Zeitweise betrieb er auch die Volksbuchhandlung im Gewerkschaftshaus, deren Ziel es war, die Arbeiter mit guter Literatur zu versorgen.[7]

Sein Sohn erinnert sich an ihn als Freigeist und Gerechtigkeitsfanatiker.[8]

"Großherzig war er und weise, ehrlich, aufrecht, verständnisvoll und nicht ohne Humor."[9]

Seine Frau kam aus einfachen Verhältnissen, war aber bildungswillig und "nie ein Heimchen am Herd"[10]:

"Magdalena Söhnker konnte bezaubernd lächeln. Da war nichts aufgesetzt oder angelernt. Dieses Lächeln kam aus einem heiteren Herzen. Mutter war auch witzig, ohne je zu verletzen. Bösartigkeiten lagen ihr weltenfern."[11]

Die Familie Söhnker zog, wie viele Arbeiterfamilien, oft um, immer auf der Suche nach einer für die wachsende Kinderschar ausreichenden, aber bezahlbaren Wohnung, vielleicht auch bedingt durch den Verlust der Arbeitsstelle. Stationen waren zwischen 1903 und 1924 Augustenstraße 40 (wo sein fünftes Kind geboren wurde), Schaßstraße 17, Langenbeckstraße 8, Harmsstraße 73, Hasseldieksdammer Weg 29 und Fleethörn 60.[12]

Mitarbeiter der VZ

Nach der Kündigung durch die Werft fand er eine neue Tätigkeit bei der VZ, wo er sich bis in die Geschäftsführung hocharbeitete.

"Vater also war nun Kolporteur, das heißt, er warb Leser und beschaffte Anzeigen für die Schleswig-Holsteinische Volkszeitung und das satirische Blatt Der wahre Jakob. Später wurde er Expedient [Vertriebsleiter] des Verlags, und schließlich übernahm er als Prokurist die kaufmännische Leitung dieses Unternehmens und wurde Geschäftsführer."[13]

Das Kieler Adressbuch von 1914 enthält den Eintrag:

"Söhnker A. Edm., Exped., Harmsstr. 73"[14]

Das heißt, bei Beginn des 1. Weltkrieges war Edmund Söhnker schon längere Zeit bei der VZ tätig, denn er war bereits Expedient.

Dieser Aufstieg sorgte dafür, dass die achtköpfige Familie zwar keine Reichtümer sammelte, aber auch nicht die Not vieler Arbeiterfamilien kannte.

"Gedarbt haben wir zu Hause nie, wenn man von der Notzeit des Ersten Weltkriegs einmal absieht, aber wir lebten auch keineswegs aus dem vollen. [...] Der Brotkorb hing bei uns in halber Höhe oder, besser gesagt, in der Mitte."[15]

Edmund Söhnker musste sich sogar einmal vorwerfen lassen, "er unterstütze die 'Verbürgerlichung' seiner Kinder".[16] Andererseits reichte das Geld nicht für Nachhilfestunden, die auf der Höheren Schule unausweichlich gewesen wären, so dass Sohn Hans in eine Lehre ging.[17] Immerhin konnte sich das Ehepaar Söhnker Mitte der 1920er Jahre einen Urlaub in einem Hotel in Garmisch leisten.[18]

Wegzug aus Kiel

1931 - wohl mit dem Eintritt in den Ruhestand - verließen die Söhnkers Kiel und zogen in ein eigenes Haus nach Hamburg-Wellingsbüttel, vermutlich in die Nähe des jüngsten Sohnes. Dort starb Edmund Söhnker 1939 kurz vor Beginn des 2. Weltkriegs. Seine Frau überlebte ihn lange und starb 1967 mit fast 99 Jahren.[19]

Partei & Politik

Wann Edmund Söhnker in die SPD eintrat, konnte bisher nicht ermittelt werden; am wahrscheinlichsten dürfte Ende der 1880er Jahre gewesen sein, als er in Kiel seßhaft wurde; seine Lehr- und Wanderjahre fielen noch in die Zeit des Sozialistengesetzes. In Kiel übernahm er jedenfalls führende Funktionen in der Partei und in parteinahen Vereinen.

Ab 1907 war er Vorsitzender des Sozialdemokratischen Vereins Kiel und Umgegend, der sich 1911 als Sozialdemokratischer Verein Groß-Kiel unter seinem Vorsitz neu gründete; 1912 folgte ihm Heinrich Bielenberg in diesem Amt.

Er kandidierte auch - ohne Erfolg - vermutlich 1909 für die Stadtverordnetenversammlung.[20]

Literatur

  • Söhnker, Hans: ... und kein Tag zuviel (Hamburg 1974)
  • Dannenberg, Peter: Immer wenn es Abend wird. 300 Jahre Theater in Kiel. 1983, S. 191.
  • Opitz, Eckard: Die unser Schatz und Reichtum sind. 60 Portraits aus Schleswig-Holstein. 1990, S. 318.
  • Rathmann, August: Ein Arbeiterleben. Erinnerungen an Weimar und danach. 1983, S. 12.

Links

Einzelnachweise

  1. Söhnker: Tag, S. 14
  2. Laut Heiratsurkunde im Heiratsregister Standesamt Kiel, Nr. 418 (Stadtarchiv Kiel).
  3. Bruns, Brigitte: Söhnker, Hans, in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S.528-529 Onlinefassung
  4. Vermerk am Ende der Heiratsurkunde von Edmund und Magdalena Söhnker, S. 2
  5. Söhnker: Tag, S. 10 f.
  6. Söhnker: Tag, S. 15
  7. Voit, Jochen: Er rührte an den Schlaf der Welt. Ernst Busch - die Biographie (Berlin 2010), S. 307
  8. Söhnker: Tag, S. 12
  9. Söhnker: Tag, S. 17
  10. Söhnker: Tag, S. 16
  11. Söhnker: Tag, S. 18
  12. Stolz, Gerd: Menschen und Ereignisse - Gedenktafeln in Kiel (Husum 2001), S. 102 f.
  13. Söhnker: Tag, S. 16
  14. Adressbuch der Stadt Kiel 1914 (Buchstabe S)
  15. Söhnker: Tag, S. 22
  16. Söhnker: Tag, S. 12
  17. Söhnker: Tag, S. 40
  18. Söhnker: Tag, S. 17
  19. Söhnker: Tag, S. 17 f., 303
  20. Söhnker: Tag, S. 11