Agrarpolitischer Beirat

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Der Agrarpolitische Beirat der SPD Schleswig-Holstein wurde 1971 gegründet. Grundlage war ein Beschluss des Landesparteitages 1971 - der Anlass könnten Bauern-Proteste im Landtagswahlkampf gewesen sein.

"Bauernjagd auf Spitzenpolitiker"

Zum vorangegangenen Landesparteitag in Flensburg hatten hunderte Jungbauern mit Traktoren die Straßen rund um den Parteitag blockiert und dem Parteitagsgast, Bundeskanzler Willy Brandt wütend ihre Sorgen vorgetragen. Bei Protesten während einer Veranstaltung mit SPD-Fraktionschef Herbert Wehner in Husum kamen 750 Bauern - es gab sogar eine Bombendrohnung gegen die SPD-Veranstaltung. Die Kieler Nachrichten titelten "Bauerjagd auf Spitzenpolitiker - 750 Landwirte 'beherrschten' SPD Veranstaltung in Husum"[1]:

"Die Bauernjagd auf Spitzenpolitiker wurde in Husum fortgesetzt: Als die Suche nach einer telefonisch avisierten Bombe erfolglos abgebrochen worden war und die freigewordenen 60 Polizeibeamten hinter der Bühne oder in zivil im Saal Platz genommen hatten, wurde die Kongreßhalle nach kurzer Zeit wiederum, un zwar diesmal wegen Überfüllung geschlossen. […]"

Die Bauern beklagten, dass ihre Kosten immer weiter stiegen, während die Erzeugerpreise stagnierten. Sie "[…] forderten um 15 Prozent höhere Erzeugerpreise, Gerechtigkeit für die Landwirtschaft, Abschaffung beziehungsweise sofortige Aussetzung des 'grünen Dollars' (Verrechnungseinheit der EWG) und Festsetzung der Agrarpreise nach nationalen Kriterien."[2] Und machten dafür die Europa-Politik der SPD-Bundesregierung verantwortlich.

Der SPD-Landesvorsitzende Jochen Steffen wies auf die Verantwortung der CDU-Landesregierung hin. Über eine Kundgebung in Kiel berichteten die Kieler Nachrichten: "Mit drastischen Worten kritisierte der schleswig-holsteinische Oppositionsführer und SPD-Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten, Joachim Steffen, die Politik der Landesregierung. Unter Hinweis auf das Bestreben der SPD, in Kiel einen Regierungswechsel herbeizuführen, erklärte er: 'Kein Ochse betritt eine völlig ungenutzte Wiese. Es waren immer schon andere drauf. Diese Ochsen, die vorher da waren, haben das Gras bis auf die Stoppeln abgefressen und überall ihren Mist hinterlassen.' Die CDU habe die Probleme während ihrer Regierungszeit nur vor sich hergeschoben. dabei seinen viele Steuermilliarden in diesem land nutzlos verpulvert worden. Das könne man vor allem am Schicksal vieler landwirtschaftlicher betriebe feststellen. Dieses nämlich sei ein warnendes Beispiel dafür, wohin ein vertrauenselige Einstellung zu christdemokratischen Sprüchen führe."[3]

Gründung

Am 31. August 1971 konstituierte sich der Beirat. Vorsitzender wurde der Landwirt Heinrich Alberts aus Witzwort, seine Stellvertreter Heinz Klinke aus Neuheikendorf und Wilhelm Tramsen aus Preetz.

Am 18. Dezember 1972 legte Heinrich Alberts wegen Überlastung durch seine Arbeit im örtlichen Genossenschaftswesen den Vorsitz nieder. Sein Nachfolger wurde der Landwirt Arno von Spreckelsen. Gleichzeitig wurde der Vorstand erweitert: Heinrich Alberts blieb im Vorstand, hinzu kam Elisabeth Orth. Als beratendes Mitglied wurde Hans Wiesen aus Bordesholm gewählt.

In seinen Arbeitssitzungen dieskutierte der Beirat unter anderem die Themen "Einzelbetriebliches Förderungsprogramm", "Soziales Ergänzungsprogramm", "Landes-Agrarhaushalt", "Raumordnung - Bodenfonds" und "Reform der landwirtschaftlichen Selbst- und Staatsverwaltung". Zwei Projektgruppen zu "Problemen der Milchmarktordnung" und zur "überbetrieblichen Zusammenarbeit" wurden gegründet.

Der Beirat nahm Kontakt zu seinem Pendant in Niedersachsen auf und lud den niedersächsischen Landwirtschaftsminister Klaus-Peter Bruns zu einer Wahlkampfveranstaltung für Landwirte nach Owschlag ein.[4]

Mit der Zeit schlief die Arbeit offenbar ein, denn 1986 wurde erneut ein Agrarpolitischer Beirat gegründet. Vorsitzender war 1993 Heinrich Terwitte.

Zur Zeit ist dieser Arbeitskreis nicht aktiv.

Quellen

  1. Kieler Nachrichten: Bauerjagd auf Spitzenpolitiker. 22.2.1971
  2. Kieler Nachrichten: Bauern-Demonstration gegen Bonner Agrarpolitik, 25. Januar 1971
  3. Kieler Nachrichten: Wehner kündigt Reformjahrzehnt an. 22.2.1971
  4. Politik und Organisation: Berichte zum Landesparteitag am 24. und 25. Februar 1973 in Eckernförde, S. 99