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Version vom 14. Mai 2016, 13:53 Uhr

Berndt Heydemann
Berndt Heydemann
Berndt Heydemann
Geboren: 27. Februar 1930

Prof. Dr. Berndt Heydemann, * 27. Februar 1930 in Kiel. Biologe und zeitweise Umweltminister des Landes Schleswig-Holstein. Nicht Mitglied der SPD.

Werdegang

Berndt Heydemann besuchte bis 1947 die Kieler Admiral-Graf-Spee-Oberschule (heute: Humboldt-Schule); 1948 machte er sein Abitur an der staatlichen Oberschule in Flensburg. Dann trat er in die väterlichen Fußstapfen: Sein Vater, Dr. Fritz Heydemann, war Oberlandwirtschaftsrat und Honorarprofessor an der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Kiel. Der Sohn absolvierte eine Ausbildung in Gartenbau und Landwirtschaft, studierte danach Biologie, Ökologie, Mikrobiologie, Chemie und Physik. 1953 promovierte er über Agrarökologische Problematik, 1964 folgte eine Habilitation zum Thema Die Entwicklung von Meer und Land - Freiland- und Laborexperimente zur Adaption der Organismen im Ebbe- und Flut-Bereich.

Während der 60er Jahre lehrte Berndt Heydemann als Dozent an der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel. Als Sprecher der Dozentinnen und Dozenten setzte er sich entschieden für die Verbesserung von deren Stellung ein. Unter anderem forderte er für sie das Recht, für das (damals noch jährlich wechselnde) Präsidentenamt zu kandidieren. Als Bewerber um dieses Amt unterlag er 1970 einem ordentlichen Professor der CAU, aber das Prinzip war durchgesetzt.

Ebenfalls 1970 wurde er Professor für Ökologie an der Universität Kiel, später Direktor am Biologiezentrum. Er gründete die Abteilung Angewandte Ökologie und Küstenforschung sowie die Forschungsstelle für Ökosystemforschung und Ökotechnik. Außerdem baute er den ökologisch-biologischen Arbeitsbereich des Forschungszentrums in Büsum auf.

Berndt Heydemanns Arbeiten über die Salzwiesen des Wattenmeeres seien wesentlich für die Gründung von Nationalparks gewesen, ebenso hätten viele seiner Studien wichtige Anstöße für Naturschutzgebiete in Deutschland und international gegeben, so heißt es in der Begründung für die Verleihung des Deutsches Umweltpreises 2005.[1]

Vor seiner Ernennung zum Umweltminister war er Vorsitzender des Landesnaturschutzverbandes, Mitglied im Beirat des Bundesumwelt- und Bundeslandwirtschaftsministeriums, Gutachter beim Bundesforschungsminister und bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft, und er hatte 14 Jahre lang den Bundesvorsitz des Verbandes Hochschule und Wissenschaft inne.

Umweltminister

1988 berief der neu gewählte Ministerpräsident Björn Engholm den parteilosen Berndt Heydemann als Minister für Natur, Umwelt und Landesentwicklung in sein Kabinett. Der SPIEGEL sah ihn als zweiten "Aktivposten" in der Regierung: "Erst kommt Engholm, dann Heydemann und dann eine ganze Zeit gar nichts."[2] Gleichzeitig galt er als schwierig. "Mit dem parteilosen Biologie-Professor Berndt Heydemann hat Engholm einen hochqualifizierten Umweltminister zur Seite, der in Naturschutzfragen keinen Streit mit Jägern, Bauern und Fischern ausläßt und es im Land zu Popularität gebracht hat."[3]

Heydemanns Staatssekretär Bodo Richter musste laut SPIEGEL 1990 gehen, weil er "vor Parteifreunden bisweilen ungeniert über seinen parteilosen Minister Heydemann herzieht"[4]. Neuer Staatssekretär wurde Peer Steinbrück, der sein Verhältnis zu Heydemann von Anfang an als ein schwieriges sah.

"Steinbrück trifft seinen künftigen Minister und ist entsetzt. Während des etwa vierstündigen Gespräches redet vor allem Heydemann. Steinbrück beziffert die Gesprächsanteile auf 95 zu 5 Prozent. Er fragt sich, wie er mit einem Minister zusammenarbeiten soll, der kein rechtes Interesse an seinem Staatssekretär aufzubringen scheint. Für Steinbrück ist Heydemann ein ökologischer Visionär und Missionar; solche Menschen sind ihm suspekt. Als Steinbrück seiner Frau von dem »Gespräch« berichtet, drängt sie ihn, das Angebot auszuschlagen. »Da gehst du nicht hin. Der ist doch egomanisch«, sagt Gertrud Steinbrück. Ihr Mann hält dagegen. Die gesamte Umgebung Engholms rechne bereits mit ihm, und außerdem könne er eine Offerte als Staatssekretär nicht einfach ablehnen. Also ziehen die Steinbrücks nach Kiel."[5]

Einige Monate vor der Landtagswahl 1992 kam es zu einem Eklat um ein relativ nebensächliches Thema: Berndt Heydemann und sein Ministerkollege Hans Wiesen sollten einen Vorschlag zum Umgang mit der Kormoranpopulation vorlegen. Keiner von beiden hatte sich als federführend gesehen. Als Berndt Heydemann dann erheblich mehr Geld für das Projekt forderte, als zwischen den Ministerien abgesprochen, griff der Chef der Staatskanzlei, Stefan Pelny, ein und forderte beide zu besserer Zusammenarbeit auf.[6]

"Zumeist aber erntete der bienenfleißige Heydemann Beifall für seine Vorhaben. So entwarf er scharfe Verbote, um den Einsatz von Asbest und Gülle einzuschränken. Er brachte ein neues Wasser- und Abfallgesetz auf den Weg, wies Wasser- und Naturschutzgebiete aus, entwickelte das Modell einer Weiterbildungsakademie für Natur und Umwelt und rüstete Dutzende von Kläranlagen mit Stickstoff- und Phosphorfilterung nach."[7]

Unter Engholms Nachfolgerin, Ministerpräsidentin Heide Simonis, musste Heydemann erhebliche Beschneidungen in Kompetenzen und Etat hinnehmen; die Landesentwicklung wurde ihm entzogen. Er fühlte sich nicht mehr ausreichend unterstützt und trat zum Jahresende 1993 zurück.[8] "Wir kamen nicht miteinander zurecht", sagte Heide Simonis später[9].

Zu seinem Abschied schrieb der SPIEGEL:

"Berndt Heydemann, 63, war schon immer selbstbewußt: Als gelernter Wissenschaftler müsse seine Politik "objektiv wahr und präzise" sein. Der schleswig-holsteinische Umweltminister gilt aber nicht nur sich selbst, sondern auch in Fachkreisen als hervorragender Biologe, der Politik "immer als Methode, nicht als Zweck" betrachtet habe. Björn Engholm hatte den Parteilosen 1988 in sein neues Kabinett geholt. Robbensterben und Algenpest desselben Jahres gaben Heydemann schnell die Chance, sich zu profilieren. Seine manchmal überheblich-belehrende Art machte ihm das Leben im Kabinett wie im eigenen Hause jedoch zunehmend schwer. Nur auf Drängen ihrer Fraktion übernahm die jetzige Ministerpräsidentin Heide Simonis den unbequemen Naturfreund im Mai dieses Jahres in ihr Kabinett, beschnitt ihm aber Etat und Kompetenzen bis zur Schmerzgrenze. Nun kündigte Heydemann überraschend seinen Rücktritt zum Jahreswechsel an, um als Professor für angewandte Ökologie an die Kieler Universität zurückzukehren."[10]

Nach der Politik

1998 gründete Berndt Heydemann die Nieklitzer Ökologie- und Ökotechnologie-Stiftung (NICOL). Sie betrieb mit dem Zukunftszentrum Mensch-Natur-Technik-Wissenschaft (ZMTW) einen Naturerlebnispark in Nieklitz, Mecklenburg-Vorpommern.

Hierfür wurde Heydemann 2005 mit dem Umweltpreis der Deutschen Umweltstiftung ausgezeichnet. Allerdings war dem Zukunftszentrum kein wirtschaftlicher Erfolg beschieden, es kam zur Insolvenz. Auch der wissenschaftliche Nutzen wurde vom Land Mecklenburg-Vorpommern nicht hoch eingeschätzt.[11] Heydemann strebte einen Neuanfang in Mölln an, für den ihm die schleswig-holsteinischen Landesregierung unter Ministerpräsident Torsten Albig die erhoffte Unterstützung jedoch versagte.

Persönliches

Berndt Heydemann hat drei Kinder.

Preise

  • Deutscher Umweltpreis 2005[12]
  • Biokratie-Preis 2013[13]
  • März 2015: Zukunftspreis des Vereins Zukunft-SH für sein Lebenswerk[14]

Links

Quellen

  1. Deutsche Umweltstiftung Deutscher Umweltpreis 2005 - Prof. Dr. Berndt Heydemann
  2. Gezielte Vergrämung, DER SPIEGEL, 4.11.1991
  3. Nach vier Jahren: Was hat sich in Schleswig-Holstein geändert? Die Millimeter nach dem Erdrutsch, DIE ZEIT, 20.3.1992
  4. Schmerzhafte Distanz, DER SPIEGEL, 12.2.1990
  5. Sturm, Daniel Friedrich: Peer Steinbrück - Der Kandidat (München 2012), S. 71f
  6. Gezielte Vergrämung, DER SPIEGEL, 4.11.1991
  7. Gezielte Vergrämung, DER SPIEGEL, 4.11.1991
  8. Berufliches: Berndt Heydemann, DER SPIEGEL, 8.11.1993
  9. Professoren tun sich schwer, Kieler Nachrichten, 31.5.2014
  10. Berufliches: Berndt Heydemann, DER SPIEGEL, 8.11.1993
  11. Höver, Peter: Krach um teures Umwelt-Zentrum: Ex-Minister Heydemann scheitert in Mecklenburg-Vorpommern - jetzt will er nach Mölln, Ostholsteiner Anzeiger, 11.1.2013
  12. Deutsche Umweltstiftung Deutscher Umweltpreis 2005 - Prof. Dr. Berndt Heydemann
  13. Ex-Umweltminister erhält Preis für Lebenswerk, shz.de, 9.7.2013
  14. Zukunftspreis für Ex-Umweltminister Heydemann, Kieler Nachrichten, 19.3.2015