1947

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Kurt Schumacher spricht 1947 auf dem Wilhelmplatz in Kiel in einer öffentlichen Kundgebung der SPD.

Die Lage in Europa ist zunehmend überschattet vom Kalten Krieg, der Spaltung in einen östlichen Machtblock, an dessen Spitze die Sowjetunion steht, und einen westlichen, der sich auf die USA hin orientiert. Für die Deutschen, deren Lebensraum im Wesentlichen zwischen diesen beiden Blöcken geteilt ist, wird dies besonders spürbar.

Am 1. Januar tritt der wirtschaftliche Zusammenschluss der britischen und amerikanischen Zone zur Bizone in Kraft; Franzosen wie Russen haben eine Beteiligung abgelehnt. Am 25. Juni wird der erste - mit von den Landtagen der Bizone gewählten Mitgliedern besetzte - Wirtschaftsrat für die Bizone geschaffen. Seine Aufgabe, die katastrophale Versorgungssituation in Deutschland zu verbessern, kann er jedoch angesichts der bestehenden strukturellen Probleme nicht lösen.

Per Verordnung vom 1. Oktober überträgt die britische Militärregierung die Verantwortung für die Entnazifizierung den ihrer Verwaltung unterstehenden deutschen Ländern.

Januar

Februar

März

April

Raus aus dem Elend

Mai

  • 1. Mai - Die Kieler Gewerkschaften übernehmen das Gewerkschaftshaus wieder, nachdem die britische Militärregierung es geräumt hat. Sie haben es von der Stadt Kiel für fast eine halbe Million Reichsmark zurückgekauft.
  • 8. Mai - Eröffnungssitzung des ersten Landtags. Hermann Lüdemann wird Ministerpräsident. In seiner Antrittsrede sagt er: "Das Ziel unserer Arbeit ist ein wahrhaft demokratisches Deutschland, das bis zum letzten Bürger in seinem Denken und Handeln durch den Geist der Friedfertigkeit, der Toleranz und freien Menschlichkeit sich leiten läßt."
  • 24. Mai - Helmut Ulbrand wird in Brake/Unterweser geboren.
  • 27. Mai - Anna Andratschke stellt einen Antrag auf Wiedergutmachung wegen der politischen Verfolgung ihres 1939 verstorbenen Ehemannes Paul Andratschke. Ihr wird eine auf sechs Monate befristete Ernährungsbeihilfe bewilligt.
  • 28. Mai - Gustav Ehlers stirbt mit 74 Jahren in Lübeck.

Juni

Tagung des Wirtschaftsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebietes in Frankfurt am Main (Juni 1947): v.l. die Ministerpräsidenten Karl Arnold (Nordrhein-Westfalen), Hermann Lüdemann (Schleswig-Holstein) und Christian Stock (Hessen)
  • Heinrich Christian Lienau kommt in den Kreisvorstand Flensburg der kürzlich gegründeten Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), die die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber dem Flensburger Sonderhilfsausschuss vertritt.
  • Erich Wendicke wird als Nachfolger von Carl Bung zum Vorsitzenden des Kreisvereins Herzogtum Lauenburg gewählt.
  • Im Mittelpunkt einer Kreisfrauenkonferenz der ASF des Kreisvereins Stormarn steht ein Referat der Hamburger Jugendsenatorin Paula Karpinski über "Jugendprobleme unserer Zeit".
  • Charlotte Harnack tritt in die SPD ein.
  • 3. Juni - 'Willimann' Meitmann stirbt mit 34 Jahren in Neustadt/Holstein.
  • 7./8. Juni - Ordentlicher Bezirksparteitag in Bad Segeberg; Heinrich Fischer löst Wilhelm Kuklinski als Vorsitzender ab.
  • 20. Juni - Erwin Wichelmann kommt in Hohenfelde zur Welt.
  • 25. Juni - Ingrid Trennert wird in Lundshof/Schwansen geboren.
  • 25. Juni - In Frankfurt wird der erste Wirtschaftsrat der Bizone eingerichtet. Die Mitglieder für Schleswig-Holstein sind Otto Voss (Kiel) und Robert Wohlers (Meldorf).
  • 29. Juni - Johannes Feddersen stirbt mit 72 Jahren in Bredstedt.
  • 24. Juni - Der Kieler Konsum eröffnet seine zweite neue Verteilungsstelle in der Lutherstraße Ecke Lüdemannstraße am Südfriedhof, später das Lokal "Zauberlehrling".
  • 29. Juni-2. Juli - SPD Parteitag in Nürnberg. Andreas Gayk wird wieder in den Parteivorstand gewählt, Walter Damm wieder in die Kontrollkommission. Carl Storbeck wird als Geschäftsführer der "Konzentration GmbH" vorgestellt; er ist deswegen aus dem Bezirksvorstand ausgeschieden. Thematisch beschäftigt sich der Parteitag mit der zukünftigen Verfasstheit Deutschlands: "Die SPD bekennt sich zur politischen und staatsrechtlichen Einheit Deutschlands. Die Deutsche Republik wird ein Bundesstaat sein müssen, in dem sowohl die Einheitlichkeit der Regierungsgewalt als auch die Eigenständigkeit der Länder im Sinne einer gesunden Dezentralisation gewährleistet sein müsse. […] Die Verfassung dürfe keine Bestimmung über ein Notstandsrecht erhalten, die dem Parlament gestatte, sich der politischen Verantwortung zu entziehen. Ein Staatsgerichtshof, der ausschließlich für Verfassungsstreitigkeiten und Ministeranklagen zuständig sei, soll errichtet werden. Die unveränderlichen Ideen der Menschenwürde, der Freiheit und Gerechtigkeit, der Achtung vor der religiösen und der politischen Überzeugung des anderen, aber auch die Verpflichtung des einzelnen gegenüber der in einem Staat zusammengefaßten Lebensgemeinschaften müssen ein wesentlicher Bestandteil des staatlichen Lebens und der Verfassung sein. Der Krieg dürfe kein Mittel der Politik sein. Er sei daher in der Verfassung zu ächten."[1] Der Bezirksverband Schleswig-Holstein stellt einen Antrag zum modifizierten Mehrheits[wahl]recht, den Andreas Gayk einbringt.[2] Karl Albrecht und Anni Krahnstöver sind weitere schleswig-holsteinische Delegierte. Auch der fast achtzigjährige Rudolf Wissell nimmt teil und wird vor seiner Rede zur Sozialpolitik "mit Beifall besonders warm begrüsst".

Juli

August

September

Oktober

November

Dezember

Nicht datiert

Einzelnachweise

  1. Osterroth, Franz / Schuster, Dieter: Chronik der deutschen Sozialdemokratie. Band 1: Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1975. Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001
  2. Sozialistische Mitteilungen der London-Vertretung der SPD, No. 101/102, Juli-August 1947, S. 14
  3. zitiert nach: Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 130