Abgeordnetenhauswahl 1903

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Die Wahl zum Abgeordnetenhaus des preußischen Landtags 1903 fand am 20. November 1903 statt. Für die SPD war es die zweite Wahl zum Preußischen Landtag. Sie gewann 12,3 Prozentpunkte hinzu und kam damit auf 18,8 % - eine glatte Verdreifachung.

Die SPD wurde zweitstärkste Kraft nach den "Konservativen", bekam aber keine Mandate, denn es handelte sich um Direktwahlen. Die SPD konnte aber aufgrund des Wahlrechts in keinem Wahlkreis eine Mehrheit gewinnen. Die Wahl fand unter dem berüchtigten preußischen Dreiklassenwahlrecht statt, bei dem arme Menschen besonders benachteiligt waren.

Vor der Wahl hatte die SPD auf ihrem Provinzialparteitag am 6. und 7. September in Husum ein siebenköpfiges Zentralwahlkomitee gewählt. Es bestand aus

Das Komitee konstituierte sich am 1. Oktober, wurde am 2. Oktober in der Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung bekannt gegeben und veröffentlichte in der Zeitung am 4. Oktober einen Wahlaufruf. Mit Hilfe von Fragebögen, die an alle Wahlkreisvereine gingen, machte es sich zunächst ein Bild der Lage: Die SPD konnte in 17 der 19 Wahlkreise antreten. Nur in Hadersleben und Tondern fand sie keine Kandidaten.[1]

In den Wahlkreisen Neustadt, Segeberg und Husum musste das Zentralkomitee Schulungen veranlassen, um die Genossen mit der Wahltechnik vertraut zu machen. Darüber hinaus verteilte es eine Broschüre von Eduard Adler, Praktische Winke für die preußische Landtagswahl, in 100 Exemplaren an führende Genossen in den weniger erfahrenen Wahlkreisvereinen.[1]

Alle Wahlkreisleitungen erhielten außerdem folgende Handreichung oder "Zirkular":[1]

"Werte Genossen!

Wir erlauben uns, nachstehend Eure Aufmerksamkeit auf folgende Punkte zu lenken:

  1. Die Tatsache, daß wir in unserer Provinz voraussichtlich höchstens nur einen Wahlkreis erhalten können, steht fest. Es steht aber nicht fest, welcher Wahlkreis das sein wird. Am meisten in Betracht kommen wohl Altona und Kiel. Der Mann, den wir in erster Linie ins preußische Parlament entsenden wollen, muß demnach Kandidat aller ernster in Betracht kommenden Wahlkreise sein. Am besten ist es daher, daß man in allen Wahlkreisen denselben Genossen als Kandidaten aufstellt.
  2. Der Kandidat muß nach unserer Ansicht
    1. ein bekannter Mann sein,
    2. ein Mann sein, der über besondere Arbeitskraft verfügt,
    3. ein Mann sein, dessen Stellung es ihm ermöglicht, sich Zeit dafür zu schaffen, daß er als einziger oder einer von wenigen im Landtag arbeitet.
    4. ein Mann sein, der bereits Jahre parlamentarischer Tätigkeit hinter sich hat, damit er nicht hernach im Landtag Schwierigkeiten darin findet, daß er die parlamentarischen Gepflogenheiten auch noch studieren muß.
      Allen Voraussetzungen entspricht von den im Norden bekannten preußischen Genossen Genosse Molkenbuhr am besten. Da Molkenbuhr bereits einmal für Altona zur Landtagswahl kandidierte und wieder kandidiert, hielten wir ihn für den geeignetsten Mann. Eine Anfrage bei Molkenbuhr verschaffte uns zu unserer Freude seine Zustimmung, ihn als allgemeinen Landtagskandidaten vorzuschlagen und obendrein seine Zusage, nach Kräften an der Agitation teilzunehmen. Aus diesem Grunde empfehlen wir allen Wahlkreisen der Provinz, die noch keinen Kandidaten ausgestellt haben, vor allem aber den aussichtsvolleren Wahkreisen, den Genossen Molkenbuhr als Kandidaten aufzustellen.
      Der Einwand, daß ein gemeinsamer Kandidat nichts als ein Zählkandidat sei, der weniger Anhang finde, trifft nicht zu. Die Urwähler wählen die Sozialdemokratie, indem sie sozialdemokratische Wahlmänner wählen, und unsere Wahlmänner sind zu gut orientierte Genossen, als daß sie den Zweck dieser Einheitlichkeit nicht einsehen sollten. Selbst die Gegner werden begreifen, daß wir, wenn wir einen um jeden Preis durchsetzen wollen, diesen einen überall aufstellen müssen.
      Die Wahlkreise, die schon einen Kandidaten aufgestellt haben, soweit wir wissen nur Wandsbeck, sind natürlich nicht verpflichtet, unserer Empfehlung Rechnung zu tragen. Bei ihnen würde eine Aenderung gefaßter Beschlüsse nötig und das wäre eine Schwäche, die wir vermeiden müssen. Wir empfehlen also nochmals: Stellt auf der ganzen Linie - außer da, wo schon Aufstellungen erfolgt sind - Molkenbuhr auf! Die Aufstellung der Landtagskandidatur ist keine besonders große Aktion. Wir empfehlen deshalb die Einigung durch Rundschreiben, an die sich die Publikation in einer öffentlichen Parteiversammlung im größten Parteiorte schließt.
  3. Wir bitten, uns von jeder erfolgten Aufstellung von Kandidaten sofort Nachricht zu geben."

Hermann Molkenbuhr wurde daraufhin in allen Wahlkreisen aufgestellt, außer in Hadersleben und Tondern, wo sich die SPD nicht an der Wahl beteiligte, in Pinneberg, wo Adolph von Elm kandidierte, und in Stormarn, wo der Genosse von Rosbitzki aufgestellt war.[1]

Sowohl Hermann Molkenbuhr als auch Mitglieder des Zentralwahlkomitees reisten danach durchs Land und veranstalteten zahlreiche Versammlungen - von Itzehoe bis Apenrade und von Tönning bis Eckernförde.[1]

Das Zentralwahlkomitee versuchte außerdem, mit der Freisinnigen Partei über die Überlassung eines Wahlkreises zu verhandeln. Da sich aber erwies, dass diese die Stimmen der sozialdemokratischen Wahlmänner nicht brauchten und die SPD selbst mit den Stimmen der Freisinnspartei nirgends gewinnen konnte, gelang das nicht.[1]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 Bericht des Zentralwahlkomitees für die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, Hamburger Echo, Freitag, den 2. September 1904, Seite 5.