Horst-Dieter Fischer

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Horst-Dieter Fischer
Horst-Dieter Fischer
Horst-Dieter Fischer
Geboren: 5. Dezember 1943
Gestorben: 18. Februar 2020

Horst-Dieter Fischer, * 5. Dezember 1943 in Aue/Erzgebirge, † 18. Februar 2020 in Bosau; Staatssekretär, Landrat. Vier Kinder. Mitglied der SPD seit 1983.

Leben & Beruf

Nach dem Abitur in Kiel durchlief Horst-Dieter Fischer ab 1963 die Ausbildung für den allgemeinen gehobenen Verwaltungsdienst des Landes Schleswig-Holstein. Ab 1966 war er in verschiedenen Bereichen des Landesinnenministeriums tätig, stieg in den höheren Dienst auf und leitete bis Mitte 1991 das Büro von Innenminister Hans Peter Bull.

Landrat

Am 11. Juli 1991[1] trat er sein Amt als Landrat des Kreises Ostholstein an, zu dem ihn der Kreistag gewählt hatte "– überraschend, weil Amtsinhaber Volker Steffens (CDU) wegen eines unbekannten Abweichlers in der CDU-Fraktion die rechnerisch vorhandene Mehrheit im Kreistag verpasste". Damit war er der bisher "einzige gewählte Landrat Ostholsteins mit einem SPD-Parteibuch."[2] Die neue Funktion bewirkte auch den Umzug nach Bosau, wo er bis zu seinem Tod lebte.

Als Landrat hatte er jahrelange Auseinandersetzungen um eine Integrierte Gesamtschule im Kreis zu bestehen und wirkte entscheidend an der Planung eines Klinikneubaus mit, der sich schon bald wegen Wasserschäden als Fass ohne Boden entpuppte. Er setzte sich aber auch erfolgreich für ein Tourismuskonzept, für Wirtschaftsförderung und - unter dem Motto "Ostholstein – ein Kreis für Kinder" - für Verbesserungen im Bereich von Kindertagesstätten, Schulwegsicherung, Drogenberatung oder der Beteiligung von Jugendlichen an kommunalen Planungen ein. Damit machte er Ostholstein landesweit zum Vorreiter in diesem Bereich.[3] Die Versorgungsquote mit Kitaplätzen stieg während seiner Amtszeit auf 84 Prozent.[4] Er habe "nach neun Jahren ein in weiten Teilen gut bestelltes Feld hinterlassen" und nur einen Punkte nicht abarbeiten können, nämlich eine neue Organisationsstruktur für den Kreis, urteilte die Presse.[5]

Vom 15. Juni 2000 bis 26. Januar 2001 gehörte er der Enquetekommission Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen sowie Kommunen untereinander an.

Er bezog auch früh Gedanken zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit ein. Horst-Dieter Fischer machte nie einen Führerschein und legte auch als Landrat alle Wege mit Taxi, öffentlichen Verkehrsmitteln oder Fahrrad zurück. Den Dienstwagen schaffte er ab.[6] Er testete, ob ein Taxi-Abonnement günstiger sein würde als der Dienstwagen samt Fahrer. Im Taxi zu einem dienstlichen Termin vorzufahren, gehörte zu seinem unkonventionellen Auftreten.[7]. Bei seinem Abschied hob die Presse nicht zuletzt "seine durchdachte, überaus fleißige Arbeitsweise und seinen freundlichen, die persönliche Wertschätzung betonenden Umgangston" hervor, der ihm "viele Sympathien bei Mitarbeitern und in der Bevölkerung erworben" habe.[8].

Staatssekretär

Am 1. Januar 2001 wurde er als Nachfolger von Heinrich Alt Staatssekretär im Sozialministerium unter Ministerin Heide Moser; mit ihrer Nachfolgerin Gitta Trauernicht arbeitete er vor seiner Pensionierung aufgrund des Regierungswechsels im April 2005 nur noch wenige Wochen zusammen. In seiner Funktion war er Mitglied des Aufsichtsrats des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein und des Verwaltungsrats der Investitionsbank Schleswig-Holstein.

In seinem Nachruf bescheinigt ihm das Land (ähnlich wie der Kreis Ostholstein in seinem) "außerordentliche sozialpolitische Fachkompetenz", "Geradlinigkeit", "Verbindlichkeit" und "kollegiale[s] Verständnis für die ihm anvertrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter".[9]

Mensch

Horst-Dieter Fischer 2019

In allen Nachrufen und in persönlichen Erinnerungen von Wegbegleitern wird deutlich, dass Horst-Dieter Fischer kein "typischer" Beamter war, sondern sich im Gegenteil von der landläufigen Vorstellung gern absetzte.

"Fischer galt als wandelndes Lexikon. Als ein Mann, der keine Frage unbeantwortet gelassen hat und lassen musste. Ob Verwaltungsfragen oder die Ergebnisse des THW Kiel, ob Blues, Jazz, Folk oder Sozialpolitik. [...] Jenseits seiner Ämter war Fischer stets ein Mann mit Ecken und Kanten. Der Verwaltungsfachmann war berühmt für seine Krawattensammlung, privat bevorzugte er aber Jeans, Pullover und Lederjacken. 'Ich habe mich als äußerlicher Exot immer wohl gefühlt – und stets versucht, in Jeans und mit langen Haaren Kompetenz zu beweisen', sagte er 2001 den LN."[10]

Privat galt seine Liebe der Musik und vor allem dem Blues. Seine riesige Sammlung von Tonträgern wurde - ebenso wie der Kreis der Freunde, die er durch die Musik gewann - auf Festivals in Europa und USA immer weiter ergänzt. Memphis, die Stadt des Blues, Elvis Presleys Anwesen "Graceland", New Orleans oder das Bluesfestival im schweizerischen Bellinzona waren seine regelmäßigen Reiseziele, wo er die Musiker bei Auftritten auch gern fotografierte.[11]

Von 2000 bis 2013 wirkte er als Vorsitzender des Vereins Baltic Blues e.V. maßgeblich daran mit,

"dem in Eutin seit 1990 organisierten Bluesfestival neue Förderwege zu eröffnen und ihm internationale Bedeutung zu verleihen. 2006 übernahm der Verein die Organisation des Festivals, das zum größten deutschen Bluesfest bei freiem Eintritt avancierte. Von 2009 an wurden in Eutin nationale Wettbewerbe ausgerichtet, deren Sieger an der Internationalen Blues-Challenge in Memphis teilnehmen können."[12]

Er zählte zudem zu den Gründungsmitgliedern der European Blues Union und war in den Anfangsjahren auch dort Vorstandsmitglied.[13]

Als "unkonventionell" wie der Mann war auch der Rahmen angekündigt, in dem Familie - er hatte vier Kinder - , Freunde und Weggefährten von ihm Abschied nehmen können sollten: "Horst-Dieter Fischer hat sich, wie zu Lebzeiten, ein fröhliches Fest mit viel Musik gewünscht. Die Vorbereitungen dazu laufen, es wird vermutlich im März in Bosau stattfinden."[14] Die Einschränkungen aufgrund der Covid-19-Pandemie verhinderten seine postumen Planungen - vermutlich aber nicht auf Dauer.

Partei & Politik

Horst-Dieter Fischer war nach allen vorliegenden Zeugnissen ein sehr politischer Mensch. In der Partei hat er jedoch, so weit bekannt, keine Funktionen übernommen. Auch der Kreisverband Ostholstein nennt in seiner Traueranzeige[15] nur die 36 Jahre währende Mitgliedschaft in der SPD.

Literatur & Links

Einzelnachweise

  1. Vgl. "Ahnengalerie" Kreis Ostholstein
  2. Zitate aus Krauskopf: Trauer
  3. Krauskopf: Trauer
  4. Peyronnet: Trauer
  5. Krauskopf: Trauer
  6. Vgl. Peyronnet: Trauer
  7. Vgl. Krauskopf: Trauer
  8. Ostholsteiner Anzeiger, 11.2000, zit. in Krauskopf: Trauer
  9. Traueranzeige des Landes, Kieler Nachrichten, 29.2.2020
  10. Peyronnet: Trauer
  11. Vgl. Krauskopf: Trauer
  12. Krauskopf: Trauer
  13. Föhrs, Horst-Dieter Fischer
  14. Krauskopf: Trauer
  15. Lübecker Nachrichten, 29.2.2020