SPD-Parteitag 1947, Nürnberg

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Der SPD-Parteitag 1947 fand vom 29. Juni bis 2. Juli in Nürnberg statt.

Andreas Gayk und Karl Meitmann wurden wieder in den Parteivorstand gewählt, Walter Damm wieder in die Kontrollkommission. Carl Storbeck wurde als Geschäftsführer der "Konzentration GmbH" vorgestellt; er war deswegen aus dem Bezirksvorstand ausgeschieden.

Auch der fast achtzigjährige Rudolf Wissell nahm teil und wurde vor seiner Rede zur Sozialpolitik "mit Beifall besonders warm begrüsst".

"Er erinnerte an die erschütternde Feststellung des Sozialpolitischen Ausschusses, dass heute fast die Hälfte der Arbeiter nicht in der Lage sei, mit ihrem Arbeitsverdienst auch nur die jetzigen Hungerrationen zu bezahlen. Er unterstrich die Bedeutung der Gewerkschaften für alle Fragen der Sozialpolitik und forderte, dafür zu sorgen, dass eine einheitliche Sozialpolitik in ganz Deutschland geschaffen werde, und zwar schon während der Besatzungsperiode."[1]

Karl Albrecht und Anni Krahnstöver waren weitere schleswig-holsteinische Delegierte. Karl Albrecht sprach sich gegen die Auffassung aus, politische Neutralität sei das Gebot der Stunde:

"Genosse Karl Albrecht, Schleswig-Holstein, nannte den Schrei nach der Entpolitisierung das wirksamste Mittel für die politische Reaktion und auch für die antidemokratischen Kräfte, weil sich in dieser Dunkelheit am ehesten betreiben lasse, was diesen Kreisen günstig erscheint. Er erinnerte an ein Wort Kurt Schumachers, dass gewisse Spannungen auch zwischen der SPD und den Gewerkschaften so oder so ausgetragen werden müssen, 'weil wir auch hier auf gewerkschaftlichem Gebiet eine sogenannte Entpolitisierung feststellen können'. Das Prinzip der Neutralität bedeute hier eine grosse Gefahr."[2]

Inhalte

Thematisch beschäftigte sich der Parteitag mit der zukünftigen Verfasstheit Deutschlands:

"Die SPD bekennt sich zur politischen und staatsrechtlichen Einheit Deutschlands. Die Deutsche Republik wird ein Bundesstaat sein müssen, in dem sowohl die Einheitlichkeit der Regierungsgewalt als auch die Eigenständigkeit der Länder im Sinne einer gesunden Dezentralisation gewährleistet sein müsse. […] Die Verfassung dürfe keine Bestimmung über ein Notstandsrecht erhalten, die dem Parlament gestatte, sich der politischen Verantwortung zu entziehen. Ein Staatsgerichtshof, der ausschließlich für Verfassungsstreitigkeiten und Ministeranklagen zuständig sei, soll errichtet werden. Die unveränderlichen Ideen der Menschenwürde, der Freiheit und Gerechtigkeit, der Achtung vor der religiösen und der politischen Überzeugung des anderen, aber auch die Verpflichtung des einzelnen gegenüber der in einem Staat zusammengefaßten Lebensgemeinschaften müssen ein wesentlicher Bestandteil des staatlichen Lebens und der Verfassung sein. Der Krieg dürfe kein Mittel der Politik sein. Er sei daher in der Verfassung zu ächten."[3]

Der Bezirksverband Schleswig-Holstein stellte einen Antrag zum modifizierten Mehrheits[wahl]recht, den Andreas Gayk einbrachte.[4]

Organisation

Der Parteivorstand wurde auf Beschluss des Parteitages erweitert mit der Bedingung, ihm müssten mindestens vier Frauen angehören. Diese Bedingung wurde offenbar noch nicht eingehalten, denn es sind nur drei gewählte Frauen angegeben.[3]

Einzelnachweise

  1. Sozialistische Mitteilungen der London-Vertretung der SPD, No. 101/102, Juli-August 1947, S. 16
  2. Sozialistische Mitteilungen der London-Vertretung der SPD, No. 101/102, Juli-August 1947, S. 9
  3. 3,0 3,1 Osterroth, Franz / Schuster, Dieter: Chronik der deutschen Sozialdemokratie, Band 3: Nach dem Zweiten Weltkrieg (2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978. Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001)
  4. Sozialistische Mitteilungen der London-Vertretung der SPD, No. 101/102, Juli-August 1947, S. 14