Aktion Gewitter: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Aktion Gewitter''', fälschlich auch als "Aktion Gitter" bezeichnet, nannten die Nazis eine reichsweite Verhaftungswelle vom [[22. August|22.]] bis [[24. August]] [[1944]] im Gefolge des gescheiterten Attentats auf Adolf Hitler am [[20. Juli]].  
Die '''Aktion Gewitter''', fälschlich auch als "Aktion Gitter" bezeichnet, nannten die Nazis eine reichsweite Verhaftungswelle vom [[22. August|22.]] bis [[24. August]] [[1944]] im Gefolge des gescheiterten Attentats auf Adolf Hitler am [[20. Juli]].  


== Verlauf ==
==Verlauf==
Der Gestapo-Befehl vom [[17. August]] [[1944]] unter dem Decknamen "Aktion Gewitter" stellte keine Reaktion auf das Attentat dar, sondern diente lediglich als Vorwand und Auslöser für die längst geplanten Verhaftungen.<ref>Vgl. Sebastian Haffner: ''Anmerkungen zu Hitler'' (München 1978), S. 188</ref> Ohne Bezug auf das Attentat wurde als "Präventivmaßnahme" befohlen, alle früheren Funktionäre der SPD und KPD, vor allem ehemalige Abgeordnete gleich welcher Ebene, seien festzunehmen, "gleichgültig ..., ob diesen im Augenblick etwas nachzuweisen ist oder nicht"; ausgenommen waren nur Menschen über 70 Jahre, Kranke oder solche, die offensichtlich zu den Nazis übergegangen waren.<ref>Vgl. Korte, ''Präventivmaßnahme'', S. 521; dort auch das Zitat.</ref> Insgesamt wurden im ganzen Reich 5000 bis 6000 Menschen inhaftiert. Damit sollten die letzten Gegnerinnen und Gegner des Regimes beseitigt werden. Betroffen waren neben Sozialdemokraten und Kommunisten auch Geistliche.  
Der Gestapo-Befehl vom [[17. August]] [[1944]] unter dem Decknamen "Aktion Gewitter" stellte keine Reaktion auf das Attentat dar, sondern diente lediglich als Vorwand und Auslöser für die längst geplanten Verhaftungen.<ref>Vgl. Sebastian Haffner: ''Anmerkungen zu Hitler'' (München 1978), S. 188</ref> Ohne Bezug auf das Attentat wurde als "Präventivmaßnahme" befohlen, alle früheren Funktionäre der SPD und KPD, vor allem ehemalige Abgeordnete gleich welcher Ebene, seien festzunehmen, "gleichgültig ..., ob diesen im Augenblick etwas nachzuweisen ist oder nicht"; ausgenommen waren nur Menschen über 70 Jahre, Kranke oder solche, die offensichtlich zu den Nazis übergegangen waren.<ref>Vgl. Korte, ''Präventivmaßnahme'', S. 521; dort auch das Zitat.</ref> Insgesamt wurden im ganzen Reich 5000 bis 6000 Menschen inhaftiert. Damit sollten die letzten Gegnerinnen und Gegner des Regimes beseitigt werden. Betroffen waren neben Sozialdemokraten und Kommunisten auch Geistliche.  


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Die Schwierigkeiten bei der Recherche nach den Opfern beschreibt Rudi Goguel:
Die Schwierigkeiten bei der Recherche nach den Opfern beschreibt Rudi Goguel:
: "Etwa 450 [Verhaftete] kamen nach Neuengamme, aber nach der Befreiung konnten nur noch die Namen von 107 und deren Schicksal festgestellt werden. Von diesen kamen auf den Schiffen allein dreizehn namentlich bekannte [...] Häftlinge um [...]. Von ihnen gehörten acht der SPD und einer der KPD an. Die meisten stammten aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen [...]. Diese Gefangenen, denen die Naziorgane keinerlei staatsfeindliche Tätigkeit nachweisen konnten, mußten unter den gleichen fürchterlichen Bedingungen im Lager vegetieren wie die übrigen Lagerinsassen. Nur einige wenige wurden vor der Zeit entlassen, den meisten war die Vernichtung zugedacht wie allen übrigen Häftlingen. [Auch] fünf Jahre nach der Katastrophe blieb das Schicksal von fast 350 Menschen ungeklärt."<ref>Goguel: ''Cap Arcona'', S. 87 f.</ref>


: "Hauptsorge [des Lagerkommandanten] war, in Neuengamme sorgfältig die Spuren seiner und seiner Komplicen Verbrechen zu verwischen. Auf seinen Befehl und unter der Kontrolle von SS-Leuten mußte, nach dem Abgang der Transporte, das im Lager verbliebene Häftlingskommando sämtliche belastenden Akten - Namenslisten, Totenscheine, Gestapoakten, insgesamt etwa vierhundert Kilogramm - im Krematorium verbrennen."<ref>Goguel: ''Cap Arcona'', S. 31</ref>
:"Etwa 450 [Verhaftete] kamen nach Neuengamme, aber nach der Befreiung konnten nur noch die Namen von 107 und deren Schicksal festgestellt werden. Von diesen kamen auf den Schiffen allein dreizehn namentlich bekannte [...] Häftlinge um [...]. Von ihnen gehörten acht der SPD und einer der KPD an. Die meisten stammten aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen [...]. Diese Gefangenen, denen die Naziorgane keinerlei staatsfeindliche Tätigkeit nachweisen konnten, mußten unter den gleichen fürchterlichen Bedingungen im Lager vegetieren wie die übrigen Lagerinsassen. Nur einige wenige wurden vor der Zeit entlassen, den meisten war die Vernichtung zugedacht wie allen übrigen Häftlingen. [Auch] fünf Jahre nach der Katastrophe blieb das Schicksal von fast 350 Menschen ungeklärt."<ref>Goguel: ''Cap Arcona'', S. 87 f.</ref>
 
:"Hauptsorge [des Lagerkommandanten] war, in Neuengamme sorgfältig die Spuren seiner und seiner Komplicen Verbrechen zu verwischen. Auf seinen Befehl und unter der Kontrolle von SS-Leuten mußte, nach dem Abgang der Transporte, das im Lager verbliebene Häftlingskommando sämtliche belastenden Akten - Namenslisten, Totenscheine, Gestapoakten, insgesamt etwa vierhundert Kilogramm - im Krematorium verbrennen."<ref>Goguel: ''Cap Arcona'', S. 31</ref>


[[Hermann Lüdemann]] lebte bei seiner Verhaftung in Berlin. Er gehörte zu den ganz wenigen, die vom Volksgerichtshof aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurden; allerdings wurde er anschließend sofort ins KZ Sachsenhausen gebracht, überlebte später den Todesmarsch nach Mecklenburg und wurde [[1947]] Schleswig-Holsteins erster gewählter Ministerpräsident.<ref>[[Rolf Fischer]]: ''Hermann Lüdemann und die deutsche Demokratie'' (Neumünster 2006), S. 118 ff.</ref>
[[Hermann Lüdemann]] lebte bei seiner Verhaftung in Berlin. Er gehörte zu den ganz wenigen, die vom Volksgerichtshof aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurden; allerdings wurde er anschließend sofort ins KZ Sachsenhausen gebracht, überlebte später den Todesmarsch nach Mecklenburg und wurde [[1947]] Schleswig-Holsteins erster gewählter Ministerpräsident.<ref>[[Rolf Fischer]]: ''Hermann Lüdemann und die deutsche Demokratie'' (Neumünster 2006), S. 118 ff.</ref>


== Betroffene ==
==Betroffene==
Zu den wegen "politischer Unzuverlässigkeit" Verhafteten oder zur Wehrmacht Eingezogenen, die für die Geschichte der SPD in Schleswig-Holstein eine Rolle spielen, gehörten u.a.:
Zu den wegen "politischer Unzuverlässigkeit" Verhafteten oder zur Wehrmacht Eingezogenen, die für die Geschichte der SPD in Schleswig-Holstein eine Rolle spielen, gehörten u.a.:


=== Verhaftet ===
===Verhaftet===
* [[Karl Baade]] aus [[Ortsverein Neustadt|Neustadt]]<ref>Korte: ''Präventivmaßnahme'', S. 523</ref>  
 
* [[Louis Biester]] aus [[Ortsverein Hoisdorf|Hoisdorf]]
*[[Karl Baade]] aus [[Ortsverein Neustadt|Neustadt]]<ref>Korte: ''Präventivmaßnahme'', S. 523</ref>
* [[Heinrich Boschen]] aus [[Ortsverein Pinneberg|Pinneberg]]
*[[Louis Biester]] aus [[Ortsverein Hoisdorf|Hoisdorf]]
* [[Carl Bung]] aus [[Ortsverein Geesthacht|Geesthacht]]
*[[Heinrich Boschen]] aus [[Ortsverein Pinneberg|Pinneberg]]
* [[Marie Clasing]] aus [[Ortsverein Elmshorn|Elmshorn]]
*[[Carl Bung]] aus [[Ortsverein Geesthacht|Geesthacht]]
* [[Hermann Clausen]] aus [[Ortsverein Schleswig|Schleswig]]
*[[Marie Clasing]] aus [[Ortsverein Elmshorn|Elmshorn]]
* [[Paul Dölz]] aus [[Kreisverband Flensburg|Flensburg]]/[[Ortsverein Tönning|Tönning]]
*[[Hermann Clausen]] aus [[Ortsverein Schleswig|Schleswig]]
* [[Emma Drewanz]] aus [[Kreisverband Kiel|Kiel]]
*[[Paul Dölz]] aus [[Kreisverband Flensburg|Flensburg]]/[[Ortsverein Tönning|Tönning]]
* [[Auguste Ebeling]] aus [[Ortsverein Heide|Heide]]
*[[Emma Drewanz]] aus [[Kreisverband Kiel|Kiel]]
* [[Johannes Feddersen]] aus [[Ortsverein Bredstedt|Bredstedt]]
*[[Auguste Ebeling]] aus [[Ortsverein Heide|Heide]]
* [[Max Feddersen]] aus [[Ortsverein Sylt|Westerland/Sylt]]
*[[Johannes Feddersen]] aus [[Ortsverein Bredstedt|Bredstedt]]
* [[Karl Fick]] auch [[Ortsverein Stockelsdorf|Stockelsdorf]]
*[[Max Feddersen]] aus [[Ortsverein Sylt|Westerland/Sylt]]
* [[Hans Flatterich]] aus [[Ortsverein Schleswig|Schleswig]]
*[[Karl Fick]] auch [[Ortsverein Stockelsdorf|Stockelsdorf]]
* [[Berta Friedrichsen]] aus [[Ortsverein Neustadt|Neustadt]]<ref>SPD-Ortsverein Neustadt: ''1903-3002 100 Jahre SPD Neustadt in Holstein'' (2003)</ref>
*[[Hans Flatterich]] aus [[Ortsverein Schleswig|Schleswig]]
* [[Genosse Hansen]] aus [[Ortsverein Bredstedt|Bredstedt]]
*[[Berta Friedrichsen]] aus [[Ortsverein Neustadt|Neustadt]]<ref>SPD-Ortsverein Neustadt: ''1903-3002 100 Jahre SPD Neustadt in Holstein'' (2003)</ref>
* [[Emilie Helm]] aus [[Ortsverein Pinneberg|Pinneberg]]
*[[Genosse Hansen]] aus [[Ortsverein Bredstedt|Bredstedt]]
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*[[Karl Herdegen]] aus [[Ortsverein Westerland|Westerland/Sylt]]
* [[Walter Hohnsbehn]] aus [[Kreisverband Neumünster|Neumünster]]
*[[Hermann Hinrichs]] aus [[Ortsverein Quickborn|Quickborn]]<ref>Spurensuche Kreis Pinneberg und Umgebung: [http://www.spurensuche-kreis-pinneberg.de/spur/hermann-hinrichs-verhaftung-nach-dem-attentat-auf-hitler/ Hermann Hinrichs – Verhaftung nach dem Attentat auf Hitler]</ref>
* [[Anna Ipsen]] aus [[Ortsverein Pinneberg|Pinneberg]]
*[[Walter Hohnsbehn]] aus [[Kreisverband Neumünster|Neumünster]]
* [[Hans Jastorff]] aus [[Ortsverein Westerland|Westerland/Sylt]]
*[[Anna Ipsen]] aus [[Ortsverein Pinneberg|Pinneberg]]
* [[Carl Jessen]] aus [[Ortsverein Westerland|Westerland/Sylt]]
*[[Hans Jastorff]] aus [[Ortsverein Westerland|Westerland/Sylt]]
* [[Thord Jibsen]] aus [[Ortsverein Heide|Heide]]
*[[Carl Jessen]] aus [[Ortsverein Westerland|Westerland/Sylt]]
* [[Richard Köhn]] aus [[Ortsverein Pinneberg|Pinneberg]]
*[[Thord Jibsen]] aus [[Ortsverein Heide|Heide]]
* [[Peter Krey]] aus [[Ortsverein Schleswig|Schleswig]]
*[[Richard Köhn]] aus [[Ortsverein Pinneberg|Pinneberg]]
* [[Heinrich Lempfert]] aus [[Ortsverein Pinneberg|Pinneberg]]
*[[Peter Krey]] aus [[Ortsverein Schleswig|Schleswig]]
* [[Otto Linke]] aus [[Ortsverein Kellinghusen|Kellinghusen]]<ref>Korte: ''Präventivmaßnahme'', S. 525</ref>  
*[[Heinrich Lempfert]] aus [[Ortsverein Pinneberg|Pinneberg]]
* [[Peter Lohmann]] aus [[Ortsverein Pinneberg|Pinneberg]]
*[[Otto Linke]] aus [[Ortsverein Kellinghusen|Kellinghusen]]<ref>Korte: ''Präventivmaßnahme'', S. 525</ref>
* [[Hermann Lüdemann]] aus Berlin und seine Ehefrau Margarete
*[[Peter Lohmann]] aus [[Ortsverein Pinneberg|Pinneberg]]
* [[Ernst Möller]] aus [[Ortsverein Schleswig|Schleswig]]
*[[Hermann Lüdemann]] aus Berlin und seine Ehefrau Margarete
* [[Andreas Nielsen]] aus [[Ortsverein Westerland|Westerland/Sylt]]
*[[Ernst Möller]] aus [[Ortsverein Schleswig|Schleswig]]
* [[Wilhelm Ott]] aus [[Ortsverein Schleswig|Schleswig]]
*[[Andreas Nielsen]] aus [[Ortsverein Westerland|Westerland/Sylt]]
* [[Karl Panitzki]] aus [[Ortsverein Oldenburg|Oldenburg]]
*[[Wilhelm Ott]] aus [[Ortsverein Schleswig|Schleswig]]
* [[Karl Peters]] aus [[Ortsverein Westerland|Westerland/Sylt]]
*[[Karl Panitzki]] aus [[Ortsverein Oldenburg|Oldenburg]]
* [[Max Richter]] aus [[Kreisverband Neumünster|Neumünster]]
*[[Karl Peters]] aus [[Ortsverein Westerland|Westerland/Sylt]]
* [[Emil Schmekel]] aus [[Ortsverein Heide|Heide]]
*[[Otto Ralfs]] aus [[Ortsverein Kellinghusen|Kellinghusen]]
* [[Wilhelm Schmitt]] aus [[Ortsverein Pinneberg|Pinneberg]]
*[[Max Richter]] aus [[Kreisverband Neumünster|Neumünster]]
* [[Wilhelm Schnoor]] aus [[Ortsverein Bredstedt|Bredstedt]]
*[[Emil Schmekel]] aus [[Ortsverein Heide|Heide]]
* [[Albert Schulz]] aus Rostock  
*[[Wilhelm Schmitt]] aus [[Ortsverein Pinneberg|Pinneberg]]
* [[August Streufert]] aus [[Ortsverein Raisdorf|Raisdorf]]
*[[Wilhelm Schnoor]] aus [[Ortsverein Bredstedt|Bredstedt]]
* [[Willy Verdieck]] aus [[Kreisverband Kiel|Kiel]]
*[[Albert Schulz]] aus Rostock
* [[Gertrud Völcker]] aus [[Kreisverband Kiel|Kiel]]
*[[August Streufert]] aus [[Ortsverein Raisdorf|Raisdorf]]
* [[Richard Vosgerau]] aus [[Ortsverein Eckernförde|Borby]]<ref>''[http://www.shz.de/lokales/eckernfoerder-zeitung/richard-vosgerau-ein-leben-fuer-die-sozialdemokratie-id2154861.html Richard Vosgerau - ein Leben für die Sozialdemokratie]'', ''Eckernförder Zeitung'', 3.5.2010</ref>
*[[Carl Ullrich]] aus [[Ortsverein Eutin|Eutin]]
* [[Fritz Weber]] aus [[Kreisverband Lübeck|Lübeck]]
*[[Willy Verdieck]] aus [[Kreisverband Kiel|Kiel]]
* [[Johannes Weiss]] aus [[Ortsverein Schleswig|Schleswig]]
*[[Gertrud Völcker]] aus [[Kreisverband Kiel|Kiel]]
* [[Heinrich Wilckens]] aus [[Ortsverein Pinneberg|Pinneberg]]
*[[Richard Vosgerau]] aus [[Ortsverein Eckernförde|Borby]]<ref>''[http://www.shz.de/lokales/eckernfoerder-zeitung/richard-vosgerau-ein-leben-fuer-die-sozialdemokratie-id2154861.html Richard Vosgerau - ein Leben für die Sozialdemokratie]'', ''Eckernförder Zeitung'', 3.5.2010</ref>
*[[Fritz Weber]] aus [[Kreisverband Lübeck|Lübeck]]
*[[Johannes Weiss]] aus [[Ortsverein Schleswig|Schleswig]]
*[[Heinrich Wilckens]] aus [[Ortsverein Pinneberg|Pinneberg]]
 
===Eingezogen===
 
*[[Walter Damm]] aus Hamburg
 
==Literatur & Links==


=== Eingezogen ===
*Rudi Goguel: ''Cap Arcona. Report über den Untergang der Häftlingsflotte in der Lübecker Bucht am 3. Mai 1945'' (2. Auflage Frankfurt/M. 1982) ISBN 3-87682-756-6
* [[Walter Damm]] aus Hamburg
*[[Detlef Korte]]: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay40.pdf "Aktion Gewitter" in Schleswig-Holstein. Eine Präventivmaßnahme der Gestapo: Verhaftung von Sozialdemokraten und Kommunisten im August 1944]'', ''Demokratische Geschichte'' 3(1988), S. 521-526
*Wilhelm Lange: ''Cap Arcona'' (Eutin 1988) ISBN 3-923457-08-1
*[http://www.stadt-neustadt.de/Freizeit_Kultur/Museum_Cap_Arcona/Kurzinformationen/ Museum Cap Arcona in Neustadt/Holstein]
*{{Wikipedia}} mit weiterer Literatur


== Literatur & Links ==
==Siehe auch==
* Rudi Goguel: ''Cap Arcona. Report über den Untergang der Häftlingsflotte in der Lübecker Bucht am 3. Mai 1945'' (2. Auflage Frankfurt/M. 1982) ISBN 3-87682-756-6
* [[Detlef Korte]]: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay40.pdf "Aktion Gewitter" in Schleswig-Holstein. Eine Präventivmaßnahme der Gestapo: Verhaftung von Sozialdemokraten und Kommunisten im August 1944]'', ''Demokratische Geschichte'' 3(1988), S. 521-526
* Wilhelm Lange: ''Cap Arcona'' (Eutin 1988) ISBN 3-923457-08-1
* [http://www.stadt-neustadt.de/Freizeit_Kultur/Museum_Cap_Arcona/Kurzinformationen/ Museum Cap Arcona in Neustadt/Holstein]
* {{Wikipedia}} mit weiterer Literatur


== Siehe auch ==
*[[Liste der sozialdemokratischen Todesopfer 1933-1945]]
*[[Liste der sozialdemokratischen Todesopfer 1933-1945]]
*[[Widerstand|Widerstand in der NS-Zeit]]
*[[Widerstand|Widerstand in der NS-Zeit]]


== Quellen ==
==Quellen==
<references />
<references />


[[Kategorie:Widerstand|Aktion Gewitter]]
[[Kategorie:Widerstand|Aktion Gewitter]]

Version vom 10. Juni 2020, 17:39 Uhr

Die Aktion Gewitter, fälschlich auch als "Aktion Gitter" bezeichnet, nannten die Nazis eine reichsweite Verhaftungswelle vom 22. bis 24. August 1944 im Gefolge des gescheiterten Attentats auf Adolf Hitler am 20. Juli.

Verlauf

Der Gestapo-Befehl vom 17. August 1944 unter dem Decknamen "Aktion Gewitter" stellte keine Reaktion auf das Attentat dar, sondern diente lediglich als Vorwand und Auslöser für die längst geplanten Verhaftungen.[1] Ohne Bezug auf das Attentat wurde als "Präventivmaßnahme" befohlen, alle früheren Funktionäre der SPD und KPD, vor allem ehemalige Abgeordnete gleich welcher Ebene, seien festzunehmen, "gleichgültig ..., ob diesen im Augenblick etwas nachzuweisen ist oder nicht"; ausgenommen waren nur Menschen über 70 Jahre, Kranke oder solche, die offensichtlich zu den Nazis übergegangen waren.[2] Insgesamt wurden im ganzen Reich 5000 bis 6000 Menschen inhaftiert. Damit sollten die letzten Gegnerinnen und Gegner des Regimes beseitigt werden. Betroffen waren neben Sozialdemokraten und Kommunisten auch Geistliche.

Die meisten der in Schleswig-Holstein Verhafteten - ca. 15 Frauen und ca. 150 Männer - fanden sich am 22./23. August zunächst im Kieler Polizeigefängnis wieder, das damit hoffnungslos überfüllt war; daher wurde auch die Polizeibaracke am Drachensee belegt.[3] Die Frauen entließ man innerhalb der nächsten zwei Monate nach und nach wieder. Die Männer wurden nach Hamburg ins KZ Neuengamme "überstellt". 42 von ihnen kamen im September nach Überprüfung ihrer politischen Zuverlässigkeit und einer schriftlichen Verpflichtung, "nie wieder gegen den nationalsozialistischen Staat und seine Einrichtungen" zu arbeiten, ebenfalls wieder frei. Einige, wie Heinrich Boschen und Otto Linke, überlebten ihre Entlassung allerdings nur um wenige Tage.[4]

Von den übrigen kehrten nur wenige zurück; etwa 80 von ihnen waren schon Ende Oktober des Jahres nicht mehr am Leben.

Nach Auflösung des KZ kurz vor Ende des Krieges wurden die verbleibenden Gefangenen auf Todesmärsche Richtung Lübeck geschickt. Um die Spuren der Naziverbrechen in Neuengamme zu verwischen, brachte man die Überlebenden auf Schiffe in der Lübecker Bucht, die möglicherweise versenkt werden sollten.[5] Zwei der Schiffe, die CAP ARCONA und die THIELBEK, wurden am 3. Mai 1945 von alliierten Fliegern möglicherweise für Truppentransporter gehalten und versenkt. Ein großer Teil der Menschen an Bord kam ums Leben, darunter einige Schleswig-Holsteiner (Namen); von ca. 7.000 Häftlingen überlebten nur etwa 600. Die anderen kamen im Feuer um, ertranken oder erfroren in der kalten Ostsee, oder sie wurden von Bewachern aus SS und Marine erschossen, die von Booten und vom Ufer aus Rettungsversuche verhinderten.

Die Schwierigkeiten bei der Recherche nach den Opfern beschreibt Rudi Goguel:

"Etwa 450 [Verhaftete] kamen nach Neuengamme, aber nach der Befreiung konnten nur noch die Namen von 107 und deren Schicksal festgestellt werden. Von diesen kamen auf den Schiffen allein dreizehn namentlich bekannte [...] Häftlinge um [...]. Von ihnen gehörten acht der SPD und einer der KPD an. Die meisten stammten aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen [...]. Diese Gefangenen, denen die Naziorgane keinerlei staatsfeindliche Tätigkeit nachweisen konnten, mußten unter den gleichen fürchterlichen Bedingungen im Lager vegetieren wie die übrigen Lagerinsassen. Nur einige wenige wurden vor der Zeit entlassen, den meisten war die Vernichtung zugedacht wie allen übrigen Häftlingen. [Auch] fünf Jahre nach der Katastrophe blieb das Schicksal von fast 350 Menschen ungeklärt."[6]
"Hauptsorge [des Lagerkommandanten] war, in Neuengamme sorgfältig die Spuren seiner und seiner Komplicen Verbrechen zu verwischen. Auf seinen Befehl und unter der Kontrolle von SS-Leuten mußte, nach dem Abgang der Transporte, das im Lager verbliebene Häftlingskommando sämtliche belastenden Akten - Namenslisten, Totenscheine, Gestapoakten, insgesamt etwa vierhundert Kilogramm - im Krematorium verbrennen."[7]

Hermann Lüdemann lebte bei seiner Verhaftung in Berlin. Er gehörte zu den ganz wenigen, die vom Volksgerichtshof aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurden; allerdings wurde er anschließend sofort ins KZ Sachsenhausen gebracht, überlebte später den Todesmarsch nach Mecklenburg und wurde 1947 Schleswig-Holsteins erster gewählter Ministerpräsident.[8]

Betroffene

Zu den wegen "politischer Unzuverlässigkeit" Verhafteten oder zur Wehrmacht Eingezogenen, die für die Geschichte der SPD in Schleswig-Holstein eine Rolle spielen, gehörten u.a.:

Verhaftet

Eingezogen

Literatur & Links

Siehe auch

Quellen

  1. Vgl. Sebastian Haffner: Anmerkungen zu Hitler (München 1978), S. 188
  2. Vgl. Korte, Präventivmaßnahme, S. 521; dort auch das Zitat.
  3. Vgl. Korte, Präventivmaßnahme, S. 522 f.
  4. Vgl. Korte, Präventivmaßnahme, S. 525; dort auch das Zitat.
  5. Es gibt mehrere Theorien dazu, was die Nazis mit den Schiffen planten. Für eine Übersicht vgl. CAP ARCONA.
  6. Goguel: Cap Arcona, S. 87 f.
  7. Goguel: Cap Arcona, S. 31
  8. Rolf Fischer: Hermann Lüdemann und die deutsche Demokratie (Neumünster 2006), S. 118 ff.
  9. Korte: Präventivmaßnahme, S. 523
  10. SPD-Ortsverein Neustadt: 1903-3002 100 Jahre SPD Neustadt in Holstein (2003)
  11. Spurensuche Kreis Pinneberg und Umgebung: Hermann Hinrichs – Verhaftung nach dem Attentat auf Hitler
  12. Korte: Präventivmaßnahme, S. 525
  13. Richard Vosgerau - ein Leben für die Sozialdemokratie, Eckernförder Zeitung, 3.5.2010