Helmut Plüschau
![]() |
Helmut Plüschau |
Helmut Plüschau, * 1. September 1934 in Hetlingen/Krs. Pinneberg, 12. Juli 2025 in Wedel; selbstständiger Kaufmann. Mitglied der SPD ab 1965.
Leben & Beruf
Helmut Plüschau wurde in Hetlingen geboren, als jüngstes von sechs Kindern[1]. Seine baptistische Familie war unter der NS-Herrschaft Anfeindungen ausgesetzt. Er habe später
"gern stolz von seinem Vater erzählt. Der hatte nämlich während der Nazidiktatur, wenn die Nazis ihre Umzüge durchs Dorf veranstalteten, immer eines seiner Kinder auf dem Arm, um nicht den Hitlergruß zeigen zu müssen".[1]
"Und in die Schule wollte er schon nach dem ersten Tag nicht mehr, weil er die hochdeutsch sprechende Lehrerin nicht verstand - bis zu dem Tag hatte er nur Plattdeutsch gesprochen."[2]
1953 schloss er eine kaufmännische Lehre ab und bildete sich durch Seminare und Kurse weiter. Drei Jahre lang verkaufte er als Außendienstler Pfefferminzbonbons und Bier, wurde dann Verkaufsleiter, 1975 Verkaufsdirektor und Prokurist bei der Hamburger Bavaria-Brauerei. 1984 machte er sich mit einer Firma für Sicherheitstechnik selbstständig[2], 1996 wurde er Mitinhaber einer Firma für Kommunikationstechnologie in Hamburg.
Er war ab 1957 verheiratet mit Christel Plüschau, die als Krankenschwester im Wedeler Krankenhaus arbeitete.[2] Das Ehepaar hatte zwei Söhne. Helmut Plüschau bezeichnete sich selbst als evangelisch-freikirchlich.[3]
Acht Jahre war er als Schöffe aktiv, war zudem Mitglied der AWO, zeitweise deren 1. Vorsitzender in Wedel[4], und auch Mitglied des DRK.[2]
Er spielte "leidenschaftlich gern" Schach, Skat und Golf.
"Dass ihn Genossen wegen des damals elitären Spiels bekrittelten, war ihm selbstverständlich völlig egal."[2]
Bekannt wurde er 1995
"als 'IHK-Verweigerer', er mochte nicht einsehen, dass Unternehmer als Zwangsmitglieder in der Industrie- und Handelskammer geführt wurden. 'Aus der Kirche kann ich austreten - aus der IHK nicht.' Das fand er unmöglich und organisierte bundesweit Widerstand mit Tausenden von Gleichgesinnten. Er wurde im Wirtschaftsausschuss des Bundestages angehört, zog vors Bundesverfassungsgericht - und verlor den Zwangsgebührenprozess."[2]
Viele Spenden hatten ihm die Klage ermöglicht, der Prozess kostete ihn 80 000 DM.[1] 1996 gehörte er zu den Initiatoren des Interessenverbandes der IHK-Verweigerer, aus dem der Bundesverband für freie Kammern entstand.[5] Diese Haltung und die Popularität, die sie ihm brachte, mögen zu seiner Wahl in den Landtag beigetragen haben.
Die Stadt Wedel schrieb in ihrem Nachruf:
"Mit Helmut Plüschau starb ein Vertreter der guten, alten Sozialdemokratie. Streitbar, profiliert, kantig, aber auch mitfühlend, solidarisch, menschlich."[2]
Partei & Politik
1965 trat Helmut Plüschau in die SPD ein - wie er selbst sagte, wegen seiner familiären Erfahrungen und angesichts des Engagements von Altnazis in deutschen Parteien.[6] Von 1968 bis 1972 leitete er die Wedeler SPD als Vorsitzender. Vier Jahre lang gehörte er auch dem Vorstand des Kreisverbandes Pinneberg an und war häufig Delegierter auf Landesparteitagen.
Kommunalpolitik
Von 1969 bis 1978 gehörte er der Ratsversammlung der Stadt Wedel an, davon vier Jahre als Stadtrat. 14 Jahre lang war er Mitglied im Pinneberger Kreistag, in dieser Zeit stellvertretender Kreispräsident und gesundheitspolitischer Sprecher der Kreistagsfraktion. Auch nach 1978 engagierte er sich als bürgerliches Mitglied der Ratsfraktion. Bekannt wurden in den 1970er Jahren sein Einsatz gegen den Schulleiter des Johann-Rist-Gymnasiums und für die Rechte der Eltern in der sogenannten "Hasch-Affäre" und gegen den Abriss des baufälligen Reepschlägerhauses, das heute ein historisches Denkmal von Wedel ist.
Landtag
Zur Landtagswahl 1996 bewarb er sich als Nachfolger von Jens Vollert im Wahlkreis 30 (Pinneberg-Elbmarschen) und wurde direkt gewählt, ebenso zur Landtagswahl 2000. Er war sportpolitischer Sprecher der Fraktion und gehörte dem Wirtschafts-, Agrar-, Eingaben- sowie Innen- und Rechtsausschuss an, stellvertretend auch dem Europa-, dem Sozial- sowie dem Pallas-Untersuchungsausschuss und dem Ersten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss an. Auch vertrat er die SPD im Landeskleingarten- und im Richterwahlausschuss.
Auch hier sorgte er
"für Rabatz, notfalls auch mit klarer Erpressung. Als einmal der [privaten] Fachhochschule Wedel die Landeszuschüsse gestrichen werden sollten, drohte er Ministerpräsidentin Heide Simonis deutlich mit seinem 'Nein' zum kompletten Haushalt, was wohl ein Scheitern des Etats bedeutet hätte. Plüschau bekam das Geld für die FH."[2]
Zur Landtagswahl 2005 trat er offenbar nicht wieder an. Sein Nachfolger im Wahlkreis wurde Thomas Hölck.
Ehrungen

Am 11. Juli 2007 wurde ihm die Verdienstmedaille des Bundesverdienstkreuzes verliehen.[7]
Im September 2015 wurde er anlässlich seines 80. Geburtstags und seiner 50 Jahre Mitgliedschaft in der SPD mit der Willy-Brandt-Medaille geehrt.[1]
Noch am 30. Mai 2025 wurde er von seinem Ortsverein für 60 Jahre Zugehörigkeit zur SPD geehrt.[6]
Links
- Landtagsinformationssystem: Helmut Plüschau
- Wikipedia: Helmut Plüschau
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 SPD Kreis Pinneberg/Rossmann, Ernst-Dieter: Helmut Plüschau wird 90 Jahre alt, Homepage, 1.9.2024
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 Stadt Wedel/Frenzel, Jörg: Tschüss, Helmut Plüschau, Homepage, 14.7.2025, mit Bilderserie
- ↑ Landtagsinformationssystem: Helmut Plüschau
- ↑ Der Eintrag im Landtagsinformationssystem besagt, er sei bis 2002 Mitglied gewesen; die Formulierung mag jedoch missverständlich sein. Vielleicht war er bis 2002 Vorsitzender.
- ↑ Wikipedia: Helmut Plüschau, abgerufen 25.7.2025
- ↑ 6,0 6,1 SPD Wedel: Ehrung von Helmut Plüschau: 60 Jahre SPD, Homepage, 8.5.2025
- ↑ Nach Angaben der Stadt Wedel am 31.8.2007. Es kann eine Verzögerung zwischen Verleihung und Übergabe entstehen.