Schleswig-Holsteinischer Arbeitertag 1870, Kiel

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Schleswig-Holsteinischer Arbeitertag 1870 Kiel
14. Mai - 16. Mai 1870
Englischer Garten
Eckernförder Straße 20
Kiel
Siehe auch: Beschlussdatenbank

Der Schleswig-Holsteinische Arbeitertag fand vom 14. bis 16. Mai 1870 statt. 27 Delegierte des "Allgemeinen deutschen Arbeitervereins" (ADAV) aus 17 Orten kamen damals in Kiel zusammen. Eine Art erster Parteitag in Schleswig-Holstein.

Der Arbeitertag beschäftigten sich mit dem Thema "Die Lage der arbeitenden Klasse und wie sie zu verbessern sei"[1]. Konkreter beschäftigten sie sich mit der Genossenschafts-Frage. Die Polizei griff ein und keine Wirtschaft stellte einen Raum zur Verfügung.[2]

Einberufung

Postkarte: Englischer Garten, um 1900

In der Einberufung im "Social-Demokrat" stand am 10. Mai 1870:

"Altona, 8. Mai (Zum Schleswig-Holstein'schen Arbeitertage.) Parteigenossen in Schleswig-Holstein und Umgegend, noch einmal erinnern wir an den 14. Mai, es gilt Kiel, in der Metropole der Wissenschaft, unsere Principien zur Geltung zu bringen, es gilt die uns von Ferdinand Lassalle gegebene Organisation auf alle Arbeiter auszubreiten und der Organisation für den Allg. deutsch. Arb.=Verein neue Felder zu eröffnen, also müssen wir am Platze sein. Sendet Eure Delegierten, sorgt mindestens dafür, dass Ihr vertreten werdet. Handelt rasch und diesen Herbst werden wir einen glänzenden Sieg erringen für unsere gerechte Sache. Die Kieler Einquartierungskommission ist am 14. Mai von Morgens 9 Uhr an im Englischen Garten anwesend. Anmeldungen wolle man mach bei Georg Winter, Bergstraße No. 566 in Kiel. Mit social=demokratischem Gruß Die Kommission zur Berufung eines Schleswig-Holstein-schen Arbeitertages."[3]

Ablauf

Die Vorsitzenden waren die Zigarrenarbeiter Georg Winter, Otto Reimer und der Neumünsteraner Dietrich Plambeck.

Die Versammlung diskutierte, ob die Genossenschaftsidee von Hermann Schulze-Delitzsch die Lage der Arbeiter verbessern würde, oder ob eher die Ideen von Ferdinand Lassalle helfen würden. Nach intensiver Diskussion wurde eine Resolution beschlossen, die besagte:[4]

"Der Schleswig-Holstein'sche Arbeitertag erklärt nach gründlicher Erörterung: die von Schulze empfohlene Palliativmittel sind nicht fähig den Arbeiterstand aus seiner jetzigen elenden Lage zu befreien; und da sie den Arbeiter von de richtigen Erkenntnis seiner Klassenlage abziehen, zu verwerfen. Der Arbeitertag erkennt ferner an: daß nur auf dem von F. Lassalle angegeben Wege eine wirkliche Hülfe für den Arbeiterstand zu finden ist. Deshalb verpflichten sich die Delegierten mit aller Kraft für die Ausbreitung und Erkenntnis dieser Lehre zu wirken."[4]

Die Versammlung beschloss die Einrichtung einer zehnköpfigen Kommission, die die Reichstagswahl 1871 vorbereiten sollte. "Zur kommenden Reichstagswahl beschloß die Konferenz, mit eigenen Kandidaten ohne Abkommen mit anderen Parteien aufzutreten. In einer Schlußkundgebung, in der Richter sprach, fand eine scharfe Entschließung gegen die Liberalen Annahme. Ein entscheidender Schritt nach vorwärts bedeutete die Einsetzung eines 10köpfigen Komitees zur einheitlichen Leitung der Parteiarbeit in der ganzen Provinz."[5]

Mit einem "Hoch" auf den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein und ihren Vorsitzenden Johann Baptist von Schweitzer endete der Arbeitertag.

Fazit

In der Nachbetrachung kam dieser erste Arbeitertag nicht so gut weg. 1874 resümierte der "Social-Demokrat": "Im Frühjahr 1870 kam [der Arbeitertag] zustande und nahm unter der Leitung Georg Winters einen ruhigen, sagen wir harmlosen Charakter an; denn - was wir alle erhofften - die Heranziehung der Bildungsvereine und der verschiedenen, und noch fernstehenden Arbeiterkorporationen, welche, unter bedeutenden Kosten, durch Aufrufe, Flugblätter ⁊c. ⁊c. aufgefordert waren, Delegierte zu senden, hatte sich nicht erfüllt. Wir können uns noch immer nicht eines wehmütigen Lächelns erwehren, wenn uns die dortige Mandatsprüfung in's Gedächtnis kommt. Ein stenographisch aufgenommenes Protokoll wurde, weil zwecklos, bis heute nicht gedruckt und alle schönen Reden über "erworbene Rechte" blieben der Welt verborgen."[6]

Einzelnachweise

  1. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963])
  2. Danker, Uwe / Schilf, Ingrid / Schilf, Hans-Ulrich: Historische Orte und Daten der Kieler Sozialdemokratie (Kiel ca. 1987)
  3. Social-Demokrat: Nummer 55, Jahrgang 6, 10.05.1870, Seite 2
  4. 4,0 4,1 Social-Demokrat - Tagesausgabe, 22.05.1870
  5. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), S. 11
  6. Neuer Social-Demokrat - Tagesausgabe, 11.02.1874