Kreisverband Kiel - Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF)

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Antje Möller-Neustock

Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen im Kreisverband Kiel gibt es seit etwa 1972. Die AsF Schleswig-Holstein wurde ab 1972 maßgeblich von Elisabeth Orth aufgebaut. Bald darauf dürfte sich auch die Kieler AsF gebildet haben.

Aktivitäten

Häufig finden Begegnungsrunden als "Frauenfrühstück" statt, auf denen Vertreterinnen der Kieler Frauen-Facheinrichtungen die Möglichkeit haben, den politischen Vertretern auf kommunaler, Landtags- oder Bundestagsebene direkt und informell ihre Situation und ihre Bedarfe darzulegen. Am 29. Januar 2009 etwa luden Vertreterinnen der ASF, des Kreisvorstand und der Ratsfraktion zum Treffen Starke Frauen - starke Stadt. Welche Unterstützung benötigen Frauenberatungsstellen? ein. Zur Runde gehörte neben den Landtagsabgeordneten Rolf Fischer und Bernd Heinemann auch der Oberbürgermeisterkandidat Torsten Albig.

Im Juni 2008 bot die ASF zusammen mit dem Juso-Kreisvorstand eine Diskussionsveranstaltung zur Gentechnik an: Gentechnik und Mensch - Die sortierte Gesellschaft?[1]

Zur Jahreshauptversammlung (JHV) am 16. September 2008 im Walter-Damm-Haus fand eine Diskussion mit dem Vorsitzenden der Ratsfraktion und Gewerkschafter Ralph Müller-Beck statt: Mindestlohn, gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit - welche Perspektiven gibt es für Frauen?

Die Beziehungen zur Gewerkschaft sind traditionell sehr eng. In der JHV am 30. Juni 2009 im Legienhof sprach die ver.di-Bezirksgeschäftsführerin Susanne Schöttke über Gewerkschaft und AsF - Wie wir von einander lernen können.

Nach zwei Wahlen, in denen der Anteil der Frauen, die SPD wählten, deutlich zurückgegangen war, lud die ASF am 4. März 2010 Vertreterinnen aus den Ortsvereinen zu einem Brainstorming ein, um sich über die Ursache dieser Entwicklung klarzuwerden und wenn möglich gegenzusteuern. Zwei Drittel der Ortsvereine nahmen an dem von Gesine Stück moderierten Treffen teil. In einem Fazit heißt es:

"Neben einigen positiven Äußerungen war auch deutliche Kritik zu hören. Ganz oben stand das mangelnde Engagement. Themen wie Unterstützung für Alleinerziehende, das Einsetzen für kostenlose warme Mahlzeiten in den KITAS und überhaupt der Ausbau der Kindertageseinrichtungen wurden kaum von Frauen in unserer Kreispartei wahrnehmbar aufgegriffen. [...] Heute werden wir als angepasst, unscheinbar, orientierungslos und lieb wahrgenommen. [...] Klar gibt es Frauen in unserer Partei, die auch nach außen wahrgenommen werden, unsere Stadtpräsidentin, unsere Fraktionsvorsitzende, jetzt auch unsere neue Dezernentin. Nur.. die Themen, die speziell Frauen in ihren unterschiedlichen Lebens- und Interessenlagen angehen, die kommen auch von diesen Frauen nicht rüber. [...]
Frauenthemen sind Themen, die alle angehen. Ob es sich um gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit handelt, ob es um Familienpolitik geht, um unterschiedliche Lebensmodelle, alles dies sind Fragen an die Gesellschaft nicht nur an die Frauen. Und bis auf wenige Männer sind es immer noch die Frauenorganisationen, die diese Themen ansprechen. [Doch] Themen wie - Missbrauch, Vergewaltigung, Alltäglicher Sexismus, sind nicht sexy. Und doch ist es notwendiger denn je, sie anzusprechen, und zur Abhilfe beizutragen. Auch dazu hat sich die AsF immer bekannt.
Wir müssen wieder lernen, selbstbewusst unsere Themen - auch innerhalb der Partei - zu artikulieren und durchzusetzen.
Ich will nicht mehr mit einem Mann diskutieren, ob Mädchenhäuser noch notwendig sind. Ich weiß das, und fast alle anderen Frauen wissen das auch. Also müssen wir diese Dinge durchsetzen. Mit Kraft, mit Selbstbewusstsein und mit Spass an der Aufgabe."[2]

Zur JHV am 3. Juni 2010 trafen sich die Frauen im Veranstaltungszentrum "Pumpe" mit der Kieler Wirtschaftsdezernentin Ute Berg, der Journalistin Susanne Gaschke und dem Kreisvorsitzenden Rolf Fischer zu einer Podiumsdiskussion über die Frage, was den Frauen für die gleichberechtigte Teilhabe an allen gesellschaftlichen Bereichen noch fehlt.[3]

Auf die Ankündigung der Regierung, fast allen Frauenfacheinrichtungen die Landesgelder (von denen in der Regel auch die Höhe weiterer Zuwendungen abhing) zu kürzen oder zu streichen, reagierte das Frauenbündnis Kiel, in dem die ASF sehr aktiv war, mit der Organisation breiter Proteste. Teil davon war eine Veranstaltung am 19. August 2010, zu der alle Kieler Landtagsabgeordneten eingeladen wurden; die meisten kamen, um sich den kritischen Fragen der Frauen zu stellen.

Etwa um diese Zeit plante(!) die ASF ihre erste Homepage.

Nur wenig später trafen sich die Frauen bei Heide Simonis, um weitere Protestaktionen zu beraten. Neben einer Plakataktion wurde beschlossen, ein Bündnis aus Betroffenen der geplanten Kürzungen (die weit über den Frauenbereich hinaus Menschen trafen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen waren) zu unterstützen. Am 8. September des Jahres beteiligten sie sich an einen Demonstrationszug des Bündnisses zum Landeshaus. Viele Frauen trugen weiße T-shirts mit roten Farbspritzern, um die 'mörderische' Sozialpolitik der Regierung zu versinnbildlichen.

Am 13. Januar 2012 organisierte die ASF im Kulturforum eine Open-Space-Veranstaltung zu der Frage Wie muss moderne Frauenpolitik aussehen? Bevor zehn Fachfrauen aus allen gesellschaftlichen Bereichen - nicht alle aus der SPD - mit den Teilnehmerinnen diskutierten, trug Kreisvorsitzender Rolf Fischer dem Plenum seine Erwartungen an moderne Frauenpolitik vor. Nicht zuletzt plädierte er für eine Auseinandersetzung mit den Vorstellungen und Rechten von Migrantinnen.[4]

In der Kommunalwahl 2013 wurde auf Druck der ASF zum ersten Mal der "Reißverschluss" angewandt, der Frauen zumindest auf der Liste gleiche Präsenz sicherte. Dies wurde auf dem Kreisparteitag vom 14. Juni 2012 mit großer Mehrheit beschlossen. Mit dem bis Position 32 quotierten Listenvorschlag, den der Kreisvorstand der Kreismitgliederversammlung am 15. Dezember 2012 vorlegte und der ohne jeden Versuch der Änderung beschlossen wurde, setzte die Kreispartei diesen Beschluss um. Für Kiel sollte das Verfahren allerdings weitgehend unwirksam bleiben, weil in den meisten Wahlkreisen die SPD-Kandidaten direkt gewählt wurden. Unter den direkt Aufgestellten machten Frauen nur ein Drittel aus; sie erhielten (und erhalten) in der Regel auch nicht die sicheren Wahlkreise.

AsF-Vorsitzende

Ingrid Lietzow

Mitglieder

Grundsätzlich ist jede SPD-Frau Mitglied der ASF. Am 31.12.2009 hatte die Kieler ASF somit 563 Mitglieder, d.h. 35,08 Prozent der Mitglieder im Kreisverband Kiel waren weiblich. Damit lag sie leicht über dem Landesdurchschnitt von 34,8 Prozent und an vierter Stelle im Lande.

Frauenarbeit vor 1972

[[Datei:{{#setmainimage:Frieda Bendfeldt c 1966.jpg}}|thumb|200px|Frieda Bendfeldt, ca. 1966]]Ortsfrauengruppen hatte es in der Partei bereits vor 1933 gegeben. Nach dem Ende der NS-Diktatur nahmen sie 1945 die politische Frauenarbeit wieder auf, seit 1959 zusammengefasst in "Kreisfrauengruppen" und hauptamtlich von der Landesgeschäftsstelle aus betreut, durch Franz Osterroth und seine Nachfolgerin Rosa Wallbaum. In Kiel waren zunächst im wesentlichen Frauen aktiv, die die Frauenarbeit auch vor 1933 getragen hatten. In Hassee war das etwa Dora Damm (1891-1949), die die dortige Ortsfrauengruppe bereits von 1925 bis 1933 geleitet hatte und unter den Nazis wegen "illegaler" Betätigung in Haft gewesen war. 1952 übernahm Rosa Wallbaum die Hasseer Frauengruppe und wurde auch Stellvertreterin von Frieda Bendfeldt als Leiterin der Kreisfrauengruppe Kiel.

Frieda Bendfeldt leitete die Kreisfrauengruppe ab etwa 1949.[9] Zwar war sie bereits 1926 der SPD beigetreten, zählte aber 1945 zu den Nachwuchsfrauen der Partei. Ihr folgte 1969 als Leiterin Trudel Hempel.

Ende der 1960er Jahre veränderte sich die politische Mitwirkung der Frauen:

"Daß wir nicht mehr soviel Zuspruch von jungen Frauen hatten, lag in der gesellschaftspolitischen Entwicklung. Die politische Frauenarbeit in den Parteien stützte sich auf die Hausfrauen. [...] Die berufstätigen Mütter waren nicht mehr imstande, beides zu vereinbaren: den Beruf, den Haushalt und die politische Arbeit. Es war also nicht so sehr, daß die jungen Frauen andere Inhalte wollten oder andere Formen, sondern daß sie einfach gar nicht mehr kamen. [...] Dann kam die feministische Frauenbewegung, [...] eine ganz andere Generation, die wollten ganz andere Frauenarbeit machen."[10]

Literatur & Links

Quellen

  1. Rechenschaftsbericht des Kieler ASF-Kreisvorstandes: 4.5.2007-18.8.2008
  2. Die Verfasserin dieses Fazits ist nicht genannt; die Wahrscheinlichkeit spricht für die Vorsitzende Ingrid Lietzow.
  3. Jahreshauptversammlung der AsF mit Diskussion zur Frauenpolitik, unveröff. Presseinfo der ASF Kiel, 4.6.2010
  4. Wozu noch Frauenpolitik?, Wir in Schleswig-Holstein, 2/2012
  5. Tätigkeitsbericht der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen vom 04. April 2012 bis zum 2. Februar 2013
  6. Vgl. Wahlprotokoll vom 3.6.2010.
  7. Vgl. handschr. Notizen auf der Einladung zur Jahreshauptversammlung. Dort sind am Ende unter "Vorstand" weiter vermerkt Monika Lehmann-Willenbrock, Margot ?, Serpil Midyatli. Worauf sich diese Notiz bezieht, ist noch nicht ermittelt.
  8. Die Mehrheit schmunzelte, Kieler Nachrichten, 18.5.1987
  9. Kieler Nachrichten, 17.7.1969
  10. Susanne Kalweit (Hg.): "Ich hab mich niemals arm gefühlt!". Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben (Berlin/Hamburg 2010), S. 151 f.