Landtagswahl 1947: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Landtagswahl 1947''' war die erste freie Landtagswahl nach dem Ende der Nazi-Diktatur. Sie fand am [[20. April]] [[1947]] statt und brachte der SPD die absolute Mehrheit, mit 41,1% der Stimmen und 34 Wahlkreisen.  
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Die '''Landtagswahl 1947''' war die erste freie Landtagswahl nach dem Ende der Nazi-Diktatur. Sie fand am [[20. April]] [[1947]] statt und brachte der SPD die absolute Mehrheit, mit 43,8% der Stimmen und 43 Sitzen, davon 34 Direktmandate.


Mit dem Slogan "Raus aus dem Elend!" konzentrierte sich der Wahlkampf der SPD auf die Wiederherstellung menschenwürdiger Lebensbedingungen. Schleswig-Holstein hatte nach dem Krieg viele Vertriebene aufgenommen, die die Bevölkerungszahl um 35% erhöhten. Dies machte die Versorgungslage im besetzten Schleswig-Holstein, dessen städtische Zentren großenteils zerstört waren, doppelt schwierig.
Die West-Alliierten hatten sich beeilt, die Länder zu gründen, nachdem deutlich wurde, dass sie sich nicht mit der Sowjetunion einigen würden. Dafür musste dann vor allem das Land Preußen aufgelöst werden, dass über alle Besatzungszone reichte. So war Schleswig-Holstein bisher eine Provinz des Landes Preußen gewesen. Am [[25. Februar]] [[1947]] einigten sich alle Besatzungsmächte darauf. Die Länder konnten gebildet werden. Nur knapp zwei Monate hatten die Parteien bis zur Wahl Zeit.<ref name=":0" />


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Mit dem Slogan "Raus aus dem Elend!" konzentrierte sich der Wahlkampf der SPD auf die Wiederherstellung menschenwürdiger Lebensbedingungen. Schleswig-Holstein hatte nach dem Krieg viele Vertriebene aufgenommen, die die Bevölkerungszahl um 35% erhöhten. Dies machte die Versorgungslage im besetzten Schleswig-Holstein, dessen städtische Zentren großenteils zerstört waren, doppelt schwierig.<blockquote>"Der Wahlkampf 1947 unterschied sich fundamental von späteren Wahlkämpfen: Der Papiermangel erlaubte keine Flugblätter, Broschüren oder Wahlplakate. Rundfunkwerbung gab es nicht; das Fernsehen existierte nicht. Die Mobilität war eingeschränkt, deshalb baten die Parteien die Militärregierung ausdrücklich um Zuteilung von Pkws und Benzin. Zeitungen erschienen nur zwei bis drei Mal wöchentlich. Da es reine Parteizeitungen waren, wurden nur die Kandidaten der eigenen Partei vorgestellt. Nur der Versammlungswahlkampf scheint Zuspruch gefunden zu haben."<ref name=":0">Wettig, Klaus: [https://www.vorwaerts.de/artikel/75-jahren-politischer-start-drei-neuen-laendern ''Vor 75 Jahren: Politischer Start in drei neuen Ländern.''] bei: vorwaerts.de 20. April 2022</ref> </blockquote>Ein Mandat blieb zunächst offen, da im Kreise Flensburg-Ost wegen des Todes eines Kandidaten die Wahl erst im Mai erfolgte. "Die Sozialdemokratische Mehrheit im Lande Schleswig-Holstein kann dadurch nicht erschüttert werden", meldeten die Sozialistische Mitteilungen.<ref>''[http://library.fes.de/fulltext/sozmit/1947-098.htm#P511_13455 Sozialistische Mitteilungen]'', Nr. 98/99 1947</ref>
Ein Mandat blieb zunächst offen, da im Kreise Flensburg-Ost wegen des Todes eines Kandidaten die Wahl erst im Mai erfolgte. "Die Sozialdemokratische Mehrheit im Lande Schleswig-Holstein kann dadurch nicht erschüttert werden", meldeten die Sozialistische Mitteilungen.<ref>''[http://library.fes.de/fulltext/sozmit/1947-098.htm#P511_13455 Sozialistische Mitteilungen]'', Nr. 98/99 1947</ref>


== Amtliches Wahlergebnis ==
==Wahlrecht==
Nach dem Wahlrecht sollten 60 % der Abgeordneten (42) in Wahlkreisen und 40 % (28) über die Landesliste gewählt werden, wobei nur ein teilweiser Ausgleich stattfand: Bei der Verteilung der Mandate auf die Landeslisten wurden die Stimmen der erfolglosen Wahlkreisbewerber berücksichtigt sowie die Stimmenvorsprünge der erfolgreichen und zweitplatzierten Bewerber. Damit hatte das Wahlrecht eher den Charakter des Mehrheitswahlrechtes als des Verhältniswahlrechtes. Um die Parteienzersplitterung zu unterbinden, konnten nur diejenigen Parteien, die mindestens ein Wahlkreismandat errungen hatten, über die Landesliste in das Parlament einziehen. Diese Regelung machte Wahlerfolge der kleineren Parteien von Anfang an unmöglich. Die SPD profitierte davon.
 
Ehemalige Nationalsozialisten, deren Spruchkammerverfahren noch nicht abgeschlossen waren, besaßen kein Wahlrecht.<ref name=":0" />
 
==Ergebnis==
Die [[Schleswig-Holsteinische Volkszeitung]] schrieb am Tag nach der Wahl: "Damit hat die Sozialdemokratie von der Bevölkerung den Auftrag bekommen, im Lande Schleswig-Holstein eine Politik nach sozialistischen Grundsätzen zu entwickeln”. Die Bevölkerung habe "mit der Wahl diejenigen praktischen Pläne und Gesetzesvorschläge für gut geheißen, die durch die Initiative der SPD in die Wege geleitet wurden: das Gesetz zur Agrar- und Bodenreform, den Aufbauplan für Schleswig- Holstein, die Vorschläge für ein Gesetz zur Sozialisierung von Betrieben der Grundindustrie, die Pläne für eine gründliche [[Bildungspolitik|Schulreform]] und nicht zuletzt, sondern mit an erster Stelle, die Pläne für ein Gesetz zum Schutze und zur Eingliederung der Heimatvertriebenen."<ref>zitiert nach: {{Osterroth-100-Jahre|Seite=127}}</ref>
 
Die SPD zog mit [[1. Wahlperiode 1947-1950|43 Sitzen]] in den ersten frei gewählten Landtag nach dem Ende der Nazi-Diktatur ein. [[Andreas Gayk]] wurde [[Fraktionsvorsitzende/r|Fraktionsvorsitzender]] und [[Hermann Lüdemann]] Ministerpräsident.
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Wahlbeteiligung: 69,8 %
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* SSV = Südschleswigscher Verein
*SSV = Südschleswigscher Verein
* KPD = Kommunistische Partei Deutschlands
*KPD = Kommunistische Partei Deutschlands
* DKP/DRP = Deutsche Konservative Partei/Deutsche Rechts-Partei
*DKP/DRP = Deutsche Konservative Partei/Deutsche Rechts-Partei
 
==Siehe auch==
 
*[[1. Wahlperiode 1947-1950]]
 
==Literatur==


== Siehe auch ==
*Hans-Heinz Brandt / [[Uwe Danker]]: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay45.pdf Plakate aus dem Landtagswahlkampf 1947]'', in: ''Demokratische Geschichte'' 3(1988), S. 577-587
* [[1. Wahlperiode 1947-1950]]
*[[Holger Martens]]: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_11/Demokratische_Geschichte_Band_11_Essay12.pdf Vor 50 Jahren: Sozialdemokratischer Wahlsieg bei der ersten Landtagswahl am 20. April 1947]'', in: ''Demokratische Geschichte'' 11(1998), S. 189-208


== Literatur ==
==Weblinks==
* Hans-Heinz Brandt / [[Uwe Danker]]: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay45.pdf Plakate aus dem Landtagswahlkampf 1947]'', in: ''Demokratische Geschichte'' 3(1988), S. 577-587
* [[Holger Martens]]: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_11/Demokratische_Geschichte_Band_11_Essay12.pdf Vor 50 Jahren: Sozialdemokratischer Wahlsieg bei der ersten Landtagswahl am 20. April 1947]'', in: ''Demokratische Geschichte'' 11(1998), S. 189-208


*{{Wikipedia|NAME=Landtagswahl in Schleswig-Holstein 1947}}


==Einzelnachweise==
<references />
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Aktuelle Version vom 16. Oktober 2023, 12:49 Uhr

"Raus aus dem Elend"

Die Landtagswahl 1947 war die erste freie Landtagswahl nach dem Ende der Nazi-Diktatur. Sie fand am 20. April 1947 statt und brachte der SPD die absolute Mehrheit, mit 43,8% der Stimmen und 43 Sitzen, davon 34 Direktmandate.

Die West-Alliierten hatten sich beeilt, die Länder zu gründen, nachdem deutlich wurde, dass sie sich nicht mit der Sowjetunion einigen würden. Dafür musste dann vor allem das Land Preußen aufgelöst werden, dass über alle Besatzungszone reichte. So war Schleswig-Holstein bisher eine Provinz des Landes Preußen gewesen. Am 25. Februar 1947 einigten sich alle Besatzungsmächte darauf. Die Länder konnten gebildet werden. Nur knapp zwei Monate hatten die Parteien bis zur Wahl Zeit.[1]

Mit dem Slogan "Raus aus dem Elend!" konzentrierte sich der Wahlkampf der SPD auf die Wiederherstellung menschenwürdiger Lebensbedingungen. Schleswig-Holstein hatte nach dem Krieg viele Vertriebene aufgenommen, die die Bevölkerungszahl um 35% erhöhten. Dies machte die Versorgungslage im besetzten Schleswig-Holstein, dessen städtische Zentren großenteils zerstört waren, doppelt schwierig.

"Der Wahlkampf 1947 unterschied sich fundamental von späteren Wahlkämpfen: Der Papiermangel erlaubte keine Flugblätter, Broschüren oder Wahlplakate. Rundfunkwerbung gab es nicht; das Fernsehen existierte nicht. Die Mobilität war eingeschränkt, deshalb baten die Parteien die Militärregierung ausdrücklich um Zuteilung von Pkws und Benzin. Zeitungen erschienen nur zwei bis drei Mal wöchentlich. Da es reine Parteizeitungen waren, wurden nur die Kandidaten der eigenen Partei vorgestellt. Nur der Versammlungswahlkampf scheint Zuspruch gefunden zu haben."[1]

Ein Mandat blieb zunächst offen, da im Kreise Flensburg-Ost wegen des Todes eines Kandidaten die Wahl erst im Mai erfolgte. "Die Sozialdemokratische Mehrheit im Lande Schleswig-Holstein kann dadurch nicht erschüttert werden", meldeten die Sozialistische Mitteilungen.[2]

Wahlrecht

Nach dem Wahlrecht sollten 60 % der Abgeordneten (42) in Wahlkreisen und 40 % (28) über die Landesliste gewählt werden, wobei nur ein teilweiser Ausgleich stattfand: Bei der Verteilung der Mandate auf die Landeslisten wurden die Stimmen der erfolglosen Wahlkreisbewerber berücksichtigt sowie die Stimmenvorsprünge der erfolgreichen und zweitplatzierten Bewerber. Damit hatte das Wahlrecht eher den Charakter des Mehrheitswahlrechtes als des Verhältniswahlrechtes. Um die Parteienzersplitterung zu unterbinden, konnten nur diejenigen Parteien, die mindestens ein Wahlkreismandat errungen hatten, über die Landesliste in das Parlament einziehen. Diese Regelung machte Wahlerfolge der kleineren Parteien von Anfang an unmöglich. Die SPD profitierte davon.

Ehemalige Nationalsozialisten, deren Spruchkammerverfahren noch nicht abgeschlossen waren, besaßen kein Wahlrecht.[1]

Ergebnis

Die Schleswig-Holsteinische Volkszeitung schrieb am Tag nach der Wahl: "Damit hat die Sozialdemokratie von der Bevölkerung den Auftrag bekommen, im Lande Schleswig-Holstein eine Politik nach sozialistischen Grundsätzen zu entwickeln”. Die Bevölkerung habe "mit der Wahl diejenigen praktischen Pläne und Gesetzesvorschläge für gut geheißen, die durch die Initiative der SPD in die Wege geleitet wurden: das Gesetz zur Agrar- und Bodenreform, den Aufbauplan für Schleswig- Holstein, die Vorschläge für ein Gesetz zur Sozialisierung von Betrieben der Grundindustrie, die Pläne für eine gründliche Schulreform und nicht zuletzt, sondern mit an erster Stelle, die Pläne für ein Gesetz zum Schutze und zur Eingliederung der Heimatvertriebenen."[3]

Die SPD zog mit 43 Sitzen in den ersten frei gewählten Landtag nach dem Ende der Nazi-Diktatur ein. Andreas Gayk wurde Fraktionsvorsitzender und Hermann Lüdemann Ministerpräsident.

Partei Stimmen Stimmanteil in % Sitze
SPD 469.994 43,8 43
CDU 365.534 34,0 21
SSV 99.500 9,3 6
FDP 53.359 5,0
KPD 50.398 4,7
DKP 32.848 3,1
Zentrum 1.082 0,1

Wahlbeteiligung: 69,8 %

  • SSV = Südschleswigscher Verein
  • KPD = Kommunistische Partei Deutschlands
  • DKP/DRP = Deutsche Konservative Partei/Deutsche Rechts-Partei

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Wettig, Klaus: Vor 75 Jahren: Politischer Start in drei neuen Ländern. bei: vorwaerts.de 20. April 2022
  2. Sozialistische Mitteilungen, Nr. 98/99 1947
  3. zitiert nach: Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 127