Ortsverein Eutin: Unterschied zwischen den Versionen

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==Geschichte==
==Geschichte==
Eine Ortsgruppe des [[ADAV]] gründete sich in Eutin am [[7. November]] [[1869]]. Eutin gehörte damals nicht zu Schleswig-Holstein, sondern zum [[Fürstentum Lübeck]], das wiederum Teil des Großherzogtums Oldenburg war. Der Großherzog von Oldenburg hatte schon [[1855]] die Gründung von Arbeitervereinen verboten. Auch wenn sich dann in den 1860er Jahren der ADAV gründen durfte - es herrschte in der Region eine Tradition der Unterdrückung der Arbeiterbewegung.
Eine Ortsgruppe des [[ADAV]] gründete sich in Eutin am [[7. November]] [[1869]] "im Saal der Eutiner Herberge des Gastwirtes Struck, Am Markt 14". Am [[3. November]] war im ''Anzeiger für das Fürstentum Lübeck'' folgende Ankündigung erschienen:
<blockquote>"Zu dieser Gründungsversammlung hatte der hiesige Bevollmächtigte des 'Deutschen Zimmermanns-Vereins' die Arbeiter Eutins und Umgebung in den Saal der Eutiner Herberge des Gastwirts Struck, Am Markt 14, eingeladen. Wesentlicher Punkt der Tagesordnung war ein Vortrag des [[Genosse Vater|Gen[ossen] Vater]] aus Hamburg über den 'Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein' (ADAV). Die Gründung des Eutiner Ortsvereins schloß sich unmittelbar an."<ref>Franck, Klaus: ''Wie ein vaterländischer Geometer ins Gefängnis kam. Ein Sozialistengesetz vor Bismarck in Eutin''. In: ''Demokratische Geschichte'' 3(1988), S. 118</ref></blockquote>
<blockquote>"Allgemeine Arbeiter-Versammlung<br>
Sonntag den 7. Novbr. Nachmitt. 3 Uhr im Saale des Gastwirth Struck in Eutin.<br>
Die Arbeiter Eutin´s und Umgegend werden dringend ersucht, sich möglichst zahlreich an der Versammlung zu betheiligen.<br>
Tages-Ordnung:<br>
Vortrag des [[Genosse Vater|Herrn Vater]] aus Hamburg, betreffend den allgemeinen deutschen Arbeiterverein.<br>
Der Zutritt steht Jedermann frei.<br>
Der Bevollmächtigte des deutschen Zimmermanns-Vereines."</blockquote>
Einen Monat später wurden die Mitglieder aufgefordert, die Mitglieds-„Karten und Statuten“ in Empfang zu nehmen.<ref name=":0">[[Regine Jepp|Jepp, Regine]] und [[Karlheinz Jepp|Karlheinz]]: ''[https://www.spd-eutin.de/eutiner-spd-historisch/ Eutiner SPD - historisch]'', abgerufen 24.3.2022; dort auch alle Zitate</ref>
 
Eutin gehörte damals nicht zu Schleswig-Holstein, sondern zum [[Fürstentum Lübeck]], das wiederum Teil des Großherzogtums Oldenburg war. Der Großherzog von Oldenburg hatte schon [[1855]] die Gründung von Arbeitervereinen verboten. Auch wenn sich dann in den 1860er Jahren der ADAV gründen durfte - es herrschte in der Region eine Tradition der Unterdrückung der Arbeiterbewegung.
 
[[1878]] trat im ganzen Deutschen Reich das [[Sozialistengesetz]] in Kraft, mit dem Otto von Bismarck die Sozialdemokratie in Deutschland zerschlagen wollte. Es galt bis [[1890]]. Danach versuchte die Obrigkeit, sich bei der Verfolgung der Sozialdemokratie wieder auf das alte Oldenburger Verbot zu berufen, und machte ihr auch weiterhin das Leben schwer.
[[1878]] trat im ganzen Deutschen Reich das [[Sozialistengesetz]] in Kraft, mit dem Otto von Bismarck die Sozialdemokratie in Deutschland zerschlagen wollte. Es galt bis [[1890]]. Danach versuchte die Obrigkeit, sich bei der Verfolgung der Sozialdemokratie wieder auf das alte Oldenburger Verbot zu berufen, und machte ihr auch weiterhin das Leben schwer.


Es darf vermutet werden, dass die erste ADAV-Gründung das [[Sozialistengesetz]] nicht überlebt hatte. Zumindest wusste die SPD in Eutin davon schon [[1932]] nichts mehr. Damals feierte der Sozialdemokratische Verein Eutin sein 40-jähriges Bestehen. Dieses Datum bezog sich auf die Gründung des Eutiner Arbeiterbildungsvereins am [[15. Oktober]] [[1892]], dem am Gründungstag 29 Personen beitraten.<ref>Franck, Klaus: ''Wie ein vaterländischer Geometer ins Gefängnis kam. Ein Sozialistengesetz vor Bismarck in Eutin''. In: ''Demokratische Geschichte'' 3(1988), S. 118</ref> [[Franz Osterroth]] nennt das Jahr [[1894]] als Gründungsjahr.<ref>{{Osterroth-100-Jahre}}, Seite 27</ref> Auch dies weist darauf hin, dass sich der vor dem [[Sozialistengesetz]] existierende Verein aufgelöst hatte, ohne große öffentliche Spuren zu hinterlassen.
Es darf vermutet werden, dass die erste ADAV-Gründung das [[Sozialistengesetz]] nicht überlebt hatte. Zumindest wusste die SPD in Eutin davon schon [[1932]] nichts mehr. Damals feierte der Sozialdemokratische Verein Eutin sein 40-jähriges Bestehen. Dieses Datum bezog sich auf die Gründung des Eutiner Arbeiterbildungsvereins am [[15. Oktober]] [[1892]], dem am Gründungstag 29 Personen beitraten.<ref>Franck, Klaus: ''Wie ein vaterländischer Geometer ins Gefängnis kam. Ein Sozialistengesetz vor Bismarck in Eutin''. In: ''Demokratische Geschichte'' 3(1988), S. 118</ref> [[Franz Osterroth]] nennt das Jahr [[1894]] als Gründungsjahr.<ref>{{Osterroth-100-Jahre}}, Seite 27</ref> Auch dies weist darauf hin, dass sich der vor dem [[Sozialistengesetz]] existierende Verein aufgelöst hatte, ohne große öffentliche Spuren zu hinterlassen.


In der Weimarer Republik war Eutin früh eine Nazi-Hochburg, was den Genossinnen und Genossen das Leben schwer machte. So wurde der Maurer und Stadtverordnete [[Carl Ullrich]] mehrfach von SA-Leuten krankenhausreif geprügelt. In der [[Aktion Gewitter]] gehörte er [[1944]] zu den Verhafteten und starb im KZ Neuengamme, vermutlich durch Mord.
<blockquote>"Nach dem grausamen Krieg, nach [[Novemberrevolution|Revolution]] und [[Kapp-Putsch]], der auch in Eutin ein Todesopfer gefordert hat, stabilisieren sich die Verhältnisse langsam. Das Parteileben ist in dieser Zeit sehr rege. Etwa alle drei Wochen findet eine Mitgliederversammlung statt, auf der die politische Situation und die wirtschaftliche Lage diskutiert werden. Oft sind auswärtige Referenten anwesend. Bei diesen Treffen spielt die allgemeine Lage der Partei ebenso eine Rolle wie das Selbstverständnis der Sozialdemokratie. Dazu die ''[[Schleswig-Holsteinische Volkszeitung]]'': <blockquote>'Jeder Sozialdemokrat muss einer [[:Kategorie:Gewerkschaftsbewegung|Gewerkschaft]] angehören, dem [[Allgemeiner Konsumverein Kiel|Konsumverein]] (um die Sozialisierung zu fördern), seine Versicherung bei Volksfürsorge abschließen, sein Bankkonto bei der Sparkasse des Konsumvereins führen, das [[VZ|Parteiblatt]] lesen, sich einem [[Arbeitersport|Arbeiterturnverein]] anschließen, …'</blockquote> Gewerkschaft, Arbeitergesangverein, Konsum, Freie Turnerschaft, Parteizeitung, Baugenossenschaft u. a. m., das sind die Elemente der Arbeiterbewegung, die gemeinsam eine enorme Integrationskraft entfalten. Neben der Partei sind es vor allen der [[Arbeitersport|Arbeiter-Radfahrer-Verein 'Pfeil']] und der [[Arbeitersport|Arbeiter-Turnverein 'Eichenkranz']], die regelmäßig in der Öffentlichkeit präsent sind."<ref name=":0" /></blockquote>


===Der Friedrich-Ebert-Gedenkstein===
Eutin wurde früh eine Nazi-Hochburg, was den Genossinnen und Genossen das Leben schwer machte. So wurde der Maurer und Stadtverordnete [[Carl Ullrich]] mehrfach von SA-Leuten krankenhausreif geprügelt. In der [[Aktion Gewitter]] gehörte er [[1944]] zu den Verhafteten und starb im KZ Neuengamme, vermutlich durch Mord.
 
===Friedrich-Ebert-Gedenkstein===
[[Datei:Ebert Gedenkstein Eutin.JPG|250px|thumb|right|Der Ebert-Gedenkstein von 1949 in der Albert-Mahlstedt-Straße]]
[[Datei:Ebert Gedenkstein Eutin.JPG|250px|thumb|right|Der Ebert-Gedenkstein von 1949 in der Albert-Mahlstedt-Straße]]
[[Datei:Der erste Ebert Gedenkstein in Eutin.jpg|250px|thumb|left|Der erste Ebert-Gedenkstein von 1927]]
[[Datei:Der erste Ebert Gedenkstein in Eutin.jpg|250px|thumb|left|Der erste Ebert-Gedenkstein von 1927]]
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In Schleswig-Holstein stehen in [[Ortsverein Itzehoe|Itzehoe]], [[Ortsverein Nortorf|Nortorf]], [[Ortsverein Bad Bramstedt|Bad Bramstedt]] und [[Ortsverein Wedel|Wedel]] ebenfalls Friedrich-Ebert-Gedenksteine.
In Schleswig-Holstein stehen in [[Ortsverein Itzehoe|Itzehoe]], [[Ortsverein Nortorf|Nortorf]], [[Ortsverein Bad Bramstedt|Bad Bramstedt]] und [[Ortsverein Wedel|Wedel]] ebenfalls Friedrich-Ebert-Gedenksteine.
=== Nach der NS-Herrschaft ===
<blockquote>"Die erste Stadtvertretung von [[1945]] wird von der britischen Militärregierung ernannt. Aus 81 Vorschlägen werden 28 Personen ausgewählt. In der ersten Sitzung am [[5. Dezember]] [[1945]] wird Hinrich Steenbock zum Bürgermeister und Reinhold Ihlenfeldt zum Stadtdirektor gewählt. 12 Vertreter der SPD stehen 14 Bürgerlichen, einem parteilosen und einem KPD-Mitglied gegenüber.
Die SPD wird in dieser ersten Eutiner Stadtvertretung durch die Herren: Dr. [[Leopold Enzian]], [[Hermann Petersen]], [[Otto Friedrichs]], [[Hugo Roggenkamp]], [[Paul Weidemann]], [[Walter Knickrehm]], [[Hans Grage]], [[Bernhard Runge]], [[Heinrich Lubb]], [[Otto Priess]], [[Albert Diegmann]] und [[Reinhard Prehn]] vertreten. [[Leopold Enzian|Studienrat Enzian]] wird stellvertretender Bürgermeister, gleichzeitig werden sieben Ausschüsse besetzt. Vor dem Eintritt in die Tagesordnung widmen die neuen Stadtvertreter dem im KZ ermordeten Stadtvertreter [[Carl Ullrich]] eine Gedenkminute. Diese Stadtvertretung tritt insgesamt 1945/46 zu acht Sitzungen zusammen."<ref name=":0" /></blockquote>


=== Bundesrepublik ===
=== Bundesrepublik ===
<blockquote>"Am [[8. Januar|8.]] und [[22. Januar]] [[1966]] findet in Eutin ein [[Landesparteitag 1966, Eutin|außerordentlicher Landesparteitag]] unter der Leitung des Landesvorsitzenden [[Jochen Steffen]] statt. Die bis heute unter der Bezeichnung Eutin I und Eutin II bekannten Entschließungen zur Deutschland- und zur Gesellschaftspolitik erregen in der gesamten Bundesrepublik Aufsehen. Die in der '[[Eutiner Erklärung]]' aufgestellte Forderung nach direkten Verhandlungen mit der DDR findet viel später in der Politik von [[Willy Brandt]] und [[Egon Bahr]] ihren Niederschlag. Auch in der Presse außerhalb der Landesgrenze stoßen die Ergebnisse dieses Parteitages auf Resonanz."<ref name=":0" /></blockquote>
Auch in der Kommunalpolitik gab es spannende Momente.
<blockquote>"Zur bevorstehenden [[Kommunalwahl 1966|Kommunalwahl]] haben sich die sehr aktiven [[Jusos]] schon frühzeitig positioniert.<br>
Der stellvertretende Landesvorsitzende [[Günther Jansen]] [...] sorgt dafür, dass in der [[Jusos|Juso-Zeitung]] ''Junger Politiker'' die im Wahlbezirk Fissau-Sielbeck gegeneinander antretenden Kandidaten Intendant und Oberstleutnant a.D. Kurt Brinck (CDU) und der 30-jährige Polizeibeamte [[Egon Thormann]] (SPD) skizziert werden. Allerdings wird mit dem Artikel Toleranz und Humor [von Herrn Brink] deutlich überstrapaziert. Nach einer einstweiligen Verfügung und einer Strafanzeige wegen Ehrverletzung auf Antrag des CDU-Manns dürfen die [[Jusos]] nicht mehr erklären: 'Brinck von der Polizei verfolgt'.<ref name=":0" /></blockquote>
Am [[7. November]] [[2009]] feierte der Ortsverein sein 140jähriges Bestehen mit der Veröffentlichung ''140 Jahre - 1869-2009 - SPD Eutin'' (Eutin 2009).
Am [[7. November]] [[2009]] feierte der Ortsverein sein 140jähriges Bestehen mit der Veröffentlichung ''140 Jahre - 1869-2009 - SPD Eutin'' (Eutin 2009).


Am [[27. Februar]] [[2022]] bescherte [[Christoph Gehl]] der Stadt eine spannende Zeit: Er trat in der Bürgermeisterwahl gegen den Amtsinhaber Carsten Behnk an und konnte sich im ersten Wahlgang mit 44,2 % einen unerwartet hohen Stimmenanteil sichern. Der dritte Bewerber erreichte knapp 10 % und rief dazu auf, im zweiten Wahlgang den Sozialdemokraten zu wählen.<ref>Emde, Constanze: ''[https://www.shz.de/lokales/ostholsteiner-anzeiger/Stichwahl-in-Eutin-zwischen-Carsten-Behnk-und-Christoph-Gehl-id35627412.html Behnk gewinnt knapp vor Gehl: Doch das reicht nicht, um Bürgermeister zu bleiben]'', ''Ostholsteiner Anzeiger'', 27.2.2022</ref> Am [[20. März]] [[2022]] gewann [[Christoph Gehl]] die Stichwahl mit 54,4 % der Stimmen gegen den parteilosen Amtsinhaber.<ref>NDR.de: ''[https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Neue-Buergermeister-fuer-Eutin-Moelln-und-Wedel-stehen-fest,buergermeister496.html Neue Bürgermeister für Eutin, Mölln und Wedel stehen fest]''. 20.03.2022</ref>
Am [[27. Februar]] [[2022]] konnte [[Christoph Gehl]] sich in der Bürgermeisterwahl noch nicht gegen den parteilosen Amtsinhaber durchsetzen, sicherte sich aber mit 44,2 % einen unerwartet hohen Stimmenanteil. Der dritte Bewerber erreichte knapp 10 % und rief dazu auf, im zweiten Wahlgang den Sozialdemokraten zu wählen.<ref>Emde, Constanze: ''[https://www.shz.de/lokales/ostholsteiner-anzeiger/Stichwahl-in-Eutin-zwischen-Carsten-Behnk-und-Christoph-Gehl-id35627412.html Behnk gewinnt knapp vor Gehl: Doch das reicht nicht, um Bürgermeister zu bleiben]'', ''Ostholsteiner Anzeiger'', 27.2.2022</ref> Am [[20. März]] [[2022]] gewann [[Christoph Gehl]] die Stichwahl mit 54,4 % der Stimmen.<ref>NDR.de: ''[https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Neue-Buergermeister-fuer-Eutin-Moelln-und-Wedel-stehen-fest,buergermeister496.html Neue Bürgermeister für Eutin, Mölln und Wedel stehen fest]''. 20.03.2022</ref> Er tritt sein Amt im August an.
 
=== Literatur ===
=== Literatur ===
*Franck, Klaus: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay08.pdf Wie ein vaterländischer Geometer ins Gefängnis kam. Ein Sozialistengesetz vor Bismarck in Eutin]''. In: ''Demokratische Geschichte'' 3(1988), S. 117-121
*Franck, Klaus: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay08.pdf Wie ein vaterländischer Geometer ins Gefängnis kam. Ein Sozialistengesetz vor Bismarck in Eutin]''. In: ''Demokratische Geschichte'' 3(1988), S. 117-121
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==Einzelnachweise==
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[[Kategorie:Ortsverein Eutin|Eutin]]
[[Kategorie:Ortsverein Eutin|Eutin]]
[[Kategorie:Kreisverband Ostholstein|Eutin]]
[[Kategorie:Kreisverband Ostholstein|Eutin]]
[[Kategorie:Fürstentum Lübeck]]
[[Kategorie:Fürstentum Lübeck|Eutin]]

Version vom 24. März 2022, 10:35 Uhr

Der Ortsverein Eutin ist eine Gliederung des Kreisverbandes Ostholstein. Eine erste sozialdemokratische Organisation in der Stadt gründete sich schon 1869.

Bis 1970 gehörte der 1945 neu gegründete Ortsverein zum Kreisverein Eutin. Im Zuge der Kreisgebietsreform ging der Kreis Eutin im Kreis Ostholstein auf. Auch die SPD-Gliederungen wurden danach zum Kreisverband Ostholstein zusammengelegt.

Geschichte

Eine Ortsgruppe des ADAV gründete sich in Eutin am 7. November 1869 "im Saal der Eutiner Herberge des Gastwirtes Struck, Am Markt 14". Am 3. November war im Anzeiger für das Fürstentum Lübeck folgende Ankündigung erschienen:

"Allgemeine Arbeiter-Versammlung

Sonntag den 7. Novbr. Nachmitt. 3 Uhr im Saale des Gastwirth Struck in Eutin.
Die Arbeiter Eutin´s und Umgegend werden dringend ersucht, sich möglichst zahlreich an der Versammlung zu betheiligen.
Tages-Ordnung:
Vortrag des Herrn Vater aus Hamburg, betreffend den allgemeinen deutschen Arbeiterverein.
Der Zutritt steht Jedermann frei.

Der Bevollmächtigte des deutschen Zimmermanns-Vereines."

Einen Monat später wurden die Mitglieder aufgefordert, die Mitglieds-„Karten und Statuten“ in Empfang zu nehmen.[1]

Eutin gehörte damals nicht zu Schleswig-Holstein, sondern zum Fürstentum Lübeck, das wiederum Teil des Großherzogtums Oldenburg war. Der Großherzog von Oldenburg hatte schon 1855 die Gründung von Arbeitervereinen verboten. Auch wenn sich dann in den 1860er Jahren der ADAV gründen durfte - es herrschte in der Region eine Tradition der Unterdrückung der Arbeiterbewegung.

1878 trat im ganzen Deutschen Reich das Sozialistengesetz in Kraft, mit dem Otto von Bismarck die Sozialdemokratie in Deutschland zerschlagen wollte. Es galt bis 1890. Danach versuchte die Obrigkeit, sich bei der Verfolgung der Sozialdemokratie wieder auf das alte Oldenburger Verbot zu berufen, und machte ihr auch weiterhin das Leben schwer.

Es darf vermutet werden, dass die erste ADAV-Gründung das Sozialistengesetz nicht überlebt hatte. Zumindest wusste die SPD in Eutin davon schon 1932 nichts mehr. Damals feierte der Sozialdemokratische Verein Eutin sein 40-jähriges Bestehen. Dieses Datum bezog sich auf die Gründung des Eutiner Arbeiterbildungsvereins am 15. Oktober 1892, dem am Gründungstag 29 Personen beitraten.[2] Franz Osterroth nennt das Jahr 1894 als Gründungsjahr.[3] Auch dies weist darauf hin, dass sich der vor dem Sozialistengesetz existierende Verein aufgelöst hatte, ohne große öffentliche Spuren zu hinterlassen.

"Nach dem grausamen Krieg, nach Revolution und Kapp-Putsch, der auch in Eutin ein Todesopfer gefordert hat, stabilisieren sich die Verhältnisse langsam. Das Parteileben ist in dieser Zeit sehr rege. Etwa alle drei Wochen findet eine Mitgliederversammlung statt, auf der die politische Situation und die wirtschaftliche Lage diskutiert werden. Oft sind auswärtige Referenten anwesend. Bei diesen Treffen spielt die allgemeine Lage der Partei ebenso eine Rolle wie das Selbstverständnis der Sozialdemokratie. Dazu die Schleswig-Holsteinische Volkszeitung:

'Jeder Sozialdemokrat muss einer Gewerkschaft angehören, dem Konsumverein (um die Sozialisierung zu fördern), seine Versicherung bei Volksfürsorge abschließen, sein Bankkonto bei der Sparkasse des Konsumvereins führen, das Parteiblatt lesen, sich einem Arbeiterturnverein anschließen, …'

Gewerkschaft, Arbeitergesangverein, Konsum, Freie Turnerschaft, Parteizeitung, Baugenossenschaft u. a. m., das sind die Elemente der Arbeiterbewegung, die gemeinsam eine enorme Integrationskraft entfalten. Neben der Partei sind es vor allen der Arbeiter-Radfahrer-Verein 'Pfeil' und der Arbeiter-Turnverein 'Eichenkranz', die regelmäßig in der Öffentlichkeit präsent sind."[1]

Eutin wurde früh eine Nazi-Hochburg, was den Genossinnen und Genossen das Leben schwer machte. So wurde der Maurer und Stadtverordnete Carl Ullrich mehrfach von SA-Leuten krankenhausreif geprügelt. In der Aktion Gewitter gehörte er 1944 zu den Verhafteten und starb im KZ Neuengamme, vermutlich durch Mord.

Friedrich-Ebert-Gedenkstein

Der Ebert-Gedenkstein von 1949 in der Albert-Mahlstedt-Straße
Der erste Ebert-Gedenkstein von 1927
Einladung zur Ebert-Gedenkfeier 1927

Die Ortsgruppe Eutin des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold bat im Frühjahr 1927 den Eutiner Stadtmagistrat um die Genehmigung zum Aufstellen eines Gedenksteins für den 1925 verstorbenen Reichspräsidenten Friedrich Ebert. Der Stein wurde mit einer großen, vom Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold organisierten Gedenkfeier am 10. und 11. September eingeweiht. Die Weiherede hielt Friedrich Stampfer MdR, Mitglied des Parteivorstandes und Chefredakteur des Vorwärts. Die Bevölkerung nahm regen Anteil an den Veranstaltungen und schmückte die Häuser mit Fahnen.

Die Nazis entfernten den Stein 1933. Er wurde von einem Eutiner Fuhrunternehmen auf den Hof des Bildhauermeisters Stumpff gefahren. Nach Ende der NS-Herrschaft 1945 war der Findling nicht mehr auffindbar.

1946 beschloss die Eutiner Stadtvertretung, einen neuen Gedenkstein für Friedrich Ebert aufzustellen. Der Bildhauermeister Stumpff stellte einen annähernd gleichen Stein zur Verfügung und sorgte auch für die Inschrift. Am 28. Februar 1949, dem 24. Todestag von Friedrich Ebert, wurde der neue Gedenkstein in der Albert-Mahlstedt-Straße aufgestellt, jedoch noch ohne Plakette. 1952 erinnerte die Eutiner SPD-Fraktion daran, dass die Plakette immer noch fehlte. Erst 1954 konnte der Gedenkstein mit der Plakette mit einem Porträt des ehemaligen Reichspräsidenten vervollständigt werden.[4]

In Schleswig-Holstein stehen in Itzehoe, Nortorf, Bad Bramstedt und Wedel ebenfalls Friedrich-Ebert-Gedenksteine.


Nach der NS-Herrschaft

"Die erste Stadtvertretung von 1945 wird von der britischen Militärregierung ernannt. Aus 81 Vorschlägen werden 28 Personen ausgewählt. In der ersten Sitzung am 5. Dezember 1945 wird Hinrich Steenbock zum Bürgermeister und Reinhold Ihlenfeldt zum Stadtdirektor gewählt. 12 Vertreter der SPD stehen 14 Bürgerlichen, einem parteilosen und einem KPD-Mitglied gegenüber. Die SPD wird in dieser ersten Eutiner Stadtvertretung durch die Herren: Dr. Leopold Enzian, Hermann Petersen, Otto Friedrichs, Hugo Roggenkamp, Paul Weidemann, Walter Knickrehm, Hans Grage, Bernhard Runge, Heinrich Lubb, Otto Priess, Albert Diegmann und Reinhard Prehn vertreten. Studienrat Enzian wird stellvertretender Bürgermeister, gleichzeitig werden sieben Ausschüsse besetzt. Vor dem Eintritt in die Tagesordnung widmen die neuen Stadtvertreter dem im KZ ermordeten Stadtvertreter Carl Ullrich eine Gedenkminute. Diese Stadtvertretung tritt insgesamt 1945/46 zu acht Sitzungen zusammen."[1]

Bundesrepublik

"Am 8. und 22. Januar 1966 findet in Eutin ein außerordentlicher Landesparteitag unter der Leitung des Landesvorsitzenden Jochen Steffen statt. Die bis heute unter der Bezeichnung Eutin I und Eutin II bekannten Entschließungen zur Deutschland- und zur Gesellschaftspolitik erregen in der gesamten Bundesrepublik Aufsehen. Die in der 'Eutiner Erklärung' aufgestellte Forderung nach direkten Verhandlungen mit der DDR findet viel später in der Politik von Willy Brandt und Egon Bahr ihren Niederschlag. Auch in der Presse außerhalb der Landesgrenze stoßen die Ergebnisse dieses Parteitages auf Resonanz."[1]

Auch in der Kommunalpolitik gab es spannende Momente.

"Zur bevorstehenden Kommunalwahl haben sich die sehr aktiven Jusos schon frühzeitig positioniert.
Der stellvertretende Landesvorsitzende Günther Jansen [...] sorgt dafür, dass in der Juso-Zeitung Junger Politiker die im Wahlbezirk Fissau-Sielbeck gegeneinander antretenden Kandidaten Intendant und Oberstleutnant a.D. Kurt Brinck (CDU) und der 30-jährige Polizeibeamte Egon Thormann (SPD) skizziert werden. Allerdings wird mit dem Artikel Toleranz und Humor [von Herrn Brink] deutlich überstrapaziert. Nach einer einstweiligen Verfügung und einer Strafanzeige wegen Ehrverletzung auf Antrag des CDU-Manns dürfen die Jusos nicht mehr erklären: 'Brinck von der Polizei verfolgt'.[1]

Am 7. November 2009 feierte der Ortsverein sein 140jähriges Bestehen mit der Veröffentlichung 140 Jahre - 1869-2009 - SPD Eutin (Eutin 2009).

Am 27. Februar 2022 konnte Christoph Gehl sich in der Bürgermeisterwahl noch nicht gegen den parteilosen Amtsinhaber durchsetzen, sicherte sich aber mit 44,2 % einen unerwartet hohen Stimmenanteil. Der dritte Bewerber erreichte knapp 10 % und rief dazu auf, im zweiten Wahlgang den Sozialdemokraten zu wählen.[5] Am 20. März 2022 gewann Christoph Gehl die Stichwahl mit 54,4 % der Stimmen.[6] Er tritt sein Amt im August an.

Literatur

Links

Ortsverein Eutin
Ortsverein Eutin
Ortsverein Eutin
Gegründet: 1869 als Sozialdemokratischer Verein Eutin
Vorsitzende/r: Christoph Gehl
Homepage: https://www.spd-eutin.de/


Überblick

Vorsitzende

Christoph Gehl (mind. ab 2020) | Uwe Tewes (2005-2012?) | Benno Orlick (2003-2005) | Hans Rech (1999-2003) | Almut Pohlmann (1994-1999) | Birgit Hannemann-Röttgers (1993-1994) | Gisela Poersch (1983-1993) | Hans Rech (1983) | Helmut Mohrmann (1978-1983) | Uwe Schramm (1973-1978) | Friedrich Rehm (1971-1973) | Dietrich Karl Nooke (1968-1971) | Heinrich Lubb (1963-1968) | Heinz König (1962-1963) | Paul Ketzner (1959-1962) | Helmut Grünewald (1948-1959) | Karl Knickrehm (1946-1948) | Paul Hensel (1925-1933) |


Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Jepp, Regine und Karlheinz: Eutiner SPD - historisch, abgerufen 24.3.2022; dort auch alle Zitate
  2. Franck, Klaus: Wie ein vaterländischer Geometer ins Gefängnis kam. Ein Sozialistengesetz vor Bismarck in Eutin. In: Demokratische Geschichte 3(1988), S. 118
  3. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 27
  4. Nauke, Gerhard: Die Geschichte des Friedrich-Ebert-Steines in Eutin. In: Verband zur Pflege und Förderung der Heimatkunde im Eutinischen e.V. (Hg.): Jahrbuch für Heimatkunde (Eutin 1982), S. 141
  5. Emde, Constanze: Behnk gewinnt knapp vor Gehl: Doch das reicht nicht, um Bürgermeister zu bleiben, Ostholsteiner Anzeiger, 27.2.2022
  6. NDR.de: Neue Bürgermeister für Eutin, Mölln und Wedel stehen fest. 20.03.2022