Ortsverein Glückstadt

Aus SPD Geschichtswerkstatt
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Der Ortsverein Glückstadt ist eine Gliederung im Kreisverband Steinburg. Eine Parteiorganisation ist in Glückstadt seit 1865 nachweisbar, eine SPD-Gliederung seit 1890.

Geschichte

Am 18. Februar 1870 fand eine "Volksversammlung" statt.

"Aus Glückstadt berichtet Herr Schröder über eine am 18. [d.] M. von ihm einberufene, zahlreich besuchte Volksversammlung. Herr Winter aus Ottensen hielt in derselben einen beifällig aufgenommenen Vortrag über den Socialismus. Ein Herr Delfs, Schneidermeister, wollte Winter widerlegen, bewies aber nur seine völlige Unkenntniß der socialen Frage. Herr Winter wies die Angriffe in aller Ruhe zurück. In der ferneren Debatte kämpfte Herr Delfs abermals für die Bourgeoisie und griff das Agitiren der Lassalleaner sehr heftig an [...]. Seine Niederlage selbst erkennend und seinen Aerger schlecht verbergend, forderte Delfs schließlich voll Ingrimm dazu auf, sich dem Allg. deutsch. Arb.-Verein nicht anzuschließen, sondern seinen Genossen. Wahrscheinlich waren die Partikularisten gemeint, die sich gern die wahren Kämpfer für Recht und Freiheit nennen. Aber gerade umgekehrt fanden Einzeichnungen in die Listen des Allg. deutsch. Arb.-Vereins statt."[1]

Ein Ortsverein der SPD gründete sich 1890.[2]

1911 gelang es den Sozialdemokraten in Glückstadt zum ersten Mal in einer schleswig-holsteinischen Landgemeinde einen Kandidaten in die Gemeindevertretung zu bringen.[3] Wie vorher in Kiel und später in Pinneberg versuchte daraufhin die bürgerliche Mehrheit Mitte des Jahres, durch Erhöhung der Einkommensgrenzen im Dreiklassenwahlrecht ihre Mehrheiten vor den sozialdemokratischen Wählerschichten am unteren Ende des Einkommensspektrums zu schützen. Die um ihre Rechte Gebrachten protestierten massiv dagegen.[4]

1925 wurde Wilhelm Schinkel zum ersten sozialdemokratischen Bürgermeister der Stadt gewählt.[5]

1928 hatte die SPD in Glückstadt 343 Mitglieder.[6]

1932 gehörte die Stadt auch zu den Hochburgen des Reichsbanners im Kreis Steinburg. Die Abteilung löste sich allerdings vor dem 9. Mai 1933 auf, um einem Verbot durch die Nazis zuvorzukommen.

In Glückstadt organisierten die Kinderfreunde 1932 das Rote Zeltlager Niederelbe. Doch die Arbeit der SPD und der ihr nahestehenden Organisationen wurde selbst bei solchen Kinder-Aktivitäten immer gefährlicher. So demonstrierte die Nazi-Truppe der SA gegen das Zeltlager.

Nach der Machtübergabe an die Nazis 1933 setzten diese Bürgermeister Wilhelm Schinkel ab.[5] Anfang Mai 1933 wurden vier Glückstädter Genossen in "Schutzhaft" genommen; ihre Namen sind bisher nicht ermittelt. Sie wurden mit anderen Verhafteten in der "Abteilung für politische Häftlinge" in der Landesarbeitsanstalt Glückstadt - landläufig als "Konzentrationslager Glückstadt" bezeichnet - festgehalten. Dort mussten sie landwirtschaftliche und handwerkliche Arbeiten verrichten, wurden aber offenbar nicht misshandelt. Ob sie zu den vor Weihnachten Entlassenen gehörten oder zu den in ein größeres KZ Überstellten, ist ebenfalls nicht ermttelt.[7]

1944 wurde Georg Appel wegen "pessimistischer Einschätzung des weiteren Kriegsverlaufs" (vermutlich von einem Sondergericht) zum Tode verurteilt und erschossen.[8]

Gegenwart

2018 wurde "nach längerer Inaktivität des gesamten Ortsvereins" - so der Vorsitzende Michael Seifert in seinem Rechenschaftsbericht - mit einem neuen Vorstand ein entschlossener Neuanfang gemacht.[9] Dieser begann am 8. Februar 2019 mit einem gut besuchten Neujahrsempfang[10] mit Mathias Stein MdB als Gast von der Bundesebene; er setzte sich fort mit einer Filmvorführung und -diskussion, neuen Mitgliedern, einem Besuch des Historischen Lernortes Neulandhalle und einer überfüllten Jahreshauptversammlung im September des Jahres, in der auch langjährige Mitglieder geehrt und neue begrüßt werden konnten.[11].

Im Juni 2020 sponsorte die SPD im Rahmen einer Aktion der Stadt Ergänzungsschilder an den Straßenschildern der Friedrich-Ebert-Straße und der Bürgerm.-Schinkel-Straße.

"Wilhelm Schinkel (1874-1958) wurde 1925 zum ersten SPD-Bürgermeister Glückstadts gewählt. [Er setzte sich] gegen einen Kandidaten der Bürgerlichen Liste durch. Zuvor war er schon mehrere Jahre Stadtvertreter und Mitglied im Magistrat. Nach Machtübernahme der NSDAP wurde Schinkel 1933 abberufen [...]. Nach dem Krieg machte sich Schinkel als Chronist der Glückstädter Sozialdemokraten verdient."[5]

Auf der Jahreshauptversammlung am 15. August wurde der Vorstand wiedergewählt und durch ein neues Mitglied im Juso-Alter ergänzt.[12] Und am 30. September wurde auf einer lebhaften Veranstaltung mit Serpil Midyatli über die Doppelte Staatsbürgerschaft diskutiert.[13]

Am 24. Juni 2021 fand unter freiem Himmel - auf dem Gelände des Kanu-Verleihs von Ulf Ostermann am Rhin - die Nominierung des Bewerbers für die Bürgermeisterwahl am 26. September statt. Die SPD einigte sich mit den Grünen und der Wählergemeinschaft BfG auf den parteilosen Kandidaten Rolf Apfeld[14], der auch gewählt wurde.

Auf der Jahreshauptversammlung im Juli 2022 konnte unter anderen Annette Klei für 50 Jahre Zugehörigkeit zur SPD geehrt werden.[15]

Kommunalpolitik

In der Kommunalwahl 2023 konnte die SPD vier von 25 Sitzen der Stadtvertretung erringen (17,3 %) und wurde nach CDU und Wählergemeinschaft drittstärkste Kraft.[16] Der Fraktion gehörten an Dirk Glienke als Vorsitzender, Nicole Evers als Stellvertreterin, Heike Bremer und Michael Seifert sowie sieben bürgerliche Ausschussmitglieder.[17]

In der Kommunalwahl 2018 kam die SPD auf 19,1 % und ebenfalls vier Sitze (von 23). Neben Dirk Glienke, Nicole Evers und Heike Bremer war Volker Schott dabei, der 2023 nicht wieder antrat, sowie vier bürgerliche Ausschussmitglieder.[17]

Langjährige Fraktionsmitglieder waren auch Meike Sierck und Ulf Ostermann, die im Januar 2019 verabschiedet wurden.

"Ulf Ostermann war 25 Jahre Mitglied der Stadtvertretung und 10 Jahre Bürgervorsteher. In dieser Zeit war er in fast allen Ausschüssen aktiv. Meike Sierck war 10 Jahre Mitglied der Stadtvertretung und 5 Jahre 1. Stadträtin (Stellvertretende Bürgermeisterin). Ihr Aufgabenschwerpunkt war der Bau-Ausschuss."[18]

Ulf Ostermann starb am 28. April 2023 im Alter von 80 Jahren.

Schon am 19. August 2022 starb Karl-Heinz Peffgen, langjähriger und in vielen Ehrenämtern aktiver Genosse. Unter anderem war er Stadtvertreter, Fraktionsvorsitzender und stellv. Bürgermeister[19] sowie von 1974 bis 2003 Mitglied des Kreistags des Kreises Steinburg, darin vier Jahre Erster Stellv. Kreispräsident.[20] Darüber hinaus war er langjähriger 2. Vorsitzender des Sportverbandes Kreis Steinburg.[21] Er wurde nicht ganz 82 Jahre alt (*31. August 1940).[22]

Und am 25. Dezember 2020 verlor die SPD Glückstadt den ehemaligen Stadtvertreter Jürgen Bock, ebenfalls ein langjährig aktives Mitglied.[23] Er wurde 79 Jahre alt (*10. August 1941).[24]

Vorsitz

Michael Seifert wurde 2018 gewählt. Er stellt sich so vor:

"Mit meiner Frau Christin und meinen zwei Söhnen wohne und lebe ich [hier.] Ich unterrichte am Detlefsengymnasium die Fächer Geographie und Englisch und die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern macht mir sehr viel Spaß. Ein Ausgleich zum Arbeitsleben sind für mich Radtouren – ob mit Rennrad auf der Straße oder mit dem MTB im Gelände ist egal. Weitere meiner Hobbys sind Lesen, Kochen und Gitarre spielen. Die Umgebung Glückstadts mit dem Elbufer und das Naturschutzgebiet Kremperheide und 'Der Kleine Heinrich' sind meine Lieblingsorte in Glückstadt und der Umgebung.

Seit 2005 bin ich Mitglied der SPD. Aktiv wurde ich aber erst 2007 mit meinem Umzug nach Greifswald zum Studium. In [den] Jusos war ich ein Jahr Vorsitzender der Jusos Greifswald. In Greifswald engagierte ich mich im Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) und im Studierendenparlament (StuPa) der Uni Greifswald. Zudem arbeitete ich in der SPD-Fraktion als Sachkundiger Bürger im Sportauschuss und in der Stadtteilvertretung Schönwalde II mit. Im Kreis Steinburg war ich im Vorstand der Jusos als Schriftführer und Mitglied des Kreisvorstandes. [...]
Geboren wurde ich [24.3.] 1986 im oberfränkischen Bamberg. Über Umwege über Geseke/ Nordrhein-Westfalen (Abitur), Hessen (Wehrdienst), Greifswald/ Mecklenburg-Vorpommern (Studium) und Bad Wimpfen/ Baden-Württemberg (Referendariat) landete ich 2015 in Glückstadt. [...]

Meine Mitgliedschaften: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) [seit Okt. 2007], Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), Verband der Reservisten der Bundeswehr (VdRBW), 1. FC Nürnberg e.V."[25]

Vorstände aus der Zeit vor 2018 sind bisher nicht ermittelt.

Literatur & Links

  • Möller, Reimer: Widerstand und Verfolgung der organisierten Arbeiterschaft im Kreis Steinburg (1933-1935). Ein Überblick. In: Paetau, Rainer / Rüdel, Holger (Hrsg.): Arbeiter und Arbeiterbewegung in Schleswig-Holstein im 19. und 20. Jahrhundert (Neumünster 1987) ISBN 3-529-02913-0, S. 387-414
  • Schinkel, Wilhelm: Aus der Geschichte der Arbeiterbewegung Glückstadts und Umgebung 1865 – 1933 (Glückstadt 1953)
  • Homepage SPD Glückstadt
  • Weitere Vorstände

Einzelnachweise

  1. Der Social-Demokrat, 4.3.1870
  2. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 27
  3. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]) Seite 47
  4. Noch ein Wahlrechtsraub in Schleswig-Holstein,Vorwärts, 19.7.1911
  5. 5,0 5,1 5,2 SPD Glückstadt: SPD Glückstadt erinnert an bedeutende Sozialdemokraten, 16.6.2020, abgerufen 21.11.2020
  6. Möller, Reimer: Widerstand und Verfolgung der organisierten Arbeiterschaft im Kreis Steinburg (1933-1935). Ein Überblick, S. 390
  7. Möller, Reimer: Widerstand und Verfolgung der organisierten Arbeiterschaft im Kreis Steinburg (1933-1935). Ein Überblick, S. 397 ff.
  8. Möller, Reimer: Widerstand und Verfolgung der organisierten Arbeiterschaft im Kreis Steinburg (1933-1935). Ein Überblick, S. 408
  9. Wittmaack, Carsten: Zurück im Rampenlicht. Glückstädter SPD sieht sich nach Talsohle wieder im Aufschwung, Glückstädter Fortuna, 19.9.2019, abgerufen 21.11.2020
  10. SPD Glückstadt: SPD Glückstadt feiert Neujahrsempfang, 8.2.2019, abgerufen 21.11.2020
  11. SPD Glückstadt: SPD Glückstadt führt Jahreshauptversammlung durch, 14.9.2019, abgerufen 21.11.2020
  12. SPD Glückstadt: Glückstädter SPD-Vorstand auf Jahreshauptversammlung bestätigt, 15.8.2020, abgerufen 19.8.2023
  13. SPD Glückstadt: Diskussion "Identität zwischen zwei Nationen – Gespräch zur doppelten Staatsbürgerschaft" stark besucht, Homepage, 1.10.2020, abgerufen 21.11.2020
  14. Stellungnahmen der Grünen, der BfG und der SPD zum gemeinsamen Kandidaten Rolf Apfeld für die Bürgermeisterwahl am 26.09.2021, Presseinformation, 30.7.2021, abgerufen 19.8.2023
  15. SPD Glückstadt: Jahreshauptversammlung der SPD Glückstadt – zwei Mitglieder für 50 Jahre Mitgliedschaft geehrt, Homepage, 6.7.2022, abgerufen 19.8.2023
  16. Der Landeswahlleiter: Gemeindewahlen 14. Mai 2023, Glückstadt. Amtliches Endergebnis
  17. 17,0 17,1 SPD Glückstadt: SPD Fraktion Glückstadt stellt sich nach der Wahl neu auf, Homepage, 5.6.2023, abgerufen 11.8.2023
  18. SPD Glückstadt: SPD-Fraktion verabschiedet Meike Sierck und Ulf Ostermann, 11.1.2019, abgerufen 21.11.2020
  19. SPD Glückstadt: Traueranzeige, Homepage, 26.8.2022
  20. Traueranzeige Kreis Steinburg, Norddeutsche Rundschau, 31.8.2022
  21. Traueranzeige Sportverband Kreis Steinburg, Norddeutsche Rundschau, 31.8.2022
  22. Traueranzeige Familie, Norddeutsche Rundschau, 27.8.2022
  23. SPD Glückstadt: Traueranzeige, Homepage, 19.1.2021
  24. Traueranzeige Familie, Norddeutsche Rundschau, 23.1.2022
  25. SPD Glückstadt: Michael Seifert, abgerufen 21.11.2020