Kapp-Lüttwitz-Putsch

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Der Kapp-Lüttwitz-Putsch (Auch Kapp-Putsch) war im März 1920 der erste Versuch rechtsextremer Kräfte, die 1918 aus der Novemberrevolution hervorgegangene Weimarer Republik zu beseitigen. Die Hauptaktivitäten der Putschisten konzentrierten sich auf Berlin. Es gab aber gewalttätige Auseinandersetzungen im gesamten Reichsgebiet - so auch in Schleswig-Holstein. Hier sogar besonders lange. Der Putsch scheiterte nach wenigen Tagen unter anderem am Widerstand der Arbeiterbewegung und an einem Generalstreik.

Berlin

Unter anderem wegen des Vertrags von Versaille und der schlechten wirtschaftlichen Lage lösten Nationalkonservative und vor allem Teile des Offizierkorps der Reichswehr einen Militärputsch aus. Der Putschversuch brachte das republikanische Deutsche Reich an den Rand eines Bürgerkrieges und zwang die sozialdemokratischen Mitglieder der Reichsregierung zur Flucht aus Berlin. Die meisten Putschisten waren aktive Reichswehrangehörige oder ehemalige Angehörige der alten Armee und Marine, insbesondere der Marinebrigade Ehrhardt, die sich nach dem Ersten Weltkrieg in reaktionären Freikorps organisierten, sowie Mitglieder der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP).

Aufruf der Gewerkschaften zum Generalstreik Flugblatt vom 13. März 1920

Der Verwaltungsbeamte Wolfgang Kapp erklärte am 13. März 1920 nach der militärischen Besetzung des Berliner Regierungsviertels durch General Walther von Lüttwitz unter Einsatz der Marine-Brigade Ehrhardt die geflüchtete Koalitionsregierung aus SPD, Zentrum und DDP unter Reichskanzler Gustav Bauer für abgesetzt, die Nationalversammlung und die preußische Regierung für aufgelöst und ernannte sich selbst zum Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten. Die Reichswehr weigerte sich, die demokratische Ordnung zu verteidigen.

Als Reaktion rief Carl Legien, der Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB), alle in Berlin erreichbaren Funktionäre in das Gewerkschaftshaus. Die Gewerkschafter beschlossen einen Generalstreik als Reaktion auf den Kapp-Putsch. Die KPD-Führung interpretierte den Putsch zunächst als Auseinandersetzung zwischen zwei Flügeln der "Konterrevolution". Erst am 14. März schloss sie sich dem Widerstand an.[1] Die reichsweiten Arbeitsniederlegungen begannen am 15. März 1920 und waren die größten in der deutschen Geschichte. Dadurch lagen Verkehrs- und Nachrichtenmittel und Betriebe still und die Putschisten konnten sich nicht mehr miteinander verständigen.[2] Auch die größten Teile der staatlichen Verwaltung verweigerten die Kooperation mit dem Putschisten. Bereits am 17. März endete den rechten Umsturzversuch.

Die zuvor in MSPD, USPD und KPD gespaltene Arbeiterbewegung hatte hier gemeinsam an einem Strang gezogen und sich die eigene Stärke vor Augen geführt. Für einige Zeit waren alle Gräben überwunden.

Schleswig-Holstein

Auch in Schleswig-Holstein führt der Kapp-Lüttwitz-Putsch zu Chaos und Blutvergießen, zieht sich hier sogar noch etwas länger hin als im übrigen Reich. Anders als im Reich erklärte sich die Reichswehr in Schleswig-Holstein nicht für „neutral", sondern trug den Kapp-Putsch aktiv mit.[3]

Der Kapp-Lüttwitz-Putsch überschnitt sich mit der Volksabstimmung über die Zugehörigkeit des Landesteils Schleswig zu Deutschland oder Dänemark. Am 14. März 1920 fand die Abstimmung in der zweiten Zone statt. Die Pro-Dänische Propaganda griff den Putsch sofort auf. Die Flensburger Sozialdemokratie hielt dagegen. Trotzdem schreckte die Situation vermutlich viele Stimmberechtigte von der Reise nach Schleswig ab.

Kiel

Magnus von Levetzow, 1933 als Polizeipräsident in Berlin

Der Marinebefehlshaber Konteradmiral Magnus von Levetzow sympathisierte mit dem Putsch; schon Tage vorher hatte er "Erhöhte Bereitschaft" angeordnet. Er begründete dies mit der Gefahr eines kommunistischen Putsches und möglichen Unruhen in der Arbeiterschaft.[4] Laut dem Eintrag in seinem dienstlichen Tagebuch vermutete er, dass Reichspräsident Friedrich Ebert und Reichswehrminister Gustav Noske in Hamburg seien, und gab Befehl, sie bei etwaiger Ankunft in Kiel sofort zu verhaften.[5] Er aktivierte Einheiten von Zeitfreiwilligen - weitestgehend Zivilisten, die sich für den freiwilligen Dienst an der Waffe verpflichtet hatten. Zur Verfügung stehen ihm daneben reguläre Truppen und ein Bataillon der Marine-Brigade von Loewenfeld unter dem Korvettenkapitän Franz Claassen - einem Freikorps - genannt die "Loewenfelder". Bis April 1919 hatte sogar die Schleswig-Holsteinische Volkszeitung dafür geworben, dass Arbeiter in dieses Freikorps eintreten mögen. Dann aber wurde klar, dass diese Organisationen anti-demokratische Absichten hatten.[6]

Gustav Garbe, ca. 1920

Sonnabend, 13. März: Als sich die Nachricht vom Putsch am Morgen herumsprach, organisierte die Arbeiterschaft die Abwehr. Die Arbeiter strömten von den Werften auf den Wilhelmplatz, wo am Nachmittag Gustav Garbe und Wilhelm Schweizer sprachen.

Zusammen ging die Menge zur Werft nach Gaarden, um dort versteckten Waffen zu holen.[7] 800 Gewehre mit Munition. Am Marine-Arsenal kam es zu einem Schusswechsel.[4] Das Militär griff von Wasser und Land die besetzte Werft an. Dabei starben zwei Soldaten und sieben Arbeiter.[8]

Die Arbeiterschaft hatte auch im Vorfeld Lager mit Waffen im Umland angelegt, die sie jetzt in die Stadt holte.[1] Wilhelm Spiegel schaffte Waffen per Bahn aus Altona heran.[7] Außerdem überfielen die Arbeiter Einheiten der unerfahrenen Zeitfreiwilligen und nahmen ihnen die Waffen ab.[1]

Am Mittag bildeten MSPD, USPD und KPD über alle politischen Gräben hinweg eine provisorische Regierung und ernannten Gustav Garbe zum Gouverneur.[9][7]

Prof. Gustav Radbruch

Gustav Radbruch und Hermann Heller verhandelten mit Konteradmiral Magnus von Levetzow, wurden dann aber festgenommen - genau wie Gustav Garbe im Gewerkschaftshaus.

Sonntag 14. März: In enger Abstimmung mit der Regierung Kapp ließ Konteradmiral Magnus von Levetzow den Polizeipräsidenten Wilhelm Poller und den Oberpräsidenten Heinrich Kürbis verhaften und ernannte Paul Lindemann zum neuen Oberpräsidenten und den ehemaligen Landrat von Löw zum Polizeipräsidenten.[8]


Schiffmaschinenbauschule
Die Karte wird geladen …

Starke Patrouillen durchzogen die Straßen. Die Schiffmaschinenbauschule (heute: Muthesius Kunsthochschule) ließ Konteradmiral Magnus von Levetzow, um von dort aus das gegenüberliegende Polizeipräsidium sowie das Gewerkschaftshaus kontrollieren zu können.[4] Sämtliche Zeitungen wurden verboten - ebenso wie Versammlungen, Plakate, Umzüge und Flugblätter. Bei Zusammenstößen kommt es zu Opfern.[7]

Montag, 15. März: Weiterhin arbeitete niemand. Massive Militärpräsenz in der ganzen Stadt. Die Einheiten zwingen die Leute in ihre Häuser und scheißen zur Warnung in den Straßen. Wieder gibt es 3 Tote. Diesmal ein Soldat, eine Frau und ein Kind.[10]

Die Telefon- und Telegrafen-Verbindungen sind durch den Generalstreik unterbrochen. Nachrichten können sich nur langsam verbreiten. Auch den Putschisten fehlen die Kommunikationsmöglichkeiten.[9]

Dienstag, 16. März: Die Arbeiterschaft organisierte sich immer besser. Zusätzlich distanzierte sich die Führung der Stadtverwaltung immer stärker von den Putschisten. Die Sicherheitswehr, eine Bereitschaftspolizei wollte keine politischen Verhaftungen vornehmen. Auch die Zeitfreiwilligen zweifeln an ihrem Einsatz. Sie hatten sich zu Landesverteidigung gemeldet, sollten jetzt aber auf ihre Landsleute schießen.[11]

Mittwoch, 17. März: Der Putsch in Berlin brach zusammen. Wolfgang Kapp floh ins Exil nach Schweden. Doch die militärische Führung gab noch nicht auf. Reichswehrgruppenkommando 1 informierte Konteradmiral Magnus von Levetzow, dass "Dr. Kapp aus nationalem Gefühl und um der Einheitsfront gegen den Bolschewismus nicht im Wege zu stehen" zurückgetreten sei, und dann heißt es:

"Für uns Soldaten kommt es darauf an, in einheitlicher Front in Verein mit Sicherheitspolizei, Einwohnerwehr und technischer Nothilfe den von den Kommunisten angekündigten Kampf mit aller Aufopferung zum Heile des Vaterlandes zu bestehen."

Auch diesen Befehl setzte er um.

Donnerstag, 18. März: Die Arbeiter stürmten die Schiffmaschinenbauschule und vertreiben die Soldaten. Konteradmiral Magnus von Levetzow aktiviert die Loewenfelder und weitere Einheiten Zeitfreiwilliger in der Wik, die schwer bewaffnet über die Feldstraße und die Holtenauerstraße Richtung Dreiecksplatz marschierten und das Gewerkschaftshaus besetzen sollten.[12]

Arbeiterwehren gemeinsam mit der Sicherheitswehr stellten sich auf die Abwehr ein. Auf der Holtenauerstraße am Schauspielhaus und am Kleinen Kiel kommt es zu Schusswechseln. Der Arbeiterschaft gelang es, die Freikorps zurückzudrängen. Obwohl die wiederhergestellte demokratische Regierung in Berlin Konteradmiral Magnus von Levetzow abgesetzt hatte, gehen die Kämpfe weiter. Allerdings werden Gustav Garbe, Gustav Radbruch und Hermann Heller freigelassen. Das Militär bittet um einen Waffenstillstand.

Bei den Kämpfen gab es 53 tote Zivilisten, 27 Tote bei den Militärs und 180 Verwundete. Man sprach von Kiels "blutigem Donnerstag".

Freitag 19. März: Am Morgen lässt Konteradmiral Magnus von Levetzow Gustav Garbe, inzwischen zum Zivilgouverneur ernannt, erneut verhaften. Allerdings verweigten im jetzt ein Teil der Soldaten die Gefolgschaft. Nur zusammen mit den Loewenfeldern zog er zu den Kasernen in der Wik. Dort bereiteten sie sich auf einen Angriff der Arbeiterwehren vor, während Konteradmiral Magnus von Levetzow eine Reise nach Berlin antrat, vermutlich um den Putsch dort zu unterstützen. Ein Posten aber in Lütjenburg erkannte und verhaftete ihn.

Die restlichen Loewenfelder in den Wiker Kasernen brechen mit schwerem Beschuss nach Norden aus. Der Friedrichsorter Arbeiterwehr gelingt es nicht zu verhindern, dass sie über die Holtenauer Hochbrücke marschieren.[13]

Freitag, 20. März: Die restlichen Zeitfreiwilligen setzen sich unter Beschuss über die Levensauer Hochbrücke ab und vereinen sich bei Nortorf mit den Loewenfeldern.[14] Der Journalist Axel Eggebrecht, der zu den Zeitfreiwilligen gehörte berichtete vom Auftreten der Loewenfelder in Nortorf:

"Ich erlebte, wie diese Baltikumkämpfer einem armen kleinen jüdischen Schneidermeister das Geschäft ausräumten, ihn verprügelten, die Waren auf die Strasse warfen, der Mann schrie um Hilfe."[15]

Axel Eggebrecht setzte sich für ihn ein und erreichte, dass die Soldateska von ihm abließ.[16] Erfolglos versuchte Gustav Radbruch die studentischen Zeitfreiwilligen von der Rückkehr nach Kiel zu überzeugen.[17]

Die zivilen Todenopfer des Kapp-Lüttwitz-Putsch wurden am 24. März unter dem Geleit von rund 15 000 Bürgern auf dem Friedhof Eichhof und dem Nordfriedhof beigesetzt. Die Trauerrede hielt Gustav Radbruch. In seinen Erinnerungen schrieb er: "Durch meine Haltung im Kapp-Putsch wurde ich fest mit der Kieler Arbeiterschaft verbunden, fester wohl als sonst Akademiker."[17]

Grabstein für Wilfried von Loewenfeld, 1968-2019 Ehrengrab der Landeshauptstadt Kiel

Auf dem Nordfriedhof erinnert immer noch ein Gedenkstein an Wilfried von Loewenfeld und seine gefallenen Putschisten. Bis zu einem Artikel in der "taz"[18] und einem darauf folgenden Ratsbeschluss[19] handelte es sich dabei sogar um ein "Ehrengrab", das sonst nur "Opfern von Kriegen und politischer Wirren sowie Persönlichkeiten, die sich um die Allgemeinheit verdient gemacht haben" bekommen.

Schleswig

Schleswig war die Hauptstadt der Provinz Schleswig-Holstein und Sitz des Oberpräsidenten Heinrich Kürbis. Den setzte Konteradmiral Magnus von Levetzow am 14. März ab und ernannte den ehemaligen Kieler Bürgermeister Paul Lindemann zum neuen Oberpräsidenten.

Auch in Schleswig kam es zu Gefechten zwischen rechtsgerichteten Soldaten der Garnison im Schloss Gottorf, die den Putsch unterstützten, und bewaffneten republiktreuen Anhängern der Schleswiger Arbeiterparteien. Dabei starben mehrere Soldaten und der Lederarbeiter Fabian. Hermann Clausen und 'Jack' Meitmann waren maßgeblich an der Niederschlagung des Kapp-Putsches beteiligt.

Eckernförde

In Eckernförde ahnte die Arbeiterbewegung, dass sich etwas anbahnt. In verschiedenen Orten in der Umgebung formierten sich Einwohnerwehren unter der Führung ehemaliger Offiziere und es wurden auf mehreren Gütern (Hemmelsmark, Warleberg, Königsförde und Ludwigsburg) Waffen gefunden.[3]

In der Nacht vom 14. auf den 15. März marschierten auch in Eckernförde ehemalige Soldaten unter Leitung des Gutsbesitzers Kellinghusen (Gut Eschelsmark) ein und besetzten Post, Bahnhof, das Kreiskrankenhaus, das Lehrerseminar und das Landratsamt. Bewaffnet hatten sich das Freikorps Kellinghusen in der Garnison in Schleswig. Bürgermeister Dr. Albers und Landrat Freiherr von Schröder kooperierten mit den Putschisten. So fordert Dr. Albers sie auf, auch das Rathaus zu besetzen und Landrat Freiherr von Schröder kümmert sich um die Zensur der Eckernförder Zeitung.[2]

Den Gewerkschaftssekretär Jürgen Jürgensen verhaften die Putschisten. Der USPD-Vorsitzende Richard Vosgerau entkommt seiner Verhaftung knapp. Im Gewerkschaftshaus bereitete die Arbeiterschaft den Widerstand vor. Sie enteignen die Autos der Gräfin von Reventlou und des Holzhändlers Timm. Bei Bauern und Jägern leihen sie sich Waffen[3] (Gegen Quittung!).[2]


Langebrückstraße
Die Karte wird geladen …

Am 16. März schickte Konteradmiral Magnus von Levetzow ein Marineschiff aus Kiel zur Unterstützung der Putschisten in Eckernförde. Militär patrouillierte in den Straßen. Als ein Trupp der Arbeiterwehr die Langebrückstraße herunter läuft, eröffnet das Militär das Feuer. Ein Arbeiter und ein Matrose verwundet.[2]

Am 17. März verhinderten die Streikenden bei der Eckernförder Zeitung, dass die Putschisten ihre Nachrichten verbreiten können. Dafür werden in Borby Flugblätter in großer Menge gegen den Putsch verteilt. Die Putschisten behelfen sich mit einer Info-Tafel neben dem Rathaus.

Die Arbeiterwehr verhaftete den Gutherrn von Hemmelsmark, Heinrich Prinz von Preußen, und setzt ihn im Gewerkschaftshaus fest. Auf seinem Gut war der Generalstreik nicht befolgt worden - im Gegensatz zu den Landarbeitern auf den anderen Gütern der Umgebung.[3]

Bewaffnete Arbeiter umstellten das besetzte Kreiskrankenhaus und das Lehrerseminar und lieferten sich Schusswechsel mit den Putschisten in den Gebäuden. Landrat Freiherr von Schröder forderte in dieser Situation Verstärkung aus Schleswig an. In einem Flugblatt fordert die Arbeiter auf, von den Waffen abzulassen.[2]

Da die Arbeiterschaft ohnehin nicht auf Kampf aus ist, beschließen sie erst einmal die Stärke der Putschisten auszukundschaften. Sie schicken Arbeiter in Arbeitskleidung zum Landratsamt, die unter einem Vorwand eingelassen werden. Die stellen fest, dass sich dort nicht allzu viele Kämpfer verschanzt haben. Die Arbeiterschaft hatte dagegen bereits 1600 Personen organisiert - in einer Zeit als Eckernförde und Borby zusammen keine 8000 Einwohnerinnen und Einwohner hatte.

Die Arbeiterschaft stellten den Putschisten ein Ultimatum und boten bei Abzug freies Geleit. Zur Untermauerung der Forderung boten die Arbeiter mehrere Maschinengewehre auf, die der Gewerkschafter Fiete Lange auf dem Fahrrad aus Schleswig geholt hatte, wo der Aufstand bereits zusammengebrochen war.

Am 18. März sahen die Putschisten ihre auswegslose Lage ein, akzeptierten ihre Niederlage und zogen am Morgen Richtung Schwansen ab. Die Waffen hinterließen sie der Arbeiterwehr. Jürgen Jürgensen ließen sie frei.

Als die Marinesoldaten der Marine auf ihr Boot abzogen, schaute die Bevölkerung Eckernfördes am Hafen zu. Dann fielen zwei Schüsse am Ufer. Die Marine-Soldaten schossen sofort zurück in die Menge und töteten die Gewerkschafter Franz Langel und Max Allewelt. Das Boot fährt mit Bürgermeister Dr. Albers zurück nach Kiel. Auch Landrat Freiherr von Schröder setzt sich später ab.[2]

19. März: Fiete Lange zog mit einem Trupp Arbeiter südlich von Eckernförde, um die Loewenfelder aufzuhalten, die aus Kiel gen Norden abgezogen waren. Jedoch waren die mittlerweile Richtung Rendsburg/Nortorf abgebogen.[2]

Am 22. März fand eine große Trauerfeier für Franz Langel und Max Allewelt statt.

Restliche Provinz

Auf Sylt stellt sich Andreas Nielsen dem Putsch entgegen.

Lübeck

In Lübeck, das damals noch nicht zu Schleswig-Holstein gehörte, blieb während des Kapp-Lüttwitz-Putsches alles ruhig. Zwar hatte sich der Schweriner Brigadekommandeur der Reichswehr, Generalmajor Paul von Lettow-Vorbeck, gleich am ersten Tag General Walther von Lüttwitz unterstellt und versuchte von Schwerin aus in Lübeck Einfluss zu nehmen. Jedoch: Direkt am 13. März beschloss die Bürgerschaft, sich hinter die demokratische Reichsregierung zu stellen und erklärt die Verordnungen von Generalmajor Paul von Lettow-Vorbeck für nichtig. Auch der Lübecker Volksbote wehrt sich - anders als bspw. der Lübecker Generalanzeiger:

"Der Oberbefehlshaber Lettow-Vorbeck sandte uns Montag durch den hiesigen Garnisonsältesten Major Klug nicht mehr als vier Verordnungen zu, die wir abdrucken sollten. Der Mensch bildet sich wirklich ein, wir würden vor ihm in die Knie sinken und uns selbst den Strick nehmen, der für ihn aufbewahrt ist, um den Hals zu legen."[8]

Man versicherte der Bevölkerung, dass die Verfassung Lübecks nicht bedroht sei.[8] Der Lübecker Volksbote berichtete in dieser Zeit so gut es ging aus den besetzten Städten.

Eutin

In Eutin, das damals noch nicht zu Schleswig-Holstein, sondern zum Fürstentum Lübeck gehörte, hatten Kieler Zeitfreiwillige unter der Führung des Eutiner Deutschnationalen Wilhelm Harders ein Gebäude besetzt, das eine Einwohnerwehr aus Sozialdemokraten und Demokraten am 15. März zurückeroberten und die Putschisten entwaffneten.[8] Am 17. März war die Lage noch immer nicht komplett entspannt. In der Stadt patrouillierte die Einwohnerwehr zusammen mit 30 Soldaten der Reichswehr.[20] Auch am 18. März vermeldet der Lübecker Volksbote noch: "Die deutschnationalen Gutsbesitzer gehen drauf und dran, den Arbeitern die Gleichberechtigung zu nehmen und die alte Gewalt wieder aufzurichten."[21] In drei Dörfern in der Umgebung finden die Arbeiter Waffen wie Maschinengewehre.

Literatur

  • Dähnhart, Dirk/Granier, Gerhard (Hrsg.), Der Kapp-Putsch in Kiel. Eine Dokumentation zum 60. Jahrestag der Märzereignisse von 1920, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Bd. 66. (1980).
  • Klaus Kuhl: Erbitterte Kämpfe im März 1920, Kiel 1980.
  • Rocca, Regina: Der Kapp-Lüttwitz-Putsch in Kiel, in: Demokratische Geschichte, Band 3 (1988)
  • Schartl, Matthias: Landräte und Kapp-Putsch 1920 im nördlichen Schleswig-Holstein, in: Demokratische Geschichte, Band 8 (1993)
  • Schulte, Rolf: Der Kapp-Putsch in Eckernförde, in: Hamer, Kurt/Schunck, Karl-Werner/Schwarz, Rolf (Hrsg.): Vergessen + Verdrängt - Eine andere Heimatgeschichte, Druckhaus Schwensen Eckernförde (1984)

Links

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Siegfried, Detlef: “Ich war immer einer von denen, die kein Blatt vor den Mund nahmen!” Kontinuitäten und Brüche im Leben des Kieler Kommunisten Otto Preßler, in: Demokratischen Geschichte, Band 4 (1989)
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 Schulte, Rolf: Der Kapp-Putsch in Eckernförde, in: Hamer, Kurt/Schunck, Karl-Werner/Schwarz, Rolf (Hrsg.): Vergessen + Verdrängt - Eine andere Heimatgeschichte, Druckhaus Schwensen Eckernförde (1984), Seite 22f
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Schulte, Rolf: Landarbeiter und Großgrundbesitzer in der Weimarer Republik am Beispiel des Altkreises Eckernförde, In: Demokratie Geschichte, Band 1, 1986, S. 186
  4. 4,0 4,1 4,2 Klaus Kuhl: Erbitterte Kämpfe im März 1920, Kiel 1980. Seite 7
  5. Dirk Dähnhardt, Gerhard Granier (Hrsg.): Kapp-Putsch in Kiel. Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Band 66, Kiel 1980, S. 21.
  6. Paetau, Rainer: Konfrontation oder Kooperation. Arbeiterbewegung und bürgerliche Gesellschaft im ländlichen Schleswig-Holstein und in der Industriestadt Kiel zwischen 1900 und 1925 (Neumünster 1988), Seite 233
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 69
  8. 8,0 8,1 8,2 8,3 8,4 Lübecker Volksbote vom 16.03.1920
  9. 9,0 9,1 Lübecker Volksbote vom 15.3.1920
  10. Klaus Kuhl: Erbitterte Kämpfe im März 1920, Kiel 1980. Seite 15
  11. Klaus Kuhl: Erbitterte Kämpfe im März 1920, Kiel 1980. Seite 16
  12. Klaus Kuhl: Erbitterte Kämpfe im März 1920, Kiel 1980. Seite 17
  13. Klaus Kuhl: Erbitterte Kämpfe im März 1920, Kiel 1980. Seite 21f
  14. Klaus Kuhl: Erbitterte Kämpfe im März 1920, Kiel 1980. Seite 22f
  15. Eggebrecht, Axel: Der halbe Weg, Rowohlt, 1981, zitiert nach Klaus Kuhl: Erbitterte Kämpfe im März 1920, Kiel 1980.
  16. Klaus Kuhl: Erbitterte Kämpfe im März 1920, Kiel 1980. Seite 22
  17. 17,0 17,1 Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 70
  18. Geisslinger, Esther: Freikorps-Führer ruht in Ehren, bei: taz.de 10. 1. 2019, abgerufen 11.12.2022
  19. 0327/2019 Ehrengrab Loewenfeld
  20. Lübecker Volksbote vom 17.03.1920
  21. Lübecker Volksbote vom 18.03.1920