Klaus Konrad

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Klaus Konrad
Klaus Konrad
Klaus Konrad
Geboren: 22. Dezember 1914
Gestorben: 15. August 2006

Klaus Konrad, * 22. Dezember 1914 in Charlottenburg (heute Berlin-Charlottenburg), † 15. August 2006 in Scharbeutz; höherer Verwaltungsbeamter, Landtagsabgeordneter. Verheiratet, drei Kinder; evangelisch. Beitritt zur SPD 1949.

Werdegang

Nach dem Abitur an der Oberrealschule studierte Klaus Konrad Rechts- und Staatswissenschaften in Berlin. Er legte 1937 die erste, 1941 die große juristische Staatsprüfung ab und wurde 1942 Regierungsassessor. Mindestens seit 1939 gehörte er der Wehrmacht an und wurde 1943 Oberstabsintendant der Luftwaffe. Im Frühjahr 1945 wurde er verwundet; zu dieser Zeit hatte er den Rang eines Oberleutnants der Reserve und Regimentsadjutanten erreicht.

In seiner Vita für den Landtag erwähnte er nicht, dass er zu den drei Stabsoffizieren des 274. Infanterie-Regiments gehörte, das später für das "Massaker von San Polo" vom 14. Juli 1944 verantwortlich gemacht wurde, die Ermordung von mindestens 54 italienischen Zivilisten in der Toskana.[1][2][3]

Nach der NS-Zeit

Ab 1947 fand Klaus Konrad Beschäftigung als Hilfsarbeiter. Danach wurde er Anwaltsassessor und konnte ab 1949 als Rechtsanwalt, ab 1954 auch als Notar in Eutin tätig sein. 1956 übernahm ihn die Kreisverwaltung Eutin als Kreisverwaltungsrat. Er gehörte zeitweise dem Beirat der Neuen Heimat Kommunal in Hamburg an.

Von 1969 bis 1972 ermittelten deutsche Behörden gegen ihn und sechs andere wegen des Massakers in Italien, erkannten aber auf Totschlag, der nach 20 Jahren verjährt. Er selbst wies immer zurück, an den Erschießungen teilgenommen zu haben; lediglich bei vorangegangenen Folterungen sei er dabeigewesen bzw. habe sie angeordnet.[4]

Seine Karriere wurde durch diese Vorwürfe offenbar nicht behindert, obwohl er laut Danker/Lehmann-Himmel auch Mitglied der NSDAP gewesen ist[5]. Deren Studie stuft ihn unter den fünf möglichen Kategorien als "angepasst ambivalent" ein.[6]

2004 nahm die italienische Militärstaatsanwaltschaft nach einem zufälligen Aktenfund Ermittlungen wegen Mordes gegen Klaus Konrad auf. In einem Fernsehbericht stellte er das Geschehen als militärische Notwendigkeit dar und antwortete auf die Frage, ob er das Geschehen bedaure: "Ja, natürlich, aber erst, seit die Italiener mich am Kanthaken haben."[7] In den Bericht wurde nicht das gesamte Gespräch aufgenommen, so dass es schwierig ist, sich ein Bild vom Denken des damals 89-Jährigen zu machen. Das gesamte Gespräch ist ab dem 4. Mai 2023 einsehbar auf der Seite www.ns-taeter-italien.org.

Im Januar 2006 begann das Verfahren vor einem Militärgericht in La Spezia; der Beschuldigte war auf Grund seines hohen Alters nicht anwesend.[8] Es endete durch seinen Tod wenige Monate später ohne Urteilsspruch.

2006 starb Klaus Konrad mit 91 Jahren in Scharbeutz.

Politik

Nach seinem Parteieintritt 1949 wurde Klaus Konrad 1950 in den Vorstand des Kreisverbandes Eutin gewählt. Von 1956 bis 1970 war er Vorsitzender des Kreisverbandes, wurde 1975 auch zum Vorsitzenden des neu gebildeten Kreisverbandes Ostholstein gewählt. Ab 1961 gehörte er der Revisionskommission des Landesverbandes[9] an, ab 1968 als Vorsitzender.

Er war Delegierter auf dem außerordentlichen Parteitag der SPD vom 13. - 15. November 1959 in Bad Godesberg, auf dem das Godesberger Programm beschlossen wurde.[10]

In der Kommunalwahl 1951 wurde er zum Stadtvertreter in Eutin (bis zur Kommunalwahl 1959) und Mitglied des Kreistages (bis zum Eintritt in die Kreisverwaltung 1956) gewählt.

Im Februar 2006 beschloss der Landesvorstand auf Grund der Tatsache, dass ihm in Italien der Prozess gemacht wurde, seine Mitgliedschaft ab sofort ruhen zu lassen.[11]

Landtag / Bundestag

Am 1. Mai 1962 rückte Klaus Konrad für Julius Bredenbeck in den Landtag nach. In den Landtagswahlen von 1962 und 1967 zog er jeweils über die Liste in den Landtag ein. Dort war er aktiv in den Ausschüssen für Arbeit und Aufbau, für Heimatvertriebene und für Volksgesundheit, im Innen-, Volksbildungs-, Justiz- und Landeswahlausschuss, war stellvertretender Vorsitzender des Untersuchungsausschusses "Situation im Polizeiwesen" und Vorsitzender des Ausschusses für Verfassung und Geschäftsordnung.

Die Landtagsstudie geht auf Klaus Konrads Rolle und Verhalten im Untersuchungsausschuss "Situation im Polizeiwesen" ausführlich ein und fragt an einer Stelle, wo er auf der Pflicht zur Offenlegung bzw. Ermittlung von im Dienst der NS-Diktatur begangenen Verbrechen besteht: "Was mag ihm selbst an diesem Punkt durch den Kopf gegangen sein?"[12]

Am 31. Oktober 1969 schied er aus dem Landtag aus, um sein Bundestagsmandat anzutreten, das er über die Liste erhielt. In der Bundestagswahl 1972 wurde er für den Wahlkreis 8 (Segeberg-Eutin) direkt gewählt, 1976 wieder über die Liste. Zur Bundestagswahl 1980 trat er nicht wieder an. Zum Abschied gratulierte das Mitgliedermagazin "Wir" zum Geburstags:

"Klaus Konrad, MdB, der am 22. Dezember stolze 65 Jahre jung wurde. Wir hoffen, daß er auch nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag der SPD noch lange mit Rat und Tat zur Seite steht."[13]

Ehrungen

Klaus Konrad war Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse.[14]

Literatur & Links

Einzelnachweise

  1. Erst Kriegsverbrecher, dann Bundestagsabgeordneter – die blutige Nazi-Vergangenheit des SPD-Politikers Klaus Konrad, KONTRASTE, 28.10.2004
  2. „Massaker von San Polo“ vor Aufklärung, DIE WELT, 23.03.2006
  3. Ex-Abgeordneter Klaus Konrad gestorben, DIE WELT, 17.8.2006
  4. Vgl. Danker/Lehmann-Himmel, S. 129 f.
  5. Danker/Lehmann-Himmel, S. 108
  6. Vgl. Danker/Lehmann-Himmel, S. 173. Die fünf Kategorien lauten "exponiert nationalsozialistisch", "systemtragend-karrieristisch", "ns-sozialisiert", "angepasst ambivalent" und "oppositionell 'gemeinschaftsfremd'".
  7. Erst Kriegsverbrecher, dann Bundestagsabgeordneter – die blutige Nazi-Vergangenheit des SPD-Politikers Klaus Konrad, KONTRASTE, 28.10.2004
  8. Ex-Abgeordneter Klaus Konrad gestorben, DIE WELT, 17.8.2006
  9. Personalien, in: Wir in Schleswig-Holstein, 9/1975, Seite 5
  10. Protokoll des außerordentlichen Parteitags in Bad Godesberg 13.-15. November 1959, herausgegeben vom Vorstand der SPD Deutschlands, S. 619
  11. Ex-Abgeordneter Klaus Konrad gestorben, DIE WELT, 17.8.2006
  12. Danker/Lehmann-Himmel, S. 373 ff.
  13. Landesausschuß - Frischer Wind und neuer Vorsitzender. in: Wir, 6/1 79/80, Januar 1980, Wir-Verlag, Kiel Seite 3
  14. Ex-Abgeordneter Klaus Konrad gestorben, DIE WELT, 17.8.2006