Ortsverein Neustadt: Unterschied zwischen den Versionen

Aus SPD Geschichtswerkstatt
← Zum vorherigen Versionsunterschied
VisuellWikitext
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Markierung: 2017-Quelltext-Bearbeitung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Markierung: 2017-Quelltext-Bearbeitung
 
Zeile 31: Zeile 31:


== Kommunalpolitik ==
== Kommunalpolitik ==
Die [[Kommunalwahl 2023]] warf die SPD - vor allem durch das gute Abschneiden der örtlichen Wählergemeinschaft - auf den vierten Platz zurück; sie erhielt 6 von 35 Sitzen und wurde vertreten von [[Margit Giszas]] (Fraktionsvorsitz), [[Günter Hoppert]], [[Erika Kroß]], [[Beatrix Spiegel]], [[Robert Thiele]] und [[Jonas Weide]].<ref name=":1">Der Landeswahlleiter: [https://www.wahlen-sh.de/grw/gemeindewahlen_gemeinde_010550032032.html Gemeindewahlen 14. Mai 2023, Neustadt. Amtliches Endergebnis]</ref>
Die [[Kommunalwahl 2023]] warf die SPD - vor allem durch das gute Abschneiden der örtlichen Wählergemeinschaft - auf den vierten Platz zurück; sie erhielt 17,6 % - 6 von 35 Sitzen - und wurde vertreten von [[Margit Giszas]] (Fraktionsvorsitz), [[Günter Hoppert]], [[Erika Kroß]], [[Beatrix Spiegel]], [[Robert Thiele]] und [[Jonas Weide]].<ref name=":1">Der Landeswahlleiter: [https://www.wahlen-sh.de/grw/gemeindewahlen_gemeinde_010550032032.html Gemeindewahlen 14. Mai 2023, Neustadt. Amtliches Endergebnis]</ref>


Nach der [[Kommunalwahl 2018]] lag die SPD an zweiter Stelle.<ref name=":1" />
Nach der [[Kommunalwahl 2018]] lag die SPD mit 22,0 % an zweiter Stelle.<ref name=":1" />


In der [[Kommunalwahl 2008]] erreichte die SPD 7 von 27 Sitzen der Stadtverordnetenversammlung und lag damit an dritter Stelle. Sie wurde vertreten von [[Margit Giszas]] (Fraktionsvorsitz), [[Hermann Benker]], [[Norbert Kahl]], [[Daniel Rohmeyer]] (Vorsitz Umwelt- und Verkehrsausschuss), [[Beatrix Spiegel]] (Vorsitz Ausschuss für gesellschaftliche Angelegenheiten), [[Volker Weber]] und [[Erwin Wichelmann]].<ref>''[https://docplayer.org/43552164-Soenke-sela-neuer-buergervorsteher.html Mehr Bürgernähe suchen - konstituierende Stadtverordnetenversammlung]'', ''der reporter. Das Familienwochenblatt'', 25.6.2008, S. 22</ref>
In der [[Kommunalwahl 2008]] erreichte die SPD 7 von 27 Sitzen der Stadtverordnetenversammlung und lag damit an dritter Stelle. Sie wurde vertreten von [[Margit Giszas]] (Fraktionsvorsitz), [[Hermann Benker]], [[Norbert Kahl]], [[Daniel Rohmeyer]] (Vorsitz Umwelt- und Verkehrsausschuss), [[Beatrix Spiegel]] (Vorsitz Ausschuss für gesellschaftliche Angelegenheiten), [[Volker Weber]] und [[Erwin Wichelmann]].<ref>''[https://docplayer.org/43552164-Soenke-sela-neuer-buergervorsteher.html Mehr Bürgernähe suchen - konstituierende Stadtverordnetenversammlung]'', ''der reporter. Das Familienwochenblatt'', 25.6.2008, S. 22</ref>
Zeile 43: Zeile 43:


== Geschichte ==
== Geschichte ==
Herausragende Mitglieder des Ortsvereins waren [[August Valendieck]] (* [[12. April]] [[1877]] in Ahrensbök, † [[22. September]] [[1958]] in Neustadt), während der Weimarer Republik Stadtrat, später Ehrenbürger, und [[August Schönberg]] (* [[1. September]] [[1902]] in Neustadt?, † [[17. November]] [[1987]] in Neustadt), der ab [[1920]] in der SPD aktiv war, in der NS-Diktatur Unterlagen versteckte und danach wieder kommunalpolitisch aktiv wurde.<ref>SPD Neustadt: ''[https://www.spd-neustadtinholstein.de/chronik/ Chronik des Ortsvereins]'', abgerufen 15.2.2025.</ref>
Auch die [[Cap Arcona|CAP ARCONA]]-Katastrophe gehört zur Geschichte des Ortsvereins. Am [[3. Mai]] [[1945]], kurz vor Ende des 2. Weltkrieges, wurden die Schiffe [[Cap Arcona|CAP ARCONA]] und THIELBEK, die besetzt mit KZ-Häftlingen in der Lübecker Bucht lagen, von der britischen Luftwaffe bombardiert. Hunderte Häftlinge starben; zu den Überlebenden gehörte [[Willi Neurath]], der danach einige Jahre in Neustadt lebte und sich im Ortsverein engagierte. Er war beteiligt an der Errichtung des Gedenkortes für die Opfer in Neustadt.
Auch die [[Cap Arcona|CAP ARCONA]]-Katastrophe gehört zur Geschichte des Ortsvereins. Am [[3. Mai]] [[1945]], kurz vor Ende des 2. Weltkrieges, wurden die Schiffe [[Cap Arcona|CAP ARCONA]] und THIELBEK, die besetzt mit KZ-Häftlingen in der Lübecker Bucht lagen, von der britischen Luftwaffe bombardiert. Hunderte Häftlinge starben; zu den Überlebenden gehörte [[Willi Neurath]], der danach einige Jahre in Neustadt lebte und sich im Ortsverein engagierte. Er war beteiligt an der Errichtung des Gedenkortes für die Opfer in Neustadt.


Während der NS-Herrschaft wurden auch in Neustadt Mitglieder der SPD verhaftet. Im Rahmen der [[Aktion Gewitter]] traf es den Arbeiter [[Karl Baade]], Jg. [[1890]], ehemaliges Mitglied im Kreistag Oldenburg/Ostholstein<ref>Brandt, Hans-Heinz: ''60 Jahre SPD Neustadt-Land'', Teil IV (Neustadt 1980), S. 5</ref>, und [[Berta Friedrichsen]]<ref>SPD-Ortsverein Neustadt: ''1903-2002. 100 Jahre SPD Neustadt in Holstein'' (Neustadt 2003), S. ?</ref>.
Während der NS-Herrschaft wurden auch in Neustadt Mitglieder der SPD verhaftet. Im Rahmen der [[Aktion Gewitter]] traf es den Arbeiter [[Karl Baade]], Jg. [[1890]], ehemaliges Mitglied im Kreistag Oldenburg/Ostholstein<ref>Brandt, Hans-Heinz: ''60 Jahre SPD Neustadt-Land'', Teil IV (Neustadt 1980), S. 5</ref>, und [[Berta Friedrichsen]]<ref>SPD-Ortsverein Neustadt: ''1903-2002. 100 Jahre SPD Neustadt in Holstein'' (Neustadt 2003), S. ?</ref>.


Herausragende Mitglieder des Ortsvereins waren [[August Valendieck]] (* [[12. April]] [[1877]] in Ahrensbök, † [[22. September]] [[1958]] in Neustadt), während der Weimarer Republik Stadtrat, später Ehrenbürger, und [[August Schönberg]] (* [[1. September]] [[1902]] in Neustadt?, † [[17. November]] [[1987]] in Neustadt), der ab [[1920]] in der SPD aktiv war, in der NS-Diktatur Unterlagen versteckte und danach wieder kommunalpolitisch aktiv wurde.<ref>SPD Neustadt: ''[https://www.spd-neustadtinholstein.de/chronik/ Chronik des Ortsvereins]'', abgerufen 15.2.2025.</ref>
Am [[14. Juni]] [[1910]]<ref>Oder am 12. Juni; die Neustädter Chronik enthält verschiedene Angaben.</ref> besuchte die Fabrikarbeiter-Gewerkschaft aus Lübeck die Genoss*innen in Neustadt. Man ließ sich den Genuss nicht durch bürokratische Kleinlichkeiten des Landrats verderben:
 
Am [[14. Juni]] [[1910]]<ref>Oder am 12. Juni; die Neustädter Chronik enthält verschiedene Angaben.</ref> besuchte die Fabrikarbeiter-Gewerkschaft aus Lübeck die Genoss*innen in Neustadt. Man ließ sich den Genuss nicht durch bürokratische Kleinlichkeiten des Landrats verderben.
<blockquote>"Ein willkommener Besuch traf hier gestern mittag per Dampfer für die organisierte Arbeiterschaft Neustadts ein. Die Zahlstelle des Fabrikarbeiter-Verbandes Lübeck, die uns schon im vorigen Sommer mit 150-160 Personen besuchte, kam in diesem Jahre mit 300 Personen an. Die Mitglieder der hiesigen Zahlstelle sowie eine Anzahl Parteigenossen nahmen ihre lieben Gäste in Empfang; aber auch eine große Anzahl Einwohner aller Stände hatten sich eingefunden, so daß ein sehr reges Leben am Hafen und auf der Brücke herrschte.
<blockquote>"Ein willkommener Besuch traf hier gestern mittag per Dampfer für die organisierte Arbeiterschaft Neustadts ein. Die Zahlstelle des Fabrikarbeiter-Verbandes Lübeck, die uns schon im vorigen Sommer mit 150-160 Personen besuchte, kam in diesem Jahre mit 300 Personen an. Die Mitglieder der hiesigen Zahlstelle sowie eine Anzahl Parteigenossen nahmen ihre lieben Gäste in Empfang; aber auch eine große Anzahl Einwohner aller Stände hatten sich eingefunden, so daß ein sehr reges Leben am Hafen und auf der Brücke herrschte.


Zeile 77: Zeile 77:
Offenbar gab es in Neustadt schon [[1875]] eine Organisation der [[SAPD]]. Zum „Agenten des Vorstands“ wurde [[H. Paasch]] ernannt<ref>''Der Volksstaat'', 30.6.1875</ref>, dann [[W. Stricker]]<ref>''Neuer Social-Demokrat'', 10.10.1875</ref> und schließlich [[Johann Heinrich Haß]]<ref>''Neuer Social-Demokrat'', 24.12.1875</ref> - ob sie gemeinsam agierten oder durch Ausfall eines Agenten jeweils ein neuer berufen werden musste, ist noch nicht ermittelt.
Offenbar gab es in Neustadt schon [[1875]] eine Organisation der [[SAPD]]. Zum „Agenten des Vorstands“ wurde [[H. Paasch]] ernannt<ref>''Der Volksstaat'', 30.6.1875</ref>, dann [[W. Stricker]]<ref>''Neuer Social-Demokrat'', 10.10.1875</ref> und schließlich [[Johann Heinrich Haß]]<ref>''Neuer Social-Demokrat'', 24.12.1875</ref> - ob sie gemeinsam agierten oder durch Ausfall eines Agenten jeweils ein neuer berufen werden musste, ist noch nicht ermittelt.


Am [[27. August]] [[1875]] sprach [[Ignaz Auer]], Sekretär des Parteiausschusses in Hamburg, in einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem Reichstagsabgeordneten [[Otto Reimer]] in Neustadt. Er erläuterte das Programm und die Organisation der neu gegründeten [[Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands|SAP]].<ref name=":0" />
Am [[27. August]] [[1875]] sprach [[Ignaz Auer]], Sekretär des Parteiausschusses in Hamburg, in einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem Reichstagsabgeordneten [[Otto Reimer]] in Neustadt. Er erläuterte das Programm und die Organisation der neu gegründeten [[Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands|SAPD]].<ref name=":0" />


Im selben Jahr gründete sich auch der [[Arbeitergesangverein|Arbeitergesangverein Euphonia]]. Sein Traditionsbanner versteckte [[Wilhelm Paulsen]], der nach der NS-Herrschaft Stadtverordneter war, [[1933]] vor der SA. [[1959]] wurde es auf einem Dachboden wiedergefunden, ging jedoch wieder verloren. Lediglich in einem Zeitungsfoto ist es dokumentiert.<ref>SPD Neustadt: ''[https://www.spd-neustadtinholstein.de/index.php?mod=content&page_id=1437 Gesangsverein Euphonia]'', abgerufen 15.2.2025</ref>
Im selben Jahr gründete sich auch der [[Arbeitergesangverein|Arbeitergesangverein Euphonia]]. Sein Traditionsbanner versteckte [[Wilhelm Paulsen]], der nach der NS-Herrschaft Stadtverordneter war, [[1933]] vor der SA. [[1959]] wurde es auf einem Dachboden wiedergefunden, ging jedoch wieder verloren. Lediglich in einem Zeitungsfoto ist es dokumentiert.<ref>SPD Neustadt: ''[https://www.spd-neustadtinholstein.de/index.php?mod=content&page_id=1437 Gesangsverein Euphonia]'', abgerufen 15.2.2025</ref>

Aktuelle Version vom 21. Dezember 2025, 05:55 Uhr

Ortsverein Neustadt
Ortsverein Neustadt
SPD Neustadt in Holstein
Gegründet: 1903 als Arbeiter Verein Vorwärts
Wiedergegründet: 1945
Vorsitzende/r: Robert Thiele
Homepage: https://www.spd-neustadtinholstein.de/

Der Ortsverein Neustadt ist eine Gliederung im Kreisverband Ostholstein. Er wurde am 25. Januar 1903 gegründet. Als Gründerin gilt dem Ortsverein Luise Zietz.

Im Oktober 2023 wurden Norbert Kahl und Volker Weber für ihr langjähriges kommunales Engagement mit der Schleswig-Holstein-Medaille ausgezeichnet.

"Nach 45 Jahren beziehungsweise 42 Jahren kommunalpolitischen Engagements für Neustadt wurden Norbert Kahl und Volker Weber in der vergangenen Woche in einem feierlichen Rahmen mit der Verdienstmedaille der SPD Schleswig-Holstein (Schleswig-Holstein-Medaille) ausgezeichnet. Es ist die höchste Auszeichnung des SPD-Landesverbandes für Mitglieder, die sich um die Verwirklichung der sozialdemokratischen Werte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität verdient gemacht haben. Norbert Kahl war von 1978 bis Mai 2023 Stadtverordneter. Zwischen 1990 und 1994 war er Stadtrat, danach von 1994 bis 1998 Zweiter Stadtrat und fungierte zudem als Vorsitzender zahlreicher Ausschüsse. Volker Weber war von 1982 bis Mai 2023 Stadtverordneter. Von 2013 bis Mai 2023 bekleidete er das Amt des Zweiten stellvertretenden Bürgermeister und von 1994 bis 2003 das Amt des Bürgervorstehers. Zusätzlich hatte er den Vorsitz zahlreicher Ausschüsse inne und war aktiv unter anderem von 1986 bis 1994 als Erster Stadtrat und von 2003 bis 2008 als Zweiter Stadtrat."[1]

Vorsitz

Kommunalpolitik

Die Kommunalwahl 2023 warf die SPD - vor allem durch das gute Abschneiden der örtlichen Wählergemeinschaft - auf den vierten Platz zurück; sie erhielt 17,6 % - 6 von 35 Sitzen - und wurde vertreten von Margit Giszas (Fraktionsvorsitz), Günter Hoppert, Erika Kroß, Beatrix Spiegel, Robert Thiele und Jonas Weide.[3]

Nach der Kommunalwahl 2018 lag die SPD mit 22,0 % an zweiter Stelle.[3]

In der Kommunalwahl 2008 erreichte die SPD 7 von 27 Sitzen der Stadtverordnetenversammlung und lag damit an dritter Stelle. Sie wurde vertreten von Margit Giszas (Fraktionsvorsitz), Hermann Benker, Norbert Kahl, Daniel Rohmeyer (Vorsitz Umwelt- und Verkehrsausschuss), Beatrix Spiegel (Vorsitz Ausschuss für gesellschaftliche Angelegenheiten), Volker Weber und Erwin Wichelmann.[4]

1994 wurde Volker Weber als erster Sozialdemokrat zum Bürgervorsteher gewählt.[5]

Bürgermeister*innen

Vom 1. Oktober 2012 bis 30. September 2018 war Tordis Batscheider Bürgermeisterin der Stadt.

Geschichte

Herausragende Mitglieder des Ortsvereins waren August Valendieck (* 12. April 1877 in Ahrensbök, † 22. September 1958 in Neustadt), während der Weimarer Republik Stadtrat, später Ehrenbürger, und August Schönberg (* 1. September 1902 in Neustadt?, † 17. November 1987 in Neustadt), der ab 1920 in der SPD aktiv war, in der NS-Diktatur Unterlagen versteckte und danach wieder kommunalpolitisch aktiv wurde.[6]

Auch die CAP ARCONA-Katastrophe gehört zur Geschichte des Ortsvereins. Am 3. Mai 1945, kurz vor Ende des 2. Weltkrieges, wurden die Schiffe CAP ARCONA und THIELBEK, die besetzt mit KZ-Häftlingen in der Lübecker Bucht lagen, von der britischen Luftwaffe bombardiert. Hunderte Häftlinge starben; zu den Überlebenden gehörte Willi Neurath, der danach einige Jahre in Neustadt lebte und sich im Ortsverein engagierte. Er war beteiligt an der Errichtung des Gedenkortes für die Opfer in Neustadt.

Während der NS-Herrschaft wurden auch in Neustadt Mitglieder der SPD verhaftet. Im Rahmen der Aktion Gewitter traf es den Arbeiter Karl Baade, Jg. 1890, ehemaliges Mitglied im Kreistag Oldenburg/Ostholstein[7], und Berta Friedrichsen[8].

Am 14. Juni 1910[9] besuchte die Fabrikarbeiter-Gewerkschaft aus Lübeck die Genoss*innen in Neustadt. Man ließ sich den Genuss nicht durch bürokratische Kleinlichkeiten des Landrats verderben:

"Ein willkommener Besuch traf hier gestern mittag per Dampfer für die organisierte Arbeiterschaft Neustadts ein. Die Zahlstelle des Fabrikarbeiter-Verbandes Lübeck, die uns schon im vorigen Sommer mit 150-160 Personen besuchte, kam in diesem Jahre mit 300 Personen an. Die Mitglieder der hiesigen Zahlstelle sowie eine Anzahl Parteigenossen nahmen ihre lieben Gäste in Empfang; aber auch eine große Anzahl Einwohner aller Stände hatten sich eingefunden, so daß ein sehr reges Leben am Hafen und auf der Brücke herrschte.

Mit ihrer eigenen Musikkapelle von 10 Mann an der Spitze stellten unsere Lübecker Freunde sich am Hafen auf, und unter den Klängen des Sozialistenmarsches ging es dann die Brückstraße entlang dem „Kolosseum“ zu. Hier wurde mit reichlich 100 Personen zu Mittag gespeist. Dann zerstreuten sich unsere Freunde nach allen Himmelsrichtungen und besichtigten die Stadt und deren Umgegend.

Im „Kolosseum“ hielt später der Vorsitzende der Lübecker Zahlstelle, Genosse Radden, eine kleine Ansprache, in der er scharf mit der Handlungsweise des Landrats in Cismar zu Gericht ging, der es ihnen verboten hatte, ihre Fahne dem Zuge voran durch die Straßen zu tragen, 'weil sie', wie der Herr Landrat Springer schrieb, 'nach Ihren eigenen Angaben auf beiden Seiten rot ist.'(!)

Dann ging es wieder mit voller Musik nach dem Hafen, wo schon ein ganzer Teil Neugierige wartete. Bald darauf verließ denn auch der „Condor“ wieder mit einer vollen Ladung Arbeitsbienen unseren Hafen. Obgleich der Sozialistenmarsch zweimal in den Straßen Neustadts erklungen ist und der Boden von so vielen Roten gestampft wurde, steht unser Städtlein heute doch noch auf demselben Fleck, und der Herr Landrat kann ganz beruhigt sein. Wenn auch die Fahne vorangetragen worden wäre, so hätte es trotzdem noch gestanden!"[10]

Am 10. Oktober 1908 sprach Luise Zietz zum zweiten Mal in Neustadt, vor 200 Personen.

"Rednerin verstand es ausgezeichnet, den Anwesenden in großen Zügen auseinanderzusetzen, wie sehr den Arbeitern und insbesondere den Arbeiterinnen, im heutigen Klassenstaat ihre Rechte beschnitten sind. Bei sämtlichen Wahlen: Reichstags-, Landtags- und Kommunalwahlen habe der Geldsack die Oberhand. Nur durch Selbsthilfe können die Arbeiter ihre wirtschaftliche und politische Lage verbessern."[11]

Am 23. Juli 1905 war Neustadt Tagungsort der Jahreskonferenz der Sozialdemokratischen Partei des 9. Schleswig-Holsteinischen Reichstagswahlkreises. Parteisekretär E. Saalfeld nahm für die Agitationskommission teil, Daniel Rindfleisch für die Schleswig-Holsteinische Volkszeitung, und der Reichstagskandidat Paul Weinheber (Hamburg) sollte ein Referat zum Thema Die gegenwärtige politische und wirtschaftliche Lage halten. Das wurde allerdings abgesetzt, weil die Konferenz lange über interne Probleme diskutierte - dass sich die SPD etwa in Heiligenhafen ohne Grund nicht an der Kommunalwahl beteiligt habe und viele Mitglieder nicht den Mindestbeitrag bezahlten. Ab 19 Uhr wurde die Konferenz zur Volksversammlung geöffnet und Paul Weinheber referierte doch noch, allerdings über Der Umsturz von oben. Eigentlich hatte die Konferenz in Grömitz stattfinden sollen, wurde dort aber verboten.[12]

Gründung

Gründungsdatum des Ortsvereins war der 25. Januar 1903. Zur Vorbereitung wurde am 12. Januar eine Volksversammlung einberufen, auf der Luise Zietz sprach.

"Die Sozialdemokraten scheinen unsern [9.] Reichstagswahlkreis bei der nächsten Reichstagswahl wieder erobern zu wollen. Sie haben die Agitation in einem Umfange und mit einem Eifer bereits begonnen, der auf ernste Absichten schließen lässt. Gestern war im hiesigen „Colosseum“ wieder eine Volksversammlung, in welcher diesmal eine Dame als Rednerin auftrat, und zwar mit vielem Geschick und wohl auch nicht ohne Erfolg. Außer Besprechungen über die Reichstagswahl galt es der Gründung eines Arbeitervereins in Neustadt usw. Die Rednerin ist ja nicht unbekannt, es war Frau Zietz Hamburg. Anwesend waren ca. 350 Personen beiderlei Geschlechts."[13]

Aufgrund dieses Zusammenhangs galt sie der Neustädter SPD als Gründerin; präziser wäre ihre Rolle vielleicht mit "Gründungspatin" beschrieben.

Vorgeschichte

Zur Reichstagswahl 1887 – zur Zeit des Sozialistengesetzes – kandidierte Wilhelm Hasenclever im Reichstagswahlkreis 9 (Oldenburg in Holstein, Plön). Er führte im Februar 1887 mit alten Neustädter Sozialdemokraten Gespräche, um eine bessere und schlagkräftigere Organisationsgrundlage zu schaffen.[14] In der Wahl konnte er sich nicht durchsetzen.

1877 war möglicherweise H. Struck der Kassierer der örtlichen Genossen, denn dieser zahlte für den Ortsverein das Geld an den Agitationsfonds der Partei.[15]

In einer Volksversammlung in Neustadt am 15. Februar 1876 sprach Wilhelm Liebknecht. Er wurde wegen seiner Äußerungen zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt, die Anklage lautete auf "Beleidigung der Mitglieder der bewaffneten Macht in Beziehung auf ihren Beruf".[14]

Offenbar gab es in Neustadt schon 1875 eine Organisation der SAPD. Zum „Agenten des Vorstands“ wurde H. Paasch ernannt[16], dann W. Stricker[17] und schließlich Johann Heinrich Haß[18] - ob sie gemeinsam agierten oder durch Ausfall eines Agenten jeweils ein neuer berufen werden musste, ist noch nicht ermittelt.

Am 27. August 1875 sprach Ignaz Auer, Sekretär des Parteiausschusses in Hamburg, in einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem Reichstagsabgeordneten Otto Reimer in Neustadt. Er erläuterte das Programm und die Organisation der neu gegründeten SAPD.[14]

Im selben Jahr gründete sich auch der Arbeitergesangverein Euphonia. Sein Traditionsbanner versteckte Wilhelm Paulsen, der nach der NS-Herrschaft Stadtverordneter war, 1933 vor der SA. 1959 wurde es auf einem Dachboden wiedergefunden, ging jedoch wieder verloren. Lediglich in einem Zeitungsfoto ist es dokumentiert.[19]

Ende 1872 bereisten sozialdemokratische Wanderredner den ostholsteinischen Güterdistrikt. Angekündigt wurden sie mit dem Thema Die Überschwemmung der Ostseeküste - gesprochen wurde über Politik. In Neustadt gab es deswegen Ärger. Trotzdem hatten sie Erfolg.[20]

Literatur & Links

Einzelnachweise

  1. ↑ Henke, Marlies: Schleswig-Holstein-Medaille für Norbert Kahl und Volker Weber, der reporter - Das Familienwochenblatt, 2.10.2023
  2. ↑ SPD Neustadt: SPD Neustadt mit neuer Mannschaft, Homepage, 26.6.2019, abgerufen 15.2.2025
  3. ↑ 3,0 3,1 Der Landeswahlleiter: Gemeindewahlen 14. Mai 2023, Neustadt. Amtliches Endergebnis
  4. ↑ Mehr Bürgernähe suchen - konstituierende Stadtverordnetenversammlung, der reporter. Das Familienwochenblatt, 25.6.2008, S. 22
  5. ↑ Bewegende Momente aus 25 Jahren Neustadt, der reporter. Das Familienwochenblatt, 25.6.2008, S. 13
  6. ↑ SPD Neustadt: Chronik des Ortsvereins, abgerufen 15.2.2025.
  7. ↑ Brandt, Hans-Heinz: 60 Jahre SPD Neustadt-Land, Teil IV (Neustadt 1980), S. 5
  8. ↑ SPD-Ortsverein Neustadt: 1903-2002. 100 Jahre SPD Neustadt in Holstein (Neustadt 2003), S. ?
  9. ↑ Oder am 12. Juni; die Neustädter Chronik enthält verschiedene Angaben.
  10. ↑ VZ, 15.6.1910, zitiert in der Chronik des Ortsvereins: Die rote Fahne, abgerufen 15.2.2025.
  11. ↑ VZ, xx.10.1908, zitiert in der Chronik des Ortsvereins: Luise Zietz – Die Gründerin des Neustädter SPD-Ortsvereins, abgerufen 15.2.2025.
  12. ↑ Neustadt, Hamburger Echo, 25.7.1905, Seite 6
  13. ↑ Neustädter Wochenblatt, 13.1.1903, zitiert in der Chronik des Ortsvereins: Luise Zietz – Die Gründerin des Neustädter SPD-Ortsvereins, abgerufen 15.2.2025.
  14. ↑ 14,0 14,1 14,2 SPD Neustadt: Chronik des Ortsvereins - Prominente Sozialdemokraten in Neustadt, abgerufen 15.2.2025
  15. ↑ Vorwärts, 2.9.1877, S. 4
  16. ↑ Der Volksstaat, 30.6.1875
  17. ↑ Neuer Social-Demokrat, 10.10.1875
  18. ↑ Neuer Social-Demokrat, 24.12.1875
  19. ↑ SPD Neustadt: Gesangsverein Euphonia, abgerufen 15.2.2025
  20. ↑ Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 14
Ortsvereine in Ostholstein

Ortsvereine: Ahrensbök | Bad Schwartau | Beschendorf | Bosau | Damlos | Eutin | Fehmarn | Goehl | Gremersdorf | Grömitz-Kellenhusen-Dahme-Grube | Großenbrode | Hansühn | Harmsdorf | Heiligenhafen | Heringsdorf | Kabelhorst-Schwienkuhl | Kasseedorf | Lensahn | Malente | Neukirchen | Neustadt | Oldenburg | Gemeinde Ratekau | Riepsdorf | Scharbeutz | Schashagen | Schönwalde | Sierksdorf | Stockelsdorf | Gemeinde Süsel | Timmendorfer Strand

Abgerufen von „https://www.spd-geschichtswerkstatt.de/index.php?title=Ortsverein_Neustadt&oldid=62042“