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Version vom 22. Oktober 2017, 20:23 Uhr
Der Kreisverein, später Kreisverband Kiel der SPD wurde am 4. Oktober 1945 gegründet. Er umfasst aktuell 18 Ortsvereine mit ca. 1.600 Mitgliedern.
Vorgeschichte
→ Hauptartikel: Sozialdemokratischer Verein Groß-Kiel Die Vorgängerorganisation des Kreisverbands Kiel war der Sozialdemokratische Verein Groß-Kiel, der von 1911 bis zur Zerschlagung durch die Nationalsozialisten 1933 bestand. Die Geschichte der organisierten Sozialdemokratie reicht in Kiel jedoch zurück bis 1870 oder 1871, als Stephan Heinzel begann, hier eine Organisation des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) aufzubauen.
Wiederaufbau
Bereits seit Januar 1945 trafen sich alte Mitglieder in so genannten "Stubenzirkeln", um die Wiedergründung der Partei vorzubereiten. Mit dabei waren unter anderen Wilhelm Kuklinski, Otto Engel und Albert Witte. Nachdem am 5. Mai britische Truppen die Stadt erreichten und den Krieg beendeten, gründeten die Kieler Genossinnen und Genossen wie vielerorts im Land einen Gewerkschaftsausschuss - eine "Antifa" - mit Gewerkschaftern und Kommunisten und besetzten das Gewerkschaftshaus.[1] Zur Antifa gehörten auch die früheren SPD-Funktionäre Bruno Diekmann, Theodor Werner und Karl Ratz - Führungspersonen aus der Zeit vor 1933 standen allerdings nicht zur Verfügung. So gab es keine offensichtlichen Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters. Gertrud Völcker schlug den Österreicher Otto Tschadek vor. Der hatte beim Wiederaufbau der SPD in Kiel mitgewirkt, wurde jedoch in seiner Heimat Wien in Abwesenheit ins Parlament gewählt und wurde später österreichischer Justizminister. So war er nur für knapp einen Monat eingesetzter Oberbürgermeister von Kiel.
Otto Tschadek war ein ausgesprochener Gegner einer Einheitspartei aus SPD und Kommunisten, die zu dieser Zeit als Idee kursierte. Er kritisierte vor allem das Demokratieverständnis der Kommunisten: "Die Demokratie ist nicht nur ein taktisches Mittel, um zum Sozialismus zu gelangen, sie ist Teil des Zieles, für das wir kämpfen."[2] Diese Haltung teilte er mit Andreas Gayk und Kurt Schumacher, der von Hannover aus die Führung der Partei in den Westzonen übernahm. Über ihn berichtete Otto Engel, er habe bei einem Besuch bei Karl Ratz in Kiel gesagt: "In den Betrieben kann mit Kommunisten nicht lange gefackelt werden, es muß im rechten Augenblick ein Schraubenschlüssel geflogen kommen."[3]
Führende Kieler Genossen hatten zunächst Möglichkeiten ausgelotet, die als schädlich empfundene Spaltung der Arbeiterbewegung durch Bildung einer Einheitsfront oder sogar - wie in der sowjetischen Zone geplant - durch eine Einheitspartei zu beenden. Sie hatten Gespräche mit kommunistischen Funktionären geführt, einige davon ehemalige Sozialdemokraten, und sogar eine gemeinsame Erklärung mit den Kommunisten veröffentlicht. Diesen Bestrebungen setzte schon im nächsten Monat der Einfluss von Schumacher und Gayk, vielleicht auch das gegenseitige Misstrauen, das aus den Aufzeichnungen über den Verlauf der Gespräche deutlich wird, ein Ende.
Otto Engel berichtete über die Wiedergründung:
- "Am 4. Oktober 1945, also 14 Tage vor der Gründung unserer Partei in Hannover, fand dann im früheren Versammlungslokal des Distrikts West in Stender's Gasthof am Lehmberg die nunmehr endlich durch die Engländer gestattete Gründung der Kieler SPD statt. Dort wurde auch der erste Vorstand gewählt - von der Versammlung aller Stubengruppen der Distrikte, ungefähr 100 Personen. Die Genossen wählten Karl Ratz zum 1. Vorsitzenden, Richard Tiede zum 2. Vorsitzenden, Ernst Prey zum Kassierer, Ludwig Stahl zum Kulturleiter, Hermann Köster zum Jugendleiter, eine Frauenvorsitzende [dies war Gertrud Völcker[4]] und eine Reihe von Beisitzern. Ich wurde von der Gründungsversammlung dann auch zum hauptamtlichen Sekretär gewählt."[5]
Die britische Militärregierung hatte nach der deutschen Kapitulation jegliche politische Betätigung untersagt. Trotzdem trieb der Gewerkschaftsausschuss den Wiederaufbau der Parteistrukturen weiter voran. Erste öffentliche Veranstaltungen fanden rasch statt, so dass sich Ortsvereine und Kreisverband schon vor der offiziellen Zulassung durch die Briten Ende 1945 konstituieren konnten.
Am 6. Dezember 1945 trat auch die erste von den Briten ernannte Ratsversammlung zusammen. Der SPD-Ratsfraktion gehörten u.a. Bruno Diekmann, Andreas Gayk, Toni Jensen und Gertrud Völcker an. Auf der politischen Tagesordnung von Partei und Fraktion standen ganz vorn die Behebung der Wohnungsnot und der wirtschaftliche Wiederaufbau, nicht zuletzt durch die Reaktivierung der Werften.[6]
Die Ära Gayk - Kiel wird aufgeräumt
In den Nachkriegsjahren war Andreas Gayk die dominante Figur der SPD in Kiel und in ganz Schleswig-Holstein: SPD Landesversitzender, Vorsitzender der Landtagsfraktion und Kieler Oberbürgermeister in einer Person. Er organisierte den Wiederaufbau von Kiel - Die Stadt war als "Reichskriegshafen" von 90 britischen Luftangriffen großflächig zerstört worden. Es gab kaum Wohnraum für die in die Stadt zurückdrängenden Evakuierten und die täglich eintreffenden Flüchtlingstransporte.
Die Wirtschaft war schon seit der Kaiserzeit hauptsächlich Kriegswirtschaft gewesen, zum großen Teil Schiffbau und Zulieferbetriebe. Was nach dem 2. Weltkrieg an Industrieanlagen noch übrig war, sollte demontiert und nach Großbritannien gebracht werden. Es gab durchaus Pläne, Kiel in ein kleines "Fischerdorf" zurückzuschrumpfen.[7].
Andreas Gayk und sein Oberstadtdirektor Walther Lehmkuhl organisierten den parteiübergreifenden Widerstand gegen die Demontage von Industriebetrieben durch die Briten. Gleichzeitig arbeiteten sie daran, zivile Betriebe nach Kiel zu holen, mit denen denen die städtische Wirtschaft eine "friedenswirtschaftliche" Grundlage erhielt. Die Universität wurde wieder eröffnet. Unter Andreas Gayk wurde Kiel schneller von Trümmern geräumt als viele andere Städte in Deutschland. Gemeinsam mit dem Pinneberger Landrat Walter Damm ließ Andreas Gayk die Trümmerfelder von Schülerinnen und Schülern bepflanzen.
Er initiierte eine Städtefreundschaft mit der ebenfalls schwer zerstörten englischen Stadt Coventry und ließ die Kieler Woche als Friedensveranstaltung wiederaufleben.
In dieser Zeit war Karl Ratz Kreisvorsitzender und gleichzeitig Lizenzträger der Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung, die ab 1946 wieder erschien.
1954 starb Andreas Gayk.
Modernisierung
Anfang der 1960er waren die Trümmer des Krieges weitgehend beseitigt - Narben im Stadtbild blieben und es fehlten immer noch geschätzte 17.000 Wohnungen.[8] Die Zerstörungen wurden von Stadtplanern auch als Chance gesehen: Viele der gescholtenen Mietskasernen waren zerstört und konnten nun den Ideen von großzügigen Anlagen, Straßen und Wohnhäusern weichen. Ab 1965 baute die stadteigene KWG einen neuen Stadtteil nach diesen Idealen: Mettenhof. Autogerecht sollte es sein, gleichzeitig sollte kein Haus an einer großen Straße liegen - dazwischen viel Grün. Kein pseudo-historischer Prunk mehr, sondern der moderne Chic des Bauhauses samt Vollbad und Zentralheizung - während die Altbauten noch lange das Klo auf halber Treppe und Kohleöfen hatten.[9]
1964 zog die SPD aus dem Gewerkschaftshaus in ein eigenes Haus um: Am Kleinen Kuhberg 28-30 wurde die neue SPD-Landesgeschäftsstelle samt Kieler Kreisbüro eingeweiht. Im Jahr darauf trat Günther Bantzer sein Amt als Oberbürgermeister an, das er 15 Jahre lang ausfüllen sollte, bis 1980.
Die Ära Bantzer
1968 stellte die Schleswig-Holsteinische Volkszeitung nach mehr als 90 Jahren ihr Erscheinen endgültig ein.
1969 gehörten dem Kreisverband Kiel 4.550 zahlende Mitglieder an, 1971 stieg die Mitgliederzahl auf 4.801, 1977 war die Zahl auf 4.055 gesunken. Allerdings hatte die Struktur der Kieler SPD nicht mit der Entwicklung der Stadt Schritt gehalten. Im Einzugsbereich des Ortsvereins Kiel-Nord wohnten zum Beispiel 29.000 Menschen, in dem des Ortsvereins Suchsdorf nur 7.000. Deswegen reformierte der Kreisvorstand 1971/72 auf Empfehlung einer "Projektgruppe Organisationsreform" unter der Leitung von Hans Burghard seine Organisation und teilte einige Ortsvereine. Die Projektgruppe war der Auffassung:
- "Durch die Teilung übergroßer Ortsvereine steigt zwangsläufig die Zahl verantwortlicher und aktiver Funktionäre. Es werden überschaubare Gebietsgrößen geschaffen, die gleichzeitig eine intensive Betreuung der Mitglieder und der Wähler ermöglichen. Ortsvereine mit einer überschaubaren Größe haben einen prozentual besseren Versammlungsbesuch; je kürzer umso besser ist der Weg zum Versammlungslokal."[10]
Innerhalb von eineinhalb Jahren wurde - auch unter Berücksichtigung neu zugeschnittener Kommunalwahlkreise - der größte Teil der Ortsvereine neu festgelegt, als übergroß angesehene geteilt. Danach umfasste der Kreisverband 24 statt 20 Ortsvereine. Die Teilung des Ortsvereins Elmschenhagen scheiterte am Widerstand der Basis. Die nach Fertigstellung des Stadtteils Mettenhof geplante Teilung des Ortsvereins Mettenhof-Hasseldieksdamm wurde bis heute nicht durchgeführt.
Zur Kommunalwahl 1970 gab es einen Generationenwechsel in der Kieler SPD. Der damalige Kreisvorsitzende Karl Heinz Luckhardt schrieb 1978:
- "Zur Kommunalwahl am 24. März 1970 (sic!) trat die [Kieler] SPD mit einer Mannschaft an, die weniger altbekannte Persönlichkeiten enthielt als in den Wahlen davor. Parteiintern wurde die Befürchtung geäußert, daß damit das Wahlergebnis von 1966 kaum verbessert werden kann. Ich hatte als neuer Spitzenkandidat nicht denselben Bekanntheitsgrad wie der Genosse Hermann Köster in seiner Rolle als Stadtpräsident.
- Was kaum jemand erwartet hatte, trat dann ein: Mit 53,6% der Stimmen und 30 von 49 Sitzen erreichte die SPD in Kiel das beste Kommunalwahlergebnis seit Kriegsende.
Eine der Neulinge war Heide Simonis. Die spätere Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein trat 1971 mit 28 Jahren ihr erstes öffentliches Amt als Ratsfrau an. Und noch eine Innovation gab es: Die Kieler Ratsversammlung wählte die Sozialdemokratin Ida Hinz zu bundesweit ersten Stadtpräsidentin.
"Ostpolitik"
Stadt und Kreisverband Kiel leiteten neben der Bundespartei ihre eigene Ostpolitik in die Wege: Im Oktober 1971 fanden in Kiel "Polnische Tage" statt, in denen der Nachbar an der Ostsee Gelegenheit hatte, sich mit Wirtschaft, Industrie, Kultur, Sport und anderem ausgiebig vorzustellen.[11] Im Gegenzug fanden in Gdynia im Oktober 1972 die "Kieler Tage" statt, auf denen sich Kiel präsentieren konnte. Vom deutschen Botschafter wurde dies als "Modellfall für weitere Veranstaltungen gleicher Art in beiden Ländern" gewürdigt.[12]
Auch nach Rostock knüpfte Kiel mit der Beteiligung an der dortigen Ostseewoche Kontakte. Eine Städtepartnerschaft kam zwar nicht zustande. Doch trotz gelegentlicher Irritationen - wenn etwa Delegationsmitglieder aus anderen Parteien vorzeitig abreisten, weil die falschen Flaggen gehisst waren oder sie "Kontakte mit der Bevölkerung" vermissten - stellte DIE ZEIT 1975 fest: "Der deutsch-deutsche Dialog klappt auch ohne formelle Partnerschaft."[13]
Kampf um die "Schule für Alle"
Bereits seit 1968 kämpfte die Kieler SPD um eine Gesamtschule in Mettenhof. Sie beauftragte per Ratsversammlung den Magistrat, bei der CDU-Landesregierung eine Genehmigung für eine "integrierte Gesamtschule" einzuholen. Der Ortsverein Mettenhof/Hasseldieksdamm lud die Anwohner zu Informationsveranstaltungen ein. Parallel beantragte die Landtagsfraktion das Selbe. Trotz einer Zusage des Ministerpräsidenten, konnte sich die CDU-Mehrheit im Landtag nicht zu einer Zustimmung durchringen.
Am 27. August 1970 beschloss die Ratsversammlung die Einrichtung einer "integrierten Gesamtschule" in Kiel-Friedrichsort. In mühseligen Verhandlungen musste sie der CDU-Landesregierung abgetrotzt werden - landesweit war es erst die zweite Schule dieser Art. Karl Heinz Luckhardt schreibt 1978:
- "Nach den Vorstellungen der Kieler Sozialdemokraten ist die "Integrierte Gesamtschule Kiel-Friedrichsort Modell für die Neugliederung des Schulwesens in der Landeshauptstadt. Wir halten diese Schulform für das System, das Freiheit, Gleichheit und Solidarität - und damit gleiche Lebenschancen - verwirklichen kann. Die ersten sehr guten Erfahrungen haben gezeigt, wie man aus der bildungspolitischen Sackgasse des dreigliedrigen Schulsystems herauskommen kann."[14]
Die IGS Kiel-Friedrichsort wird 1975 eingeweiht. Der Schulneubau bietet 42 Klassen mit 1260 Schülern Platz.
Kieler gegen Kieler
Auf dem außerordentlichen Landesparteitag 1970 in Eutin trat Oberbürgermeister Günther Bantzer erfolglos gegen Jochen Steffen an, der wieder zum Spitzenkandidaten gewählt wurde. Selbst in Kiel gab es kaum Ortsvereine, die ihren Oberbürgermeister stützten.
Nach der Landtagswahl 1971 war Kiel mit acht Abgeordneten im Landtag vertreten: Karl Heinz Luckhardt für Kiel-Nord, Alfred Prezewowsky für Kiel-West, Jochen Steffen für Kiel-Ost, Leo Langmann für Kiel-Süd, Rosemarie Fleck für Kiel-Mitte sowie Manfred Hansen, Hans Gerhard Ramler und Hans Schwalbach über die Landesliste.
Die Olympischen Spiele 1972
Die Olympischen Spiele 1972 lösten eine rege Bautätigkeit aus und gaben Kiel einen großen Schub für Stadtentwicklung und Anbindung an das überregionale Verkehrsnetz. Damals wurden das Olympiazentrum in Schilksee und der ZOB gegenüber vom Hauptbahnhof gebaut, im Kieler Opernhaus die letzten kriegsbedingten Einschränkungen beseitigt, die Kiellinie angelegt, der Rathausplatz umgestaltet und die Fußgängerzone Holstenstraße um den Alten Markt an der Nikolaikirche erweitert. Außerdem erhielt Kiel endlich (und in letzter Minute) eine Autobahnanbindung; nach Norden wurde die Prinz-Heinrich-Brücke über den Nord-Ostsee-Kanal durch eine moderne Brücke ergänzt. Die SPD Kiel und ihr Oberbürgermeister Günther Bantzer trieben die Olympia-Bewerbung maßgeblich voran und gestalteten die Modernisierung der Stadt.
So schätzt Günther Bantzer diese Entwicklung ein:
- "Die ganzen Investitionen mit Hilfen von Bund und Land haben Kiel auf einen Schlag um Jahrzehnte vorangebracht. Aus der Provinzstadt wurde plötzlich so etwas ähnliches wie eine Metropole."[15]
Die Ausrichtung der Wettbewerbe bestätigte Kiels internationalen Ruf als führende Segelstadt.[16]
Bei der Bundestagswahl 1972 wurde der 29-jährige Norbert Gansel das erste Mal in den Bundestag gewählt und blieb Kiels direkt gewählter Abgeordneter, bis er 1997 zum ersten direkt gewählten Oberbürgermeister von Kiel wurde. In seiner Zeit im Bundestag setzte er sich immer wieder für die Transparenz der Parlamentsarbeit ein. Er prägte den Begriff des "gläsernen Abgeordneten" und lebte das selbst vor.
1978 hatte der Kreisverband Kiel nur noch 4289 Mitglieder, war damit aber immer noch der mitgliederstärkste Kreisverband der SPD Schleswig-Holstein.
Integration wird wieder eine Herausforderung
Nach den Kriegsflüchtlingen hat Kiel seit 1960 eine weitere Gruppe Neubürger bekommen: Die Gastarbeiter: "In Kiel leben über 13000 Ausländer, davon über 60 Prozent aus der Türkei. Ein großer Teil der Ausländer wird und will auf Dauer oder zumindest langfristig in der Bundesrepublik bleiben," stellt die SPD Kiel im Programm zur Kommunalwahl 1982 fest. "Deshalb ist die Eingliederung der Ausländer in unsere Gesellschaft ein wichtiges gesellschaftspolitisches Ziel, dem sich niemand entziehen kann." Die Ausländer sollten an der Gestaltung der Gesellschaft beteiligt werden - vor allem kämpfte die Kieler SPD mit der CDU-Landesregierung um Flexibilität im Schulwesen, damit es nicht zu reinen Ausländerklassen komme. Auch für Gaarden forderte sie deswegen eine Gesamtschule und eine bessere Verteilung der Bürger mit Migrationshintergrund über das gesamte Stadtgebiet: "Die Konzentration von Ausländern in wenigen Wohngebieten entspricht weder dem Wunsch der deutschen noch der ausländischen Bewohner. Auf die Wohnungsbaugesellschaften muß deswegen eingewirkt werden, daß ausländische Familien entsprechend ihrer besonderen Problemlage bei der Wohnungsvergabe angemessen berücksichtigt werden."[17]
1984 beschloss die Kieler SPD umfangreiche Perspektiven der Ausländerpolitik in Kiel.[18]
1990er Jahre
Ende der 1990er Jahre führte die SPD-geführte Regierung in Schleswig-Holstein die Direktwahl für Bürgermeister und Landräte ein. Norbert Gansel, der Kiel seit 1972 im Bundestag vertrat, wurde Kandidat der SPD für das Amt des Oberbürgermeisters. Im ersten Wahlgang wählten ihn die Kielerinnen und Kieler mit 61% der Stimmen. In seine Amtszeit fiel unter anderem die Entwicklung der Hörn. Der Teilverkauf der Stadtwerke Kiel und der Verkauf der Kieler Wohnungsbaugesellschaft dienten der (kurzfristigen) Sanierung des städtischen Haushalts. Zudem verbesserte Norbert Gansel nachhaltig das Verhältnis der Stadt zur Bundeswehr und zur Universität. Mit der Olympiabewerbung für 2012 polierte er Kiels Image als internationale Segelstadt weiter auf.[19]
Die Wahlrechtsreform machte es auch möglich, dass die gebürtige Dänin Cathy Kietzer für die Ratsversammlung kandidieren konnte und dann von 1998 bis 2003 und von 2008 bis 2013 sogar zur Stadtpräsidentin gewählt wurde.
Parteijubiläum
Zum 150jährigen Bestehen der SPD im Jahr 2013 gab es von Gruppierungen und Personen aus dem Kreisverband eine Reihe von Aktionen, zum Teil verbunden mit dem Kommunalwahlkampf. Sie sind auffindbar unter Kreisverband Kiel - 150 Jahre SPD.
Mitgliederentwicklung
Die Kieler SPD war immer eine Mitgliederpartei. Nach ganz erheblichen Mitgliederverlusten ist sie auf dem Weg eine Funktionärspartei zu werden. Die Mitgliederverluste in dieser Größenordnung stellen keine Kieler Besonderheit dar. Sie korrespondieren mit der Mitgliederentwicklung der Gesamt-SPD und auch anderer Parteien. Ende 2016 zählte die Kieler SPD nur noch 1549 Mitglieder. Im Wesentlichen auf die Nominierung von Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten ist zurückzuführen, dass der Abwärtstrend 2017 nicht nur gestoppt, sondern sogar umgedreht werden konnte. Im Februar 2017 zählte der Kieler Kreisverband 1600 Mitglieder. Ein Zuwachs wie seit den Zeiten von Willy Brandt nicht mehr [20]. Eine erfreuliche Entwicklung, wie sie auch in den anderen Gliederungen der Partei zu beobachten ist. Der Anteil der weiblichen Mitglieder stagniert trotz aller Anstrengungen bei rund einem Drittel.
- 1954 - 2346 Mitglieder [21]
- 1963 - 8092 Mitglieder (2736 w = 33,8%, 5356 m = 66,2%)[22]
- 1968 - 6038 Mitglieder [23]
- 1969 - 4550 Mitglieder
- 1971 - 4801 Mitglieder
- 1977 - 4055 Mitglieder
- 1986 - 3647 Mitglieder [24]
- 1987 - 3671 Mitglieder [25]
- 1988 - 3816 Mitglieder (1309 w = 34,3%, 2507 m = 65,7%) [26]
- 1989 - 3803 Mitglieder (1317 w = 34,6%, 2486 m = 65,4%) [27]
- 1990 - 3692 Mitglieder (1277 w = 34,6%, 2415 m = 65,4%) [28]
- 1991 - 3537 Mitglieder (1249 w = 35,3%, 2288 m = 64,7%) [29]
- 1994 - 3072 Mitglieder (1090 w = 35,5%, 1982 m = 64,5%) [30]
- 1995 - 2831 Mitglieder (1024 w = 36,2%, 1807 m = 63,8%) [31]
- 1997 - 2571 Mitglieder [32]
- 1998 - 2562 Mitglieder [33]
- 2000 - 2362 Mitglieder (852 w = 36,1%, 1510 m = 63,9%) [34]
- 2015 - 1553 Mitglieder (527 w = 33,9%, 1026 m = 66,1%) [35]
- 2016 - 1549 Mitglieder (534 w = 34,5%, 1015 m = 65,5%) [36]
Literatur
- Brecour, Wilhelm: Die Sozialdemokratische Partei in Kiel. Ihre geschichtliche Entwicklung (Kiel o. J. [1932]) (Neudruck in Zur Geschichte der Kieler Arbeiterbewegung, Kiel 1983)
- Fischer, Rolf: "Der Bahn, der kühnen, folgen wir ...". Stephan Heinzel und der Aufstieg der Kieler SPD (Geschichte der Kieler Sozialdemokratie Band I, 1863-1900)(Malente 2010) ISBN 3-933862-42-6
- Fischer, Rolf: Mit uns die neue Zeit! Kiels Sozialdemokratie im Kaiserreich und in der Revolution (Geschichte der Kieler Sozialdemokratie Band 2, 1900-1920)(Kiel 2013) ISBN 978-3-86935-196-4
- SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): 1863-1978. 115 Jahre Sozialdemokratie. Festschrift der Kieler Sozialdemokraten (Kiel 1978)
Links
Quellen
- ↑ Martens, Holger: SPD in Schleswig-Holstein 1945-1959. Malente 1998, S. 33
- ↑ Martens, Holger: SPD in Schleswig-Holstein 1945-1959 (Malente 1998), S. 37
- ↑ SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): Sozialdemokratie, S. 21
- ↑ Gertrud Völcker: Erinnerungen - 50 Jahre Öffentlichkeitsarbeit, Bd. I (Unveröff. Typoskript, Kiel 1974), S. 47
- ↑ SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): Sozialdemokratie, S. 21
- ↑ So Kreisvorsitzender Rolf Fischer 2005 in seiner Rede zur Mitgliederehrung und zur Erinnerung an die Wiedergründung der Partei 1945.
- ↑ Vgl. Rickers: Erinnerungen, S. 271
- ↑ Burmeister, Robert: 25 Jahre Mettenhof (Kiel 1990)
- ↑ Voß, Steffen: Großwohnsiedlungen und ihre Stigmatisierung (2004), S. ?
- ↑ SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): 1863|1978. 115 Jahre Sozialdemokratie. Festschrift der Kieler Sozialdemokraten (Kiel 1978), S. 28 f.
- ↑ Zahlreiche Berichte in den KN im Oktober 1971.
- ↑ Das Tor wurde weit aufgemacht, KN, 10.10.1972
- ↑ Rainer Burchardt: Ostseewoche in Rostock: Dialog klappt, DIE ZEIT, 18.7.1975
- ↑ SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): 1863|1978. 115 Jahre Sozialdemokratie. Festschrift der Kieler Sozialdemokraten (Kiel 1978)
- ↑ Olympischer Schluck aus der Pulle, Kieler Nachrichten, 2.9.2012
- ↑ Trägerinnen und Träger der Andreas-Gayk-Medaille, abgerufen am 11.10.2015
- ↑ SPD Kiel (Hrsg.): Perspektiven: Kommunalpolitisches Programm der Kieler SPD, beschlossen vom Kreisparteitag am 1.11.1981
- ↑ SPD Kiel (Hrsg.): Kommunalpolitische Perspektiven der Ausländerpolitik in Kiel, beschlossen vom Kreisparteitag am 31.3.1984
- ↑ kiel.de Kiel gratuliert: Alt-Oberbürgermeister Norbert Gansel wird 75, 570/3. August 2015/ang
- ↑ Kieler Nachrichten vom 21.02.2017, Seite 25
- ↑ Steffen-Gutachten, AdsD/SH-14
- ↑ Schleswig Holsteinische Volkszeitung 21.01.1963
- ↑ Schleswig Holsteinische Volkszeitung 05.02.1968
- ↑ Jahresbericht des SPD-Kreisverband Kiel 1991/1992
- ↑ Jahresbericht des SPD-Kreisverband Kiel 1991/1992
- ↑ Jahresbericht des SPD-Kreisverband Kiel 1991/1992
- ↑ Jahresbericht des SPD-Kreisverband Kiel 1991/1992
- ↑ Jahresbericht des SPD-Kreisverband Kiel 1991/1992
- ↑ Jahresbericht des SPD-Kreisverband Kiel 1991/1992
- ↑ Jahresbericht zum Kreisparteitag am 04.03.1995
- ↑ Jahresbericht zum Kreisparteitag am 01.06.1996
- ↑ Bericht des Schatzmeisters vom 12.09.2000
- ↑ Bericht des Schatzmeisters vom 12.09.2000
- ↑ Bericht des Schatzmeisters vom 12.09.2000
- ↑ SPD-Landesvorstand: Stark im Norden. Bericht zum ordentlichen Landesparteitag am 14. und 15. März 2015 in Neumünster, S. 14
- ↑ Stand am 31.12.2016, Mavis, Mitgliederverwaltung der SPD
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- StadtpräsidentInnen: Ida Hinz | Rolf Johanning | Cathy Kietzer | Hermann Köster | Silke Reyer | Max Schmidt | Hans-Werner Tovar
- Landtagsabgeordnete: Torsten Albig | Gert Börnsen | Anne Brodersen | Rolf Fischer | Rosemarie Fleck | Andreas Gayk | Manfred Hansen | Bernd Heinemann | Leo Langmann | Joachim Lohmann | Karl Heinz Luckhardt | Wilhelm Marschner | Serpil Midyatli | Alfred Prezewowsky | Hans Gerhard Ramler | Rolf Schroedter | Hans Schwalbach | Heide Simonis | Walter Stams | Jochen Steffen | Özlem Ünsal | Jürgen Weber
- Bundestagsabgeordnete: Fritz Baade | Hans-Peter Bartels | Norbert Gansel | Hans Müthling | Heide Simonis | Mathias Stein